schau mal,das habe ich gefunden,ist zwar viel zum lesen,aber vielleicht hilft dir das weiter:
Was tun, wenn der Chef nicht zahlt
Unpünktliche Lohnzahlungen sind ein Alarmsignal - Vom Gehaltsverzicht raten Experten ab
von Nando Sommerfeldt
Torsten H. hat genug. Seit Monaten zahlt ihm sein Chef das Gehalt nur noch unregelmäßig. Seit acht Wochen hat er überhaupt nichts mehr bekommen. Natürlich weiß er, daß es der Firma nicht so gut geht. Doch auch er hat Ausgaben, die ihm allmählich über den Kopf wachsen. Mit diesem Problem müssen sich momentan immer mehr Arbeitnehmer auseinander setzen. In Zeiten schwächelnder Konjunktur halten viele Arbeitgeber ihre Mitarbeiter mit den Lohnzahlungen hin.
"Hat der Chef den Lohn nicht gezahlt, sollte man zuerst das persönliche Gespräch mit ihm suchen", rät Helmut Platow, Anwalt für Arbeitsrecht von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Dabei wird sich höflich nach dem Grund erkundigt. Man sollte anfangs immer davon ausgehen, daß es sich um ein Versehen handeln könnte. Verspricht er das Geld in den nächsten Tagen zu zahlen, sollte man ihn nicht weiter drängen.
Doch Torsten H. steht fast jede Woche bei ihm im Büro, und wird regelmäßig vertröstet. Als zusätzliches Druckmittel eignet sich deshalb die Einstellung der Arbeit. Denn wenn der Arbeitgeber nicht zahlt, hat der Arbeitnehmer das Recht, seine Arbeitsleistung zurückhalten (§ 320 BGB). "Das kann er so lange tun, bis er seinen Lohn wieder erhält", erklärt Verdi-Experte Platow. "Dazu bedarf es aber einer Ankündigung. Zum Beispiel: Wenn ich schon im Dezember kein Gehalt bekommen habe, kündige ich dem Chef in einem Schreiben an, daß ich - wenn er das Geld in den kommenden drei Tagen nicht zahlt - meine Arbeitskraft zurückhalte, bis der Lohn gezahlt wird." Die genaue Formulierung könnte wie folgt lauten: Für die Zeit vom ... bis ... wurde mir noch kein Gehalt überwiesen. Hiermit fordere ich Sie auf, mein Gehalt bis zum ... auf mein Konto zu überweisen. Ist das Geld bis zu diesem Zeitpunkt nicht auf meinem Konto gutgeschrieben, behalte ich mir vor, meine Arbeitsleistung zu verweigern.
"Allerdings kann der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft nur zurückhalten, wenn der Lohnrückstand nicht geringfügig ist", erklärt Rechtsanwalt Andreas Walle die geltende Rechtsprechung. "Das Arbeitsgericht Hannover hat entschieden, daß 1,5 Monateverdienste nicht mehr als geringfügig bezeichnet werden können." Walle ist Experte für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek, und im wesentlichen für die Arbeitgeberseite tätig.
Torsten H. trägt sich derweilen mit dem Gedanken, dem ganzen Ärger ein Ende zu setzen, und seinen Job zu kündigen. Er hat das Recht, innerhalb einer angemessenen Frist - am besten durch eine schriftliche Aufforderung - fristlos zu kündigen. "Das kann er, da es sich bei der Lohnzahlung um eine Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers handelt. Schließlich muß er seinen Unterhalt finanzieren", erklärt Martina Perreng, Arbeitsrechtsexpertin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). "Verletzt er diese, kann der Arbeitsnehmer fristlos kündigen, und hat dennoch sofort Anspruch auf volles Arbeitslosengeld." Anders ist es, wenn man Ärger mit der Chefetage hat, und deshalb von sich aus kündigt. Dann kann das Arbeitsamt seine Zahlungen verweigern.
"Die Kündigung kann jedoch nur das ultimativ letzte Mittel sein", meint Rechtsanwalt Walle. "Natürlich besteht nach § 626 BGB die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung. Dafür muß der Arbeitgeber jedoch in sogenannten erheblichen Rückstand kommen. Man muß ihn also abmahnen und eine Frist setzen. Kündigt man vorschnell, besteht die Gefahr, daß das Arbeitsamt das Arbeitslosengeld nicht zahlt", erklärt Arbeitsrechtler Platow. Rechtsanwalt Walle sieht noch ein anderes Problem: Denn der sogenannte wichtige Grund ist in der Rechtsprechung nicht klar definiert. "Es kommt immer auf den Einzelfall an", sagt Walle. "Den einzig wahren, absoluten Kündigungsgrund gibt es nicht. Deshalb bewegt sich der Arbeitnehmer mit einer vorschnellen Kündigung auf dünnem Eis."
Was tun, wenn der Chef nicht zahlt (2)
Unabhängig von einer möglichen Kündigung, kann Torsten H. seinen Chef vor einem Arbeitsgericht auf Lohnzahlung verklagen. Dazu braucht er keinen teuren Anwalt. Er geht zum Gericht, legt seinen Arbeitsvertrag und seinen letzten Gehaltsauszug vor, um die Lohnforderung genau beziffern und belegen zu können. Die Klage wird dem Gegner dann zugestellt, mit einer Ladung zu einem zeitnahen Gütetermin. Kommt es dabei zu keiner Einigung, gibt es dann drei bis vier Monate später den endgültigen Verhandlungstermin, in dem - wenn die Beweislage klar ist - ein Urteil verkündet wird.
"Es gibt aber auch einen schnelleren Weg", sagt Anwalt Helmut Platow. "Wenn die Forderung eindeutig, daß heißt unstreitig ist, kann man einen sogenannten Mahnbescheid beantragen. Hier wird der Arbeitgeber mit der Zustellung des Mahnbescheides vom Arbeitsgericht aufgefordert, die Forderung zu erfüllen oder innerhalb einer Woche nach Zustellung Widerspruch einzulegen. Tut er das nicht, wird der Bescheid rechtskräftig, und der Arbeitnehmer besitzt einen Vollstreckungstitel, mit dem er dann innerhalb weniger Tage mit Hilfe des Gerichtsvollziehers an sein Geld kommt. Vorausgesetzt, beim Arbeitgeber ist noch etwas zu holen."
Dadurch, daß man für die Klage keinen Anwalt benötigt, ist das finanzielle Wagnis gering. Denn auch die Gerichtskosten sind zumindest in erster Instanz nicht sehr hoch (siehe Tabelle) - vor allem im Vergleich zu ordentlichen Gerichten (Amts- und Landgericht). "Und anders als im Zivilrecht - wo grundsätzlich der Verlierer alle Kosten trägt - tragen im Arbeitsrecht beide Parteien ihre eigenen Kosten, egal zu welchem Urteil das Gericht kommt. Erst in Zweiter Instanz muß der Unterlegene auch die gegnerischen Anwaltskosten zahlen", erklärt Walle.
Vor kurzem hat der Chef von Torsten H. als Kompromiß einen vorübergehenden Gehaltsverzicht vorgeschlagen. "Diese Maßnahme lohnt sich eigentlich nur in Sanierungsfällen. Will der Arbeitgeber jedoch nur eine Insolvenz in die Länge ziehen, sollte man sich darauf nicht einlassen. Zumal der Lohn die Basis für das Arbeitslosengeld ist. Und verzichtet man auf diesen, fällt der Betrag dann deutlich geringer aus", erklärt Arbeitsrechtexperte Platow. Diese Einschätzung teilt auch Martina Perreng. "Ein Gehaltsverzicht ist in meinen Augen die schlechteste Lösung. Denn die Lohnzahlung ist das Mindeste was man vom Arbeitgeber erwarten kann. Wenn das nicht mehr geht, steht die Firma meistens ohnehin kurz vor dem Ende."
gruß waldfee