C
Carmen31
Gast
Hallo,
ich möchte mich nicht jämmerlich anhören, doch ich weiß einfach nicht mehr weiter. Auch was mein eigenes Verhalten anbelangt, bin ich total orientierungslos. Gehört das, was ich erlebe, zu einer Freundschaft, oder lasse ich mir zuviel gefallen?
Sieht mich meine Freundin überhaupt noch als Mensch oder nur als seelischen Mülleimer?
Ich (31) habe seit 20 Jahren eine enge Freundin, man könnte schon sagen beste Freundin. Ich nenne sie jetzt einfach mal Sonja.
Sonjas Leben schien von Anfang an unter einem guten Stern zu stehen.
Sie kam aus einem wohlhabenden Elternhaus und bekam auf dem Gymnasium, in dem wir beide dieselbe Klasse besuchten, nur Einsen und Zweien.
Ich dagegen kam aus eher ärmlichen Verhältnissen, doch meine Eltern bestanden darauf, dass ich das Gymnasium durchzog, damit ich es später einmal besser haben würde als sie. Aus Frust und Überforderung war ich im Unterricht oft geistig abwesend, schwänzte manchmal die Schule oder schaffte meine Hausaufgaben nicht.
Sonja lästerte ständig über mich und mein Verhalten, doch da sie schon immer etwas „eigen“ war, war sie genauso wie ich in der Klasse eine Außenseiterin und unsere "Freundschaft" blieb bestehen. Außenseiter halten schließlich zusammen.
Meine eigene Außenseiterrolle hatte ich meiner Schüchternheit zu verdanken.
Oft hatte ich Angst vor Sonja als dumm dazustehen und täuschte Faulheit vor. Zum Beispiel sagte ich „WAS? Wir haben in Mathe ECHT Hausaufgaben auf bekommen? Das habe ich total verpennt.“ In Wirklichkeit war ich mit meinen Hausaufgaben einfach nicht zurecht gekommen.
Sonja lästerte über meine Faulheit; doch meine Angst vor ihr als dumm zu erscheinen, war größer, zumal Sonja sehr stark in Dimensionen wie Überlegenheit und Unterlegenheit dachte und andere gerne herumkommandierte.
Die Zeit verging, Sonja machte ein Super-Abi (ohne viel Lernerei) und ich (mit viel Lernerei) ein Durchschnitts-Abi. Sonja studierte BWL und ich Anglistik.
Da sie nach Norddeutschland zog, während ich in der Nähe meiner süddeutschen Heimatstadt blieb, wurde unsere Freundschaft immer entspannter. Da ich in meinem Studium erfolgreich war, nahm auch Sonjas Respekt vor mir zu.
Nach dem Studium wurde Sonja sehr erfolgreich in der Wirtschaft, doch in der Liebe lief bei ihr nichts rund, was auf die Tatsache zurückzuführen war, dass sie sich ständig in unerreichbare Männer verliebte (zB in Lokalpolitiker, Chefs und Filmstars).
Jetzt ist sie seit fünf Jahren in einen relativ bekannten Politiker verliebt. Jedes Mal, wenn Sonja und ich uns treffen, redet sie nur noch über diesen Politiker. Ihr Leben, sagt sie, wird niemals glücklich sein, wenn sie nicht mit IHM zusammenkommt. Jedes Mal, wenn er eine Rede gibt, fährt Sonja zu diesem Event. Ein paar Mal hat sie mit ihm sogar schon ein paar Worte wechseln können, doch mehr ist bisher noch nicht passiert. Auch auf Pressekonferenzen hat sie sich bereits hinein geschmuggelt. Ich glaube ja, dass der Politiker schon längst einen Schritt in Sonjas Richtung gemacht hätte, wenn er an ihr interessiert wäre.
Doch nichts dergleichen ist passiert.
Trotzdem: Sonja redet nur noch von dem Politiker und ihrer gemeinsamen Zukunft mit ihm. Dann spricht sie wieder Non-Stop von ihren Ängsten ihn zu „verlieren“, sollte er sich jemals aus der Öffentlichkeit zurückziehen und sie ihn nicht vorher für sich gewinnen.
Ich mache mir mittlerweile riesige Sorgen um Sonja. Doch wenn ich ihr dazu rate sich in Therapie zu begeben, reagiert sie beleidigt.
„X ist die Liebe meines Lebens, und Du weißt einfach nicht, was Liebe ist“, sagt sie dann.
Jedes Wochenende ruft sie mich an, und wir telefonieren dann für mindestens sechs (!) Stunden. Fast die gesamte Gesprächszeit handelt von nichts anderem als von Sonjas Gefühlen für den Politiker, ihren Erlebnissen in Bezug auf diesen Politiker und Sonjas Ängsten, dass sie ihn verlieren könnte.
Nach diesen Telefongesprächen bin ich jedes Mal ganz ausgelaugt.
Doch ich habe Angst davor Sonja, die ein Teil meines Lebens geworden ist, zu verlieren, wenn ich ihr sage, was ich über ihre „Liebe“ (vielmehr Besessenheit) denke.
Manchmal sage ich ihr, dass es mir zuviel wird, nur über X zu sprechen. Dann entschuldigt sie sich, doch nach kurzer Zeit fängt sie wieder mit denselben Themen an.
Wie es mir selber geht, fragt Sonja nie.
Und auch ich habe mein Päckchen zu tragen, wie man so schön sagt. Während Sonja in der Wirtschaft eine glanzvolle Karriere hinlegt und niemand (außer mir) von ihrer emotionalen Misere mitbekommt, arbeite ich freiberuflich als Journalistin und muss aufstockend Hartz IV beantragen. Mit Männern hatte ich bisher schon so EINIGE Enttäuschungen hinter mir. Mr Right ist noch in weiter Ferne; doch meine Hauptsorge gilt vor allem meiner finanziellen Existenz.
Ich hätte gerne einen Menschen in meinem Leben, dem ich diese Sorgen mitteilen kann, doch vor Sonja, die beruflich sehr erfolgreich ist, traue ich mich nicht einmal zuzugeben, dass meine eigene Arbeit nicht genug einbringt um davon zu überleben.
Ich habe Angst, dass die „alte“ Sonja aus der Schule wieder zum Vorschein kommt, die auf mich und meine schlechten Leistungen herab sah.
Wenn ich anklingen lasse, dass bei mir beruflich nicht alles rosig läuft heißt es, „dann suche Dir doch einen anderen Job“. Als ob ich das nicht schon versucht hätte!
Ich solle froh sein, behauptet Sonja, dass ich bei meinem Studienabschluss von 2,5 (statt einer glatten 2 oder 1) und fehlenden Auslandspraktika (wegen Geldnot) überhaupt einen Job habe.
Mit ihr über Probleme zu reden, wenn es die eigenen sind, ist also sehr schwer.
Anders herum spricht Sonja in den sechs, sieben Stunden, in denen wir telefonieren, fast zu 90 Prozent der Zeit über sich und den Politiker. Sonja leidet an Depressionen und sieht den Weg zur Heilung in einer Partnerschaft mit diesem Mann und nicht in einer Therapie.
Glaubt Ihr, dass unsere Freundschaft noch eine Chance hat?
Ich fühle mich nur noch ausgenutzt.
Und ich weiß nicht, ob Sonja an mir als Person überhaupt noch etwas liegt oder ob ich nur noch ihr seelischer Mülleimer bin.
Alles Liebe an Euch!
ich möchte mich nicht jämmerlich anhören, doch ich weiß einfach nicht mehr weiter. Auch was mein eigenes Verhalten anbelangt, bin ich total orientierungslos. Gehört das, was ich erlebe, zu einer Freundschaft, oder lasse ich mir zuviel gefallen?
Sieht mich meine Freundin überhaupt noch als Mensch oder nur als seelischen Mülleimer?
Ich (31) habe seit 20 Jahren eine enge Freundin, man könnte schon sagen beste Freundin. Ich nenne sie jetzt einfach mal Sonja.
Sonjas Leben schien von Anfang an unter einem guten Stern zu stehen.
Sie kam aus einem wohlhabenden Elternhaus und bekam auf dem Gymnasium, in dem wir beide dieselbe Klasse besuchten, nur Einsen und Zweien.
Ich dagegen kam aus eher ärmlichen Verhältnissen, doch meine Eltern bestanden darauf, dass ich das Gymnasium durchzog, damit ich es später einmal besser haben würde als sie. Aus Frust und Überforderung war ich im Unterricht oft geistig abwesend, schwänzte manchmal die Schule oder schaffte meine Hausaufgaben nicht.
Sonja lästerte ständig über mich und mein Verhalten, doch da sie schon immer etwas „eigen“ war, war sie genauso wie ich in der Klasse eine Außenseiterin und unsere "Freundschaft" blieb bestehen. Außenseiter halten schließlich zusammen.
Meine eigene Außenseiterrolle hatte ich meiner Schüchternheit zu verdanken.
Oft hatte ich Angst vor Sonja als dumm dazustehen und täuschte Faulheit vor. Zum Beispiel sagte ich „WAS? Wir haben in Mathe ECHT Hausaufgaben auf bekommen? Das habe ich total verpennt.“ In Wirklichkeit war ich mit meinen Hausaufgaben einfach nicht zurecht gekommen.
Sonja lästerte über meine Faulheit; doch meine Angst vor ihr als dumm zu erscheinen, war größer, zumal Sonja sehr stark in Dimensionen wie Überlegenheit und Unterlegenheit dachte und andere gerne herumkommandierte.
Die Zeit verging, Sonja machte ein Super-Abi (ohne viel Lernerei) und ich (mit viel Lernerei) ein Durchschnitts-Abi. Sonja studierte BWL und ich Anglistik.
Da sie nach Norddeutschland zog, während ich in der Nähe meiner süddeutschen Heimatstadt blieb, wurde unsere Freundschaft immer entspannter. Da ich in meinem Studium erfolgreich war, nahm auch Sonjas Respekt vor mir zu.
Nach dem Studium wurde Sonja sehr erfolgreich in der Wirtschaft, doch in der Liebe lief bei ihr nichts rund, was auf die Tatsache zurückzuführen war, dass sie sich ständig in unerreichbare Männer verliebte (zB in Lokalpolitiker, Chefs und Filmstars).
Jetzt ist sie seit fünf Jahren in einen relativ bekannten Politiker verliebt. Jedes Mal, wenn Sonja und ich uns treffen, redet sie nur noch über diesen Politiker. Ihr Leben, sagt sie, wird niemals glücklich sein, wenn sie nicht mit IHM zusammenkommt. Jedes Mal, wenn er eine Rede gibt, fährt Sonja zu diesem Event. Ein paar Mal hat sie mit ihm sogar schon ein paar Worte wechseln können, doch mehr ist bisher noch nicht passiert. Auch auf Pressekonferenzen hat sie sich bereits hinein geschmuggelt. Ich glaube ja, dass der Politiker schon längst einen Schritt in Sonjas Richtung gemacht hätte, wenn er an ihr interessiert wäre.
Doch nichts dergleichen ist passiert.
Trotzdem: Sonja redet nur noch von dem Politiker und ihrer gemeinsamen Zukunft mit ihm. Dann spricht sie wieder Non-Stop von ihren Ängsten ihn zu „verlieren“, sollte er sich jemals aus der Öffentlichkeit zurückziehen und sie ihn nicht vorher für sich gewinnen.
Ich mache mir mittlerweile riesige Sorgen um Sonja. Doch wenn ich ihr dazu rate sich in Therapie zu begeben, reagiert sie beleidigt.
„X ist die Liebe meines Lebens, und Du weißt einfach nicht, was Liebe ist“, sagt sie dann.
Jedes Wochenende ruft sie mich an, und wir telefonieren dann für mindestens sechs (!) Stunden. Fast die gesamte Gesprächszeit handelt von nichts anderem als von Sonjas Gefühlen für den Politiker, ihren Erlebnissen in Bezug auf diesen Politiker und Sonjas Ängsten, dass sie ihn verlieren könnte.
Nach diesen Telefongesprächen bin ich jedes Mal ganz ausgelaugt.
Doch ich habe Angst davor Sonja, die ein Teil meines Lebens geworden ist, zu verlieren, wenn ich ihr sage, was ich über ihre „Liebe“ (vielmehr Besessenheit) denke.
Manchmal sage ich ihr, dass es mir zuviel wird, nur über X zu sprechen. Dann entschuldigt sie sich, doch nach kurzer Zeit fängt sie wieder mit denselben Themen an.
Wie es mir selber geht, fragt Sonja nie.
Und auch ich habe mein Päckchen zu tragen, wie man so schön sagt. Während Sonja in der Wirtschaft eine glanzvolle Karriere hinlegt und niemand (außer mir) von ihrer emotionalen Misere mitbekommt, arbeite ich freiberuflich als Journalistin und muss aufstockend Hartz IV beantragen. Mit Männern hatte ich bisher schon so EINIGE Enttäuschungen hinter mir. Mr Right ist noch in weiter Ferne; doch meine Hauptsorge gilt vor allem meiner finanziellen Existenz.
Ich hätte gerne einen Menschen in meinem Leben, dem ich diese Sorgen mitteilen kann, doch vor Sonja, die beruflich sehr erfolgreich ist, traue ich mich nicht einmal zuzugeben, dass meine eigene Arbeit nicht genug einbringt um davon zu überleben.
Ich habe Angst, dass die „alte“ Sonja aus der Schule wieder zum Vorschein kommt, die auf mich und meine schlechten Leistungen herab sah.
Wenn ich anklingen lasse, dass bei mir beruflich nicht alles rosig läuft heißt es, „dann suche Dir doch einen anderen Job“. Als ob ich das nicht schon versucht hätte!
Ich solle froh sein, behauptet Sonja, dass ich bei meinem Studienabschluss von 2,5 (statt einer glatten 2 oder 1) und fehlenden Auslandspraktika (wegen Geldnot) überhaupt einen Job habe.
Mit ihr über Probleme zu reden, wenn es die eigenen sind, ist also sehr schwer.
Anders herum spricht Sonja in den sechs, sieben Stunden, in denen wir telefonieren, fast zu 90 Prozent der Zeit über sich und den Politiker. Sonja leidet an Depressionen und sieht den Weg zur Heilung in einer Partnerschaft mit diesem Mann und nicht in einer Therapie.
Glaubt Ihr, dass unsere Freundschaft noch eine Chance hat?
Ich fühle mich nur noch ausgenutzt.
Und ich weiß nicht, ob Sonja an mir als Person überhaupt noch etwas liegt oder ob ich nur noch ihr seelischer Mülleimer bin.
Alles Liebe an Euch!