So nun würde ich euch gerne von meinen Erfahrungen berichten, die ich machen konnte. Vielleicht hilft es ja anderen Leute, die diesen Beitrag lesen.
Durch YouTube kam ich auf einen Psychologen, der mich sehr motiviert hat an mir zu arbeiten. Sein Name ist Dr. Jordan Peterson. Mein Problem war, dass mein Englisch nicht ausreichend war, um alles zu verstehen, was er sagt. Deshalb fing ich an Untertitel anzumachen und mir die Wörter und Sätze aufzuschreiben, die ich nicht verstehen konnte. Das Ergebnis war, dass mein Englisch sich etwas verbessert hat und ich ihn besser verstehen konnte. Ich habe außerdem am Weihnachten ein Buch von ihm geschenkt bekommen auf Englisch. Es war ein unglaublich langwieriger Prozess, aber ich bin aktuell auf einen guten Weg. Obwohl ich aktuell ziemlich erkältet bin, habe ich doch gestern mir Videos von ihm angeschaut und sie übersetzt. Für ein 10-Minuten-Video habe ich ca. eine Stunde gebraucht. Mir kam es für eine Stunde sehr viel vor, aber dass ich nicht der springende Punkt. Indem ich mich viel selbstreflektiert habe, kam ich zum folgenden Entschluss:
- ICH WILL mein Englisch verbessern, an mir selber arbeiten und besser lernen
- Ich bin seit mehreren Jahren nicht mehr in der Schule, also fehlt mir die Routine zu lernen, gut aufzupassen und zu arbeiten
- Mir fiel in meinem Leben oft die Kontinuität. Ich habe immer sehr schnell aufgegeben, weil ich immer zu schlecht war. Jeder ist Anfangs zu schlecht für egal was.
Der Grund war mein Umfeld indem ich gelebt habe und die mich nicht akzeptiert haben, so wie ich nun mal bin. ICH MUSS besser in der Schule werden, ICH MUSS gute Noten schreiben. Alles was schlechter als 2 ist, (und selbst eine 2 war manchmal schlecht, weil ich es ja angeblich viel besser kann) war einfach nur schlecht. Dadurch kam die Vermutung, dass ich entweder nicht will, weil ich faul bin oder viel schlimmer noch, ich wäre dumm!
Man ist nicht automatisch dumm, nur weil man es nicht auf der Stelle versteht. Man gab mir als Kind einen IQ von 101. Das bedeutet nicht, dass ich dumm bin. Es bedeutet auch nicht, dass ich ein hochintelligenter Mensch bin. Ich bin durchschnittlich intelligent. "Dumm" ist eine Beleidigung. Man unterstellt einem damit, dass man pauschal nicht intelligent ist oder dass man gar intelligenzgemindert ist. Ich bin also intelligent. Intelligenz ist meistens oft subjektiv. Bei einigen Menschen erkennt man das schneller als bei anderen, aber im Schnitt können die meisten davon ausgehen, dass sie intelligent sind. Wiederum gibt es durchaus dumme Taten, wo man die Intelligenz durchaus infrage stellen kann, aber auch "schlaue" Menschen können dumme Taten machen. Man kann es also nie pauschal sagen, ob jemand dumm ist.
Ich hatte keine Motivation, wenn ich die meiste Zeit nur "schlecht" war. Ich empfand die Noten als eine Art Reflexion meiner Identität. Als ob mein Gehirn trainiert wurde, kein Dopamin auszuschütten, wenn ich lernen muss . Ich wurde einfach für nichts gelobt. Wenn sich meine Noten doch minimal gebessert haben, war es immer noch zu schlecht, es war ja keine 1 oder 2. Daraus folgerte ich:
Ich bin ein schlechter Mensch, weil ich schlechte Noten schreibe,
aber ich bin kein schlechter Mensch.
Von klein auf wurde ich darauf getrimmt. Ich will niemanden die Schuld dafür geben. Es war eine harte Zeit, weil meine Eltern sich geschieden haben und sie sich überhaupt nicht verstehen konnten. Dadurch hat auch die Erziehung gelitten. Mein Vater konnte(durfte) nie für mich da sein und meine Mutter war die meiste Zeit arbeiten und konnte nur nachts mit uns lernen und das war ein komplettes Desaster. Vielleicht hätte ich es leichter gehabt, wenn mein IQ höher wäre, obwohl ich sagen muss, dass meine Schwester einen hohen IQ hat (127) und trotzdem hatte sie Probleme in der Schule gehabt. Jetzt blüht sie mehr oder weniger auf, auch wenn sie es nicht akzeptieren will (studiert auf einer renommierten Universität und schreibt gute Noten).
Nun bin ich erwachsen und kann eigentlich nur von Glück reden, dass ich nicht noch größere Schäden durch die Schule und Erziehung davon getragen habe. Nach der gesellschaftlichen Definition bin ich ein totaler Loser, weil ich mit verdammten 27 Jahren nur ein schlechtes Fachabitur habe (3,4) und ich meine Ausbildung kurz vor den Prüfungen abgebrochen habe, weil ich sehr depressiv wurde und ich eine starke Phobie vor Prüfungen/Tests habe. Ich habe mein Selbstwert anhand von Noten verglichen. Ich konnte kein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft sein, wenn meine Noten schlecht waren. Ich habe nie wirklich an mich geglaubt und das Resultat könnt ihr in diesem Text sehen.
Aufgrund der schlechten Noten lies ich mich als Erwachsener auf ADS testen und siehe da, es wäre angeblich positiv. Ich bin mir nur sehr unsicher ob das stimmt, weil ich mich oft schlechter mache, als ich wirklich bin. Ich lasse mich nun erneut auf ADS testen. Therapeutisch war die Diagnose ein großer Erfolg für mich. Ich habe mich nicht länger für meine Misserfolge schuldig gefühlt.
Nun habe ich mir einen Plan gemacht, wie ich mal später sein will. Ich habe mir extra hohe Ziele gesetzt und sie dann in kleinere Ziele eingeteilt. Es ist sehr wichtig, die Ziele konkret aufzuschreiben, damit man weiß, wann man sie erreicht hat. Z.B.:
Ich will ein Buch pro Woche lesen:
- 1 Buch pro Monat
- 50 Seiten am Tag
- 30 Seiten am Tag
- 10 Seiten am Tag
Wer meint, dass 10 Seiten am Tag zu wenig sind, dann hat die Person unrecht. Es sind 10 Seiten mehr, als ich gestern oder vor einer Woche gelesen habe. Diesen Plan führe ich dann 1 Woche aus und reflektiere dann am Ende, wo meine Probleme waren. Wenn es alles gut geklappt hat, dann steigere ich mich anhand des Plans und reflektiere jede Woche, wo die Probleme waren und ggf. schraube ich die Teilziele runter, wenn ich sie nicht erreicht habe.
Also zusammengefasst:
- Wenn einem was interessiert, dann darf man sich nie selber in den Weg stellen. Ignoriere was andere über dich denken und versuch weiterhin dich zu verbessern. Du kannst es! Schon nach einer Woche intensives Üben wirst du deine Erfolge sehen. Du darfst sie nicht schlecht reden. Sie sind da und die Erfolge werden immer besser, solange du am Ball bleibst.
- Mache dir einen Plan, was deine Ziele sind und gliedere sie in Teilziele. Überprüfe dann am Ende der Woche, ob du deinen Plan einhalten konntest und wo die Probleme sind. Passe es entsprechend an.
- Du darfst Fehler niemals bewerten. Vergleiche sind meiner Meinung nach nur was für Menschen, die noch besser werden wollen, als sie bereits sind. Vergleiche dich nur mit dir selber, bis du ein gewisses Niveau erreicht hast.
- Sei immer ehrlich zu dir und sei v. a. neutral. Ist deine jetzige Situation wirklich so, wie du sie beschreibst, oder tust du sie zu stark bewerten?
- Lernen tut jeder auf seine Weise. Man kann kaum etwas verkehrt machen. Benutze unterschiedliche Methoden und akzeptiere es, wenn du so besser lernen kannst, als andere. Bewerte es nicht. Wenn man erst mal in diesem "Lernmodus" drinnen ist, dann kann man viel leichter lernen, als davor. Man muss das nur kontinuierlich weitermachen.
- Man muss manchmal eine längere Leidensperiode aushalten, um am Ende glücklich zu sein. Jedes Leben ist eine Tragödie. Vereinzelt ist es manchmal die Hölle. Für mich war das eine große Bereicherung, als mir das klar wurde.
Im Grunde habe ich dem Lernen einen zu hohen emotionalen Stellenwert gegeben. Die Leute hier im Forum haben mich auf diesen Trichter gebracht. Darum möchte ich mich nochmal vielmals bei euch bedanken. Die Ratschläge waren sehr gut.
Für manche klingt das alles zu offensichtlich. Wir Menschen (oder ich zumindest ich) vergessen das nur viel zu schnell. So ist es umso wichtiger, sich das alles mehrmals klarzumachen. Das Unterbewusstsein und die Psyche an sich spielen wesentliche Rollen, deshalb macht man auch augenscheinlich dumme Sachen, auch wenn der Grund völlig woanders liegt. Ich versuche meinen Plan durchzuziehen und werde euch dann nochmal berichten, wenn ich neue Erkenntnisse bzgl. Lernen habe. Ich habe halt den Verdacht, dass es u. a. mit dem "Lernmodus" zu tun hat, von dem ich oben berichtet habe.
Hier noch ein kleiner Zitat von Dr. Jordan Peterson, der mich sehr zum Nachdenken gebracht hat:
"The sense of meaning is actually an instinct, that orients people in time and space. It is the most fundamental form of perception."