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Erziehung - Wir werden uns nicht einig (Vorsicht! Sehr lang!)

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Gast

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Hallo

ich brauche dringend Rat. Mein Mann und ich werden uns einfach nicht bezüglich der Erziehung unserer Tochter einig; das Ganze ist so schlimm, dass es eigentlich nur noch Knatsch zwischen uns gibt, da entweder er oder ich mit der Situation unzufrieden sind.

Unsere Tochter ist anderthalb und völlig normal entwickelt, sehr aktiv, gern draußen und zeigt bereits seit Beginn des zweiten Lebensjahres, dass sie auch einen eigenen Kopf, d.h. sie kann schon sehr „bockig“ werden und sehr laut zum Ausdruck bringen, wenn ihr etwas nicht passt.

Ich versuche sie meist, stimmlich zu lenken, zum einen, weil sie bereits im ersten Lebensjahr recht groß gewachsen ist und über zehn Kilo gewogen hat und ich selber mit knapp 50 Kilo und schlankem Körperbaum vom Dauerhochnehmen / -tragen etc. Rückenschmerzen bekomme, zum anderen, weil ich der Ansicht bin, dass sie lieber lernen soll, auf eine sprachliche Anweisung zu reagieren als auf körperliche Maßregelung (Festhalten, Hochnehmen etc.).
Meistens (und auch schon lange) klappt das hervorragend. Natürlich muss ich öfter wiederholen, was ich von unserer Tochter will, sei es, weil sie nicht verstanden hat, sei es, weil ihr etwas anderes im Kopf herumgeht und sie einfach nur langsam reagiert. Das ist für mich zwar zeitweise nervig, aber selten richtig schlimm. Ich versuche einfach die Ruhe zu bewahren, auch, wenn ich selbst im Stress bin.
Natürlich gibt es Situationen, an denen, selbst wenn meine Tochter bockt, nichts vorbeigeht (in den Buggy an größeren Straßen oder wenn es schnell gehen muss, an der Hand gehen beim Straßeüberqueren, Windelwechseln mitten im Spiel, Süßigkeiten verweigern etc.), aber irgendwie kriegen wir das meist zusammen hin. Es dauert eben seine Zeit.
Genau das ist das Problem.

Mein Mann hält das Wiederholen von Anweisungen meiner Tochter gegenüber für eine Art „Betteln“, weil in der Regel nicht prompt und beim ersten Mal geschieht, was ich sage. Er ist der Ansicht, dass „ein einfaches Nein sofort reichen muss“ (also quasi wie bei einem Hund „Aus“) und - und dies schon seit ihrem 3. oder 4. Lebensmonat, als sie sich anfing, beim Wickeln umzudrehen - , dass sie uns manipuliert und uns ärgern / auf die Palme bringen / ihren Willen durchsetzen will.

Schon damals begann er, sie beim Wickeln richtig stark festzuhalten, um das Drehen zu vermeiden, sodass aus der Wickelei ein richtiger Kampf und Krampf wurde. Ich wickelte sie dann erst im Sitzen auf meinem Schoß und später im Stehen, was eigentlich jedes Mal solange gut lief, bis ich meinen Mann bat, es einmal so zu versuchen, er es probierte, bei Widerstand sofort mit harten Worten, Festhalten, unfreundlichem Anranzen (er schreit nicht) reagierte und ich nach mehreren solcher Versuche ebenfalls Probleme bekam, sie auf die jeweilige Art in Ruhe zu wickeln.

Diese Kämpfe durchziehen den ganzen Tagesablauf: Wenn das Kind beim Frühstück auf den Tisch klettern, will, um sich etwas zu nehmen, halte ich sie zurück und wiederhole, dass sie sich hinsetzen und sagen soll, was sie möchte - er packt sie, fährt sie an, sie soll das „Gehampel“ lassen oder setzt sie gleich ganz auf den Boden mit der Bemerkung, dass ihr Frühstück jetzt beendet sei.
Wenn sie unterwegs Steine oder Stöckchen sammelt, sich auf einen Mauervorsprung setzen möchte, einen Käfer anguckt, ist das für ihn nervig, man sieht ihm an, dass er sie am liebsten, auch ohne Stresssituation, sofort in den Buggy stecken würde - es geht ihm einfach zu langsam. Oft packt er sie dann ohne richtige Vorwarnung, nimmt sie ruppig hoch, drückt ein sich schreiendes, sich wehrendes Kind in den Wagen und schnallt es mit Bemerkungen fest, wie sie solle „mit dem Zirkus aufhören“, „kein Theater machen“, „sich ordentlich hinsetzen“, „brauche eine Zwangsjacke“ etc.
Auch, wenn beim Spielen etwas nicht so funktioniert wie es seiner Ansicht nach „sollte“, sie zu wild wird, sich nicht „Regeln“ hält, etwas nicht „richtig“ macht, kommt es zum Konflikt und es fallen unfreundliche, teils auch herabsetzende Worte. Wirft sie beim Baden Spielzeug aus der Badewanne, nimmt er es ihr mit der Bemerkung, sie müsse sich das Spielzeug erst „verdienen“, weg.

Ich habe überhaupt nichts gegen Konsequenzen bei problematischen Verhalten, aber dieser unterschwellig aggressive Ton und die Wortwahl machen mir zu schaffen.
Dazu kommen Situationen, in denen mein Mann scheinbar nicht begreift, dass er für die auftretenden Probleme selbst verantwortlich ist.

Typischer Punkt: Ich stehe in der Küche und koche. Wir haben das abgesprochen; Kind ist bei ihm. Plötzlich kommt ihm der Gedanke, er könnte genau in dieser halben Stunde etwas Handwerkliches (z.B. neues Stuhlpolster aufziehen) anfangen. Kind ist neugierig, will gucken, gerät ihm, dem Hammer, den Nägeln in den Weg, wird angefahren: Es soll „zwischen ihm und dem Werkstück verschwinden“, ob es nicht sehe, dass es störe etc. Kind kommt verstimmt in die Küche gelaufen, bekommt hinterhergerufen „Stör Mama nicht.“ Um weitere Probleme zu vermeiden, lass ich das Kind mit Trittleiter beim Kochen zugucken, auch mit Hilfe mal übers Herdgitter hinweg umrühren. Ja, das ist NICHT zu hundert Prozent sicher, kann ich auch nur machen, wenn maximal ein kochender Topf auf dem Herd steht und ich aufpassen kann wie ein Schießhund. Andererseits hängt sie mir nach solchen Situationen sonst heulend und schreiend am Bein - und noch schlimmer: mein Mann kommt wütend dazu, packt sie und sperrt sie, auf sie einschimpfend, in das Zimmer, in dem er sie gerade überhaupt nicht gebrauchen kann, weil er natürlich weiterarbeiten will, was er mit Schimpfen und sie irgendwann mit lauterem bis zu hysterischem Geschrei quittiert.
Ich bin dadurch nicht mehr erleichtert, wenn er sie mir abnimmt, sondern eher besorgt.

Dazu kommt, dass ich mittlerweile im siebten Monat schwanger bin.
Selbst wenn ich wollte: Ich KANN meine Tochter nicht wild um sich tretend und schlagend in den Buggy wuchten oder sie, sich wehrend, längere Strecken auf dem Arm tragen. Ich KANN nicht aus jedem Wickeln eine Catchveranstaltung auf dem Boden machen, um dem Kind zu zeigen, wer „das Sagen“ hat. Ich bin darauf angewiesen, es ruhig, langsam und so wenig körperlich wie möglich angehen zu lassen - und leider bin ich diejenige, die es oft über zehn oder mehr Stunden allein mit dem Kind schaffen muss.
Ich habe Angst, dass das Kind irgendwann überhaupt nicht mehr auf Worte reagiert, weil ich mich nicht, wie mein Mann, körperlich „durchsetze“ und ich finde die Überinterpretation von (Trotz-)Reaktionen einer Anderthalbjährigen, die gerade erst anfänglich in der Lage ist, mit Sprache umzugehen, sich oft nicht eindeutig äußern kann, einfach nur belastend und anstrengend.

Ich halte mich zurück, aber nur noch mit Mühe, empfinde sein Verhalten nicht als Erziehung, sondern als demütigend, beleidigend und zurückweisend für unsere Tochter. Zum Teil nehme ich es auch persönlich, da er mir mit seinem Verhalten ja deutlich macht, dass er glaubt, ich könne dem Kind keine Grenzen aufzeigen.

Mein Angebot, einen Elternkurs, eine Erziehungsberatung oder ähnliches gemeinsam aufzusuchen, um die Differenzen zu klären und einen gemeinsamen Weg zu finden, schlägt er aus. Solche Kurse seien für den „durchschnittlichen Idioten“ usw. Irgendein Buch über die normale Entwicklung von Kindern zu lesen, verweigert er.

Ehrlich gesagt bin ich der Ansicht, dass mein Mann über das Verhalten zu unserer Tochter im Grunde seine Unzufriedenheit bezüglich unserer Beziehung zum Ausdruck bringt; gerade deshalb würde ich gern mit einem Profi darüber sprechen, denn so bekomme ich kein vernünftiges Feedback von ihm, allenfalls Vorwürfe der Art, ich hätte ihn von Beginn an nie mit dem Kind machen lassen - nur leider war er es, der auf ihr Schreien mit der Selbstaussage, dass es ihn aggressiv mache, reagierte, bemerkte, er brauche einen „Lärmschutzkopfhörer“ (den er zeitweise auch wirklich aufsetzte), das Kind würde „ständig nur schreien“ und der Gipfel: Ob es nicht Pflegefamilien gäbe, bei denen man „so ein Kind“ abgeben könnte.

Was ihn wirklich stört, sagt er nicht. Bringe ich zum Ausdruck, was mich stört, bin ich „aggressiv“ - was in Bezug auf unsere Tochter stimmt, weil ich es nicht ertrage, wenn er behauptet, unser Kind benähme sich wie eine Sechsjährige, könne ihr Verhalten auch in diesem Maße steuern und einschätzen, und müsse dementsprechend hart gemaßregelt werden, wenn sie sich „daneben benimmt“.
Ich habe durch die entsprechenden Kommentare und Reaktionen seinerseits von Beginn an das Gefühl gehabt, ich müsse mich vor sie stellen, aber die Gratwanderung zwischen Kind und Mann wird immer schlimmer für mich, wird in der Trotzphase unerträglich werden, denn mein Mann lässt jetzt schon immer wieder Bemerkungen in Hinblick auf „die gute alte Methode“ - gemeint ist ein Hinternvoll oder eine Ohrfeige - fallen.
Sollte er sie jemals bewusst schlagen, um sie zu erziehen, ist diese Beziehung am Ende, egal, was ich für ihn empfinde.

Ich würde so gerne etwas tun, um dem vorzubeugen.
Kann mir jemand raten, wie ich mit ihm sprechen soll, damit wir eine gemeinsame Beratung aufsuchen können? Oder weiß jemand einen anderen Weg?
Ich will ihm doch nicht vorschreiben, wie er mit unserem Kind umgehen soll, aber ich ertrage das Hinsehen nicht und das bewusste Wegsehen und Schweigen fällt mir Tag für Tag schwerer. Ich hasse diesen massiven Druck, den er aufbaut, dass er lacht, wenn sie anfängt, aus Wut und Frustration zu heulen, dass er sie irgendwie überhaupt nicht ernst in ihrem Verhalten nimmt, sondern nur Trotz, Mutwillen und Provokation sieht, sich „von ihr abgelehnt“ fühlt, obwohl sie ihn abgöttisch liebt.

Was soll ich nur tun?
 
Was du beschreibst ist, dass er mit Macht reagiert. Wann gebrauche ich Macht?

Ich täte mal sagen, das dein Mann sich "leicht" überfordert fühlt. Schau, dich und das Kind verbindet die Zeit, die es in dir herangewachsen ist. Dann war es da und hat eure Zweisamkeit, sei sie im Verlauf gut oder nicht, jäh unterbrochen.

Du hast deine Aufgabe als Mutter. Hat er sie als Vater auch gefunden? Wieviel Eifersucht und sich zurückgestellt fühlen gibt es? Wieviel Zeit nehmt ihr euch füreinander, nur ihr zwei, seit der Geburt? Und nun ist das zweite in den Startlöchern.... Wo bleibt dein Mann und wo ihr?

Was braucht dein Mann, um sich wieder wohl zu fühlen?
 
Ich halte mich zurück, aber nur noch mit Mühe, empfinde sein Verhalten nicht als Erziehung, sondern als demütigend, beleidigend und zurückweisend für unsere Tochter. Zum Teil nehme ich es auch persönlich, da er mir mit seinem Verhalten ja deutlich macht, dass er glaubt, ich könne dem Kind keine Grenzen aufzeigen.

Ich will ihm doch nicht vorschreiben, wie er mit unserem Kind umgehen soll, aber ich ertrage das Hinsehen nicht und das bewusste Wegsehen und Schweigen fällt mir Tag für Tag schwerer. Ich hasse diesen massiven Druck, den er aufbaut, dass er lacht, wenn sie anfängt, aus Wut und Frustration zu heulen, dass er sie irgendwie überhaupt nicht ernst in ihrem Verhalten nimmt, sondern nur Trotz, Mutwillen und Provokation sieht, sich „von ihr abgelehnt“ fühlt, obwohl sie ihn abgöttisch liebt.

Was soll ich nur tun?

Ich finde, du mußt aus deiner (ich nenne es jetzt mal übertrieben so) Mittäterrolle raus. Er kann nicht mit Kindern umgehen, also muß er es lernen. Du schreibst du willst ihm nicht vorschreiben wie er euer Kind erzieht.. aber er KANN es nicht, also MUSST du ihm was vorschreiben. Für deine Tochter, und für den neuen Zwerg.
Wenn er nicht durch Bücher lernt, so muß er von dir lernen. Bevor es richtig schlimm wird, denn wenn das Kleine da ist, wirst du bestimmt nicht mehr so häufig ausgleichen können.

So wie ich es von dir lese, mußt du deine Tochter vor ihm schützen. Klar, noch schlägt er sie nicht, aber psychische Abwertungen (auslachen wenn die Kleine vor Wut brüllen muß), mit Macht am Boden festhalten, alle Demütigungen, sind mindestens genauso schlimm wie ein Klaps auf den Po.

Hast du ihm schonmal gesagt, daß du definitiv gehst wenn er auch noch körperlich übergriffig wird? (Als ob psychisch nicht reichen würde 😉 ) Hast du denn schonmal ganz ernst gesagt, was du von seinen Demütigungsmethoden (ich nenne es bewußt nicht Erziehungsmethoden) hältst?
Hast du schonmal ein gutes Erziehungsbuch hingelegt, und ihm "befohlen" es zu lesen?

Und - ich muß das noch schreiben - es ist ganz toll wie du mit deiner Tochter umgehst. Fehlerchen passieren jedem, aber du machst das toll. Ich hoffe du zweifelst nicht an dir. Du bist ein tolles Vorbild für deine Tochter.
 
> dass er lacht, wenn sie anfängt, aus Wut und Frustration zu heulen,

Du liegst völlig richtig. Sein Umgang mit ihr ist katastrophal.

Das sind die wichtigsten Jahre ihres Lebens und jeder Tag zählt. Darum ist
da nicht endlos Raum für Gespräche. An ihrem 3. Geburstag ist es gelaufen.
Dann ist entschieden, ob sie ein glücklicher Mensch werden kann oder einen
vielleicht 90jährigen Leidensweg vor sich hat.

Also bitte mach Nägel mit Köpfen und besprich Dich umgehend mit Fachleuten
wie einem Kinderarzt.
 
Ich (bin selber Mutter, meine Kinder sind 3 1/2 Jahre und 19 Monate) sehe es wie meine Vorschreiber. Das Verhalten Deines Mannes geht gar nicht und es muss dringend etwas unternommen werden. Wenn Dein Mann nicht mitzieht, wende Dich alleine an eine Beratungstelle. Die hören so etwas sicher nicht zum ersten Mal.
Ansonsten würde ich meinem Mann klar Konsequenzen androhen, wenn sein Verhalten sich nicht ändert/ er sich Unterstützung in welcher Form auch immer sucht und diese auch ggf. umsetzen.
Ich hoffe sehr, dass Dir der Ernst der Lage bewußt ist. Sei mir nicht böse, aber ich finde die Überschrift verniedlichend.
Es ist viel mehr als sich in Erziehungsfragen nicht einig sein!
 
ich sehe es wie meine vorschreiber.
prinzipiell solltest du deinem mann beibringen, dass ein kind von 1 1/2 jahren noch lange nicht sein verhalten überdenken kann. Kinder in dem Alter handeln (und denken) immer noch sehr spontan. somit sind es perlen vor die Säue, so früh mit "erziehung" anzufangen.
konkret zum "wickelproblem": das kenne ich sehr gut. unser sohn wollte sich eine recht lange phase lang nicht wickeln lassen. Er ist also immer erst einmal weggelaufen und hat sich versteckt. wir sind uns zum glück einig, und haben ALLES Bockige erst einmal mit humor genommen. So haben sich u.a. lustige Rituale entwickelt.
bei euch hört es sich wirklich gruselig an, wenn 2 Erwachsene notwendig sind. scheint auch schon ein ritual geworden zu sein. leider kein lustiges...Hier würde ich dir z.B. raten, dass das Kind von nur einer Person gewickelt wird.dann kann dieser Teil schon mal unterbrochen werden.
 
Ich kann mich den Vorschreibern nur anschließen. Ich finde es grausam, wie Dein Mann mit dem Kind vorgeht. Das ist ein Kind! Es soll lernen, und zwar durch ausprobieren und spielen. Aber nicht durch Regeln, Maßregelungen (die das Kind überhaupt nicht verstehen kann!), Härte und Gefühlskälte. Mir täte es in der Seele weh, wenn MEIN Kind so behandelt werden würde, und ich glaube, angesichts der zweiten Schwangerschaft hätte ich meinem Partner auch ganz deutliche Ansagen gemacht, daß ich sowas nicht tolerieren würde.

Warum hat Dein Mann sich für ein Kind (bzw. Kinder) entschieden, wenn sie ihn nerven und er sie mies behandelt?

Ein Patentrezept, wie sich das ändern könnte, habe ich leider auch nicht...
 
Erstmal danke für Eure viele Antworten.
Ich versuche einmal der Reihe nach, ohne konkret auf einzelne Schreiber zu verweisen zu antworten.

Unsere Tochter ist ein Wunschkind und Plankind, auf das wir, auch zu Gunsten von Arbeit etc., einige Jahre verzichtet haben.
Mein Mann hat sich sehr auf das Kind gefreut, aber er ist eigentlich in der Schwangerschaft immer wieder ausgewichen, wenn es darum ging, sich auf die Geburt und die Zeit danach vorzubereiten.
Das war häufig Thema, ich habe ihm auch das eine oder andere Buch hingelegt. Er hat - und das hat er mir auch neulich wieder gesagt - von vornherein betont, dass er solche Bücher nicht lesen würde.
Als es um die Frage ging, ob eingeleitet werden soll oder nicht - ich war vier Tage überfällig - meinte er, dies sei meine Entscheidung, ebenso, als unsere Tochter mit knapp fünf Wochen stärkeren Husten bekam und ich ihn fragte, ob ich seiner Ansicht nach zum Arzt solle oder nicht. Im Prinzip waren ab Zeugung alle Dinge meine Sache, ob nun Anträge auf Elterngeld, Kindergeld, Kitaplatz, Arztbesuche, Gespräche über die Impfungen etc. Vielleicht ist er wirklich unsicher. Aber warum weigert er sich dann, sich mit Fachbüchern zu informieren?

Trotz allem, was vorfällt, liebt er unsere Tochter sehr. Vielleicht habe ich ihm anfangs zu sehr das Gefühl gegeben, im Umgang mit ihr etwas falsch zu machen: Ich habe viele jüngere Kinder in der nahen Verwandtschaft und bin seit meinem zwölften Lebensjahr quasi immer Babysitter gewesen, mir fiel das alles deshalb leichter. Er hatte mit kleineren Kindern gar keinen Kontakt, auch keine Geschwister. Da seine Mutter ihm immer erklärt hat, dass er ein ganz pflegeleichtes Kind war (stundenlang allein gespielt, nach erster Erklärung auf jedes Nein gehört, immer leise ...), war er - denke ich - der Meinung, dass das gängig bei gut erzogenen Kindern wäre. Seine Mutter wirkt mit unserem Kind manchmal denn auch etwas überfordert. Sie scheint Bocken - und sei es nur in eine andere Richtung laufen zu wollen - gar nicht zu kennen. Allerdings ist sie ja nun auch keine zwanzig mehr; vielleicht liegt es einfach daran.

Mein Mann hat zudem einen extrem stressigen Job. Er geht oft vor sieben aus dem Haus, kommt gegen vier oder fünf wieder und hat dann oft noch etwas für Zuhause. Manchmal geht die Arbeit auch ins Wochenende. Das war aber schon vor der Geburt so; insofern hat sich unser Privatleben gar nicht so sehr verändert, es fand immer nur abends nach sieben oder acht Uhr statt. Von familiärer Seite her haben wir ganz gute Unterstützung, wir können problemlos mal weggehen, irgendjemand findet sich immer zum Aufpassen. Zeitlich bedingt tun wir es dennoch eher selten. Gemeinsame Ausflüge und Urlaube mit Kind blockiert mein Mann. Er findet das alles "zu umständlich" und es ist ihm unangenehm, wenn unsere Tochter in der Öffentlichkeit mal lauter wird oder weint. Im Prinzip ist jedes Ausflugsziel, das nicht im Umkreis einer halben Stunde Anfahrt liegt, gestorben, was ich wiederum extrem unbefriedigend finde. In meiner Familie ist es üblich, gemeinsam zu leben und wegzugehen, auch mit Babys und Kleinkindern.
Da seine sonstigen Interessen eher introvertierter Art sind, ist es manchmal schwierig, Raum für sie zu finden. Das ist bei mir aber nicht anders und ich halte es für normal in der Kleinkindzeit: Naturfotografie mit kleinem Kind ist einfach nicht immer machbar, sondern nur mit wenigstens einer weiteren Begleitperson.

Ich gebe zu, dass es wirklich dumm war, ein weiteres Kind zu wollen. Ich habe mir nur eigentlich immer eine weit größere Familie gewünscht, als es biologisch gesehen überhaupt noch sinnvoll möglich sein wird. Da war der Wunsch Vater des Gedanken, und
als Anfang des Jahres unsere Tochter mit Sprechen begann, anfing durchzuschlafen und schnell auf kleine Anweisungen hörte, mein Mann zudem seine Arbeitszeit reduzieren konnte, wurde das Zusammenleben zeitweise leichter.
Ich hatte den Eindruck, es bräuchte nur Zeit, damit die beiden zusammenfinden. Weil er immer wieder alles auf die stressige Arbeitssituation schob, habe ich dies teilweise auch getan. Nun ist es im letzten Urlaub aber nicht wirklich besser gelaufen, eher schlechter. Erst seit dieser Zeit fühle ich mich wie oben schon gesagt wirklich als Mittäter und hin- und hergerissen zwischen Kind und Mann. Genau deshalb schreibe ich auch. In der restlichen Zeit fällt sein Verhalten nicht so ins Gewicht und weniger auf, schließlich ist er kaum da und wenn er kommt das Kind fast im Bett.
Ich muss in diesem Zusammenhang auch zugeben: Selbst wenn es nicht ideal ist, würde ich im Zweifelsfall mit zwei Kindern allein klarkommen. Genug Unterstützung von der Restfamilie ist da.

Wickeln tun wir übrigens nicht zu zweit. Ich kriege das allein auf meine Art hin, auch wenn das manchmal kleine Tricks erfordert (Tochter darf dabei aus dem Fenster gucken etc.), und ich schaffe es nicht zuzusehen, wenn er das macht. Es ist halt seit ihrer Babyzeit ein richtiger Kleinkrieg, den ich eigentlich nicht nachvollziehen kann.
Unser Kind ist zwar laut und fordernd, aber auch lieb, anschmiegsam, versteht viel, hört oft wirklich toll, "hilft" mir mit Begeisterung beim Saubermachen usw.

Lieben Dank schon allein fürs Zuhören!
 
Wenn ein Mensch mit einem solch kleinen Wesen Machtkämpfe ausfechtet, dann deutet es für mich nach wie vor auf Überforderung. Ich möchte etwas und das Kind mit seinem kleinen Trotzdickschädel möchte seinen eigenen Weg ausprobieren. Wenn ich mich dann hilflos fühle, weil ich merke, dass ich an das Kind nicht herankomme und es nicht "lieb und nett" meinen Weg geht, mir aber auch Alternativen fremd sind, dann blocke ich natürlich noch mehr und möchte meinen Willen durchsetzen. Vielleicht fühle ich mich damit auch nicht wohl, aber eine "Schwäche" mag ich auch nicht zugeben, geschweigedenn mich mit meinem Partner darüber austauschen, wie es anders ginge.....

Da laufen so viele Dinge parallel zueinander ab.... Dein Mann ist Einzelkind? Musste sich nie mit anderen in der Art auseinandersetzen, wie jmd, der Geschwister hat. Nettes Kind, nette Eltern, alles brav und ruhig im Verlauf? Dann kommt jetzt das Arbeitsleben hinzu und Anspannung.... auch zu Hause....

Gibt es vllt ruhige Momente zwischen euch, in denen ihr miteinander über dieses und jenes sprecht? Gibt es da vllt die Möglichkeit ihm zu erzählen, wie es dir geht, wenn du siehst, wie er in einer konkreten Situation mit dem Kind umgeht? Vllt erzählst du ihm auch von positiven Beobachtungen.... Vllt fragst du ihn, was er braucht, damit es nicht zu diesen Machtkämpfen kommt. Vllt holt du dir auch Rat bei einer Beratungsstelle. Gibts sicher irgendwo in deiner Umgebung und der dürfte kostenlos sein.

Was brauchst du von ihm?
 
Ich fürchte, solange Du lauter Erklärungen (Entschuldigungen?) findest warum Dein Mann sich verhält wie er sich verhält wird das mit den Veränderungen nichts. Grob sein, ein Kind lächerlich machen etc. ist nicht mit einem stressigen Job und anderem zu erklären.
Da stecken wohl andere Mechanismen dahinter. Holt Euch Hilfe, Deinem Kind zuliebe. Wenn Dein Mann nicht mitzieht Du alleine. Das ist keine Schwäche, sondern Stärke. Angebote gibt es genug.
 

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