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In 10 Jahren bin ich blind - Was soll ich tun?

RememberMe

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

ich bin männlich, 22 Jahre alt und habe ein Problem. Aufgrund einer seltenen erblichen Hornhautdystrophie an beiden Augen bin ich langsam aber sicher dabei zu erblinden. Meine Mutter, die ebenfalls diese Krankheit hat, musste ihren Job im Alter von 33 Jahren an den Nagel hängen, Autofahren musste sie mit 35 aufgeben. Mittlerweile hat sie nur noch 5 % Restsehschärfe und ist auf ständige Hilfe angewiesen. Transplantationen sind bei dieser speziellen Form nicht oder nur schwerlich möglich.

Ich will nicht rumjammern, anderen geht es noch viel schlimmer. MS oder Krebs um nur zwei Beispiele zu nennen.

Und das ist auch nicht mein eigentliches Problem. Es ist das was ich daraus mache. Mein "Leben ohne Einschränkungen" ist verdammt kurz. Ich sollte jede Sekunde sinnvoll nutzen. Aber aufgrund meiner Introvertiertheit bekomme ich mein Leben nicht auf die Reihe.
Während ich bis vor kurzem ein absoluter Stubenhocker war, unternehme ich in letzter Zeit viel mit meinem kleinen Freundeskreis (Kirmes, Irish Pub, Kino etc.). Ich habe auch angefangen zu trainieren.

Beruflich (Ausbildung) ist alles okay, aber ich fühle mich extrem einsam. Ich habe zwar eine Hand voll Freunde, aber was mir fehlt ist eine Freundin. Ich habe keinerlei Beziehungserfahrung. Dementsprechend auch noch nie Sex, geschweige denn den ersten Kuss. Eigentlich heißt es ja immer, dass du dich selbst erst komplett fühlen musst, ehe du eine Beziehung eingehst. Aber dieses Gefühl stellt sich einfach nicht ein.

Abgesehen davon werde ich von einigen Leuten aufgrund meiner geringen Größe und hageren Statur nicht für voll genommen. Besonders in dem Dorf, in dem ich wohne bin ich Außenseiter. Mittlerweile versuche ich mich aber auch gar nicht mehr zu integrieren, da alles was hier zählt Stammtischparolen, Traktoren und Fußball sind. Einfach nicht meine Welt. Ich muss hier nach der Ausbildung weg.

Um meine Schüchternheit zu überwinden und mich selbst ein bisschen herauszufordern habe ich mich bei einem Tanzkurs angemeldet. Nun habe ich dort ein nettes Mädchen kennen gelernt. Sie ist 15, fast 16 Jahre alt. Sie findet mich offenbar auch zumindest sympathisch, da Sie mich schon nach kurzer Zeit gefragt hat, ob ich auf dem Abschlussball mit Ihr tanzen möchte. Ich habe natürlich sofort zugesagt. Sie weiß, dass ich eine Ausbildung mache und etwas älter bin, wie alt genau weiß Sie aber nicht (Ich sehe auch sehr jung aus, werde auf 18 geschätzt).

Jetzt mache ich mir Gedanken. Ich würde Sie gerne ansprechen und näher kennenlernen um herauszufinden, ob wir zusammenpassen. Sie ins Café einladen und nachher einfach ein bisschen spazieren oder so. Aber im nächsten Moment denke ich wieder: Sie ist viel zu jung, noch zu kindisch. Das funktioniert nie. Mach das nicht. Du legst dich nur mit ihren Eltern an. Die Gesellschaft verurteilt sowas. Meine Freunde fanden es schon komisch, dass ich mit 21 mal eine 17-jährige angesprochen habe (leider hatte sie seit kurzem einen Freund). Ich bin hin- und hergerissen. Das grenzt an Torschlusspanik. Und ich weiß nicht mal ob meine Nervosität ihr oder der mir unbekannten Gesamtsituation geschuldet ist.

Außerdem habe ich Google ein bisschen durchforstet und der Großteil der Antworten bei solchen Konstellationen sind Vorwürfe von Pädophilie und/oder die Aussage, dass nur Loser sich eine so junge Freundin "angeln". Das macht mir schon zu schaffen.

Vielleicht ist es etwas eigensinnig, aber die Vorstellung mit einer Freundin zusammen zu sein, die auch keine Erfahrung hat und wo wir zusammen bei 0 starten können, finde ich einfach schön. Einfach nur Hände haltend spazieren gehen, kuscheln oder Arm in Arm einen Film anschauen. Alles unbekannt für mich. Und ich wünsche mir nichts sehnlicher.

Mädels in meinem Alter haben vermutlich jahrelange Beziehungserfahrung, das macht die Sache nicht einfacher. Wenn ich Sprüche höre wie "Ich bin schon 5 Monate Single." komm ich mir immer komisch vor.

Immer wenn ich unter jüngeren Leuten bin, denke ich an meine Jugend. In letzter Zeit denke ich immer öfter, dass ich keine richtige Jugend hatte. Das ich sie vertan habe. Und jetzt versuche ich zu retten, was es zu retten gibt. Schadensbegrenzung. Habe ich ein Peter-Pan-Syndrom oder sowas? Ich kann doch nicht dieser Zeit hinterher trauern.

Am meisten aber stört mich, dass ich in letzter Zeit immer eifersüchtiger werde. Ich kenne Leute, die ein wirklich antisoziales Verhalten an den Tag legen -und die haben Beziehungen. Und erstaunlicherweise sind das manchmal echt nette Mädchen, die sich mit so einem totalen Maulhelden abgeben. Das kann ich nicht verstehen. Und dann gönne ich ihnen das nicht und rege mich über das Whatsapp-Profilbild auf, dass die beiden küssend zeigt.

Was ist los mit mir? Die ganze Situation wächst mir über den Kopf. Und die Uhr tickt. Ich sollte dringend Prioritäten setzen und das beste machen. Aber was ist das beste? Was würdet ihr in meiner Situation tun?

Viele Grüße
RememberMe
 
...Und die Uhr tickt, genau das ist los. Du versuchst jetzt alles krampfhaft in die zehn Jahre zu legen das kann ich voll auf verstehen, ich glaube mir würde es genauso gehen.

Der Gedanke, das ich eines Tages nichts mehr sehen könnte würde mich auch dazu treiben. Dennoch versuch mal ein Paar Gänge runter zu schalten.
Zehn Jahre sind schon mal was, und in der Zeit hat die Medizin bestimmt schon wieder einen riesen Schritt nach vorn gemacht. Die OP Möglichkeiten werden auch immer besser.

Und dann werden doch in der Mikroelektronik auch immer rasantere Fortschritte gemacht, so das es immer wahrscheinlicher wird, das man mit diesen Technischen Raffinessen viel mehr erreichen kann als heute. (Der Mensch wird doch immer mehr vernetzt)

Ich würde dir raten dich viel in der Natur aufzuhalten und noch so viel Eindrücke wie nur möglich in dich aufzunehmen, gute Bücher lesen, anfangen mit malen, reisen, Museen besuchen u.s.w. den Stress welchen du dir machst ist nicht gut,( auch nicht für die Zeit danach) wenn auch nachvollziehbar.

P.S. auch was eine Partnerschaft angeht, setz dich deswegen nicht unter Druck auch das findet sich meistens dann, wenn man es nicht erwartet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zehn Jahre sind schon mal was, und in der Zeit hat die Medizin bestimmt schon wieder einen riesen Schritt nach vorn gemacht. Die OP Möglichkeiten werden auch immer besser.

Genau das hat man meiner Mutter auch vor 20 Jahren erzählt. Und bislang hat sich nichts getan. Die Krankheit ist zu selten. Vertrauen in die Gesundheits- und Pharmalobby habe ich auch nicht. Die entwickeln lieber eine Kopfschmerztablette die noch ein klein bisschen besser ist, als in den seltenen Themenfeldern. Ist ja auch logisch bei gewinnorientiertem Handeln.

Trotzdem danke für die Tipps.
 
Ich weis, trotzdem solltest du die Hoffnung nicht aufgeben, und dir deine Zeit so schön wie nur möglich gestalten.

Oder stell dir die Frage mal etwas anders. Was würdest du heute tun, wenn du wüstest das du Morgen nichts mehr sehen könntest? Würdest du dich dann über irgendwelche Nachbarn oder Leute aufregen und denen noch irgendeine Bedeutung beimessen, ihnen faktisch deine zeit widmen oder würdest du dir den Sonnenuntergang, den Himmel und die Sterne betrachten?
 
Der beste Weg ist die Medizin anzuheizen etwas dagegen zu tun aber ich weiß ohne viel Geld und ohne Kontakte ist das schwer möglich außer mit anderen Mitteln als friedliche wenn du verstehst was ich meine 😉 .
 
Hallo RememberMe,

Ich finde die Krankheit schlimm und ich denke, es ist okay, wenn du so fühlst. Klar ist es objektiv betrachtet nicht so schlimm wie MS oder Krebs. Aber MS und Krebs sind objektiv betrachtet auch nicht so schlimm wie Krieg oder Wassermangel.

Die Erkrankung verändert dein Leben von Grund auf und stellt dich vor viele Einschränkungen und Verzicht: das darfst du ruhig kacke finden!

Und ob sich was ändern wird, na ja: du sagst es ja selbst, dass das deiner Mutter auch schon erzählt wurde und die Erkrankung aufgrund der Seltenheit unattraktiv zum Erforschen ist und ich finde es gut, dass du realistisch bleibst und dich in keine übertriebene Hoffnung verläufst, die dich nur kaputt macht.

Aber seit 20 Jahren hat sich in der Technik viel getan, um Menschen mit Sehbehinderung das Leben zu erleichtern: Spracheingaben, Ampeln mit Geräuschen, sprechende Gegenstände, ein großes Angebot für Mobilitätstraining .....

Ich glaube, je besser man sich mit Sowas vertraut machen kann, desto besser könntest du mit deinem Leben zu Recht kommen und mit der Behinderung leben.
Und es gibt auch Berufe für Blinde - ganz ohne Perspektive musst du nicht da stehen (ich weiß - so einfach gesagt!) Und du hast 10 Jahre Zeit, um dich darauf vor zu bereiten 🙂

Vielleicht kann dir deine Mutter auch helfen oder hat es schon: Wie hat sie das verkraftet? Was hat ihr geholfen, wie kann sie dich unterstützen?

Als ich ca. 10 Jahre alt war, erblindet meine Mutter mit 30 Jahren langsam an grauen Star.
Als Kind habe ich nicht verstanden, was das genau für sie bedeutet , sie sprach auch nie darüber, stattdessen betrank sie sich noch öfter - ich denke, dass ihre Alkoholsucht dafür sorgte, dass der graue Star so früh bei ihr auftrat. Die Verdrängung hat nicht funktioniert 😉 Sie hat sich auch nicht schlau gemacht, wie sie leben wird, wenn sie völlig erblindet sein wird - habe ich auch nie verstanden, na ja.


Ich glaube, weiter geht es immer 😉

Und solange deine Angebetete über 16 ist, ist auch nichts an einer Beziehung auszusetzen.
Pädophilie bezieht sich auf Kinder vor der Pubertät, im Internet wird der Begriff ekel erregend inflationär benutzt.
Probier es aus und scheiß auf die Gesellschaft - die hat eh keinen Plan 😛
 
Finde den Altersunterschied jetzt nicht dramatisch. Meist will man sowieso einen älteren Freund haben. Wäre sie 18 würde auch kein Hahn danach krähen. Verboten ist das auch nicht.

An deiner Stelle würde ich anfangen Blindenschrift zu lernen usw
 
Hallo RememberMe,
genieße jeden Moment in Deinem Leben und mach Dir nicht soviel Gedanken.
Setz Dich nicht selber unter Druck, nun all das in 10 Jahren erreichen zu
wollen, wozu andere viele, viele Jahre länger Zeit haben.

Treff Dich mit dem netten Mädchen aus dem Tanzkurs und mache Dir darüber,
was andere dazu sagen würden, nicht soviel Gedanken.

Tratsch und Klatsch in einem Dorf ist ganz normal. Lass sie einfach reden.
Du wirst das eh nicht ändern können.

Kümmere Dich um Dein Leben und nicht soviel darum, was andere Menschen
denken oder machen würden oder schon gemacht haben.
Sei liebevoll geduldig mit Dir selber.

alles Liebe
gaestin
 
Hallo RememberMe,

ich denke, dass ich vor allem versuchen würde, mich beruflich richtig zu orientieren. Und das ist sicher nicht ganz einfach für einen 22jährigen.

Die Sachen machen, die man mit sehgeschädigten Augen nicht mehr so gut machen kann, schon jetzt machen.

Ich denke, dass Du Dich auf jeden Fall mit Organisationen in Verbindung setzen solltest, die sich mit der Situation sehgeschädigter oder blinder Menschen auskennen. Die können Dir bestimmt gute Tipps denken.

Was die Verbindung zum anderen Geschlecht angeht, so halte ich es allgemein immer für das Beste, wenn man sich zu einem liebenswürdigen Menschen entwickelt. Dies halte ich für die beste Voraussetzung, um selbst geliebt zu werden.

Hier noch ein Link, den ich relativ schnell gefunden habe: https://www.ph-heidelberg.de/behind...uer-menschen-mit-blindheitsehbehinderung.html
 
Zuletzt bearbeitet:

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