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Der Ausschluss von Arbeitslosen - Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

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Runalin

Gast
Ich denke jetzt schon länger darüber nach. Ich habe im Rahmen eines Nebenjobs schon mit Suchtabhängigen gearbeitet und die meisten waren arbeitslos.
Was zuerst da war, ob Sucht durch Arbeitslosigkeit, oder Arbeitslosigkeit durch Sucht kann ich gar nicht sagen.
Aufgefallen ist mir aber bei allen, dass sie sowohl sozial als auch gesellschaftlich und oft auch familiär und bei Freunden ausgeschlossen wurden (durch die Arbeitslosigkeit).

Ich hab das selbst schon in abgemilderter im eigenen Umfeld erlebt. Ich arbeite ja schon länger nur 20 Stunden und studiere, was bei vielen schon zu Stirnrunzeln führte und ständigen Nachfragen. "Wieso arbeitest du nicht Vollzeit?" "Weil ich studiere?" "Und danach?" "Arbeite ich 32 Stunden, weil ich in meinem Bereich sonst ausbrenne und der Verantwortung für die 10 Jährige, um die ich mich kümmere nicht gerecht werde." Extrem entsetzte Blicke.

Bei den Arbeitslosen ware es aber noch krasser. Ganz viele berichteten mir: "Ich traue mich gar nicht mehr auf Familienfeiern oder zu Festen, weil dann sofort das Thema Arbeit aufkommt und sich alle darüber definieren und da ich nicht arbeite, wird mir ganz schnell das Gefühl vermittelt, ich sei nichts wert. Also meide ich Freunde und Familie und isoliere mich, wodurch es mir irgendwie aber auch nicht besser geht, mir aber niemand weh tun kann." (was natürlich Depressionen und Selbstzweifel zunehmen lässt.)

Dadurch wird natürlich der psychische Zustand noch schlechter.

Empfindet ihr es auch so, dass Menschen nur über ihre Arbeit definiert werden?
Ich kann nur für mich sprechen. Ich finde die Denkweise ganz schrecklich. Ich finde den Sinn für Arbeit sehr nützlich, weil man sonst echt stumpfsinnig wird und zu viel überlegt, aber dieses gegenseitige Übertrumpfen nervt und gerade dijenigen, die arbeitslos waren in meiner Beratung wurden extrem stigmatisiert. Und ganz schnell ist die Gesellschaft auch dabei zu sagen: Na, der ist faul.

Da gehe ich an die Decke, weil es wirklich schlimme Schicksale gibt und die waren gewiss nicht faul, sondern hatten einfach Pech. Von der Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen fange ich nicht noch an.
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

... wird mir ganz schnell das Gefühl vermittelt, ich sei nichts wert. Also meide ich Freunde und Familie und isoliere mich


Nur weil jemand einem eine Palme hinstellt, muss man nicht daraufklettern.
Man ist überhaupt niemanden Rechenschaft schuldig, vor allem sollte es einem gleichgültig sein, ob man gemocht wird.
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

, vor allem sollte es einem gleichgültig sein, ob man gemocht wird.
Den Menschen möchte ich sehen, der das vormacht. 😀

--
Ich denke auch, genauso ist es. Wer nichts arbeitet, der nichts leistet, der ist unter Würde. Wer Geringverdiener ist, steht ein bisschen besser da, ist aber für die meisten auch noch unter Würde. Wer Teilzeit arbeitet braucht einen trifftigen Grund: Nebenher studieren, Mutter sein oder Schlaganfall o.ä. gehabt haben. Ansonsten: Unter Würde.

Die einzigen die arbeitslos sein dürfen und ihre Würde behalten dürfen sind Renter mit Minimum 40 Jahren Vollzeitbeschäftigung, Kinder und Jugendliche bis sie ausgeschult werden, bzw. Studierende bis sie fertig sind (spätestens mit 30 Jahren) und Schwerkranke, bzw. Schwerbehinderte, denen man eine deutliche Beeinträchtigung ansieht.
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

Runalin meinte:
Empfindet ihr es auch so, dass Menschen nur über ihre Arbeit definiert werden?

Nö das empfinde ich nicht so. Aber ich kann bestätigen, das Menschen, deren Leben von der gesellschaftlichen Norm abweicht, öfter mal schief angeschaut werden. Gerade auf Familienfeiern darf man sich Fragen anhören wie "Warum bist du noch single?" oder "Wollt ihr nicht bald mal heiraten und Kinder kriegen?"

Was meine Person angeht: Ich arbeite seit Jahren nur 24 Stunden pro Woche, ohne zu studieren oder jemand zu betreuen. Natürlich kommen gelegentlich Kommentare wie "ach ja, du hast ja morgen schon Wochenende".., aber angefeindet oder abgewertet wurde ich deshalb noch nie.
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

Zumindest was Teilzeitarbeit angeht kann ich das nicht bestätigen.
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

Ich denke jetzt schon länger darüber nach. Ich habe im Rahmen eines Nebenjobs schon mit Suchtabhängigen gearbeitet und die meisten waren arbeitslos.
Was zuerst da war, ob Sucht durch Arbeitslosigkeit, oder Arbeitslosigkeit durch Sucht kann ich gar nicht sagen.
Aufgefallen ist mir aber bei allen, dass sie sowohl sozial als auch gesellschaftlich und oft auch familiär und bei Freunden ausgeschlossen wurden (durch die Arbeitslosigkeit).

Ich hab das selbst schon in abgemilderter im eigenen Umfeld erlebt. Ich arbeite ja schon länger nur 20 Stunden und studiere, was bei vielen schon zu Stirnrunzeln führte und ständigen Nachfragen. "Wieso arbeitest du nicht Vollzeit?" "Weil ich studiere?" "Und danach?" "Arbeite ich 32 Stunden, weil ich in meinem Bereich sonst ausbrenne und der Verantwortung für die 10 Jährige, um die ich mich kümmere nicht gerecht werde." Extrem entsetzte Blicke.

Bei den Arbeitslosen ware es aber noch krasser. Ganz viele berichteten mir: "Ich traue mich gar nicht mehr auf Familienfeiern oder zu Festen, weil dann sofort das Thema Arbeit aufkommt und sich alle darüber definieren und da ich nicht arbeite, wird mir ganz schnell das Gefühl vermittelt, ich sei nichts wert. Also meide ich Freunde und Familie und isoliere mich, wodurch es mir irgendwie aber auch nicht besser geht, mir aber niemand weh tun kann." (was natürlich Depressionen und Selbstzweifel zunehmen lässt.)

Dadurch wird natürlich der psychische Zustand noch schlechter.

Empfindet ihr es auch so, dass Menschen nur über ihre Arbeit definiert werden?
Ich kann nur für mich sprechen. Ich finde die Denkweise ganz schrecklich. Ich finde den Sinn für Arbeit sehr nützlich, weil man sonst echt stumpfsinnig wird und zu viel überlegt, aber dieses gegenseitige Übertrumpfen nervt und gerade dijenigen, die arbeitslos waren in meiner Beratung wurden extrem stigmatisiert. Und ganz schnell ist die Gesellschaft auch dabei zu sagen: Na, der ist faul.

Da gehe ich an die Decke, weil es wirklich schlimme Schicksale gibt und die waren gewiss nicht faul, sondern hatten einfach Pech. Von der Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen fange ich nicht noch an.

Ich habe bezüglich meiner Arbeitslosigkeit, die leider schon recht lange anhält auch sehr enttäuschende Erfahrungen machen müssen. Man wird nur über Arbeit definiert. Mein Bruder hat zu mir vorerst den Kontakt abgebrochen und seine Frau auch. Das Hauptthema war die Arbeit. Es hat nur Vorwürfe gehagelt. Sätze wie "warum andere arbeiten gehen, damit ich es nicht muss, ich stehe jeden Morgen für Dich auf, warum schon so lange usw.? Es hat mich so verletzt und fassungslos gemacht. Hinter meinem Rücken werden Dinge hinterfragt warum ich mir dies und das leisten kann usw. Das ist ein anderes Thema. Sowas zu erfahren ist wirklich hart und man resigniert dadurch noch mehr. Ich habe mich deswegen dieses Jahr in Behandlung begeben. Ich leide unter Depressionen, selbstunsichere Persönlichkeitsstörung und habe soziale Ängste. Das ist auch der Grund für meine langjährige Arbeitslosigkeit. Ich konnte da nie drüber reden, weil es ja sehr privat ist und man wird so mit Worten nieder gemacht. Ich fühle mich nur noch unwohl in Menschenkreisen. Familienfeiern waren für mich immer der Horror. Da kam so oft das Wort Arbeit auf. Jeder hat davon erzählt und ich sass da und habe gehofft, das das Thema bald wechselt. Vielleicht wurde das ja auch bewusst angesprochen. Auch der Spruch wer Arbeit sucht findet auch welche nützen mir wenig, denn ich habe große persönliche Probleme. Leider haben viele dafür kein Verständnis und das macht mich so so traurig. Nichmal die eigene Familie bzw. Bruder. Sie wissen nur grob was von mir bzw. das ich in Behandlung bin, aber was wirklich mit mir ist nicht. Habe Angst das jemals zu sagen, weil man eh nicht ernst genommen wird.
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

Ich selbst war auch lange arbeitslos, habe auch „wer Arbeit sucht, der findet auch“ hören dürfen. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich diese Phase erlebt / erfahren und überstanden habe. Meine Eltern waren mir dabei zum Glück eine starke Hilfe.
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

Empfindet ihr es auch so, dass Menschen nur über ihre Arbeit definiert werden?

Nein, absolut nicht. Wobei ich sagen muss, als ich krank und somit erwerbsunfähig wurden habe ich den Kontakt zu 2 "Freundinnen" abgebrochen, weil die kein Verständnis dafür hatten wie man als junge gesund aussehende Akademikerin arbeitslos werden kann. In meinem neuen Freundeskreis ist das aber absolut kein Thema.
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

Nein, absolut nicht. Wobei ich sagen muss, als ich krank und somit erwerbsunfähig wurden habe ich den Kontakt zu 2 "Freundinnen" abgebrochen, weil die kein Verständnis dafür hatten wie man als junge gesund aussehende Akademikerin arbeitslos werden kann. In meinem neuen Freundeskreis ist das aber absolut kein Thema.
Du bist ja total widersprüchlich. Zuerst sagst Du Nein und im nächsten Satz behauptest Du dann das Gegenteil. 😕
 
AW: Der Ausschluss von Arbeitslosen- Du bist nur etwas wert, wenn du arbeitest

Ich hab bei Klienten ganz oft gesehen, dass die Arbeitslosigkeit Folgeerscheinungen hat und das macht mich unglaublich wütend und traurig. Viele fangen dann an zu trinken, wollen die Gefühle betäuben oder nehmen Drogen.
Andere werden depressiv und fallen in ein tiefes Loch. Der Leidensdruck wird umso schlimmer je länger die Arbeitslosigkeit anhält.
Ich will nicht behaupten, es gäbe gar keine faulen Arbeitslosen. Aber ganz oft wird das alles stigmatisiert. Frei nach "Alle arbeitslosen sind faul"und da geht mir die Hutschnur hoch.

Ich hab Klienten erlebt, die psychisch so kaputt waren, dass die niemals hätten arbeiten können, die Schicksalsschläge erlebt haben, Menschen verloren haben, Krankheit erlebt haben. Wie willst du überhaupt arbeiten, wenn du ein schwer krankes Kind betreust oder einen Angehörigen?

Ich bin wie viele von euch der Meinung, dass man den Kontakt zu solchen Menschen abbrechen sollte, die sofort stigmatisieren, ohne mal zu hinterfragen.
Ich bin da auch sehr eiskalt geworden und hab durch solche Stigma mit nur 20 Stunden arbeiten auch schon zu 3 Leuten in der Familie den Kontakt abgebrochen.

In meiner Familie herrschte eine hohe Arbeitsmoral und da war ich für einige Großcousins wohl ne Katastrophe.


Auf jeden Fall bringen solche Phasen eins. Wie sagt der Spruch so schön: "Wahre Freunde erkennst du in der Not."


"Manchmal ist es besser wenn man die Menschen im Leben aussortiert, die einem nicht gut tun. Dann hat man mehr Platz in seinem Leben für tolle Menschen."

 

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