Hallo Gast,
kleine Abenteuer bereichern das Leben. Das verstehe ich. Ich bin auch nicht gegen Internetbekanntschaften. Warum nicht?
Du schreibst nicht, wie alt denn derjenige ist, den Du treffen willst. Und da ich als Vater schreibe, würde ich – als Vater – gerne alles wissen wollen, was Du über diese Person weisst. Es muß schon sehr viel sein, was Du weisst, denn ansonsten wäre es übereilt und höchst unvorsichtig, eine längere Reise auf sich zu nehmen.
Was ich nicht verstehen kann, ist, warum er nicht Dich besucht. Selbst wenn Du ihn noch nicht Deinen Eltern vorstellen willst, könntet ihr Euch an Deinem Ort oder ganz in der Nähe in einem Restaurant oder Café treffen. Also er reist zu Dir – und nicht umgekehrt.
Ich vermute, Du willst ihn privat besuchen. Und da hätte ich als Vater echte Bauchschmerzen. Ich hätte Vertrauen in Dich – aber nicht in einen Mann, den ich nicht kenne. Hier von den Eltern Vertrauen verlangen, wäre eine Überforderung. Als Vater würde ich „nein, das kann ich nicht“ im Hinblick auf eine mir unbekannte Person sagen.
Wenn Du schon bereit bist, ihn zu besuchen und Deine Eltern zu informieren, dann sehe ich keinen Grund, warum er nicht zuerst Dich besuchen sollte. Der einzige Grund, warum Du ihn besuchen und nicht einladen und Deinen Eltern vorstellen willst, sehe ich darin, dass bei ihm Aktivitäten möglich sind, die bei Dir zuhause nicht möglich sind. Und das wäre für mich als Vater ein Grund, Deiner Reise nicht zuzustimmen.
Wenn Du ihn unbedingt besuchen willst, kannst Du das heimlich tun. Das wieder wäre ein berechtigter Grund, als Vater Dir nicht mehr zu vertrauen. Willst Du das? Ist Dir dieser Mann das wert?
Wenn Du ihn unbedingt besuchen willst, dann nimm Deinen Vater oder Deine Mutter mit. Triff Dich in einem Café oder an einem anderen öffentlichen Ort – und Dein Vater oder Deine Mutter bleibt entfernt, aber auf Sichtweite. Wenn das ein für Dich unmöglicher Vorschlag ist, was ich verstehe, kann ich mir nur sehr schwer vorstellen, dass Deine Eltern Deiner Reise – ganz alleine – zustimmen werden. Mich würden Deine Argumente, die dafür sprechen, interessieren. Aber deshalb fragst Du ja hier an, weil Du selbst keine Deine Eltern überzeugende Argumente kennst. Mir sind auch keine bekannt.
Sobald Du für Dich verantwortlich, also volljährig und erwachsen bist, sieht die Sache anders aus. Dann ist die Frage, ob Du Deine Eltern informieren willst, eine Sache der Harmonie und des Vertrauens, welche wünschenswert – aber nicht zwingend erforderlich sind.
Jetzt aber, solange Du noch „schutzbedürftig“ bist, ist die Zustimmung zu einem unkalkulierbaren Risiko als Vater abzulehnen. Und auch wenn Du volljährig sein wirst, werde ich als Vater immer ganz genau wissen wollen, wo sich meine Tochter aufhält und mit wem sie sich trifft, zumindest, solange Du zuhause wohnst. Das klingt nach Kontrolle, ist aber nichts als väterliche Fürsorge, die sich nie so ganz abstellen lässt. Eine gute Eltern-Kind Beziehung basiert auf Vertrauen, immer, auch dann, wenn das Kind kein Kind mehr ist. Gehe vertrauensvoll mit Deinen Eltern um, so wie Du möchtest, dass Deine (späteren) Kinder mit Dir umgehen sollen. Auch wenn Du noch nicht Mutter bist, könntest Du versuchen, Elternfürsorge zu verstehen. Wenn Dir das gelingt, bist Du in diesem Punkt schon erwachsen.
Alles Gute für das neue Jahr,
Nordrheiner