Ich bin 45 Jahre, schwul und ziemlich alleine auf der Welt. Mehr dazu habe ich hier vor ca. 2 Jahren bereits geschrieben.
Ich arbeite seit 20 Jahren im selben Beruf und seit über 10 Jahren in einer Einrichtung für schwer hirngeschädigte Menschen. Und nach all den Jahren ist es passiert, daß ich die professionelle Distanz zu einem Patienten (innerlich) verloren habe. Es ergab sich so, daß der Junge, 18 Jahre alt, sich unglaublich schnell -und völlig untypisch für meine Arbeitsstelle- wieder erholt hat. d.h. sich innerhalb von vier Wochen vom Komapatienten zur kompletten Selbständigkeit entwickelt hat. Und sobald er wacher wurde, war er total auf mich fixiert. Er ist mir auf der Arbeit auf Schritt und tritt gefolgt, zuerst im Rollstuhl, mittlerweile zu Fuß. Und das, obwohl ich mich am Anfang eher abweisend verhalten habe, damit es kein Gerede auf der Arbeit gibt.
Vielleicht war es ein Fehler, daß ich angefangen habe, ihn zum Rauchen nach draußen zu fahren, bevor er laufen konnte und ihm Zigaretten gegeben habe. Aber er hat sich immer so gefreut, wenn ich wieder da war, hat am Eingang auf mich gewartet, gestrahlt und gesagt "endlich bist du wieder da" und auf den Rücken geklopft, ich war der einzige im Team, der ihn duschen durfte, als er wach genug war und sprechen konnte, bevor er es alleine konnte, weil ich der einzige korrekte Pfleger sei. Er hat mir alles mögliche über sich und sein Leben erzählt, seine Familie, seine Freundinnen, seine Hobbies und was er schon alles verbrochen hat. Er ist sozusagen das schwarze Schaf aus gutem Elternhaus.
Leider habe ich sein Verhalten als echte Zuneigung interpretiert und das hat in mir irgendwie einen Beschützerinstinkt ausgelöst. Das alles mag jetzt vielleicht so klingen als hätte ich mich verknallt, aber ich denke nicht, daß es das ist. Ich bin es einfach nicht gewohnt, daß sich jemand so freut mich zu sehen und geradezu einfordert, Zeit mit mir zu verbringen. Er wäre am liebsten den ganzen Dienst mit mir im Park spazieren gegangen, hat mehrfach gesagt, ich soll ihn nach Feierabend mitnehmen und daß er nur mir zuliebe nicht aus der Einrichtung abhaut bevor er entlassen wird.
Da er sich so schnell erholt hat, war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis er in eine weiterführende Einrichtung verlegt wird. Und morgen ist es nun so weit.
Er ist mir richtig ans Herz gewachsen und ich bin irgendwie total traurig, daß der Kontakt jetzt abbrechen wird.
Meine Gedanken kreisen schon seit Tagen nur noch darum und ich stelle mir vor, daß er mir vielleicht heute doch noch seine Nummer gibt, weil er gesagt hat, daß er, wenn er wieder zu Hause ist, nochmal vorbei kommt und wir zusammen eine rauchen. Er hat zwar gefragt, wie ich die nächsten Wochen arbeiten muss, aber das vergisst er bestimmt wieder. Ich überlege schon die ganz Zeit, ob ich ihm zum Abschied Zigaretten schenken soll, weil ich weiß, daß er von zu Hause keine bekommen wird, so lange er in der anderen Einrichtung ist. Von seiner Freundin wollte er allerdings keine annehmen. Oder ich stelle mir vor, daß ich seiner Mutter oder seinem Bruder schreibe (die Nummern sind bei uns hinterlegt), wenn er Geburtstag hat und ihm Grüße ausrichten lasse. Er hat mir erzählt, daß ein jüngerer Kollege, der kurz bei uns gearbeitet hat, ihn bei Instagram geaddet hat. Jetzt überlege ich, daß auch zu tun, habe aber auch Angst, daß er mich nicht annimmt, weil er mich nicht von sich aus nach meinem Instagram gefragt hat. Aber dann könnte ich ihm wenigstens noch einmal schreiben um zu fragen wie es ihm in der neuen Einrichtung geht oder ihm die Möglichkeit zu geben sich zu melden, falls er wirklich vorhat mich nochmal zu besuchen, wovon ich nicht ausgehe. Und dann erst wieder zum Geburtstag, weil er immer so genervt ist, wenn ihm zu viele schreiben.
Ich stelle mir insgeheim auch vor, daß wir uns in Zukunft regelmäßig schreiben oder daß er sich meldet, wenn er Hilfe braucht. An treffen denke ich aber nicht. Zum Glück weiß er nicht, daß ich schwul bin und er schätzt mich vom Alter her auch viel jünger, ansonsten würde er mich warscheinlich nicht mehr so "korrekt" finden.
Natürlich sagt mir mein Verstand, daß das alles völlig abwegig ist und niemals passieren wird, aber trotzdem geht es mir schlecht. Mir kommen fast die Tränen wenn ich daran denke, daß er bald weg ist.
Gestern sagte er noch "dann sehen wir uns ja morgen zum letzten mal, aber nein ich komme ja nochmal vorbei...."
Das wäre dann heute Abend, bevor er schlafen geht oder morgen früh wenn ich Feierabend habe werfe ich vielleicht noch einen kurzen Blick in sein Zimmer und dann ist es vorbei. Da würde ich ihm dann gerne die Zigaretten geben, aber ich habe Angst, daß ich dann weinen muss oder morgen früh.
Tja, das hat mir mal wieder vor Augen geführt wie leer mein Leben eigentlich ist. Ich könnte auch schon ein Kind in dem Alter haben, das mich braucht, aber ich werde nie welche haben. Ich habe seit 17 Jahren keinen Partner mehr gehabt. Ich bin immer alleine und habe einfach nichts ausser die Arbeit, wo ich aber auch nicht wirklich als Mensch ernst genommen werde. Ich habe so viel vom Leben verpasst, weil ich dazu verdammt bin, schwul zu sein. Wenn ich mir nicht fest vorgenommen hätte, meine Eltern zu überleben, wäre ich vielleicht schon tot.
Das klingt alles total bescheuert, aber ich musste es mir einfach mal von der Seele schreiben.
Ich arbeite seit 20 Jahren im selben Beruf und seit über 10 Jahren in einer Einrichtung für schwer hirngeschädigte Menschen. Und nach all den Jahren ist es passiert, daß ich die professionelle Distanz zu einem Patienten (innerlich) verloren habe. Es ergab sich so, daß der Junge, 18 Jahre alt, sich unglaublich schnell -und völlig untypisch für meine Arbeitsstelle- wieder erholt hat. d.h. sich innerhalb von vier Wochen vom Komapatienten zur kompletten Selbständigkeit entwickelt hat. Und sobald er wacher wurde, war er total auf mich fixiert. Er ist mir auf der Arbeit auf Schritt und tritt gefolgt, zuerst im Rollstuhl, mittlerweile zu Fuß. Und das, obwohl ich mich am Anfang eher abweisend verhalten habe, damit es kein Gerede auf der Arbeit gibt.
Vielleicht war es ein Fehler, daß ich angefangen habe, ihn zum Rauchen nach draußen zu fahren, bevor er laufen konnte und ihm Zigaretten gegeben habe. Aber er hat sich immer so gefreut, wenn ich wieder da war, hat am Eingang auf mich gewartet, gestrahlt und gesagt "endlich bist du wieder da" und auf den Rücken geklopft, ich war der einzige im Team, der ihn duschen durfte, als er wach genug war und sprechen konnte, bevor er es alleine konnte, weil ich der einzige korrekte Pfleger sei. Er hat mir alles mögliche über sich und sein Leben erzählt, seine Familie, seine Freundinnen, seine Hobbies und was er schon alles verbrochen hat. Er ist sozusagen das schwarze Schaf aus gutem Elternhaus.
Leider habe ich sein Verhalten als echte Zuneigung interpretiert und das hat in mir irgendwie einen Beschützerinstinkt ausgelöst. Das alles mag jetzt vielleicht so klingen als hätte ich mich verknallt, aber ich denke nicht, daß es das ist. Ich bin es einfach nicht gewohnt, daß sich jemand so freut mich zu sehen und geradezu einfordert, Zeit mit mir zu verbringen. Er wäre am liebsten den ganzen Dienst mit mir im Park spazieren gegangen, hat mehrfach gesagt, ich soll ihn nach Feierabend mitnehmen und daß er nur mir zuliebe nicht aus der Einrichtung abhaut bevor er entlassen wird.
Da er sich so schnell erholt hat, war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis er in eine weiterführende Einrichtung verlegt wird. Und morgen ist es nun so weit.
Er ist mir richtig ans Herz gewachsen und ich bin irgendwie total traurig, daß der Kontakt jetzt abbrechen wird.
Meine Gedanken kreisen schon seit Tagen nur noch darum und ich stelle mir vor, daß er mir vielleicht heute doch noch seine Nummer gibt, weil er gesagt hat, daß er, wenn er wieder zu Hause ist, nochmal vorbei kommt und wir zusammen eine rauchen. Er hat zwar gefragt, wie ich die nächsten Wochen arbeiten muss, aber das vergisst er bestimmt wieder. Ich überlege schon die ganz Zeit, ob ich ihm zum Abschied Zigaretten schenken soll, weil ich weiß, daß er von zu Hause keine bekommen wird, so lange er in der anderen Einrichtung ist. Von seiner Freundin wollte er allerdings keine annehmen. Oder ich stelle mir vor, daß ich seiner Mutter oder seinem Bruder schreibe (die Nummern sind bei uns hinterlegt), wenn er Geburtstag hat und ihm Grüße ausrichten lasse. Er hat mir erzählt, daß ein jüngerer Kollege, der kurz bei uns gearbeitet hat, ihn bei Instagram geaddet hat. Jetzt überlege ich, daß auch zu tun, habe aber auch Angst, daß er mich nicht annimmt, weil er mich nicht von sich aus nach meinem Instagram gefragt hat. Aber dann könnte ich ihm wenigstens noch einmal schreiben um zu fragen wie es ihm in der neuen Einrichtung geht oder ihm die Möglichkeit zu geben sich zu melden, falls er wirklich vorhat mich nochmal zu besuchen, wovon ich nicht ausgehe. Und dann erst wieder zum Geburtstag, weil er immer so genervt ist, wenn ihm zu viele schreiben.
Ich stelle mir insgeheim auch vor, daß wir uns in Zukunft regelmäßig schreiben oder daß er sich meldet, wenn er Hilfe braucht. An treffen denke ich aber nicht. Zum Glück weiß er nicht, daß ich schwul bin und er schätzt mich vom Alter her auch viel jünger, ansonsten würde er mich warscheinlich nicht mehr so "korrekt" finden.
Natürlich sagt mir mein Verstand, daß das alles völlig abwegig ist und niemals passieren wird, aber trotzdem geht es mir schlecht. Mir kommen fast die Tränen wenn ich daran denke, daß er bald weg ist.
Gestern sagte er noch "dann sehen wir uns ja morgen zum letzten mal, aber nein ich komme ja nochmal vorbei...."
Das wäre dann heute Abend, bevor er schlafen geht oder morgen früh wenn ich Feierabend habe werfe ich vielleicht noch einen kurzen Blick in sein Zimmer und dann ist es vorbei. Da würde ich ihm dann gerne die Zigaretten geben, aber ich habe Angst, daß ich dann weinen muss oder morgen früh.
Tja, das hat mir mal wieder vor Augen geführt wie leer mein Leben eigentlich ist. Ich könnte auch schon ein Kind in dem Alter haben, das mich braucht, aber ich werde nie welche haben. Ich habe seit 17 Jahren keinen Partner mehr gehabt. Ich bin immer alleine und habe einfach nichts ausser die Arbeit, wo ich aber auch nicht wirklich als Mensch ernst genommen werde. Ich habe so viel vom Leben verpasst, weil ich dazu verdammt bin, schwul zu sein. Wenn ich mir nicht fest vorgenommen hätte, meine Eltern zu überleben, wäre ich vielleicht schon tot.
Das klingt alles total bescheuert, aber ich musste es mir einfach mal von der Seele schreiben.