L
Luna222
Gast
Bitte, bitte antwortet mir... ich setze relativ große Hoffnungen in diese Mail.
Danke ...
Ich bin innerlich ein kleines Kind, dem es nicht erlaubt ist, erwachsen zu werden Man könnte denken, ich meinte mit der Überschrift, dass meine Eltern mir nichts erlauben. Aber darum geht es nicht, ich bin schon volljährig! Nein, das Seltsame an meiner Situation ist, ich habe die Verhaltensweisen und den Erfahrungslevel eines kleinen Kindes!
Aber wie hätte ich auch "erwachsen" werden können? Ich hatte nie wirklich die Chance dazu. In meinem ganzen Leben gab es zwei Jahre, in denen ich ein wenig mit Gleichaltrigen zu tun hatte, ansonsten war ich immer isoliert von allem. Der erste Kuss, das erste Mal, der erste Disco-Besuch, alltägliche Gespräche mit Freundinnen, Parties, also all das, was Jugendliche durchleben, kenne ich nicht.
Als ich elf Jahre alt war, hatte ich das "Glück", meine ehemals beste Freundin (...) kennen zu lernen, mit der ich gute zwei Jahre befreundet war und auch wirklich alles gemacht habe. Wir waren zusammen campen, schwimmen, im Kino, haben sogar meinen Geburtstag gefeiert, was ich bis dato nicht kannte, uns einfach zum Reden getroffen, über Manga, Anime, ein klein wenig Musik oder irgendeinen Quatsch, beim jeweils anderen übernachtet, einfach alles. Es war die (bisher?) schönste Zeit meines Lebens.
Mit vierzehn Jahren wurde es jedoch wieder, wie es zwei Jahre zuvor gewesen war, nur dass ich es diesmal deutlicher gespürt habe: die Isolation und Einsamkeit. Ich kam von der Schule nach Hause, hab die Jalousien in meinem Zimmer runter gemacht, mir die Decke über den Kopf gezogen und geweint. Meine "Freundin" wollte nichts mehr mit mir zu tun haben, weil ich mich geweigert habe, Musik zu hören, die ich nicht mag; Damals ging es um Tokio Hotel (sowie Marilyn Manson und Britney Spears). Schon damals konnte ich dieses pubertäre Fan-Getue der Mainstream-Musik nicht ab. Stattdessen habe ich lieber z.B. Musicals gehört. Ich fing an, mich zu hassen. Und mein Hass, der anfangs nur gegen mich selbst gerichtet war, ist heute gegen nahezu alle Menschen gerichtet; Ausnahmen sind die, denen ich nicht egal bin. Heute macht meine "beste Freundin" sich zum Beispiel über mich lustig, weil ich all das nicht kenne, weil ich noch nie in einer Disco war - wie ein kleines Kind. Das Grausame ist ja, dass sie weiß, dass ich gerne in die Discos gehen würde, in die sie immer geht, und findet das scheinbar lustig. Alle sagen mir immer, dass es mir so geht, ist meine eigene Schuld. Sie haben auch nur Freunde, weil sie etwas dafür getan haben. Wenn ich in eine Disco gehen will, warum tue ich das nicht einfach? Ich kann es nicht, so 'einfach' ist das! Schon oft hab ich mich angezogen und fertig gemacht, weil ich geplant hatte, wo hinzugehen. Aber spätestens, wenn ich am Bus stehe, kommen die Zweifel wieder, und ich gehe zurück. Das Problem liegt darin, dass ich es nicht alleine kann. Aber ich habe niemanden, der mit mir kommen würde... und wenn ich jemanden hätte, würde ich diesen Text hier wohl nicht schreiben. Ich habe eine panische Angst vor Zurückweisung. Ich weiß ja nicht mal, wie ich eine Disco betrete bzw. da reinkomme... ich hab absolut keine Ahnung. Bei meinem psychischen Zustand reicht schon ein einzelner abweisender Blick, um mich zurück in ein Tief zu stürzen. Nein, richtig, es geht hier nicht um "Normalos". Vielleicht habe ich deshalb auch umso mehr Angst... weil ich Angst habe, von dem, was mir noch Halt gibt, enttäuscht zu werden.
Ich ritze mich nicht, ratsche mir aber des Öfteren, wenn ich das brauche, die Arme mit den Fingernägeln auf oder schlage mich. Ich weiß nicht, aber eventuell ist das Ritzen auch nur noch eine Frage der Zeit. Im Grunde will ich mir das nicht antun, und erst recht nicht, dass man meint, mir ginge es um die Aufmerksamkeit - auch wenn ich im Grunde auf die Meinung anderer keinen Wert lege. Ich will keine Schwäche zeigen. Andererseits habe ich manchmal einen so großen Hass auf mich selbst und meine Umwelt, dass ich mit geballten Fäusten gegen die Wände schlage, nur um dem Ritzen auszuweichen. Dabei ist diese Art der Wutentladung nicht das einzige Mittel. Ich merke, dass ich das Ritzen im Grunde bräuchte, aber ich versuche immer wieder mit aller Kraft, dagegen anzugehen. Langsam kann ich aber nicht mehr.
Die Psychologen, bei denen ich war, meinen ja allesamt, ich hätte keine Probleme. Ich will ja studieren und dann meinen Traumberuf erlernen, dann bin ich glücklich, wenn ich mit einem Stapel Bücher am Schreibtisch sitzen kann. Erstens entspricht das nicht der Wahrheit; Diese Menschen kennen mich ja nicht einmal richtig. Seltsam, dass sie dann meinen, so etwas sagen zu dürfen. Zweitens bleibt die Frage, ob ich - wenn das so weitergeht - zur Zeit meines Studiums überhaupt noch lebe! Ich hab eine komplette Liste mit den Dingen erstellt, mit denen ich in meinem Leben nicht zurechtkomme, und das waren 57 Sachen, weil ich alles ganz detailliert geschildert habe, jede Kleinigkeit, die mir eingefallen ist. Die hab ich dann meinem Psychologen zukommen lassen. Wen hat's gekümmert? Niemanden, nein, im Gegenteil! Er hat darüber gelacht! Das Einzige, wovon die Rede war, war eine stationäre Behandlung. Doch das werde ich nicht machen, weil ich mich nicht zu irgendwelchen Untersuchungen oder anderen Dingen zwingen lasse, die ich nicht machen will.
Heute habe ich - abgesehen von meiner Familie - eigentlich gar keinen Kontakt mehr zu anderen Menschen, auch nicht zu welchen in meinem Alter - abgesehen von ein paar Internetkontakten. Ich weiß, wenn ich das Internet nicht hätte, hätte ich mir schon längst etwas angetan, aber das konnte mich - bisher - davor 'bewahren'. Das Schlimme an der Vereinsamung ist ja, selbst, wenn ich mich mal überwinden könnte und versuche, ganz stark zu bleiben, wenn ich einen Ort besuche, an dem sich viele ähnlich denkende Menschen aufhalten... Ich werde Probleme haben, mit diesen Menschen überhaupt zurecht zu kommen, weil meine sozialen Fähigkeiten natürlich auch enorm zurückgegangen sind... wenn sie denn jemals da waren.
Eigentlich will ich mein Leben, ich will es nicht wegwerfen! Ich will es leben, will wissen dürfen, was Liebe heißt; Freundschaft, Spaß, ich will mein Leben spüren! Das, was ich mein Leben lang schon durchmache, ist die wahre Hölle. Es ist, als würde man einem Hund seinen gefüllten Fressnapf entgegenstrecken, und jedes Mal, wenn der Hund etwas davon fressen will, diesen wieder zurückziehen und den Hund auslachen würde. Warum ich diesen Vergleich gewählt habe? Weil man Nahrung zum Leben braucht. Ohne Essen krepiert man langsam dahin, wie es dieser Hund dann täte. Und das tue auch ich, selbst wenn es hier um psychische und nicht-materielle Dinge geht, vielleicht auch gerade deshalb.
Wenn andere 'Kinder' mit so 14-15 Jahren angefangen haben, sich für 'Jungs' zu interessieren und ihre erste Beziehung zu haben, wurde mir immer von anderen eingeredet, ich sei zu hässlich, um jemals einen "abzukriegen". Viele Jungs aus meiner Klasse haben mich damals ausgelacht und Scherze mit mir getrieben, mir seltsame Spitznamen gegeben, meine Tasche mit Kreide und Eddings angemalt und mich fertig gemacht, ohne Rücksicht auf Verluste. Sogar Schläge wurden mir mehrmals angedroht, aber nicht realisiert. Immer habe ich in den Pausen alleine in der Ecke gestanden, beim Sportunterricht war ich auch seit jeher außen vor, so dass ich die letzten Jahre gar nicht mehr daran teilgenommen habe. Der Hass wuchs von Tag zu Tag, heute empfinde ich - wie gesagt - nahezu allen Menschen gegenüber Hass und Abscheu. Ich sehne mich nach so vielen Dingen... Jedes kleine Kind darf, was ich nicht darf! Warum werde ich seit dem Kindergarten schon gehasst und gemobbt? Liegt es wirklich nur daran, dass ich hässlich bin? Oder bin ich autistisch? Habe ich kein Recht zum Leben? Das sind die Fragen, die ich mir immer und immer wieder stelle.
Schon länger habe ich mich gefragt, warum ich - vor allem in letzter Zeit - so gereizt bin. Jetzt habe ich gelesen, dass das mit Depressionen zusammenhägen und auf suizidales Fühlen hinweisen kann - dem muss ich Recht geben. Das Schlimmste ist, jedes Mal, wenn ich etwas gereizt oder genervt Klingendes sage, werde ich dazu noch angemacht. Wenn ich jemandem sage, wie es mir geht, interessiert es ihn nicht. Meine Mutter zum Beispiel redet ständig nur von ihrer Vergangenheit, und dass es mir - im Gegensatz zu ihr früher - ja ach so gut geht. Es tut mir leid, dass sie all das durchmachen musste, sie hatte es wirklich auch nicht einfach, aber meine Probleme sind meines Ermessens sogar noch schlimmer als ihre. Das ist etwas, was sie nicht versteht. Sie ist mit 15 Jahren von zuhause ausgezogen, ich sitze mit 18 Jahren noch hier und muss mir den extremen Alkoholkonsum meiner Eltern anschauen. Persönlich hasse ich dieses Zeug, weshalb ich mich selbst weigere, auch nur ein Mon Cherí zu essen, weil da ein paar Tropfen von drin sind. Alleine der Gedanke an dieses Zeug lässt mich fast schon kotzen. Das hängt wohl auch mit meiner Vergangenheit zusammen, in der - wie gesagt - sehr viel Alkohol konsumiert wurde. Zwei Male war meine Mutter in der Psychiatrie, einmal wegen einem Suizid-Versuch, der auf Alkohol zurückzuführen war, und ich war gerade mal Vierzehn. Wobei der seelische Terror aufgrund des Alkohols wohl schlimmer war, als jegliche körperliche Misshandlung hätte sein können.
Hinzu kommt, dass ich mit mehr oder weniger relativer Armut großgeworden bin. Es geht hier nicht darum, dass ich mit wenig Geld ein Problem habe - nein, mittlerweile geh ich selbst etwas arbeiten, um mir Schulsachen und ein wenig neue Klamotten sowie andere kleine Wünsche erfüllen zu können, aber das Problem ist, dass ich jahrelang auch dafür gemobbt worden bin, dass wir uns nicht alles erlauben konnten. Die Rente meiner Eltern liegt nicht viel über Hartz IV, weil sie einige Jahre selbständig waren und nur wenig in die Rentenkasse eingezahlt haben. Viel können wir uns - ganz nebenbei - also auch nicht erlauben. Wobei ich momentan wirklich andere Probleme habe als das Finanzielle, ich wollte das nur mal erwähnt haben.
Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Viele Jahre lang bin ich stark geblieben, manch einer hätte bestimmt schon "das Handtuch geschmissen". Aber weshalb ich das getan habe, ist eben, dass ich weiß, was ich brauche: Ich brauche bestimmt keine Therapie in einer Klinik, denn das Einzige, was ich benötige, ist die Zuwendung von anderen Menschen. Wenn ich wenigstens einen Menschen hätte, dem ich mich anvertrauen könnte, wäre das Ganze eventuell ja gar nicht so schlimm. Ich habe nicht eine Person, der ich mich anvertrauen kann und die mich ernst nimmt. Sie tun mir nicht leid, sind mir nahezu egal; Es sei denn, ich kenne sie sehr gut. Ich glaub, wenn ich ein Kind sehen würde, was auf der Straße am Verbluten wäre, es täte mir nicht leid. Es wär mir egal. Ich bitte so aus mehreren Gründen um Hilfe, obwohl ich nicht weiß, wie mir hier noch geholfen werden kann... wenn selbst Psychologen mich nicht für voll nehmen. Das liegt garantiert an meinem süßen Aussehen, auch wenn es mich schockiert, dass Ärzte sich von sowas irritieren lassen. Oder lag es daran, dass ich mich nicht ritze? Wenn ich das tun würde, würden sie mich ernst nehmen? ... Wenn ich den Text hier so lese, kriege ich erneut Hass auf mich selbst. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber ich fühle mich scheiße, weil ich mich beschwere und genau weiß, dass es im Endeffekt nichts bringt und eventuell nicht einmal gelesen wird. Außerdem schäme ich mich für meine Probleme total, weshalb ich keinem Menschen mit der Erwartung, er könne mir helfen, unter die Augen treten kann.
Das größtes Problem ist jedoch trotz allem, dass ich eine fast panische Angst vor Jugendlichen habe. Vor zwei Jahren wurde meine Kleidung immer dunkler, bis sie letztendlich komplett schwarz waren. Dazu trug ich auch den "entsprechenden" Schmuck, aber nur den, der mir gefiel. Ja, ich fing an, mich für die Gothic-Szene zu interessieren. Obwohl meine gesamte Klasse wusste, dass ich mich schon immer dafür interessiert habe, vor allem für das Mittelalter und das "Dunkle", aber persönlich nichts mit diesen "Szenen" an sich zu tun hatte, wurde ich von mehreren Klassenkameraden (...), die selbst in ihr verkehrten, noch ausgelacht und fertig gemacht. Es wurde über mich gelästert, weil sie dachten, ich würde mich auf einmal auf diesem "Ich-bin-ja-so-böse"-Trip befinden. Und das, obwohl diese "Klassenkameraden" selbst nur wegen dem Saufen und anderen oberflächlichen Dingen mit der Szene zu tun hatten! Ihnen ging es dabei nicht um das Lebensgefühl, sie haben einfach versucht, sich dort anzupassen, so gut es ging. Dieses Verhalten legen meinetwegen rebellierende 13-Jährige an den Tag, aber doch niemand mit knapp 17 Jahren.
Anstatt dass es besser wird, wird es nur schlimmer, und werde ich noch weiter gemobbt, obwohl ich eigentlich Zuwendung bräuchte. Nun habe ich aufgrund psychischer Probleme mit meinem schulischen Fachabi die Schule verlassen, weil ich für nächstes Jahr Aussicht auf eine sehr gute Lehrstelle habe.
Zur Info, weil ich das bei den Psychologen gefragt wurde: Die Gothic-Szene macht einen nicht kaputt, weil sie nicht ausschließlich depressiv ist! Im Gegenteil, mir gibt sie sogar Halt - das Denken, Fühlen, die Musik und auch die Kleidung, die mir mehr Selbstbewusstsein gibt, helfen mir. Entschuldigt, falls sich das mit der Kleidung oberflächlich anhört, aber in der heutigen Welt muss man manchmal oberflächlich sein oder zumindest wirken, genau wie man sich ab und an selbst betrügen muss, um zurecht zu kommen. Ich wage zu behaupten, dass die Gothic-Szene, auch wenn ich keine Kontakte in ihr hab, mit ein Faktor dafür ist, dass ich überhaupt noch lebe. Endlich traue ich mich, zu mir zu stehen, zu meinen Hobbies, Interessen und "dunklen Vorlieben" (ist nicht falsch zu verstehen). Sie ist mittlerweile ein sehr wichtiger Teil meines Lebens, ich fühle mich dort zuhause. Deshalb werde ich sie mir auch nicht mehr nehmen lassen, von niemandem (Sprechen wir besser von "Gothic" an sich, von der Szene habe ich keine Ahnung).
Mein eigentliches Problem liegt aber letzten Endes darin begründet, dass ich Angst vor den Jugendlichen habe, wie schon gesagt. Darauf basieren viele meiner weiteren Probleme... Ich bin zwar im Grunde total introvertiert, aber wenn ich Menschen näher kennen lerne, ist es genau das Gegenteil, und ich bin extrem extrovertiert. Ich habe Angst, dafür wieder gehasst zu werden. Ich will einfach, dass die Leute mich so akzeptieren, wie ich bin, mit meinen Fehlern und meiner Vergangenheit. Aber das ist natürlich nicht immer einfach, sowas von dieser Gesellschaft zu verlangen...
Ich vereinsame hier, verletze mich, wenn auch nicht mit Ritzen, verliere meine letzten, mir noch gebliebenen Sozialfähigkeiten, habe heftige Depressionen und Aggressionen, die gegen mich und diese Gesellschaft gerichtet sind, und stehe jeden Tag kürzer vor dem Suizid. Ich habe schon die letzten Jahre verpasst und weggeworfen, in denen andere Jugendliche in das Leben eintreten.
Ich merke selbst, dass ich in dieser Mail "im Selbstmitleid zerfließe", aber das ist, was ich momentan fühle. Es tut mir leid, wenn manche Dinge unklar oder schwer nachvollziehbar wirken, aber das ist mein Leben...
Was soll ich tun? Bitte, bitte antwortet mir... oder sagt mir einfach, was ihr nun denkt, nachdem ihr das gelesen habt, dafür wäre ich euch schon sehr dankbar. Und bitte sagt nicht, ich solle mir psychologische Hilfe suchen, denn das habe ich bereits drei Mal getan - gebracht hat es mir nichts, selbst die Gesprächstherapie nicht. Es wäre einfach schön, wenn sich diesen Text mal jemand durchlesen würde... vielleicht schaffe ich es auch durch guten Zuspruch, hier rauszukommen.
Vielen, vielen Dank im Voraus
Danke ...
Ich bin innerlich ein kleines Kind, dem es nicht erlaubt ist, erwachsen zu werden Man könnte denken, ich meinte mit der Überschrift, dass meine Eltern mir nichts erlauben. Aber darum geht es nicht, ich bin schon volljährig! Nein, das Seltsame an meiner Situation ist, ich habe die Verhaltensweisen und den Erfahrungslevel eines kleinen Kindes!
Aber wie hätte ich auch "erwachsen" werden können? Ich hatte nie wirklich die Chance dazu. In meinem ganzen Leben gab es zwei Jahre, in denen ich ein wenig mit Gleichaltrigen zu tun hatte, ansonsten war ich immer isoliert von allem. Der erste Kuss, das erste Mal, der erste Disco-Besuch, alltägliche Gespräche mit Freundinnen, Parties, also all das, was Jugendliche durchleben, kenne ich nicht.
Als ich elf Jahre alt war, hatte ich das "Glück", meine ehemals beste Freundin (...) kennen zu lernen, mit der ich gute zwei Jahre befreundet war und auch wirklich alles gemacht habe. Wir waren zusammen campen, schwimmen, im Kino, haben sogar meinen Geburtstag gefeiert, was ich bis dato nicht kannte, uns einfach zum Reden getroffen, über Manga, Anime, ein klein wenig Musik oder irgendeinen Quatsch, beim jeweils anderen übernachtet, einfach alles. Es war die (bisher?) schönste Zeit meines Lebens.
Mit vierzehn Jahren wurde es jedoch wieder, wie es zwei Jahre zuvor gewesen war, nur dass ich es diesmal deutlicher gespürt habe: die Isolation und Einsamkeit. Ich kam von der Schule nach Hause, hab die Jalousien in meinem Zimmer runter gemacht, mir die Decke über den Kopf gezogen und geweint. Meine "Freundin" wollte nichts mehr mit mir zu tun haben, weil ich mich geweigert habe, Musik zu hören, die ich nicht mag; Damals ging es um Tokio Hotel (sowie Marilyn Manson und Britney Spears). Schon damals konnte ich dieses pubertäre Fan-Getue der Mainstream-Musik nicht ab. Stattdessen habe ich lieber z.B. Musicals gehört. Ich fing an, mich zu hassen. Und mein Hass, der anfangs nur gegen mich selbst gerichtet war, ist heute gegen nahezu alle Menschen gerichtet; Ausnahmen sind die, denen ich nicht egal bin. Heute macht meine "beste Freundin" sich zum Beispiel über mich lustig, weil ich all das nicht kenne, weil ich noch nie in einer Disco war - wie ein kleines Kind. Das Grausame ist ja, dass sie weiß, dass ich gerne in die Discos gehen würde, in die sie immer geht, und findet das scheinbar lustig. Alle sagen mir immer, dass es mir so geht, ist meine eigene Schuld. Sie haben auch nur Freunde, weil sie etwas dafür getan haben. Wenn ich in eine Disco gehen will, warum tue ich das nicht einfach? Ich kann es nicht, so 'einfach' ist das! Schon oft hab ich mich angezogen und fertig gemacht, weil ich geplant hatte, wo hinzugehen. Aber spätestens, wenn ich am Bus stehe, kommen die Zweifel wieder, und ich gehe zurück. Das Problem liegt darin, dass ich es nicht alleine kann. Aber ich habe niemanden, der mit mir kommen würde... und wenn ich jemanden hätte, würde ich diesen Text hier wohl nicht schreiben. Ich habe eine panische Angst vor Zurückweisung. Ich weiß ja nicht mal, wie ich eine Disco betrete bzw. da reinkomme... ich hab absolut keine Ahnung. Bei meinem psychischen Zustand reicht schon ein einzelner abweisender Blick, um mich zurück in ein Tief zu stürzen. Nein, richtig, es geht hier nicht um "Normalos". Vielleicht habe ich deshalb auch umso mehr Angst... weil ich Angst habe, von dem, was mir noch Halt gibt, enttäuscht zu werden.
Ich ritze mich nicht, ratsche mir aber des Öfteren, wenn ich das brauche, die Arme mit den Fingernägeln auf oder schlage mich. Ich weiß nicht, aber eventuell ist das Ritzen auch nur noch eine Frage der Zeit. Im Grunde will ich mir das nicht antun, und erst recht nicht, dass man meint, mir ginge es um die Aufmerksamkeit - auch wenn ich im Grunde auf die Meinung anderer keinen Wert lege. Ich will keine Schwäche zeigen. Andererseits habe ich manchmal einen so großen Hass auf mich selbst und meine Umwelt, dass ich mit geballten Fäusten gegen die Wände schlage, nur um dem Ritzen auszuweichen. Dabei ist diese Art der Wutentladung nicht das einzige Mittel. Ich merke, dass ich das Ritzen im Grunde bräuchte, aber ich versuche immer wieder mit aller Kraft, dagegen anzugehen. Langsam kann ich aber nicht mehr.
Die Psychologen, bei denen ich war, meinen ja allesamt, ich hätte keine Probleme. Ich will ja studieren und dann meinen Traumberuf erlernen, dann bin ich glücklich, wenn ich mit einem Stapel Bücher am Schreibtisch sitzen kann. Erstens entspricht das nicht der Wahrheit; Diese Menschen kennen mich ja nicht einmal richtig. Seltsam, dass sie dann meinen, so etwas sagen zu dürfen. Zweitens bleibt die Frage, ob ich - wenn das so weitergeht - zur Zeit meines Studiums überhaupt noch lebe! Ich hab eine komplette Liste mit den Dingen erstellt, mit denen ich in meinem Leben nicht zurechtkomme, und das waren 57 Sachen, weil ich alles ganz detailliert geschildert habe, jede Kleinigkeit, die mir eingefallen ist. Die hab ich dann meinem Psychologen zukommen lassen. Wen hat's gekümmert? Niemanden, nein, im Gegenteil! Er hat darüber gelacht! Das Einzige, wovon die Rede war, war eine stationäre Behandlung. Doch das werde ich nicht machen, weil ich mich nicht zu irgendwelchen Untersuchungen oder anderen Dingen zwingen lasse, die ich nicht machen will.
Heute habe ich - abgesehen von meiner Familie - eigentlich gar keinen Kontakt mehr zu anderen Menschen, auch nicht zu welchen in meinem Alter - abgesehen von ein paar Internetkontakten. Ich weiß, wenn ich das Internet nicht hätte, hätte ich mir schon längst etwas angetan, aber das konnte mich - bisher - davor 'bewahren'. Das Schlimme an der Vereinsamung ist ja, selbst, wenn ich mich mal überwinden könnte und versuche, ganz stark zu bleiben, wenn ich einen Ort besuche, an dem sich viele ähnlich denkende Menschen aufhalten... Ich werde Probleme haben, mit diesen Menschen überhaupt zurecht zu kommen, weil meine sozialen Fähigkeiten natürlich auch enorm zurückgegangen sind... wenn sie denn jemals da waren.
Eigentlich will ich mein Leben, ich will es nicht wegwerfen! Ich will es leben, will wissen dürfen, was Liebe heißt; Freundschaft, Spaß, ich will mein Leben spüren! Das, was ich mein Leben lang schon durchmache, ist die wahre Hölle. Es ist, als würde man einem Hund seinen gefüllten Fressnapf entgegenstrecken, und jedes Mal, wenn der Hund etwas davon fressen will, diesen wieder zurückziehen und den Hund auslachen würde. Warum ich diesen Vergleich gewählt habe? Weil man Nahrung zum Leben braucht. Ohne Essen krepiert man langsam dahin, wie es dieser Hund dann täte. Und das tue auch ich, selbst wenn es hier um psychische und nicht-materielle Dinge geht, vielleicht auch gerade deshalb.
Wenn andere 'Kinder' mit so 14-15 Jahren angefangen haben, sich für 'Jungs' zu interessieren und ihre erste Beziehung zu haben, wurde mir immer von anderen eingeredet, ich sei zu hässlich, um jemals einen "abzukriegen". Viele Jungs aus meiner Klasse haben mich damals ausgelacht und Scherze mit mir getrieben, mir seltsame Spitznamen gegeben, meine Tasche mit Kreide und Eddings angemalt und mich fertig gemacht, ohne Rücksicht auf Verluste. Sogar Schläge wurden mir mehrmals angedroht, aber nicht realisiert. Immer habe ich in den Pausen alleine in der Ecke gestanden, beim Sportunterricht war ich auch seit jeher außen vor, so dass ich die letzten Jahre gar nicht mehr daran teilgenommen habe. Der Hass wuchs von Tag zu Tag, heute empfinde ich - wie gesagt - nahezu allen Menschen gegenüber Hass und Abscheu. Ich sehne mich nach so vielen Dingen... Jedes kleine Kind darf, was ich nicht darf! Warum werde ich seit dem Kindergarten schon gehasst und gemobbt? Liegt es wirklich nur daran, dass ich hässlich bin? Oder bin ich autistisch? Habe ich kein Recht zum Leben? Das sind die Fragen, die ich mir immer und immer wieder stelle.
Schon länger habe ich mich gefragt, warum ich - vor allem in letzter Zeit - so gereizt bin. Jetzt habe ich gelesen, dass das mit Depressionen zusammenhägen und auf suizidales Fühlen hinweisen kann - dem muss ich Recht geben. Das Schlimmste ist, jedes Mal, wenn ich etwas gereizt oder genervt Klingendes sage, werde ich dazu noch angemacht. Wenn ich jemandem sage, wie es mir geht, interessiert es ihn nicht. Meine Mutter zum Beispiel redet ständig nur von ihrer Vergangenheit, und dass es mir - im Gegensatz zu ihr früher - ja ach so gut geht. Es tut mir leid, dass sie all das durchmachen musste, sie hatte es wirklich auch nicht einfach, aber meine Probleme sind meines Ermessens sogar noch schlimmer als ihre. Das ist etwas, was sie nicht versteht. Sie ist mit 15 Jahren von zuhause ausgezogen, ich sitze mit 18 Jahren noch hier und muss mir den extremen Alkoholkonsum meiner Eltern anschauen. Persönlich hasse ich dieses Zeug, weshalb ich mich selbst weigere, auch nur ein Mon Cherí zu essen, weil da ein paar Tropfen von drin sind. Alleine der Gedanke an dieses Zeug lässt mich fast schon kotzen. Das hängt wohl auch mit meiner Vergangenheit zusammen, in der - wie gesagt - sehr viel Alkohol konsumiert wurde. Zwei Male war meine Mutter in der Psychiatrie, einmal wegen einem Suizid-Versuch, der auf Alkohol zurückzuführen war, und ich war gerade mal Vierzehn. Wobei der seelische Terror aufgrund des Alkohols wohl schlimmer war, als jegliche körperliche Misshandlung hätte sein können.
Hinzu kommt, dass ich mit mehr oder weniger relativer Armut großgeworden bin. Es geht hier nicht darum, dass ich mit wenig Geld ein Problem habe - nein, mittlerweile geh ich selbst etwas arbeiten, um mir Schulsachen und ein wenig neue Klamotten sowie andere kleine Wünsche erfüllen zu können, aber das Problem ist, dass ich jahrelang auch dafür gemobbt worden bin, dass wir uns nicht alles erlauben konnten. Die Rente meiner Eltern liegt nicht viel über Hartz IV, weil sie einige Jahre selbständig waren und nur wenig in die Rentenkasse eingezahlt haben. Viel können wir uns - ganz nebenbei - also auch nicht erlauben. Wobei ich momentan wirklich andere Probleme habe als das Finanzielle, ich wollte das nur mal erwähnt haben.
Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Viele Jahre lang bin ich stark geblieben, manch einer hätte bestimmt schon "das Handtuch geschmissen". Aber weshalb ich das getan habe, ist eben, dass ich weiß, was ich brauche: Ich brauche bestimmt keine Therapie in einer Klinik, denn das Einzige, was ich benötige, ist die Zuwendung von anderen Menschen. Wenn ich wenigstens einen Menschen hätte, dem ich mich anvertrauen könnte, wäre das Ganze eventuell ja gar nicht so schlimm. Ich habe nicht eine Person, der ich mich anvertrauen kann und die mich ernst nimmt. Sie tun mir nicht leid, sind mir nahezu egal; Es sei denn, ich kenne sie sehr gut. Ich glaub, wenn ich ein Kind sehen würde, was auf der Straße am Verbluten wäre, es täte mir nicht leid. Es wär mir egal. Ich bitte so aus mehreren Gründen um Hilfe, obwohl ich nicht weiß, wie mir hier noch geholfen werden kann... wenn selbst Psychologen mich nicht für voll nehmen. Das liegt garantiert an meinem süßen Aussehen, auch wenn es mich schockiert, dass Ärzte sich von sowas irritieren lassen. Oder lag es daran, dass ich mich nicht ritze? Wenn ich das tun würde, würden sie mich ernst nehmen? ... Wenn ich den Text hier so lese, kriege ich erneut Hass auf mich selbst. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber ich fühle mich scheiße, weil ich mich beschwere und genau weiß, dass es im Endeffekt nichts bringt und eventuell nicht einmal gelesen wird. Außerdem schäme ich mich für meine Probleme total, weshalb ich keinem Menschen mit der Erwartung, er könne mir helfen, unter die Augen treten kann.
Das größtes Problem ist jedoch trotz allem, dass ich eine fast panische Angst vor Jugendlichen habe. Vor zwei Jahren wurde meine Kleidung immer dunkler, bis sie letztendlich komplett schwarz waren. Dazu trug ich auch den "entsprechenden" Schmuck, aber nur den, der mir gefiel. Ja, ich fing an, mich für die Gothic-Szene zu interessieren. Obwohl meine gesamte Klasse wusste, dass ich mich schon immer dafür interessiert habe, vor allem für das Mittelalter und das "Dunkle", aber persönlich nichts mit diesen "Szenen" an sich zu tun hatte, wurde ich von mehreren Klassenkameraden (...), die selbst in ihr verkehrten, noch ausgelacht und fertig gemacht. Es wurde über mich gelästert, weil sie dachten, ich würde mich auf einmal auf diesem "Ich-bin-ja-so-böse"-Trip befinden. Und das, obwohl diese "Klassenkameraden" selbst nur wegen dem Saufen und anderen oberflächlichen Dingen mit der Szene zu tun hatten! Ihnen ging es dabei nicht um das Lebensgefühl, sie haben einfach versucht, sich dort anzupassen, so gut es ging. Dieses Verhalten legen meinetwegen rebellierende 13-Jährige an den Tag, aber doch niemand mit knapp 17 Jahren.
Anstatt dass es besser wird, wird es nur schlimmer, und werde ich noch weiter gemobbt, obwohl ich eigentlich Zuwendung bräuchte. Nun habe ich aufgrund psychischer Probleme mit meinem schulischen Fachabi die Schule verlassen, weil ich für nächstes Jahr Aussicht auf eine sehr gute Lehrstelle habe.
Zur Info, weil ich das bei den Psychologen gefragt wurde: Die Gothic-Szene macht einen nicht kaputt, weil sie nicht ausschließlich depressiv ist! Im Gegenteil, mir gibt sie sogar Halt - das Denken, Fühlen, die Musik und auch die Kleidung, die mir mehr Selbstbewusstsein gibt, helfen mir. Entschuldigt, falls sich das mit der Kleidung oberflächlich anhört, aber in der heutigen Welt muss man manchmal oberflächlich sein oder zumindest wirken, genau wie man sich ab und an selbst betrügen muss, um zurecht zu kommen. Ich wage zu behaupten, dass die Gothic-Szene, auch wenn ich keine Kontakte in ihr hab, mit ein Faktor dafür ist, dass ich überhaupt noch lebe. Endlich traue ich mich, zu mir zu stehen, zu meinen Hobbies, Interessen und "dunklen Vorlieben" (ist nicht falsch zu verstehen). Sie ist mittlerweile ein sehr wichtiger Teil meines Lebens, ich fühle mich dort zuhause. Deshalb werde ich sie mir auch nicht mehr nehmen lassen, von niemandem (Sprechen wir besser von "Gothic" an sich, von der Szene habe ich keine Ahnung).
Mein eigentliches Problem liegt aber letzten Endes darin begründet, dass ich Angst vor den Jugendlichen habe, wie schon gesagt. Darauf basieren viele meiner weiteren Probleme... Ich bin zwar im Grunde total introvertiert, aber wenn ich Menschen näher kennen lerne, ist es genau das Gegenteil, und ich bin extrem extrovertiert. Ich habe Angst, dafür wieder gehasst zu werden. Ich will einfach, dass die Leute mich so akzeptieren, wie ich bin, mit meinen Fehlern und meiner Vergangenheit. Aber das ist natürlich nicht immer einfach, sowas von dieser Gesellschaft zu verlangen...
Ich vereinsame hier, verletze mich, wenn auch nicht mit Ritzen, verliere meine letzten, mir noch gebliebenen Sozialfähigkeiten, habe heftige Depressionen und Aggressionen, die gegen mich und diese Gesellschaft gerichtet sind, und stehe jeden Tag kürzer vor dem Suizid. Ich habe schon die letzten Jahre verpasst und weggeworfen, in denen andere Jugendliche in das Leben eintreten.
Ich merke selbst, dass ich in dieser Mail "im Selbstmitleid zerfließe", aber das ist, was ich momentan fühle. Es tut mir leid, wenn manche Dinge unklar oder schwer nachvollziehbar wirken, aber das ist mein Leben...
Was soll ich tun? Bitte, bitte antwortet mir... oder sagt mir einfach, was ihr nun denkt, nachdem ihr das gelesen habt, dafür wäre ich euch schon sehr dankbar. Und bitte sagt nicht, ich solle mir psychologische Hilfe suchen, denn das habe ich bereits drei Mal getan - gebracht hat es mir nichts, selbst die Gesprächstherapie nicht. Es wäre einfach schön, wenn sich diesen Text mal jemand durchlesen würde... vielleicht schaffe ich es auch durch guten Zuspruch, hier rauszukommen.
Vielen, vielen Dank im Voraus