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Im eigenen Körper gefangen

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Gast

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Hallo,

meine Lebenssituation ist sehr schwierig. Bin erst mit 49 ausgezogen und wohne nun alleine in einer Kleinstadt. Freunde hab ich keine und auch sonst keine sozialen Kontakte. Die einzigen Kontakte sind die am Arbeitsplatz. Ich habe eine soziale Phobie und kann nicht aus meiner Haut. Dennoch komme ich im Beruf gut zurecht und kann das alles sehr gut überspielen.

In meinem Leben fehlt etwas. Wie gerne hätte ich einen Partner oder Freunde, wie alle meine anderen Kolleginnen und Kollegen und würde mal verreisen wollen. Aber alleine irgendwo alleine hinzugehen ist schwierig. Sich einer Reisegruppe anzuschließen ist auch nicht möglich, da dies alle fremde Menschen für mich sind. Dreimal habe ich dennoch die Initiative ergriffen und auf Kontaktanzeigen (ebenfalls Sozialphobiker) geantwortet und mich sogar mit ihnen getroffen. Zwei haben sich als totaler Flopp herausgestellt. Der Dritte kam wohl eher mit mir nicht klar, obwohl das Treffen ganz normal verlief.

Ich bin auch in therapeutischer Behandlung, aber ich denke, dass dies nichts nützt. Der Therapeut redet nicht über die soziale Phobie sondern eher über meine Familie und was da alles so schief gelaufen ist.
In der Zeit, in der ich jetzt alleine wohne, hat sich bei mir wieder eine schwere Depression eingeschlichen, die auch mit Psychopharmaka nicht in den Griff zu bekommen ist. In meinem Kopf herrscht innere Leere, die Lebensfreude ist nicht mehr vorhanden und ich möchte gerne sterben. Letzteres beschleunige ich nun mit Nikotin, obwohl mir der Arzt das Rauchen wegen Asthma untersagt hat. Zigaretten sind auch ein kleiner Trost für mich, da ja sowieso alles ansonsten trostlos ist.

Es ist so schrecklich, im eigenen Körper gefangen zu sein, ausbrechen zu wollen und es doch nicht zu schaffen. Immer sind Blockaden da, die mich zurückhalten. Manchmal verlasse ich die Wohnung nicht einmal, weil ich unerklärliche Angst habe. Ich möchte zu Menschen hingehen und gleichzeitig möchte ich niemanden sehen und nur meine Ruhe haben. Die langen Wochenenden oder Urlaube sind die allerschlimmsten, wo man viel Zeit zum Nachdenken hat.

Ich habe Sehnsucht nach dem Tod und wenn ich nicht so feige wäre, dann würde ich mich schon längst aus dem Leben verabschiedet haben. Darum versuche ich nun mit viel Rauchen meine Krankheit so zu verschlimmern, dass daraus eine unheilbare Geschichte mit Todesfolge wird. Gibt es jemanden unter Euch, der so etwas nachvollziehen bzw. mir Ratschläge geben kann? Bitte jedoch nicht den Ratschlag, sich an meiner Stelle in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Danke im Voraus.
 
Lieber Gast, vielleicht hilft dir, es wahrzunehmen, dass dein Körper nicht nur dich "gefangen hält", sondern dich auch trägt und umhüllt, dir den Selbstausdruck und auch - mit der Welt um dich herum mit all seinen Sinnen zu kommunizieren ermöglicht. Er übernimmt sogar einen grossen Teil deiner seelischen Spannungen und Belastungen, womit er deine Psyche entlastet und sie sichtbar und fühlbar macht.

Mich persönlich begeistert die Wahraftigkeit des Körpers, seine Treue gegenüber den Gesetzen der Natur .. Ich kann sie an und in ihm ablesen und erfahren. Sei ihm dankbar für all das. 🙂

Es kann sein, dass grundsätzliches Gefühl der Dankbarkeit das ist, was dir fehlt, was du für dein Leben und deinen Lebenswillen brauchst.

Ich wünsche dir alles Gute!
Lenja
 
Hallo Gast.

Ja, ich glaube, ich kann das schon ein wenig nachvollziehen.
Dieses Hin und Her.


Speziell zu deinem Anliegen, die (scheinbare) Gefangenschaft im eigenen Körper:

ich persönlich glaube, dass wir diese menschliche Gestalt nur für eine Weile lang einnehmen. Ich glaube nicht, dass davor nichts war und danach zwingend nichts sein wird.
Ich versuche immer, das Große Ganze in den Dingen zu erkennen.
Denn bei genauem Hinsehen sind viele Dinge nicht so, wie sie erscheinen.


Vielleicht gibt es eine Art Grundzustand des Seins. Etwas sehr grundlegendes, (all-)umfassendes. Das halte ich für unsere wahre Natur. Du bist in diesem Körper, erlebst dich für ein Zeit lang als dieser Körper, um dich dann wieder zu wandeln. Das heißt, du bist nicht ausschließlich dieser Körper. Du bist eingebunden in etwas weit Größeres, vielleicht bist du sogar selbst dieses weitaus Größere. Ohne, dass du es im Moment siehst oder auch nur erahnst.

Hast du schon einmal von fraktalem Denken gehört?
Um in der Welt klarzukommen, muss das Gehirn Unterscheidungen lernen. Es ordnet ein, es kategorisiert, es trennt und benennt. Damit entsteht die Welt der Dinge, der Phänomene, wie wir sie (er-)kennen. Doch ist das die Wirklichkeit?

Es ist zunächst einmal UNSERE Wirklichkeit, wie wir sie im Hier und Jetzt wahrnehmen.
Aufgrund unserer Sinne, unserer kognitiven Fähigkeiten, unseres Bewusstseins.
Doch eine Biene bsp., eine Fledermaus, ein Feldfarn oder aber auch ein Fisch erleben IHRE Welt, ihre Wirklichkeit doch mit Sicherheit völlig anders, als wir, oder?
Was ist also Wirklichkeit? Wie ist die Welt, das Leben wirklich?


Letztendlich ist alles im Wandel. Dein Körper verändert sich, er wird von alleine alt (reif). Irgendwann einmal wirst du ihn verlassen, auch ohne, dass du ihn zuvor durch Rauchen und Krankheit zerstört hast. Es gibt Menschen, die hatten Nahtoderlebnisse und bezeichnen den Augenblick, als sie (ihre Seele?) den Körper verließen, als glücklichsten ihres Lebens. Sie fühlten sich plötzlich völlig frei, wie nie zuvor.

Für den einen bedeutet der Tod Auslöschung, das ewige Ende, das Nichts.
Für den anderen stellt er lediglich einen Übergang dar, in eine neue Form von Leben und Sein.

Wenn ich eines von beiden wählen könnte... ich würde mich wohl immer für das zweite entscheiden.

Man kann auch nach dem Sinn des Lebens fragen. Vielleicht bist du hier, um bestimmte Erfahrungen zu machen. Vielleicht waren diese Erfahrungen auf einer sehr tiefen und unbewussten Ebene sogar selbst gewählt oder mitbestimmt. Vielleicht reifst hier und jetzt auf Erden, für das, was für dich danach kommen darf.

Mir hilft die Beschäftigung mit dem Buddhismus, offene Fragen zu klären bzw. besser zu verstehen. Er liefert interessante Einsichten über Leben und Tod. Dadurch kann ich, glaube ich, bestimmte Dinge auch besser akzeptieren. Weil sich die Sichtweise, die Verständnis über bestimmte Dinge, verändert, ja vielleicht weitet. Eine erweiterte Sichtweise ist in der Regel hilfreicher und vorteilhafter, als eine eingeschränkte.

Wenn du möchtest... ich kann dir Thich Nhat Hanh empfehlen. Zu seinen Büchern finde ich bspw. einen besseren Zugang, als zu denen des Dalai Lama. Aber es gibt bestimmt auch viele andere lesenswerte Autoren zum Buddhismus.

Ich wünsche Dir, dass du dich selbst besser akzeptieren kannst, deinen Körper annimmst, so wie er ist, und dich auch damit frei fühlen kannst.

Das Leben hier dauert nicht ewig, drum vergeude nicht deine Zeit damit, mit dir selbt zu hadern. Doch wenn es dir sinnvoll erscheint, steht es dir selbstverständlich frei, auch dies zu tun.

Alles Liebe, und viel Glück.
 
Hallo Gast,

Finde es klasse, dass du dich getraut hast, dich mit Fremden zu treffen. Das das mit den Sozialphobikern nicht geklappt hat, liegt irgendwie auch in der Natur der Sache, dachte ich mir....Klar sind es Gleichgesinnte, aber die haben nunmal bestimmte Schwierigkeiten.
Idee super, nur manche Theorien scheitern an der Praxis. Vielleicht hat es dir auch gezeigt, dass du im Vergleich doch noch relativ normal sein kannst?

Hast du mal in der Therapie angesprochen, dass du lieber über deine Phobie sprechen möchtest? Ursachenforschung hat schon ihren Wert, allerdings sind akute Themen genauso wichtig.

Ansonsten steck dir kleine Ziele. Alleine vereisen kann doof sei , aber wie sieht das mit kleinen Aktivitäten alleine aus?
Mal Spazieren, Wandern, Kino, was auch immer du gerne mal machst?
Falls du Hunde magst, könntest du auch mit einem Hund aus dem Tierheim am Wochenende los ziehen, wenn da was in deiner Nähe ist.
Mit meinem Hund konnte ich meine Sozialphobie überwinden, denn mit ihm musste ich ja jeden Tag raus gehen und mit Anderen Menschen sprechen.
Und es ist schön, wenn sich ein Hund über die bloße Anwesenheit freut, ohne große Erwartungen zu haben.
Gibt genug Möglichkeiten, ohne dir verbindlich einen zulegen zu müssen, macht ja auch Arbeit 😉
 

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