Mein Bruder verleugnet mich

Ich kann mich noch gut an meine Kindheit erinnern. Mein Bruder und ich haben viel zusammen im Garten gespielt und auch sonst haben wir uns immer super vestanden. Meistens jedenfalls. Ein paar Geschwisterzankereien sind ja ganz normal 😉
Wir sind zusammen auf Freizeiten gefahren und waren auch in dem Sommerferien immer zusammen im Zeltlager.

Mein Bruder ist anderthalb Jahre älter als ich. Ich bin jetzt letzten Monat 17 geworden und er wird im Mai 19. Vom Alter her verstehen wir uns also eigentlich super.

Ich hab eigentlich nichts gegen meinen Bruder. Ich bin sogar eigentlich ziemlich stolz auf ihn. Er ist super nett, gut in der Schule, charmant und ich habe das Gefühl er schafft alles was er sich vornimmt. Alle lieben ihn weil er immer total hilfsbereit und fleißig ist.

Wir sind auf der gleichen Schule und beide in der Schülervertretung. Aber auch außerhalb der Schule sind wir in vielen Gruppen zusammen. Wir sind in der selben Jugendgruppe, in der selben Jugendband. Wir sind beide ehrenamtliche Helfer bei uns in der Gemeinde in der Kinder und Jugendarbeit und auch in den Sommerferien sind wir beide Teamer in eben diesem Zeltlager in dem wir früher Teilnehmer waren.

Da wir uns ziemlich ähnlich sehen, erkennt man halt sofort, dass wir verwandt sind. Ich werde auch oft mit meinem Bruder verglichen und auch wenn ich das niemals zugeben würde, bin ich sehr stolz darauf. Mein Bruder war für mich immer mein Idol, bzw. ist es auch heute noch teilweise.

Doch mittlerweile verhält sich mein Bruder anders. Wenn er beispielsweise von Lehrern gefragt wird, ob er nicht eine Schwester in der elften Klasse hätte, behauptet er, er sei Einzelkind. Ich scheine ihm irgendwie lästig oder peinlich zu sein. Und das macht mich traurig, weil ich eigentlich dachte, dass wir ein gutes Team sein könnten.

Was mich aber besonders ärgert ist, dass meine Freunde meinen ich hätte meine guten Noten nur, weil meine Lehrer meinen Bruder so toll finden und das ich nur deshalb gute Noten hätte und das finde ich unfair. Es macht mich wütend, dass ich so reduziert werde, obwohl es meine eigene Leistung war. Ich meine, mein Bruder kann ja eigentlich nichts dafür, aber ich bin trotzdem wütend auf ihn. Er ist immer nett und gelassen, egal in welcher Situation und ich bin halt so das genaue Gegenteil. Ich habe irgendwie ein Problem mit anderen Menschen aber das ist ein anderes Thema.

Ich habe immer zu meinem Bruder aufgesehen und jetzt tut er so als ob es mich nicht geben würde. Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Wäre echt schön, wenn mir jemand ein paar Tipps geben könnte. Dazu müsst ihr aber wissen, dass ich einen sehr großen Stolz habe und es mir echt schwer fällt über meinen Schatten zu springen. Deshalb habe ich mich auch nie gegen diese verleumdung gewehrt. Doch ich möchte das eigentlich nicht und deshalb bin ich jetzt bereit mir Hilfe zu suchen.

Danke schon mal für eure Antworten.
Sein oder nicht sein.

Liebe Sein oder Nicht Sein,

ihr seid in einer Phase, in der Ihr Euch beide entwickelt. Anscheinend etwas auseinander. Distanz - auch unter sich liebenden Geschwistern - ist durchaus gesund, wenn es der Selbstfindung dient. Ich wette, in 10 Jahren ist jede Differenz vergessen. Und wenn eine Differenz, eine blöde Bemerkung, doch noch in Erinnerung sein sollte, so werdet Ihr beide dann rückblickend sagen: "Das war aber eine blöde Bemerkung" und Ihr werdet beide darüber lachen können.

Meine Empfehlung: Mach Dein Ding, egal ob jemand meint, dass Du den Erfolg Deinem Bruder zu verdanken hättest. Was soll's? Willst Du mit solchen Neidern diskutieren?

Bleib einfach cool und gelassen, auch wenn Dein Bruder sich von Dir weg entwickeln sollte. Es wird auch wieder die Zeit kommen, wo Ihr Euch wieder näher kommt. Garantiert!

LG, Nordrheiner

Hallo Nordrheiner,

wahrscheinlich hast du recht. Ich fühle mich von ihm halt nur ziemlich abgeschrieben, aber ich brauch wohl einfach etwas Geduld. Vielen Dank für die aufbauenden Worte

Sein oder nicht sein

Hallo Seinodernichtsein,
Das klingt schmerzhaft. Ich kann mir gut vorstellen, wie sich das anfühlt....weil es solche Dinge auch bei Eltern gibt. Als meine Tochter 16 war, waren meine Frau und ich ihr zeitweise so peinlich, dass sie sogar ignorierte, wenn sie uns ins Begleitung ihrer Freunde auf der Straße traf. Das war schon hart! Ich weiß von anderen Eltern, dass sie das Gleiche erlebt haben in der Pubertät ihrer Kinder. Offenbar hat es nun doch als Schwester getroffen. Kleiner Trost: dein Bruder wird auch von diesem Peinlichkeitsvirus betroffen sein, aber dass er sich dieses Verhalten bei dir traut, zeigt auch, dass er keine Angst hat, dich dadurch zu verlieren. Die Bindung ist stark. Warte ab und laufe ihm nicht hinterher. Er soll wissen, dass du sauer und traurig bist über sein Verhalten.

Hallo,

Als ich in die Pubertät kam, war mir meine gesamte Familie auch Totpeinlich, ich glaube, ich hätte die beste Familie der Welt haben können, ich wäre trotzdem jedes Mal vor Scham im Boden versunken - im Nachhinein kann ich das nicht mehr so extrem nachvollziehen.
Das wird sich legen, auch wenn es erstmal ganz furchtbar für dich ist.

Vielen Dank für die Antworten.
Ich werde jetzt ersteinmal abwarten und versuchen mit meinem Bruder zu reden.
Vielleicht finden wir ja eine Lösung.
Sein oder nicht sein