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Origami86

Mitglied
Hallo Ihr Lieben :)!

Dies hier wird definitiv ein recht lander Post; von daher vorab meine Bitte um Entschuldigung bzw. herzlichen Dank an all diejenigen, die bis zum Ende lesen.

Mein Problem ist umfänglich und ich habe hier im Forum in der Vergangenheit im Forum auch schon einmal in einem ganz anderen Kontext dazu Rat gesucht, der allerdings hier und jetzt keine so wirkliche Rolle mehr spielt. Meine Perspektive hat sich verändert und ich muss die Sache - leider! - erneut aufrollen; diesmal von der anderen Seite her.

Kurzversion: Ich bin im Oktober 2020 coronabedingt arbeitslos geworden, weil meine Stelle aus wirtschaftlichen Gründen gestrichen wurde. Nach verschiedenen Fehlanläufen (die u.a. einen eigenen Thread wert waren) beginne ich nun in einigen Wochen eine Selbstständigkeit, worauf ich mich eigentlich sehr freue. Das tue ich wirklich. Ich arbeite gerne, auch mal mit Überstunden, ich setze mich gern ein und leiste meinen Beitrag. Ich habe durchaus Kritik an diesem krassen Leistungsystem, in dem wir alle leben, aber nach meiner eigenen Uhr vollbringe ich gern täglich Neues. Freizeit, das lernt man als Arbeitsloser schnell, genißet man nur dann wirklich, wenn sie - nun ja - erarbeitet ist. Und ja, auch meine finanzielle Unabhängigkeit ist mir massiv wichtig. Irgendwie glaube ich trotz der harten Zeiten noch daran, dass das möglich sein sollte. Dass ich ein Recht darauf habe, für das ich auch - notfalls mit gewissen Schmerzen - einstehe und kämpfe. Natürlich lese ich die Nachrichten und weiß sehr genau, wie "hoch" dieser Anspruch inzwischen ist. Von einem mathematischen Standpunkt aus. Aber im Grunde ließe sich ja viel ändern, und auch das sage ich öfter mal laut, wenn Menschen im Raum sind.

So weit, so schön. Ich habe endlich das erreicht, worauf ich fast drei Jahre hart hingearbeitet habe. Ich habe gekämpft, gelitten, schlaflose Nächte gehabt ohne Ende, um meinen alten und verdienten Platz in der Gesellschaft wieder zu bekommen. jetzt ist es soweit. Und, ihr ahnt es:

Warum bin ich nicht glücklich?

Mehr als das: Mir gehen alternative Lebenswege durch den Kopf; durchaus auch schon seit Beginn meiner Krise: Familie gründen - da bin ich ein ganz unbeschriebenes Blatt, auf vielen Ebenen -, mich stärker kreativ betätigen, was ich eigentlich gern tue und wofür ich auch ein bescheidenes Händchen habe, nur wird demnächst völlig die Zeit fehlen. Und immer wieder boten sich im Laufe der drei Jahre auch Chancen, die ich mal genutzt, mal so halb bis ganz ausgeschlagen habe. Manche Freundschaften sind gar völlig (und dann brutal) zerbrochen, wo die "Schuld" (sofern der Begriff hier passt) wo so zu 50% bei mir lag. Schaden irreparabel.

Ich bin geistig oft in diesem Modus "Was wäre, wenn", oder mehr noch "Was hätte sein können", "Sollte es nicht so sein, dass...". Dabei bin ich von Hause aus eigentlich kein gläubiger oder auch nur spiritueller Mensch, so gar nicht. Dachte ich zumindest. Ein wenig hat sich das verändert in den letzten Jahren - ohne, dass ich es wollte. Fragen nach Vorbestimmung und der Rolle meines freien Willens in der Lebensgestaltung (der mir ziemlich wichtig ist - auch jetzt noch) drängen sich mir regelrecht auf, wirken aber wie Fremdkörper. Ich kann nichts Konstruktives damit anfangen, zumal man ja nie Antworten findet. Durchdacht habe ich all das eine Trillion Mal - oft täglich, stundenlang - um jedes Mal am Schluss deprimiert und wütend zu sein. Meist liege ich dann schon im Bett.

Ich will mein Leben aktiv gestalten, Pläne machen, die Kontrolle haben. Ich habe auch Träume, und das halte ich für etwas Gutes. Ich möchte gerne noch viel Reisen, Menschen kennenlernen, Projekte verwirklichen. Das ist doch etwas Gutes? Aber es kostet halt auch Geld! Und Zeit, und Freiraum. Dafür brauche ich einen guten Job, Rücklagen, Ressourcen. Eigentlich stimmt jetzt also alles. Und doch...

Manchmal sieht man Menschen in Dokus, die ziemlich einfach leben. In kleinen Kommunen, mit geringen finanziellen Mitteln. Ichb habe mir auch schon vorgestellt, wie das wäre. Es fühlt sich immer ganz kurz gut an - bis sich der Realist in mir einschaltet - den ich sehr schätze - und mir klarmacht, wie beengt das wäre. Was ich alles aufgeben müsste, worauf ich mich eigentlich noch freue. Welche Orte ich nie sehen würde, für die ich konkrete Reisepläne habe, welche Projekte liegenbleiben würden usw..

Oft wache ich morgens auf - moderat depressiv bin ich dann eh immer - und denke mir: Es läuft alles gut, der Tag word auch glückliche Momente haben (da kann ich zuvor sagen, welche das sein werden), aber eigentlich könntest Du jetzt auch sterben. Wäre nicht soooo tragisch. Ich bin epxlizit nicht suizidgefährdet, das würde ich meinen Liebsten nie antun und so schlimm ist es auch nicht. Aber irgendwie... fühle ich mich mit meinen 37 Jahren unendlich alt. Wie Mitte 80, als wäre bereits alles erledigt, was es für mich in diesem Leben zu tun gab. Wirklich absolut alles. Es ist eigentlich nichts schlechtes. Nur leider ist mein Körper noch relativ jung.

Vor vielen Jahren, 2016, gab es mal so eine einzige Nacht, an die ich auch oft denken muss. Damals war irgendwie alles perfekt: Noch keine beruflichen Sorgen, Politik und Geld waren Themen, die mich nicht weiter kümmerten, ich kreativ auf dem Höhepunkt und die Frau meiner Träume gab es auch. Leider wusste ich Letzteres nicht und entschloss mich, eine gewisse Weihnachtsfeier viel zu früh zu verlassen. Seitdem ist irgendwie alles komplizierter...

Aber das sind nur Gedanken. Und das war auch alles absurd ungeordnet. Pardon dafür.

Vielen Dank für Eure Antworten :) !


P.S.: Ja, ich habe versucht, einen Therapieplatz zu erhalten. Bin immer auf die Wartelisten verwiesen worden. Und demnächst fehlt die Zeit.
 

Bingenervt

Aktives Mitglied
Ich glaube, dieses Gefühl hat fast jeder Mensch mal irgendwann im Leben. Da schliesse ich mich auch ein. Was mir an deinem Post auffällt, ist die Tatsache, dass du schon sehr perfektionistisch rüber kommst und deine Bucket list übervoll ist. Dieses völlig durchgetaktete Leben erzeugt natürlich auch unwahrscheinlich viel Stress. Und dann kommt noch das verdammte Leben dazwischen, auf das man keinen Einfluss hat.

Und zur Frau deiner Träume kann ich nur folgende Geschichte erzählen: Meine Tante lernte auf einer Party vor langer Zeit mal einen Mann kennen, der sie und sie ihn nicht vergessen konnten. Beide waren aber damals bereits anderweitig verheiratet. Etwa 20 Jahre später waren beide geschieden und der Mann rief meine Tante exakt 1 Tag nach ihrer Scheidung an. Dazwischen gab es wirklich keinerlei Kontakt. Und kurz darauf waren sie zusammen, haben geheiratet und sind auch nach über 20 Ehejahren glücklich verheiratet.
 

Besucher

Mitglied
Mein Eindruck ist erstmal, du denkst zu viel.

Familie gründen - da bin ich ein ganz unbeschriebenes Blatt, auf vielen Ebenen
Familiengründung ist meiner Meinung nach auch etwas sehr zeitintensives, wofür man schon fest im Leben stehen sollte, weil es eben alles umwirft, was man bisher so kannte, und extrem fordernd ist. Für dich ist ja der Zug noch nicht abgefahren, es ist auch möglich deinen aktuellen Lebensweg irgendwie damit zu vereinen, aber eine Partnerin zu finden, eine stabile Bindung aufzubauen und schwanger zu werden sind schon solche großen Hürden, die würde ich mir an deiner Stelle aktuell sowieso nicht antun solange du noch mit deinem anderen Projekt beschäftigt bist. Und es ist doch total okay, das erst Hintendran zu stellen.

mich stärker kreativ betätigen, was ich eigentlich gern tue und wofür ich auch ein bescheidenes Händchen habe, nur wird demnächst völlig die Zeit fehlen
Wenn du dein eigener Chef sein wirst, besteht nicht die Möglichkeit, dir gezielt Zeiten dafür einzuplanen? Du hast deutlich gemacht, dass du gern arbeitest, aber das musst und kannst du nicht 24/7 machen (zugegeben, ich kenne mich mit Selbstständigkeit nicht aus).

Manche Freundschaften sind gar völlig (und dann brutal) zerbrochen, wo die "Schuld" (sofern der Begriff hier passt) wo so zu 50% bei mir lag. Schaden irreparabel.
Ich denke, das ist normal, wenn auch traurig. Wenn die andere Person kein Interesse daran hat, es wieder zu reparieren, bleibt man eben auf den Scherben sitzen. Oft passiert es auch einfach so und dann muss man das leider einfach ruhen lassen und hoffen. Evtl. bringt dir dein neuer Berufsweg ja neue Kontakte ein.

Ich will mein Leben aktiv gestalten, Pläne machen, die Kontrolle haben. Ich habe auch Träume, und das halte ich für etwas Gutes. Ich möchte gerne noch viel Reisen, Menschen kennenlernen, Projekte verwirklichen. Das ist doch etwas Gutes? Aber es kostet halt auch Geld! Und Zeit, und Freiraum. Dafür brauche ich einen guten Job, Rücklagen, Ressourcen. Eigentlich stimmt jetzt also alles. Und doch...
Eins nach dem anderen. Ich denke, was du bisher unternommen hast, geht schon längst in die Richtung. Du wirst auch einen Weg finden, noch Urlaub und andere Ziele einzubauen.

Wie Mitte 80, als wäre bereits alles erledigt, was es für mich in diesem Leben zu tun gab. Wirklich absolut alles.
Und doch hast du diese Lebenslust noch Dinge zu sehen und zu unternehmen. Konzentriere dich lieber darauf.

Noch keine beruflichen Sorgen, Politik und Geld waren Themen, die mich nicht weiter kümmerten, ich kreativ auf dem Höhepunkt und die Frau meiner Träume gab es auch.
Gibt es irgendwie eine Möglichkeit, da wieder zurückzukehren? Du bist ja jetzt wieder in einem ganz neuen Lebensabschnitt, der muss erstmal nicht schlechter sein.

Ja, ich habe versucht, einen Therapieplatz zu erhalten. Bin immer auf die Wartelisten verwiesen worden. Und demnächst fehlt die Zeit.
Wäre für mich jetzt auch das ausschlaggebende. Ich habe gute Erfahrungen mit Selbsthilfebüchern gemacht, zumindest die, die auch echte Therapeuten geschrieben haben und benutzen, wobei die nochmal ganz anders wirken, wenn jemand dir das anhand deines Lebens im direkten Gespräch vermittelt. Evtl. gewinnst du da ein paar Denkanstöße.

Letztendlich musst du die Lebenslust und die vielen Interessen, die aufgetaucht sind, irgendwie so nutzen, dass du aus der Depression wieder rauskommst. Aber vergiss nicht, auch Pausen zu machen, das klingt jetzt schon sehr danach, dass du zum Überarbeiten neigst.
 

Origami86

Mitglied
Was mir an deinem Post auffällt, ist die Tatsache, dass du schon sehr perfektionistisch rüber kommst und deine Bucket list übervoll ist. Dieses völlig durchgetaktete Leben erzeugt natürlich auch unwahrscheinlich viel Stress. Und dann kommt noch das verdammte Leben dazwischen, auf das man keinen Einfluss hat.
Das ist ein interessanter Gedanke. Damit meine ich nicht, dass er falsch ist, ich versuche nur, ihn zu verstehen. Aus meiner Perspektive ist es eigentlich schlicht so, dass ich mir "ein Leben aufbaue", wie man das mit Mitte 30 halt so macht. Dazu gehören Job, danach - da hat @Besucher Recht - Familiengründung und eben einige fernere Ziele als "Sahnehäubchen", wenn Du so willst. Ist das übervoll? Ich könnte mir auch gar nicht vorstellen, wie eine zufriedenstellende die Alternative aussehen sollte.

Gibt es irgendwie eine Möglichkeit, da wieder zurückzukehren? Du bist ja jetzt wieder in einem ganz neuen Lebensabschnitt, der muss erstmal nicht schlechter sein.
Nicht so richtig, fürchte ich :confused:. Die Idee ist gut. Aber das ist ein geistiges Problem meinerseits und zugleich ein großes Fass, das wir aber gern öffnen können. 2016 war die Welt ja eine andere: Keine Klimabewegung, kein Krieg in Europa, wirtschaftlich ging es uns auch deutlich besser - nicht gut, aber ich war damals Student und hatte andere Sorgen als Gehälter, Steuern und die Rente. Heute liegt mein Fokus natürlich darauf statt auf der nächsten Klausur. Ich wüsste nicht, wie ich "zurück" könnte.
 

Origami86

Mitglied
Ich hoff's 😅.
Die Zeit wird es zeigen müssen, was auch Deine Frage beantwortet: Ganz am Ende stehe ich noch nicht, aber ewig dauert das auch nicht.

Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob Du Recht hast, um ganz ehrlich zu sein. Rational ja - total. Das ikst ja das Verrückte an der Ganzen Sache. Ich bin es eigentlich aus der Prä-Corona-Ära gewohnt, dass meine Gedanken und meine Gefühle sehr leicht in Einklang zu bringen sind, was sich gut anfühlt. Ich bin eine konsistente Persönlichkeit gewesen. Seit dem Schicksalsschlag ist das ikrgendwie anders, und ich kann den grund nicht benennen. Mein Kopf sagt immer: "Verdiene Geld, sichere Dich ab, erfülle Dir Deine Träume".

Mein Gefühl sagt: "Wende Dich nach Innen, begnüge Dich - auch im Sinne des Großen Ganzen - mit weniger und (jetzt kommt's!) erfülle Dir Deine Träume".

Dann kommt wieder der Kopf und sagt: Plan 1 klappt, Plan 2... Mäh. Sich etwas zurücknehmen, nachhaltig leben - gerne, kein Ding. Aber alles mit Augenmaß. Es muss auch Planungssicherheit geben.

Diese Gedanken und Gefühle rufe ich nicht herbei, sie kommen einfach und sind dann sehr hartnäckig. Und das wirklich jeden Tag.

Ich versteh's nicht.
 

Bingenervt

Aktives Mitglied
Ich bin mit meiner Selbständigkeit durch Corona so was von auf die Nase geflogen. Bei mir kam aber 12 Jahre vorher schon der Finanzcrash dazu, der mich fast alle finanziellen Reserven gekostet hat. Mit solchen Tiefschlägen muss man leider auch rechnen, auf die man selbst keinerlei Einfluss hat. Nicht das ich deine Euphorie für die Selbständigkeit dämpfen will.
 

Origami86

Mitglied
Tust Du nicht ;). Deine Warnung ist aber natürlich berechtigt. Mein mentales Bezugssystem ist da vielleicht auch ein wenig ein anderes, ohne Dich näher zu kennen. Nur eine Vermutung. Ich könnte jetzt hier meine ganze Geschichte der letzten Jahre plus manches mehr darlegen, aber ich belasse es mal bei Folgendem: Ich hatte vor Kurzem auch schon die Freude, im damals gerade noch so Hartz 4-Bezug zu sein und mal am eigenen Leib zu erfahren, wie man sich als Mensch zweiter Klasse so fühlt. Und ich drücke das bewusst so drastisch aus, denn nichts anderes ist es - wohl wissend, dass es gut ist, überhaupt ein Sozialsystem zu haben und dass auch die Mitarbeitenden in den Ämtern oft ganz nett sind. Das Problem liegt woanders und tiefer, wie immer.

Jedenfalls kann es rein beruflich nur noch besser werden; und auch vor einer möglichen Privatinsolvenz habe ich keine Angst mehr. Theoretisch nicht mal vor Gefängnis. Ob ich nun den ganzen Tag zu hause sitze oder noch Gittern vorm Fenster sind, meine Fresse. Und die paar Bücher, die ich habe, kann ich in Deutschland auch mitnehmen. Ich hab' die Hölle gesehen, was diesen Bereich meines Lebens betrifft. Das entspannt;).

Eben deshalb macht es mich ja so unruhig, dass sich der Weg in ein gutes, geordnetes Arbeitsleben jetzt falsch anfühlt. Oder vielleicht nicht falsch, aber zumindest nicht richtig - was ja ein wenig etwas anderes ist. Und das andere Wege nicht besser wirken. Der Gedanke läge nahe, ich wäre einfach "raus", wie man so salopp sagt. Ich denke nicht, dass es das ist, zumal ich bis Oktober letzten Jahres noch anderweitig beschäftigt war, viel gependelt bin und eigentlich nie zugelassen habe, in diese "Hartzer"-Identität (nicht böse gemeint) zu verfallen. Ich habe mir immer gesagt: Das ist nur eine Zwischenstation, Du packst das.

Ich hatte mir das ja immer so vorgestellt: Ich wurde durch Corona im Leben zurückgeworfen, hole die verlorene Zeit wieder ein und mache dann ab da wie geplant weiter. Könnte jetzt so gehen. Könnte. Aber irgendwas passt an der Grundidee nicht. Nur was?
 
M

Meinung123

Gast
Hallo Ihr Lieben :)!

Dies hier wird definitiv ein recht lander Post; von daher vorab meine Bitte um Entschuldigung bzw. herzlichen Dank an all diejenigen, die bis zum Ende lesen.

Mein Problem ist umfänglich und ich habe hier im Forum in der Vergangenheit im Forum auch schon einmal in einem ganz anderen Kontext dazu Rat gesucht, der allerdings hier und jetzt keine so wirkliche Rolle mehr spielt. Meine Perspektive hat sich verändert und ich muss die Sache - leider! - erneut aufrollen; diesmal von der anderen Seite her.

Kurzversion: Ich bin im Oktober 2020 coronabedingt arbeitslos geworden, weil meine Stelle aus wirtschaftlichen Gründen gestrichen wurde. Nach verschiedenen Fehlanläufen (die u.a. einen eigenen Thread wert waren) beginne ich nun in einigen Wochen eine Selbstständigkeit, worauf ich mich eigentlich sehr freue. Das tue ich wirklich. Ich arbeite gerne, auch mal mit Überstunden, ich setze mich gern ein und leiste meinen Beitrag. Ich habe durchaus Kritik an diesem krassen Leistungsystem, in dem wir alle leben, aber nach meiner eigenen Uhr vollbringe ich gern täglich Neues. Freizeit, das lernt man als Arbeitsloser schnell, genißet man nur dann wirklich, wenn sie - nun ja - erarbeitet ist. Und ja, auch meine finanzielle Unabhängigkeit ist mir massiv wichtig. Irgendwie glaube ich trotz der harten Zeiten noch daran, dass das möglich sein sollte. Dass ich ein Recht darauf habe, für das ich auch - notfalls mit gewissen Schmerzen - einstehe und kämpfe. Natürlich lese ich die Nachrichten und weiß sehr genau, wie "hoch" dieser Anspruch inzwischen ist. Von einem mathematischen Standpunkt aus. Aber im Grunde ließe sich ja viel ändern, und auch das sage ich öfter mal laut, wenn Menschen im Raum sind.

So weit, so schön. Ich habe endlich das erreicht, worauf ich fast drei Jahre hart hingearbeitet habe. Ich habe gekämpft, gelitten, schlaflose Nächte gehabt ohne Ende, um meinen alten und verdienten Platz in der Gesellschaft wieder zu bekommen. jetzt ist es soweit. Und, ihr ahnt es:

Warum bin ich nicht glücklich?

Mehr als das: Mir gehen alternative Lebenswege durch den Kopf; durchaus auch schon seit Beginn meiner Krise: Familie gründen - da bin ich ein ganz unbeschriebenes Blatt, auf vielen Ebenen -, mich stärker kreativ betätigen, was ich eigentlich gern tue und wofür ich auch ein bescheidenes Händchen habe, nur wird demnächst völlig die Zeit fehlen. Und immer wieder boten sich im Laufe der drei Jahre auch Chancen, die ich mal genutzt, mal so halb bis ganz ausgeschlagen habe. Manche Freundschaften sind gar völlig (und dann brutal) zerbrochen, wo die "Schuld" (sofern der Begriff hier passt) wo so zu 50% bei mir lag. Schaden irreparabel.

Ich bin geistig oft in diesem Modus "Was wäre, wenn", oder mehr noch "Was hätte sein können", "Sollte es nicht so sein, dass...". Dabei bin ich von Hause aus eigentlich kein gläubiger oder auch nur spiritueller Mensch, so gar nicht. Dachte ich zumindest. Ein wenig hat sich das verändert in den letzten Jahren - ohne, dass ich es wollte. Fragen nach Vorbestimmung und der Rolle meines freien Willens in der Lebensgestaltung (der mir ziemlich wichtig ist - auch jetzt noch) drängen sich mir regelrecht auf, wirken aber wie Fremdkörper. Ich kann nichts Konstruktives damit anfangen, zumal man ja nie Antworten findet. Durchdacht habe ich all das eine Trillion Mal - oft täglich, stundenlang - um jedes Mal am Schluss deprimiert und wütend zu sein. Meist liege ich dann schon im Bett.

Ich will mein Leben aktiv gestalten, Pläne machen, die Kontrolle haben. Ich habe auch Träume, und das halte ich für etwas Gutes. Ich möchte gerne noch viel Reisen, Menschen kennenlernen, Projekte verwirklichen. Das ist doch etwas Gutes? Aber es kostet halt auch Geld! Und Zeit, und Freiraum. Dafür brauche ich einen guten Job, Rücklagen, Ressourcen. Eigentlich stimmt jetzt also alles. Und doch...

Manchmal sieht man Menschen in Dokus, die ziemlich einfach leben. In kleinen Kommunen, mit geringen finanziellen Mitteln. Ichb habe mir auch schon vorgestellt, wie das wäre. Es fühlt sich immer ganz kurz gut an - bis sich der Realist in mir einschaltet - den ich sehr schätze - und mir klarmacht, wie beengt das wäre. Was ich alles aufgeben müsste, worauf ich mich eigentlich noch freue. Welche Orte ich nie sehen würde, für die ich konkrete Reisepläne habe, welche Projekte liegenbleiben würden usw..

Oft wache ich morgens auf - moderat depressiv bin ich dann eh immer - und denke mir: Es läuft alles gut, der Tag word auch glückliche Momente haben (da kann ich zuvor sagen, welche das sein werden), aber eigentlich könntest Du jetzt auch sterben. Wäre nicht soooo tragisch. Ich bin epxlizit nicht suizidgefährdet, das würde ich meinen Liebsten nie antun und so schlimm ist es auch nicht. Aber irgendwie... fühle ich mich mit meinen 37 Jahren unendlich alt. Wie Mitte 80, als wäre bereits alles erledigt, was es für mich in diesem Leben zu tun gab. Wirklich absolut alles. Es ist eigentlich nichts schlechtes. Nur leider ist mein Körper noch relativ jung.

Vor vielen Jahren, 2016, gab es mal so eine einzige Nacht, an die ich auch oft denken muss. Damals war irgendwie alles perfekt: Noch keine beruflichen Sorgen, Politik und Geld waren Themen, die mich nicht weiter kümmerten, ich kreativ auf dem Höhepunkt und die Frau meiner Träume gab es auch. Leider wusste ich Letzteres nicht und entschloss mich, eine gewisse Weihnachtsfeier viel zu früh zu verlassen. Seitdem ist irgendwie alles komplizierter...

Aber das sind nur Gedanken. Und das war auch alles absurd ungeordnet. Pardon dafür.

Vielen Dank für Eure Antworten :) !


P.S.: Ja, ich habe versucht, einen Therapieplatz zu erhalten. Bin immer auf die Wartelisten verwiesen worden. Und demnächst fehlt die Zeit.
Hallo,

vor langer Zeit habe ich einmal in einem Buch etwas gelesen was mich berührt:

Welches ist der wichtigste Mensch?

Was ist das richtige zu tun?

Welche Zeit ist die wichtigste?

Der wichtigste Mensch ist der Mensch, mit dem wir jetzt zusammen sind, an einem Ort.

Das beste ist, einander zu helfen, wenn wir können.

Die wichtigste Zeit ist die Gegenwart. Das ist die einzige Zeit, in der wir handeln können.

Egal, welchen Weg du einschlägst, es wird bedeuten, dass zig andere Wege unerkundet bleiben müssen. Das kann lähmen.

Du hast längst alles durchdacht. Triff Deine Entscheidung innerhalb von 10 Atemzügen und dann sag Ja zu deiner Entscheidung und zieh es durch, was immer es ist - nach 3 Jahren überlegst du neu.

Alles Gute für dich und deine Zukunft!
 

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