[QUOTE="eS~, post: 3674158"]
Hallo liebes Forum,
das könnte eventuell ein etwas längerer Beitrag werden, also werde ich unten noch eine Kurzfassung (TLDR) anhängen.
Ich habe 2021 mein Abitur gemacht, der Beginn eines neuen Lebensabschnittes, wie man so schön sagt... nur bei mir ging es seitdem bergab. Ich hätte das in meiner Schulzeit auch nicht erwartet, aber hier bin ich:
Kurze Vorgeschichte: Nach meinem Abitur hatte ich mir viel zu viele Gedanken gemacht, was ich studieren sollte und auch wo. Da spielte wohl auch ein starker Perfektionismus eine Rolle, denn ich hab z.B. versucht bereits meine ganze Zukunft zu planen, was recht schwer war, allerdings bin ich auch in sehr negative Foren geraten (bzw. hab diese mit der Zeit sogar gesucht, um "vorbereitet" zu sein), laut denen man wohl mit jedem Studiengang arbeitslos wird. Ich bin immer weiter abgerutscht, ich hatte das Gefühl, dass meine Zukunft/mein Leben vorbei wäre und alle Optionen, die ich hatte, schlecht wären. Klingt rückblickend etwas dramatisch, aber das war, was ich zu dem Zeitpunkt fühlte.
In dem Zustand war ich auch nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Ich hab so viele Deadlines verpasst und Optionen meiner Entscheidung dadurch verloren und mit der Zeit kriegte ich Angstzustände und Nervenzusammenbrüche (wachte mitten in der Nacht panisch auf, konnte nicht mehr essen, war nur noch am Weinen, fühlte mich oft körperlich krank). Ich bewarb mich auf verschiedene Sachen (z.B. Freiwilligendienste, Praktika, Studiengänge/Wohnungen) um mehr Zeit für meine Entscheidung zu haben, konnte diese aber trotzdem nicht treffen. Letztendlich bin ich irgendwie in eine Art Praktikum/Orientierungsstudium "gerutscht", da ich dem Unternehmen zugesagt habe, aber danach noch wochenlang überlegt hatte, doch noch ein Studium zu beginnen, diese Entscheidung dann aber nie getroffen habe, weil ich mich wie gelähmt fühlte. Irgendwann hatte ich dann gar keine Option mehr: Ich machte mir starke Vorwürfe und begann oft Momente zu haben... in denen ich so einen starken psychischen Schmerz spürte, dass ich das Gefühl hatte zu sterben? Die Lage beruhigte sich dann aber etwas für einige Wochen, da die nächste Entscheidung, was ich nach dem Praktikum und ab März machen sollte, noch nicht getroffen werden musste und ich anfing, alles zu verdrängen. Trotzdem konnte ich die letzten Monate kaum nutzen, da ich mich sozial zurückgezogen hatte, ständig einfach schlecht fühlte, sehr reizbar gegenüber meiner Familie war bzw. einfach nicht mehr mit ihnen redete, kaum etwas für die Arbeit tat usw. Das ständige Überlegen, welche Entscheidung ich nun treffen sollte, nahm mein ganzes Leben ein.
Soweit so gut, nur dass jetzt bereits Februar ist und ich diese Entscheidung seit Wochen hätte treffen müssen. Und nun wiederholt sich das Muster: Ich wollte bereits im Dezember eine Entscheidung treffen und habe es nicht geschafft. Es ist wirklich krankhaft. Das Problem ist denke ich nun, dass ich mir seit dieser Situation nach dem Abi nicht mehr vertraue und mich zudem nicht gut genug kenne. Zudem schwanke ich ständig zwischen den beiden Optionen, die ich habe. Ich habe mich vor 2 Wochen für verschiedene Freiwilligendienste beworben (und danach, nach deren Zusage, 2 Wochen nicht mehr gemeldet, weil ich... erst eine feste Entscheidung treffen wollte) und habe aus einem Impuls heraus nun einem davon zugesagt, hatte danach aber direkt wieder Zweifel und überlege wieder, das wieder abzusagen und meine 2. Option zu wählen. Ich habe schon so viele gute Alternativen verloren, weil ich zu lange gewartet habe... und ich weiß nicht, wie ich das ändern soll, ich habe das Gefühl, keine Kontrolle zu haben.
Ich hatte im Dezember auch einige Erstgespräche für eine Psychotherapie, war dann aber der Meinung, dass meine Probleme von alleine weggehen würden, sobald ich mich entschieden hätte und dass ich das im Dezember hinkriegen würde... nun, hab mich wohl selbst überschätzt.
Ich kann auch kurz erläutern, welche Entscheidung mir aktuell Schwierigkeiten bereitet: Ich habe beschlossen, dass ich einen Einblick in die Medizin erhalten will, weil ich nun überlege Medizin zu studieren (allerdings darin nicht ganz gefestigt bin). Um Medizin zu studieren, muss ich einen Test schreiben (TMS), bei dem man einen Prozentrang im direkten Vergleich zu anderen Testteilnehmern erhält und den man nur in einem Jahr seines Lebens schreiben kann. Ich war mir jedoch nicht sicher, wie sehr/ob Medizin mich überhaupt interessiert und ob ich mich für diesen Test zu lernen motivieren könnte und ob mir ein schlechtes TMS Ergebnis nicht später schaden könnte, falls ich etwas studiere und in einigen Jahren doch Medizin studieren will.
Meine Optionen sind:
-halbes Jahr FSJ im Krankenhaus und ggf verlängern, falls ich merke, dass ich Medizin studieren will. Dann könnte ich frühestens im Sommersemester ein Medizinstudium aufnehmen, würde dann aber durch das FSJ sehr sicher reinkommen (selbst mit einem TMS von 30%).
->Den Vorteil hieran sah ich darin, dass ich den Druck (und in gewisser Weise das Risiko) für den Test zu lernen - und dies obwohl ich nicht sicher bin, ob ich Medizin studieren will, mein Interesse schwankt sehr stark - umgehen könnte und ein FSJ an sich auch eine gute, lückenlose Überbrückung wäre, die mir eine äußere Struktur bietet, selbst wenn ich dann etwas anderes studieren wollen würde. Dies wäre für meine psychische Gesundheit besser, dachte ich mir. Zudem müsste ich nicht "umsonst" für den TMS lernen bzw. müsste mir keine Sorgen machen, dass sunken cost fallacy meine Entscheidung beeinträchtigt, da ich erst für den TMS lernen muss, wenn ich das FSJ verlängere und meine Entscheidung getroffen ist.
->Der Nachteil ist aber, dass ich - sollte ich Medizin studieren wollen - nach dem Abitur 1,5 Jahre gap hatte und ich hatte schon vor einem halben Jahr das Gefühl, dadurch, nicht direkt ein Studium aufgenommen zu haben, Zeit verschwendet zu haben. Zudem würde es sich wie 2 Jahre gap year anfühlen, da ich mit 17 Abitur gemacht habe und so mit 19 erst ein Studium aufnehmen könnte. Außerdem muss ich mir dann zum Wintersemester sicher sein, denn nach 1,5 Jahren gap year dann noch abzubrechen, wäre eine größere Zeitverschwendung als nach 1 Jahr gap year, da die meisten anderen Studiengänge zum Wintersemester beginnen. Den TMS müsste ich außerdem trotzdem noch schreiben, also ein kleines bisschen Risiko hätte ich trotzdem.
-2 Monate Nebenjob und gleichzeitig Vollzeit für den TMS lernen (ich bräuchte 80%, das sollte bei einer Vollzeit Vorbereitung jedoch möglich sein), danach Praktika in der Medizin um herauszufinden, ob Medizin etwas für mich wäre, und vom ersparten Geld vllt noch einen Monat ins Ausland. Im Wintersemester das Studium aufnehmen oder zum Sommersemester, falls der TMS nicht so gut wäre und ich Medizin studieren will. Wintersemester wäre aber wahrscheinlich.
->Dies wäre die effektivste (und vllt rationalste/sinnvollste?) Methode, da ich wahrscheinlich direkt zum Wintersemester alle Optionen offen hätte und direkt studieren könnte und sollte der TMS doch nicht so gut sein, wahrscheinlich zum Sommersemester. Zudem könnte ich mehr Praktika machen oder evt ins Ausland, wodurch mir ebenfalls eine äußere Struktur zur Erholung für meine psychische Gesundheit zur Verfügung stehen würde. Auch falls ich in Zukunft mein Studium wechsele, ständen mir alle Optionen noch offen. Das Risiko wäre nicht soo hoch, da ich mich Vollzeit vorbereiten würde und der Druck auch nur die ersten 2-3 Monate.
->Nachteil: Den TMS zu schreiben geht mit einem gewissen Druck und Risiko einher und ich weiß nicht, ob ich genug Selbstdisziplin dafür habe. Zudem schwankt mein Interesse an einem Medizinstudium je nach Tagesverfassung. Wenn der TMS nicht so gut ist und ich mich entscheide, zum Wintersemester etwas anderes zu studieren, kann ich mich in Zukunft nicht mehr für Medizin entscheiden.
Ich wollte es ein wenig davon abhängig machen, wie sehr ich mir Medizin eigentlich wirklich vorstellen kann (eigentlich wollte ich Elektrotechnik studieren), allerdings kann ich diese Frage nicht ganz beantworten. Ursprünglich glaubte ich, dass nur extrinsische Faktoren bei meiner Überlegung Medizin in Betracht zu ziehen eine Rolle spielten, aber inzwischen kann ich es mir immer wieder auch vorstellen.
Ich habe, wie oben geschrieben, erstmal die erste Option gewählt, überlege nun jedoch doch noch die andere Option zu wählen, da diese mir effektiver/rationaler erscheint und ich so früher ins Studium starten kann, statt hinter all meinen Schulkameraden hinterherzuhängen. Ich habe den Eindruck, die 1. Option aus "Bequemlichkeit" gewählt zu haben. Vor einem halben Jahr hatte ich jedoch dasselbe Problem, das ich nach einer "Münzwurf"-Entscheidung doch immer wieder überlegte, mich umzuentscheiden.
TLDR: Ich habe nach meinem Abitur psychische Probleme entwickelt, sowie eine starke Entscheidungsunfähigkeit. Auch jetzt habe ich eine wichtige Entscheidung vor mir, die ich sehr zeitig treffen muss und die mit sehr viel psychischen Stress einhergeht. Eigentlich habe ich bereits eine Option (FSJ) gewählt (durch einen Münzwurf) und mündlich zugesagt, habe aber Zweifel daran.
Wodurch kann diese Entscheidungsunfähigkeit ausgelöst worden sein bzw. was kann ich dagegen machen? Ich habe auch früher immer darauf geachtet, wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen, aber ich konnte immer Entscheidungen treffen und es waren auch stets welche, mit denen ich zufrieden war. Ich weiß also nicht, was los ist. Bin gerade auch nicht so überzeugt von einer Therapie, da meine psychischen Probleme von alleine weggehen sollten, sobald ich eine Entscheidung getroffen habe und durch eine Therapie auch Optionen wegfallen (z.B. Verbeamtung).
Habt ihr vielleicht etwas ähnliches erlebt oder habt Anregungen für meine Entscheidung?
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