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Persönlichkeitswandel nach Autismus-Vordiagnose

Avior

Neues Mitglied
Hallo ihr Lieben. 😊👋 Ich bin Avior, ich habe mich eben erst hier registriert um über ein mir sehr wichtiges Thema zu sprechen und erhoffe mir dass mir jemand Ratschläge und Tipps geben kann. Bitte wundert euch nicht wenn ich viele Beispiele/Vergleiche/Metaphern benutze, so fällt es mir leichter zu erklären was ich meine. 😅

Es geht um meinen Freund/Partner, ich werde ihn hier einfach mal Ben nennen. Ben hat sich in diesem Jahr viel mit sich selbst beschäftigt und war mit vielem unzufrieden und unglücklich, hauptsächlich auf der Arbeit. Ich weiß nicht genau wie es dazu kam, aber an einem bestimmten Punkt hat Ben sich dann über Autismus informiert, verschiedene Onlineschnelltests gemacht (die alle sagten er zeige leichte Anzeichen von Autismus) und ist dann schließlich Anfang Juni 2024 zu seiner Hausärztin gegangen. Seine Hausärztin hat seine Sorgen und Fragen zum Glück Ernst genommen und hat Ben schließlich eine Überweisung für einen Psychologen ausgestellt mit der Verdachtsdiagnose Autismus, wenn ich mich nicht irre war es speziell Asperger. Ab da fing es an das alles aus dem Ruder gelaufen ist.

Verständlicherweise hat Ben nach der Vordiagnose eine extreme Identitätskrise gehabt. Man kann es sich wie eine Sinus-Kurve vorstellen, es gab nur extrem gut oder extrem schlecht. Ich habe ihm in dieser Zeit so gut ich konnte geholfen, denn ich habe ähnliches wie er durchgemacht als ich vor zwei Jahren die Vordiagnose ADHS bekommen habe und konnte ihn dementsprwchend auffangen.

Mittlerweile hat sich das eingependelt, er kommt mit vielem besser zurecht. Und genau jetzt wo Ben keine extremen Schwankungen mehr hat, hört er einfach auf sich selbst zu finden. Ben hat bis heute nur 3 Sitzungen bei einer Heilpraktikerin gehabt, hält Psychotherapie für schwachsinnig (weil es ihm ja gut geht) und ist der Meinung das er keine richtige Diagnose braucht, denn er weiß ja was mit ihm ist.

Ben hat sich in den letzten Monaten so extrem verändert dass ich ihn regelmäßig kaum wiedererkenne. Anstatt durch diese Vordiagnose anzufangen den 'alten' Ben weiter zu entwickeln und wachsen zu lassen (zum Beispiel durch Therapie und Selbsthilfegruppen oder eine richtige Diagnose), hat er von jetzt auf gleich seine gesamte Persönlichkeit geändert und einen 'neuen' Ben erschaffen. Und dieser 'neue' Ben wurde sozusagen um die Vordiagnose Autismus herum gebaut, falls ihr versteht was ich meine. Der 'neue' Ben ist kalt und emphatielos, der 'neue' Ben will nur positive Dinge in seinem Leben zulassen, der 'neue' Ben denkt nur an sich und will aus allem und jedem nur nutzen ziehen. Sobald irgendetwas oder jemand für den 'neuen' Ben keinen Nutzen hat, lässt er alles fallen. Ben hat zu zwei sehr guten Freunden den Kontakt abgebrochen ohne mit der Wimper zu zucken, weil sie ihm die Meinung gesagt haben. Und bei mir passiert gerade genau dasselbe.

Das Problem daran ist allerdings, daß der 'alte' Ben noch immer da ist. Und der 'alte' und der 'neue' Ben scheinen irgendwie gegeneinander zu kämpfen. Der 'alte' Ben kommt regelmäßig hervor, dann ist Ben wieder wie früher. Er hat dann wieder Lust am PC zu zocken wie früher, er schaut wieder Filme und Serien die er eigentlich mag, wir verstehen uns super, wir lachen zusammen und er sucht wieder meine Nähe. Dann wechselt es wieder, der 'neue' Ben ist wieder da, er kennt wieder nur lernen und Informationen aufnehmen und ich bin wieder nur der Sündenbock und Ballast der ihn bei allem was er vorhat zurückhält. Und so geht es als hin und her, immer in fast wöchentlichen Abständen.

Ich habe schon oft versucht auf ihn einzureden, aber es bringt nichts. Ben ist der Meinung das er alles weiß was er wissen muss, obwohl es nur eine Vordiagnose war die seine Hausärztin gestellt hat. Er hat bestimmte Eigenschaften die auf Aspergen zutreffen können, ja. Aber diese Eigenschaften treffen auch auf andere Dinge zu, wie zum Beispiel Burn-Out. Aber Ben versteift sich so sehr auf diese Vordiagnose dass er alles andere an Möglichkeiten und Hilfe ablehnt. Er selber sieht zwar den Kampf zwischen dem 'alten' und 'neuen' Ben, aber er hält den 'alten' Ben für hinderlich und störend.

Ich weiß nicht wie ich an Ben rankommen soll, deshalb wollte ich hier nach Tipps und Ratschlägen fragen. Hat jemand von euch vielleicht etwas ähnliches erlebt? Kennt vielleicht jemand von euch jemandem mit Autismus und kann mir sagen ob solche 'Persönlichkeitswechsel' normal sind? Habt ihr vielleicht eine Idee wie ich Ben klarmachen kann dass er Hilfe braucht?

Ich bin für jede Idee, jeden Ratschläge und jeden Tipp dankbar.
 

57-55

Sehr aktives Mitglied
Ich habe selbst ADHS, diagnostiziert und leichte autistische Tendenzen, keine offizielle Diagnose.

An Deiner Stelle würde ich ihm sagen:
Den „alten Ben“ mag ich, ihn liebe ich.
Der „neue Ben“ ist egoistisch und selbstgerecht, er ist meiner Liebe nicht wert.
Ich bin weg, wenn der „neue Ben“ ausgezogen ist, komme ich gerne wieder.

An einer solchen Diagnose kann man schon knabbern, sie macht aber keinen anderen Menschen aus einem.
Den erschafft man selbst, man kann ihn auch wieder abschaffen.
 
Ich habe etwas Erfahrung mit dem Szenario, dass eine Person zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwei stark unterschiedliche Persönlichkeiten zeigt und das auch mehrmals am Tag wechselt. Wenn du mit dieser Person weiter versuchen möchtest, zusammen zu bleiben, kann ich die eine radikale Akzeptanz empfehlen. D.h. du akzeptierst, dass es den alten Ben gibt und der manchmal da ist und sonst eben der neue Ben da ist. Versuche, weder auf dem alten, noch auf dem neuen Ben einzureden. Und versuche nicht, sie zu vergleichen. Vielleicht kannst du dich innerlich, nur für dich, darüber freuen, wenn der alte Ben da ist und die Zeit genießen.
Wenn der neue Ben merkt, dass du ihn akzeptierst, wird er vielleicht irgendwann auch Rat bei dir suchen. Aber vorher, würde ich an deiner Stelle nicht auf ihn einreden. Du musst natürlich auch nichts verschweigen, aber wenn du eine Kritik / Anmerkung geäußert hast und er möchte es trotzdem anders machen, lass ihn. Versuche, trotzdem für ihn da zu sein, so weit es geht.
Das bezieht sich jetzt auf die Annahme, dass es für dich tragbar ist, bei ihm zu bleiben. Wenn du merkst, es geht nicht mehr, musst du natürlich zuerst auf dich selbst achten.
 

Avior

Neues Mitglied
Ich habe selbst ADHS, diagnostiziert und leichte autistische Tendenzen, keine offizielle Diagnose.

An Deiner Stelle würde ich ihm sagen:
Den „alten Ben“ mag ich, ihn liebe ich.
Der „neue Ben“ ist egoistisch und selbstgerecht, er ist meiner Liebe nicht wert.
Ich bin weg, wenn der „neue Ben“ ausgezogen ist, komme ich gerne wieder.

An einer solchen Diagnose kann man schon knabbern, sie macht aber keinen anderen Menschen aus einem.
Den erschafft man selbst, man kann ihn auch wieder abschaffen.
Danke für deine Antwort. Ich habe das bereits versucht. Ich habe ihm gesagt das mir der 'alte' Ben fehlt und das ich den 'neuen' nicht mag. Das Problem daran ist dass er nicht sieht das er den 'neuen' Ben selber erschaffen hat, er sieht den 'neuen' Ben als sein wahres richtiges Ich an. Und empfindet den 'alten' Ben als störend und überflüssig. Er sagt häufig dass er sein altes Ich nichtmehr braucht, das es ihn nur zurückhalten würde.
 

Avior

Neues Mitglied
Ich habe etwas Erfahrung mit dem Szenario, dass eine Person zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwei stark unterschiedliche Persönlichkeiten zeigt und das auch mehrmals am Tag wechselt. Wenn du mit dieser Person weiter versuchen möchtest, zusammen zu bleiben, kann ich die eine radikale Akzeptanz empfehlen. D.h. du akzeptierst, dass es den alten Ben gibt und der manchmal da ist und sonst eben der neue Ben da ist. Versuche, weder auf dem alten, noch auf dem neuen Ben einzureden. Und versuche nicht, sie zu vergleichen. Vielleicht kannst du dich innerlich, nur für dich, darüber freuen, wenn der alte Ben da ist und die Zeit genießen.
Wenn der neue Ben merkt, dass du ihn akzeptierst, wird er vielleicht irgendwann auch Rat bei dir suchen. Aber vorher, würde ich an deiner Stelle nicht auf ihn einreden. Du musst natürlich auch nichts verschweigen, aber wenn du eine Kritik / Anmerkung geäußert hast und er möchte es trotzdem anders machen, lass ihn. Versuche, trotzdem für ihn da zu sein, so weit es geht.
Das bezieht sich jetzt auf die Annahme, dass es für dich tragbar ist, bei ihm zu bleiben. Wenn du merkst, es geht nicht mehr, musst du natürlich zuerst auf dich selbst achten.
Dir auch vielen Dank für deine Antwort. Ich habe versucht Kritik so neutral wie möglich zu äußern, aber alles was nicht positiv ist blockt Ben konsequent ab und meibt das ich nur Negativität verbreite. Ich verstehe was du meinst, aber leider habe ich keine Entscheidung darüber ob ich bei ihm bleibe oder nicht. Ich habe versucht den 'neuen' Ben zu akzeptieren und mit ihm zurechtzukommen, aber das war Ben nicht genug. Denn Ben hat die Beziehung bereits beendet und möchte das ich ausziehe, weil ich ihn behindere und zurückhalte. Das wir auf einmal nichtmehr zusammenpassen. Und ich habe Angst das er sich komplett selbst verliert sobald ich ausgezogen bin.
 

Kylar

Aktives Mitglied
Mittlerweile hat sich das eingependelt, er kommt mit vielem besser zurecht. Und genau jetzt wo Ben keine extremen Schwankungen mehr hat, hört er einfach auf sich selbst zu finden. Ben hat bis heute nur 3 Sitzungen bei einer Heilpraktikerin gehabt, hält Psychotherapie für schwachsinnig (weil es ihm ja gut geht) und ist der Meinung das er keine richtige Diagnose braucht, denn er weiß ja was mit ihm ist.
(...)
Anstatt durch diese Vordiagnose anzufangen den 'alten' Ben weiter zu entwickeln und wachsen zu lassen (zum Beispiel durch Therapie und Selbsthilfegruppen oder eine richtige Diagnose), hat er von jetzt auf gleich seine gesamte Persönlichkeit geändert und einen 'neuen' Ben erschaffen. Und dieser 'neue' Ben wurde sozusagen um die Vordiagnose Autismus herum gebaut, falls ihr versteht was ich meine.

(...)

Ich habe schon oft versucht auf ihn einzureden, aber es bringt nichts. Ben ist der Meinung das er alles weiß was er wissen muss, obwohl es nur eine Vordiagnose war die seine Hausärztin gestellt hat. Habt ihr vielleicht eine Idee wie ich Ben klarmachen kann dass er Hilfe braucht?
Hi Avior,
BRAUCHT Ben denn wirklich Hilfe?
Oder bist es eher du, die meint, er müsse "sich selber finden und weiterentwickeln/wachsen lassen" ?
Du schreibst selber , er kommt jetzt besser zurecht, es geht ihm seiner Auskunft nach gut und er hat keine extremen Stimmungsschwankungen mehr.
Also ist er mit dieser Vordiagnose eventuell mehr im Reinen als du.
Auf ihn einzureden, ist auf jeden Fall kontraproduktiv. Du wirst ihm nicht klarmachen können, dass er Hilfe braucht (wenn er die denn braucht). Die Erkenntnis kann man immer nur selber haben.
Du kannst höchstens für dich entscheiden, ob du mit einem Menschen, denn du als kalt und empathielos empfindest , weiter eine Beziehung führen willst. Wie äußert sich denn das kalt und empathielos? Kommt das als Reaktion auf deine Überzeugungsversuche oder wann tritt dieser "neue" Ben immer auf?
 

Träumelinchen

Aktives Mitglied
Ich arbeite gerade mit jemand zusammen, der das auch hat. Scheint ja gar nicht so selten zu sein. Ich glaube, dass es schon hart ist, damit klarzukommen, wenn man eine solche Diagnose gestellt bekommt. Vielleicht ist er im Moment damit einfach auch noch etwas überfordert, das für sich zu akzeptieren und rauszufinden, wie er am Besten damit umgehen soll. Vielleicht braucht er einfach etwas mehr Zeit und Verständnis. Mein Arbeitskollege hat die Diagnose schon als Kind bekommen. Er ist also praktisch mit der Diagnose aufgewachsen. Aber für ihn ist es wohl ne große Hilfe zu wissen, was er hat. Sagt er zumindest. Nur so hat er die nötige Unterstützung bekommen.
 

Avior

Neues Mitglied
Hi Avior,
BRAUCHT Ben denn wirklich Hilfe?
Oder bist es eher du, die meint, er müsse "sich selber finden" ?
Du schreibst selber , er kommt jetzt besser zurecht und hat keine extremen Stimmungsschwankungen mehr.
Also ist er mit dieser Vordiagnose eventuell mehr im Reinen als du.
Auf ihn einzureden, ist auf jeden Fall kontraproduktiv. Du wirst ihm nicht klarmachen können, dass er Hilfe braucht (wenn er die denn braucht). Die Erkenntnis kann man immer nur selber haben.
Du kannst höchstens für dich entscheiden, ob du mit einem Menschen, denn du als kalt und empathielos empfindest , weiter eine Beziehung führen willst. Wie äußert sich denn das kalt und empathielos? Kommt das als Reaktion auf deine Überzeugungsversuche oder wann tritt dieser "neue" Ben immer auf?
Danke für deine Antwort. Es bin nicht nur ich die Ben geraten hat sich Hilfe in Form von Therapie oder ähnlichem zu suchen. Seine Hausärztin hat ihm dasselbe geraten nachdem sie ihm die Überweisung für den Psychologen ausgestellt hat, seine zwei Freunde zu dem er den Kontakt abgebrochen hat haben ihm dasselbe geraten und seine Heilpraktiker-Therapeutin hat ihm dasselbe geraten.

Das kalt und emphatielos äußert sich darin, dass er mich nur als Ballast ansieht und mir sagt das ich ihn davon zurückhalte vorran zu kommen. Oder das ich von ihm gesagt bekomme dass ich nutzlos bin. Zum Beispiel waren wir beide seit letzten Samstag krank mit Grippe. Ben hat Grippe immer sehr gut vertragen und ist seit Mittwoch wieder fit, ich hingegen bin immernoch krank und Husten mir die Seele ausm Leib und hatte Fieber. Seit Mittwoch, seit Ben wieder gesund ist, kommt er zu mir und fragt mich wie lange ich noch vor habe krank zu sein, das es ja nicht sein kann dass ich länger krank bin als er und das ich ja langsam mal wieder gesund werden sollte damit ich den Haushalt wieder machen kann. Soetwas meine ich mit kalt und empathielos.
 

Avior

Neues Mitglied
Ich arbeite gerade mit jemand zusammen, der das auch hat. Scheint ja gar nicht so selten zu sein. Ich glaube, dass es schon hart ist, damit klarzukommen, wenn man eine solche Diagnose gestellt bekommt. Vielleicht ist er im Moment damit einfach auch noch etwas überfordert, das für sich zu akzeptieren und rauszufinden, wie er am Besten damit umgehen soll. Vielleicht braucht er einfach etwas mehr Zeit und Verständnis. Mein Arbeitskollege hat die Diagnose schon als Kind bekommen. Er ist also praktisch mit der Diagnose aufgewachsen. Aber für ihn ist es wohl ne große Hilfe zu wissen, was er hat. Sagt er zumindest. Nur so hat er die nötige Unterstützung bekommen.
Dir auch danke für deine Antwort. Ich glaube auch das es helfen würde wenn Ben eine richtige Diagnose bekommt, aber er blockt das komplett ab. Er sagt er braucht keine richtige Diagnose, denn die Vordiagnose hätte ihm alles aufgezeigt was er wissen muss. Dabei ist das nur ein Verdacht und überhaupt nichts offizielles. Und das ist ihm egal, er beharrt darauf das er keine vollständige Diagnose braucht.
 

57-55

Sehr aktives Mitglied
Danke für deine Antwort. Ich habe das bereits versucht. Ich habe ihm gesagt das mir der 'alte' Ben fehlt und das ich den 'neuen' nicht mag. Das Problem daran ist dass er nicht sieht das er den 'neuen' Ben selber erschaffen hat, er sieht den 'neuen' Ben als sein wahres richtiges Ich an. Und empfindet den 'alten' Ben als störend und überflüssig. Er sagt häufig dass er sein altes Ich nichtmehr braucht, das es ihn nur zurückhalten würde.
Das tut mir sehr leid für Dich.
Allerdings solltest Du dann auch wissen, was zu tun ist.
Der „alte Ben“ war Dir ein guter Partner, aber er will ihn nicht mehr.
Der „neue Ben“ ist alles andere als ein guter Partner.
Aus meiner Sicht wird es Zeit für Dich zu gehen, vielleicht denkt er dann über sein Verhalten nach.
Auch Du hast nur ein Leben und erlebst jeden Tag nur einmal.

Ich wünsche Dir alles Gute.
 

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