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Gefühlschaos während der Abwesenheit des Partners

R

Rilke

Gast
Hallo, zusammen!

Würde mir wirklich helfen, wenn Ihr mir Eure Meinung und Gedanken zu folgendem Problem mitteilt. Ich muss dazu mit einer kleinen Vorgeschichte anfangen.

Im letzten Jahr war ich für drei Monate in den USA, habe dort Verwandte besucht und auf einer Farm gearbeitet. Dieser Aufenthalt war nach viel Berufsstress eine Auszeit für mich. Meine Freundin ist für die letzten vier Wochen nachgekommen und wir haben eine schöne Reise durch Neuengland und Kanada mit dem Wohnmobil gemacht. War eine tolle Zeit für uns beide, obwohl die USA für sie nicht das Reiseland erster Wahl waren und sie hauptsächlich meinetwegen nachgekommen ist.

Im Nachhinein musste ich aber die Reise in einem anderen Licht sehen. Als ich sie am Flughafen in den Staaten nach unserer sechswöchigen Trennung abholte, deutete ich ihre Zurückhaltung und Distanziertheit als Anspannung und Stress, da sie ja während dieser Zeit in ihrem Bank-Job normal hatte arbeiten müssen, während ich eine aufregende Zeit in einem anderen Land mit genug Zeit zum Ausspannen verlebt hatte – kein Wunder also, dass wir irgendwie unterschiedlich "tickten". Im Laufe der Reise taute sie aber sichtlich auf und war ganz die Frau, in die ich mich vor gut einem Jahr verliebt habe: fröhlich, aktiv, liebevoll - einfach toll.

Nachdem wir schon wieder drei Wochen in Deutschland waren, fragte ich eher beiläufig, ob sie eigentlich während unserer Trennung irgendeine Dummheit gemacht habe. Die Antwort: Ja, es hätte da jemanden bei einem Segelkurs gegeben, mit dem sie herumgeknutscht, aber nicht geschlafen hätte. Sie sagte das schweren Herzens, aber ziemlich direkt. Sie hätte auch schon vor meiner Abreise Zweifel gehabt, ob wir zusammen passen würden, da sie nicht das Gefühl hatte, wirklich an mich heranzukommen, mir vertrauen zu können. Sie sei aber nach der gemeinsamen Reise und dem bereits wieder eingekehrten Alltag zuhause mittlerweile anderer Meinung. Sie bedaure ihren Fehler, sie liebe mich und wolle mit mir zusammen bleiben. Ich war natürlich alles andere als begeistert, versuchte aber, beherrscht zu sein und mich von dieser Eifersucht nicht bezwingen zu lassen. Ich war verletzt, enttäuscht. Scheinbar hatte ich unsere Beziehung anders eingeschätzt, hatte von ihren Zweifeln nichts mitbekommen, fragte mich, warum sie mich nicht schon im Vorfeld direkt darauf angesprochen hätte, warum ich meine sonst ganz gut entwickelte "Gefühls- und Stimmungssensorik" in diesem Fall so versagt hatte... war ich einfach nur zu sehr mit mir selbst und meiner Reise beschäftigt gewesen? Mir war ziemlich schnell klar: Schluss machen kommt nicht in Frage. Sie bedeutet mir zu viel, ich liebe sie, will sie nicht verlieren. Aber wie das eben mit solchen Fremdgeh-Geschichten ist: Sie hinterlassen ihre Spuren und kommen irgendwann wieder hoch, wenn man sie nicht gebrauchen kann. Gerade bei mir, der ich auch schon einige Dinge in Beziehungen erlebt habe, die mir den Boden unter den Füßen weggezogen haben.

Die Stimmung hing natürlich gehörig schief, als sie mich am nächsten Tag bat, mit ihr abends an einen See in der Nähe zu fahren. Sie hatte eine Decke und Kerzen dabei. Blödes Timing, aber jetzt erst konnte ich meinem Ärger so richtig Luft machen. Ich bemühte mich währenddessen nicht, objektiv oder fair zu sein. Ich war verletzt - und das sollte sie auch wissen und spüren. Kurzum: Nach einer Auseinandersetzung, in der sie mir schon richtig leid tat, weil sie wohl wirklich ihren Fehler bedauerte, sprachen wir uns aus und versöhnten uns wieder. Seitdem hatten wir eine wirklich schöne Zeit miteinander. Viel Alltag, aber harmonisch, viel Liebe und Zuneigung, guter Sex - aber bei mir auch leider immer wieder das Gefühl: Ich will mit dieser Frau zusammen sein, aber ich habe Angst vor einer Enttäuschung - kann ich ihr vertrauen, wenn sie mir sagt, dass sie mich liebt? Die Folgen sind natürlich klar: Ich habe Probleme damit, mich fallen zu lassen, mit Distanz und Nähe zu ihr, versuche, ihr meine Gedanken und Gefühle transparent zu machen. Ihre Art, damit umzugehen, ist ziemlich toll. Sie zeigt und sagt mir ihre Liebe, aber auch, wenn ich zu weit gehe - ein direkter, aber liebevoller Umgang miteinander.

So weit so gut - beziehungsweise nicht so ganz gut. Denn im Moment habe ich ein massives Problem.

Nun ist meine Freundin für 3 Monate in Namibia, wo sie auf verschiedenen, sehr einsam gelegenen Farmen arbeitet. Für sie ist das ebenfalls eine Art Auszeit zwischen zwei Jobs. Dasselbe hat sie übrigens vor ein paar Jahren schon einmal gemacht - es ist ein Traum für sie, mit (wilden) Tieren zu arbeiten und die Natur dort zu genießen. Der Entschluss für die Reise fällte sie (im Gegensatz zu meiner damaligen einjährigen Planung) ziemlich schnell - innerhalb von nur zwei Wochen, in denen ich den Eindruck hatte, dass sie so schnell wie möglich weg wollte, fast Hals über Kopf. Ich weiß, dass sie ihr Job hier in Deutschland nicht besonders glücklich macht und dass ihre Augen bei Filmen über Afrika immer glänzen. Und erst einmal gönnte ich ihr diese Auszeit wirklich. Aber die Art und Weise, wie sie es dann schließlich abwickelte, schloss mich nicht mit ein. Trotzdem ging sie immer fest davon aus, dass ich - wie letztes Jahr in den USA - für einige Zeit nachkomme und wir dort unseren Urlaub verbringen. Prinzipiell finde ich den Gedanken sehr schön, aber der Zeitpunkt ist für mich denkbar ungünstig. Ich bin selbstständig, habe zur Zeit viele Projekte und eigentlich auch nicht wirklich die finanziellen Mittel für die Reise. Außerdem interessiert mich Namibia zwar, wäre aber nun wiederum für mich nicht die erste Wahl bei Reisezielen, und ich würde eigentlich mehr ihretwegen hinfahren. Ihr schwebt eine Reise mit Offroader und Dachzelt vor - Wildnis pur also. Hört sich eigentlich ganz gut an. Aber nach den vielen Aufgaben hier bin ich sicher so gestresst, dass ich mir vor Ort vielleicht ein bisschen mehr Komfort und Erholung statt Staubpisten und Moskito-Alarm wünsche... na ja, und so weiter und so fort.

Kurz gesagt: Jetzt sitze ich hier im kalten Deutschland, vermisse meine Freundin im afrikanischen Sommer, weiß, dass ich ihr diese Zeit einfach gönnen sollte. Ich leide unter dem spärlichen Kontakt (nur Telefon, das aber häufig aufgrund der Regenzeit für mehrere Tage ausfällt) und fühle mich schlecht, dass ich so "klein" bin, ihr nicht aus vollem Herzen diese Zeit zu gönnen. Wenn ich in mich hinein höre, habe ich immer nur diesen kleinen, trotzigen Jungen an der Strippe, der sagt "SIE ist schließlich weggegangen - warum soll ich ihr hinterher rennen, ihr an einen Ort folgen, an dem ich gar nicht wirklich sein will - und aufgrund der Zeit und des Geldes auch eigentlich gar nicht sein kann?" Ich bin sauer auf sie, auf mich und auf die Tatsache, dass ich nichts machen kann, außer warten und arbeiten. Wenn wir telefonieren, sagt sie mir immer, dass sie mich vermisst, sich auf mich freut, wann ich denn komme etc. Aber mich belastet das ganze Drumherum hier so, dass ich am liebsten sagen würde: "Mich gibt's nicht auf Bestellung - ich komme nicht". Und damit würde ich mich nur um eine schöne Erfahrung bringen und noch mehr Groll hegen.

Ich hätte nicht gedacht, dass mir diese Trennung von ihr so schwer fallen würde. Wenn ich diesem Verlassenheits- und Ohnmachtsgefühl die Oberhand lassen würde, gäbe es eigentlich nur eins für mich: die Reise trotzig abzusagen. Aber das ist auch nicht das, was ich möchte. Ich will und will doch wieder nicht nach Afrika, will eigentlich während unserer Trennung so wenig Kontakt wie möglich, weil es mich immer traurig macht, und dann fehlt sie mir wieder so, und ich möchte ihre Stimme hören und dass es ihr gut geht. Und ich weiß einfach nicht, woher diese widersprüchlichen Gefühle kommen, wie ich mit meinem Ärger umgehen soll, so dass er nicht am Telefon ungerecht ihr gegenüber durchkommt.... Dann denke ich so schräge Sachen wie "Ich will ja bei Dir sein, aber nicht wann und wo Du es vorschreibst", "Du bist allein gefahren, dann mach doch alles allein", "Typisch, Du haust ab und ich kann zusehen, wie ich klar komme" - na ja, und dann natürlich immer wieder dieser Gedanke "Was tut sich da mit anderen Männern". Und dieses Gefühlswirrwarr belastet meinen Alltag, nimmt mich in Beschlag - dabei sollte ich mich doch eigentlich auf meine Arbeit konzentrieren und mich darauf freuen, eine schöne Zeit mit meiner Freundin in Afrika verbringen zu können - zumal sie ja letztes Jahr unter ähnlichen Vorzeichen auch nachgekommen ist. Eigentlich sollte ich mir sagen: Hey, freu Dich doch, Junge! Aber irgendwas in mir weigert sich, all das in einem freundlichen Licht zu sehen. Zugegeben, es gibt wirklich schlimmere Probleme in einer Partnerschaft - aber hilflos bin ich trotzdem.

Machen meine Ausführungen irgendwie für Euch Sinn?

Habt Ihr vielleicht schon einmal etwas Ähnliches erlebt und gefühlt?

Findet Ihr, es ist ok, trotz besseren Wissens und Gewissens so kleinherzig zu fühlen und zu denken?

Was steckt hinter diesem Gefühlschaos und wie sollte ich mich Eurer Meinung nach verhalten?

Ich danke Euch jetzt schon für Eure Hilfe!

Viele Grüße!

Rilke
 
Hallo Rilke,

Das ist nicht so einfach, aber bedenke für Deine Freundin war die "Nachreise"
auch nicht erste Wahl. So viel zum Thema Gefühl.
Die andere Geschichte ist Deine Arbeit. Da hängt ja wohl Deine Existenz dran,
und da muß man schon überlegen, ob man das für einen Urlaub unter Umständen gefährdet. Ich bin auch selbstständig und muß ehrlich sagen, ich kann es mir nicht erlauben einen 4 wöchigen Urlaub zu machen, es sei denn Du hast gute Mitarbeiter auf die Du Dich 1000pro verlassen kannst. Wenn eine solche Urlaubsreise aus beruflichen Gründen nicht möglich ist, sollte Deine Freundin Verständnis haben. Oder schiebst Du Deine Arbeit nur vor???? Als Ausrede vor Dir selbst, weil da doch ein kleiner Junge bockig ist. Versteh mich bitte nichtfalsch aber ich werd nicht so ganz schlau aus Deinem Post.
Für mich persönlich wäre es undenkbar meine berufliche Tätigkeit für einen Urlaub zu riskieren, dazu ist die Konkurrenz zu groß, zumindest in meiner Branche, habe aber auch nur noch 2 Angestellte, die sehr zuverlässig sind
und mehr Freizeit haben als ich, aber das ist halt einer Nachteile wenn man Chef ist.
Gruß Caro
 
Hi, Caro!

Danke für Deine Gedanken.

Natürlich hast Du recht, dass meine Freundin schließlich auch nachgekommen ist, und ich darum nicht mit zweierlei Maß messen kann. Was mich aber so nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass trotz allen positiven und sachlichen Argumenten dennoch so negative Gefühle bei mir mit im Spiel sind - ohne realistischen Auslöser.

Klar, Zeit und Geld sind knapp - also sollte ich wirklich zuhause bleiben. So einfach ist es leider für mich nicht. Ich vermisse sie, aber irgendwie fühle ich mich fast schon "moralisch" verpflichtet, nachzukommen (s. o.) - ich fühle mich zu einer Entscheidung gedrängt, für die ich viele Nachteile in Kauf nehmen muss. Und irgendwie habe ich den Eindruck, dass ihr das gar nicht so klar ist.

Die Frage, die für mich offen bleibt, ist die: Kann ich eine Frau wirklich lieben, wenn ich in dieser Lage so empfinde, wie ich's tue? Ich werde nicht so recht aus mir schlau.

Noch mal danke, dass Du Dir Zeit genommen hast!

Viele Grüße von

Rilke
 
Hallo Rilke,

diese Frage, die Du Dir selber stellst, ob Du sie wirklich liebst, die kannst Du und
nur Du Dir selbst beantworten. Da kann Dir wohl keiner helfen. Hier kannst Du nur Denkanstöße holen. Kann es sein, daß vielleicht auch die Entäuschung über
den Fremdkuß mitspielt? Hast Du ihr dies auch wirklich verziehen, oder bist Du
immer noch verletzt?
Liegt eventuell auch darin eine Mitursache für Dein Gefühlschaos?

Alles Gute Caro
 
Hallo, ich werfe hiermit mal eine ganz andere Ansicht der Sache ein, ohne auf dein Gefühlschaos und deine Arbeit einzugehen.

Du solltest mal darüber nachdenken, wie wichtig ihr dieser Aufenthalt in Namibia ist. Sie möchte dir vielleicht einfach zeigen, wie sie dort lebt, was sie dort tut, dass sie auch Gefahren auf sich nimmt, wenn sie dort arbeitet.
Sie möchte dich an ihrem Leben teilhaben lassen (auch wenn es einige Zeit x-Meilen entfernt von Deutschland stattfindet), dir zeigen, dass sie auch Herausforderungen des Lebens auf sich nimmt, dass sie auch ein anderes Leben als das wohlbehütete Leben in Deutschland führen kann.

Sie möchte dich an ihrem jetzigen Leben teilhaben lassen, weil sie dich liebt.
 
Hallo, Gast!

Das habe ich fast befürchtet... 😉

Nein, im Ernst, Du hast recht: So lange ich auch drüber nachdenke, ich kann ihr ehrlicherweise überhaupt nichts vorwerfen. Wäre ich an ihrer Stelle (und im letzten Jahr war das ja auch so), ich würde es genauso machen. Und das macht es leider umso unbegreiflicher für mich, wie ungerecht das alles eigentlich von mir ist. Wenn ich dieses Gefühl einfach abstellen könnte, ich würde es sofort tun. Und ich denke auch, dass ich diesen inneren "Knoten" einfach für mich allein lösen - zumindest in einem Maße, dass ich mit ihr darüber reden und ihr erklären kann, was ich empfinde. Egal, ob das gerechtfertigt ist, oder nicht. Das Problem liegt eindeutig bei mir, das weiß ich.

Ich sollte froh und glücklich sein, eine Frau zu haben, die ich liebe und die mich liebt und bin es doch nicht. Vielleicht weil es sehr lange her ist, dass mir ein Mensch das letzte Mal so gefehlt hat wie sie. Obwohl ich schon einige Beziehungen hatte, komme ich mir vor wie ein absoluter Anfänger. Dabei möchte ich gerade jetzt und gerade mit ihr keine blöden Fehler machen, die etwas zwischen uns kaputt machen. Sie ist eine tolle, starke Frau, das stimmt. Vielleicht ist es gerade das, was an meinem Selbstverständnis kratzt: dass ich mich ihr möglicherweise unterlegen fühle. Ganz schön antiquiert, unser genetischer Code als "starkes" Geschlecht.

Ich danke Dir, dass Du Dir die Zeit fürs Lesen und Antworten genommen hast.

Viele Grüße von

Rilke
 

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