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Bindungstheorie und Doppelbindungstheorie

Amatio

Aktives Mitglied
Hallo Leute,

der Thread hier ist für alle Psychologie-Interessierten und natürlich auch für die ehemaligen User des geschlossenen Psychologie-Forums. Mögen sie auf diese Weise hier im Hilferuf-Forum eine neue Heimat finden.

Ich selber bin zwar kein Ex-User des Psychologie-Forums, interessiere mich jedoch sehr für Psychologie.

Ich weiß über die Bindungstheorie, dass es drei unterschiedliche Bindungsmuster mit Mischformen gibt, die aus der Kindheit stammen und das Bindungsverhalten auch im Erwachsenenalter prägen.

Und über die Doppelbindungstheorie weiß ich, dass Kleinkinder hierbei ambivalenten und widersprüchlichen Botschaften auf der Sachebene, Beziehungsebene, Appellebene und der Metaebene ausgesetzt sind und das dies die spätere Enstehung von Schizophrenie begünstigt.

Beides also sehr interessante Theorien, über die es sich zu diskutieren lohnt.

Daher werde ich nun im Café-Plauderfaden für ehemalige Mitglieder des Psychologie-Forums diesen Thread ankündigen. Ich bitte um rege Beteiligung.
Insbesondere von Ice, der sehr viel über diese Themen weiß.
 

Amatio

Aktives Mitglied
Hallo Dunkle Prinzessin,

Deine Erklärung der Doppelbindungstheorie ist wirklich hervorragend. Daran sieht man, wie fies solche Doppelbotschaften sind.

Ich überlege, ob ich selbst auch davon betroffen bin. Denn ich spüre auch Instabilität beim Selbstbewusstsein und wenig Antrieb. Das kann natürlich auch andere Ursachen haben. Und schizophren bin ich sicher nicht. Auch wenn man ja scherzhaft sagt:

Werden Sie schizophren, und Sie sind nie mehr allein.

Und ich bin ja viel allein. Aber ich habe vor kurzem gehört, dass Schizophrenie etwas anderes ist als die Spaltung in zwei Persönlichkeiten nach dem Muster Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Also werde ich mich mal eingehender mit der Definition von Schizophrenie befassen.
 

maybesunny

Aktives Mitglied
Wie ist das eigentlich, wenn solche gegensätzlichen, ich sag mal "Ansagen" nicht von zwei verschiedenen Personen an eine dritte gerichtet kommen, wie in dem Beispiel (Mutter, Vater,-> Markus), sondern von einer Person (Ansagen von Mutter und Vater) an eine zweite (Markus)? Und wenn diese zwei verschiedenen Ansagen nicht beide durch Worte ausgedrückt werden? Und nicht unbedingt in zeitlich engem Zusammenhang (also direkt nacheinander)?
Kann so ein double bind auch zu ein und derselben Person bestehen?
 

maybesunny

Aktives Mitglied
Ich denke mir das ungefähr so (um mal beim Beispiel zu bleiben):
Markus bekommt den Auftrag, den Boden zu wischen. Das tut er. Während er es tut, bekommt er zu spüren, dass die Person "genervt" ist, weil Bodenwischen Bewegung, Geräusche, einen feuchten Boden verursacht. Er wird deswegen nicht angesprochen, aber durch Blicke, Seufzer oder "Stimmung im Raum" bekommt er das mit.
Hätte er nicht gewischt, wär es auch nicht gut gewesen, denn er wäre der Bitte ja nicht nachgekommen.
Wie er's macht, macht er es also falsch, er kann es gar nicht "richtig" machen.
Ungefähr so?
 

Piepel

Aktives Mitglied
Double bind von einem Sender an einen Empfänger kann man auch so ausdrücken:

"Markus, sauge sofort Dein Zimmer. Ich habe den ganzen Vormittag für Dich gearbeitet und brauche jetzt erst mal eine Stunde Mittagsschlaf"

Charakterisierend ist die doppelte Aussage, für Markus dagewesen zu sein um ihn zu verpflichten, jetzt Staub zu saugen aber den Sauger nicht benutzen zu dürfen, da Ruhe erwartet wird.
Die Aussage ist dann schädlich, wenn Markus aus der Situation nicht entfliehen kann ( "ich bin/war für Dich da".)
Unschädlich ist es, wenn Markus antworten kann: " Geht nicht, Du weisst dass ich zur Nachhilfe muss".
Denn dann versteht er es, sich dem Einfluss zu entziehen.

Double bind wird durchaus im Alltag eingesetzt.
Maßgeblich - meine ich - schadet es dann, wenn dieses Mittel regelmäßig und zum Nachteil eines Betroffenen eingesetzt wird. Dies kann bewusst oder unbewusst geschehen.

Angewendet wird es durch Personen, die ein Kind einem anderen Elternteil entfremden wollen.
Sie würden sagen: " Ich habe nichts dagegen, dass Du zu (xx?) fährst aber ich bin traurig, dass ich in der Zeit alleine bin."
So gerät das Kind in einen Loyalitätskonflikt, der ihm keinen Ausweg lässt.
Es darf den einen Elternteil nicht verlassen und will den anderen nicht verlieren.

Double bind muss nicht verbal sondern kann nonverbal gesendet werden.
Hier würde dann dem Kind (verbal) mit schmerzverzerrtem Gesicht unter Tränen (nonverbal) angeraten, den anderen Elternteil zu besuchen.
 

cafard

Sehr aktives Mitglied
Und über die Doppelbindungstheorie weiß ich, dass Kleinkinder hierbei ambivalenten und widersprüchlichen Botschaften auf der Sachebene, Beziehungsebene, Appellebene und der Metaebene ausgesetzt sind und das dies die spätere Enstehung von Schizophrenie begünstigt.
"Geh DU spielen! ICH mache die Arbeit schon alleine."

Das Kind hat keine Chance, es richtig zu machen. Es soll der Mutter nicht helfen, das ist offiziell unerwünscht, dadurch, dass es spielt, begibt es sich aber in eine Schuld der Mutter gegenüber. Das Kind wird das Spiel nicht genießen können, es ist ihm vergiftet.

"Mal du!", in vorwursvollem Leidenston. Das Kind bekommt den Eindruck, sich mit dem Malen, welches ja nun für Kinder selbstverständlich ist, in eine Schuld der Mutter gegenüber zu begeben.

Diese Doppelbindungen sind absolutes Gift, die den Menschen von Grund auf zerstören. Sowas hinterlässt tiefe Spuren für ein ganzes Leben. Es scheint den Leuten nicht klar zu sein, was sie damit anrichten.
 

cafard

Sehr aktives Mitglied
Ich habe jede Menge solcher Doppelbindungserfahrungen gemacht.

Die Frau eines Freundes, der einen Hobbyverlag betrieb, bat mich, einen Text für ihren Mann abzutippen. Ich mache mir die Arbeit und gebe den umfangreichen Text in den Computer ein.

Ich bin fertig und kontaktiere damit den Freund. Es kommt: "Lass mich doch damit in Ruhe, gib mir mal `nen Eimer!"

Habe ich nie verwunden.


Oder meine Mutter bittet mich, irgendeinen Stecker hinten in den Fernseher einzustecken, wozu sie selbst keinen Bock hat. Ich stecke den Stecker ein, und mein Vater motzt los: "Was machst du denn da am Fernseher, bleib da doch von, es hat dich niemand gebeten, da dranzugehen!"

Man vergisst sowas nie, das ist extrem verunsichernd, es zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Es zieht sich durch ein ganzes Leben und kommt immer wieder zurück.
 

Ostwind1957

Sehr aktives Mitglied
Kommunikation (ggf. auch implizit oder nonverbal zum Ausdruck gebracht):
  1. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass
  2. Primäres negatives Gebot:
    1. mach mich nicht nass
    2. Falls du mich nass machst, erfüllst du meine Erwartungen nicht, bzw. wirst sanktioniert.
  3. Sekundäres Gebot:
    1. Wasch mir den Pelz
    2. Falls Du meine Handlungsaufforderung missachtest, erfüllst du meine Erwartungen nicht, bzw. wirst sanktioniert.
  4. Tertiäres Gebot:
    1. Der Sender der Kommunikationsbotschaft verbietet Kritik an ihm/ihr, unterbindet einen Verständigungs- oder Einigungsversuch oder vereitelt eine Metakommunikation.
    2. In einem bestehenden Abhängigkeitsverhältnis (z. B. Sorgerechts- bzw. Fürsorgepflichtsverhältnisse oder weisungsgebundene, abhängig beschäftigte Arbeitnehmer in Mobingsituationen bei unzureichendem Ersatz-Arbeitsplatzangebot) erscheint ein Verlassen der Situation aus Sicht der Betroffenen nahezu unmöglich.
Die klassischen Beispiele einer Doppelbindungskonstellation beziehen sich auf eine Situation, in der sich die betroffene Person (Opfer) in einer abhängigen Position befindet, in der Anpassung geboten ist und in der sich berechtigte Interessen und Grundbedürfnisse an dominante Bezugspersonen richten, im Negativfall jedoch nicht angemessen befriedigt werden, ggf. mit Scheinalternativen (umgangssprachlich mitunter auch Zwickmühle genannt) beantwortet werden und ein Verlassen der Situation nicht möglich ist.

Insbesondere Kinder und Kleinkinder haben als Bezugsperson die Eltern bzw. Erziehungsberechtigte, die im Allgemeinen in dieser Lebensphase für die Befriedigung der Grundbedürfnisse Sorge tragen.
 

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