G
Gast
Gast
Hallo,
ich weiß eigentlich selbst nicht so recht, was ich mir hiervon verspreche, möchte es aber einfach mal versuchen und euch um eure Meinung zu meinen Gedanken und meiner Situation bitten.
Ich bin 26 Jahre alt, weiblich und Studentin. Ich werfe euch alles nun mal relativ ungeordnet vor die Füße, weil mir irgendwie die gedankliche Kohärenz fehlt, um einen zusammenhängenden Text zu verfassen:
- Ich habe noch keinen Studienabschluss (werde aber nächstes Semester zwei Bachelorabschlüsse machen, in einem geisteswissenschaftlichem und in einem sozialwissenschaftlichem Fach - habe vor, ebenfalls im Anschluss zwei Masterabschlüsse zu erreichen). Ich bin nach der 4. Klasse nicht auf's Gymnasium gekommen, weil meine Mutter damals der Ansicht war, ich sei zu faul zum Lernen (habe damals relativ ungern Hausaufgaben gemacht). Den erforderlichen Notendurchschnitt hätte ich gehabt.
Bin damals aufgrund von Zerwürfnissen mit meiner Mutter (die psychische Probleme hat) zu meinem Vater gezogen, der die Empfehlung meiner Mutter übernahm. Insofern bin ich auf der Realschule gelandet. Ich bin da relativ ohne große Anstrengungen durchgekommen, hatte gute Noten (nie außerordentlich gut, keine reine 1er-Schülerin, aber doch immer recht gut). Nach der 8. Klasse fragte man mich vonseiten der Lehrer, ob ich auf's Gymnasium wechseln wolle. Da ich in der Schule stark gemobbt wurde und kaum Freunde hatte, habe ich mich aus diesem Grund nicht getraut und dagegen entschieden.
Ich habe also meinen Realschulabschluss gemacht, und wollte danach eigentlich sofort mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachholen. Mein Vater hat mir gesagt, er würde das so nicht unterstützen, ich sei ja nur zu faul zum Arbeiten, und müsse dann neben der Schule arbeiten / für mich selbst aufkommen, würde kein Taschengeld mehr bekommen, wenn ich weiter zur Schule gehe. Das habe ich mir nicht zugetraut, und so habe ich mich dazu entschlossen, eine Ausbildung zu beginnen. Nach zwei Ausbildungsjahren war ich aufgrund von erneutem Mobbing unter den Auszubildenden und den anspruchslosen Tätigkeiten derart depressiv, dass ich die Ausbildung auf eigene Faust abgebrochen und mich um mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gekümmert habe. Dieses habe ich dann auch gemacht.
Ich habe danach begonnen, ein anderes Studienfach zu studieren als die zwei Studiengänge, die ich heute absolviere. Nach zwei Semestern habe ich gewechselt. Ich komme aus einer Familie ohne akademischen Hintergrund und wusste vor dem Studium gar nicht, dass die zwei Studienfächer, die ich heute studiere, überhaupt existieren, bzw. was das überhaupt ist. Mein Studienfach zu Beginn meines Studiums war eher so ein Rückgriff auf berufliche Sicherheit und ein Kompromiss hinsichtlich meiner Interessen. Ich hatte schlichtweg keinen Namen für die Dinge, die mich interessieren und dachte, es gäbe nichts anderes als das, was ich anfangs studieren wollte. Daher der Sinneswandel. Seither bin ich aber sehr, sehr glücklich mit meinem Studium, ich habe herausragende Noten (fast nur 1en) und erhalte viele positive Rückmeldungen.
- Meine Eltern haben sich 1997 in einer Schlammschacht scheiden lassen. Viel wurde auf dem Rücken von uns Kindern ausgetragen. Mein Vater projiziert noch heute ab und an seinen Hass auf meine psychisch kranke Mutter auf mich, dann heißt es: "Du bist genauso krank wie deine Mutter!" - es ist aber weniger geworden. Dennoch habe ich "Du bist krank" oder "Du bist genauso krank wie deine Mutter" bei nahezu jedem Konflikt in den letzten 16 Jahren immer wieder gehört. Ich höre generell oft, dass ich "gestört" sei, auch von anderen Menschen. Oft verhalte ich mich ja auch unmöglich. Aus meiner eigenen Unzufriedenheit heraus blaffe ich dann vollkommen Unschuldige an, fühle mich angegriffen, bin unfreundlich - ich kann teilweise schon verstehen, warum man mich so nennt, kann mein Verhalten gleichzeitig auch reflektieren. Dementsprechend habe ich mich hier schon extrem verändert, stark an mir gearbeitet. Dennoch bin ich ab und an noch immer total unzufrieden und lasse es meine Umwelt wissen. Dass das blöd ist, weiß ich selbst. Ich weiß nur manchmal einfach keinen anderen Weg, als derart destruktiv mit meiner eigenen Unzufriedenheit umzugehen.
- Meine Eltern unterstützen mich finanziell. Sie haben mich immer finanziell unterstützt. Ich schätze das sehr und halte es nicht für selbstverständlich. Emotionale Unterstützung fehlt mir aber. Ich weiß, dass ich inzwischen in einem Alter bin, in dem ich diese eigentlich nicht mehr brauchen sollte. Da ich sie aber nie bekommen habe, fehlt sie mir trotzdem. Ich fühl mich oft auch, gerade im akademischen Bereich und im Bereich meiner kulturellen Interessen, total allein. Meine Mutter ist ein wenig kulturell intressiert, ich habe aber eigentlich keinen Kontakt zu ihr (2-3 Mal im Jahr, schon seit ca. 10 Jahren - sie hat sich nach meinem Umzug damals nach der 4. Klasse nicht mehr für mich interessiert). Ich habe oft versucht, auf sie zuzugehen. Aufgrund ihrer psychischen Probleme kann sie das allerdings nicht aushalten, ein offenes Gespräch ist nicht möglich und der Kontakt reißt nach vorsichtiger Anbahnung immer wieder ab. Habe wenig Lust, mich damit weiter auseinanderzusetzen, um ehrlich zu sein.
Dennoch hätte ich gern irgendwie jemand, der mich da ein bisschen führt, der mir Mut für mein Studium macht, mit dem ich über Bücher oder Filme sprechen, in Museen, in Ausstellungen gehen kann. Ich weiß, dafür kann ich mir ebenfalls Freunde mit ähnlichen Interessen suchen. Ich habe sogar solche Freunde. Ich hätte aber lieber so eine Art Mentor/Mentorin. Keinen Ersatzpapa oder -mama, ich habe ja Eltern. Aber einfach eine ältere Person mit mehr Lebenserfahrung, die sich mir ein bisschen annimmt in den Punkten, über die ich nicht mit meinen Eltern sprechen kann, weil letztere einfach einen komplett anderen Lebenshintergrund haben (mein Vater hat wieder geheiratet und ich betrachte meine Stiefmutter als meine Mutter). Das ist total bescheuert, ich weiß - los, ohrfeigt mich verbal. Das ist auch total kindisch, ich weiß - erzählt mir ruhig, dass man eine 26-Jährige nicht mehr an die Hand nehmen muss. Ich weiß all das. Das verändert aber nichts an meinem Gefühl und an meinem Wunsch. Wenn es so einfach wäre, das Problem loszuwerden, indem man darüber Bescheid WEISS, hätte ich es wahrscheinlich nicht... :/
- Ich habe wenige Freunde. Die Freunde, die ich habe, sind gute Freunde, leben aber leider nicht vor Ort. Ansonsten habe ich viele lose Bekanntschaften, mit denen ich ab und an etwas unternehme, ist aber auch nichts Festes. Ich bin kein so extrovertierter Mensch. Das ist im Prinzip okay so, wie es ist. Ich fühl mich trotzdem relativ oft einsam.
Ich habe keinen Partner. Ich mag mich selbst nicht leiden, genüge meinen eigenen Ansprüchen nicht. Damit ist es relativ schwer, einen Partner zu finden. Ich gehe auch selten abends raus oder weg. Da ich so viel mit mir selbst beschäftigt bin, weiß ich auch nicht, ob ich wirklich eine Partnerschaft möchte. Manchmal sehne ich mich danach. Aber die meiste Zeit über bin ich mit dem Status Quo ganz zufrieden.
Das ist generell so ein Problem meinerseits - mit dem "Status Quo" zufrieden zu sein. Mein Leben ist nicht schlecht, es läuft, ich bin gut in der Uni, und ich habe einen unfassbar langweiligen Studentenjob, in dem ich dennoch vergleichsweise sehr, sehr gut verdiene. Ich habe Hobbys, ich bin beschäftigt. Es läuft. Aber: es ist so unglaublich langweilig. Und ich hab nicht so wirklich viel Plan, wo ich nach dem Studium einmal hin soll.
- Ich würde gerne in der Wissenschaft arbeiten. Ich würde gerne im Ausland promovieren, in den USA. Das Problem ist: ich weiß nicht, wie ich das genau finanzieren soll, falls es in den USA keine bezahlten Promotionsstellen gibt, und ich trau mir selbst fast nichts zu. Ich habe immer Angst, dass ich nicht klug genug, dass ich zu dumm bin, dass ich nichts kann, dass ich zu wenig engagiert bin. Ich habe kaum Selbstbewusstsein. Aufgrund meiner Körpergröße, meinem zierlichen Körperbau und meiner großen Augen (Kindchenschema) werde ich oft so als das niedliche, kleine Mädchen behandelt. Ich habe mich in dieser Rolle ganz gut eingelebt, rede oftmals schon so. Dabei bin ich, wenn ich selbstsicher bin, eigentlich recht eloquent.
Ich könnte natürlich auch einfach in Deutschland promovieren, und nach der Promotion in die USA gehen. Promotionsstellen sind aber rar, am besten bekommt man die durch Beziehungen oder viel Eigeninitiative. In Beziehungen - nun ja, ich stehe in Gruppen oft außerhalb. Nicht, weil mich niemand leiden mag, sondern weil ich mich einfach so wenig einbringe. Eigeninitaitve - ich trau mir so wenig zu. Ich trau mich aktuell nicht einmal, meiner BA-Betreuerin meine Ideen für meine Bachelorarbeit zu schicken, weil ich Angst habe, dass sie die doof findet. Und dass sie mich dumm oder unwissenschaftlich, unprofessionell findet. Das ist total blöd, weil Leute, die viel inkompetenter und leistungstechnisch schlechter sind als ich, einfach ihren Mund aufmachen und rausblöken, was ihnen in den Sinn kommt. Die kommen aufgrund ihres insgesamten Auftretens damit oft gar nicht mal so schlecht an. Die können ihr Blöken dann einfach so gut verkaufen, dass die Leute das gut finden. Ich weiß, dass solche Leute gerade in der Wissenschaft niemals zur Exzellenz der Leistungselite werden. Die Promotionsstelle bekommen sie damit allerdings trotzdem.
Eigenitiative - immer, wenn ich Eigeninitative ergriffen habe, habe ich wenig Rückmeldung bekommen. Ich glaub, ich bin so ein Mensch, mit dem sich einfach niemand abgeben mag. Ich glaube nicht, dass letzteres an meiner Unzufriedenheit liegt, die ich ab und an nach außen trage (denn ich rede hier von Menschen, bei denen ich mich nicht derart daneben benommen habe, die mich so also nicht kennen). Vielleicht bin ich aber auch wirklich weniger gut als ich denke. Vielleicht bin ich wirklich dumm. Keine Ahnung.
- Ich scheitere meist an meinem eigenen Anspruch. Ich bin unglaublich perfektionistisch. Ich sehe nicht schlecht aus, bin ganz hübsch, habe aber nicht so gute Haut - dementsprechend kann ich mein Aussehen nicht leiden. Ich habe schon Hausarbeiten nicht geschrieben, weil ich Angst hatte, dass das Resultat schlecht sein würde. Wieder: weil ich mir nicht zutraue, meinen eigenen Anspruch zu erfüllen. Hmm. Ich habe einfach Angst, dass ich gar nichts kann, dabei wäre ich so gerne richtig gut. Leistungstechnisch bin ich in der Uni ja sogar "richtig gut". Das ändert aber nichts an meinem Gefühl. Und ja, ich weiß, dass durchschnittliche Leistungen besser sind als gar keine Leistungen (die ungeschriebene Hausarbeit, die ungeschriebenen Ideen für die Bachelorarbeit) - und dass auch durchschnittliche Leistungen gewürdigt werden müssen. Ich will niemanden angreifen. Ich hab nur einfach Angst, dass ich der größte Vollidiot der Welt bin, dass mich alle doof finden. So wie mich ja schon oft "alle" doof gefunden haben (in der Schule, in der Ausbildung)...
Meine Ansprüche senken, das möchte ich nicht. Ich glaube auch nicht, dass das die optimale Lösung meiner Probleme ist. Ich denke nicht, dass es schlecht ist, hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen. Schlecht ist nur, wenn dies hemmt, dass man überhaupt irgendetwas zustande bringt...
- Ich finde mein Leben langweilig, doof und mich selbst ebenfalls langweilig und doof. Ich wäre gern jemand anderes. Irgendwer Hübsches, Erfolgreiches, Liebenswürdiges. Es gibt ja so Menschen, die irgendwie (von außen betrachtet) alles können, denen (von außen betrachtet) alles gelingt, die (von außen betrachtet) jeder gut leiden kann. Ich wäre gerne so jemand. Oder ich würde gerne ganz neu anfangen, nochmal in die 4. Klasse gehen, und dann alles "richtig" machen. Ich wäre gerne liebenswert.
Ich weiß, jeder ist liebenswert. Ganz unabhängig seiner Leistung und dessen, was er im Leben erreicht hat. Das stimmt. Das sehe ich auch so. Das braucht ihr mir nicht zu erzählen. Ich fühl mich aber trotzdem nicht liebenswert. Ich finde mich selber richtig doof, und weiß nicht, wie ich damit umgehen kann. Ich habe schon öfter versucht, mir professionelle Hilfe zu holen. Mit der Stigamtisierung psychischer Krankheiten in meinem eigenen Elternhaus ("der, der psychisch krank ist, ist doof und nicht ernstzunehmend") kann ich die aber nur sehr schlecht annehmen. Wenn ich mal versucht habe, mir professionelle Hilfe zu holen, ging das irgendwie nach hinten los. Meist hatte ich keinen guten Draht zum Berater. Bei einer Beratungsstelle hat man mir nur angeraten, eine Therapie zu beginnen. Ich weiß, dass ich da vermutlich auch einfach so zum Reden hinkommen könnte, wenn ich nur darum bitten würde. Ich hab aber auch irgendwie keine Lust auf professionelle Menschen. Ich denke nicht wirklich, dass das meine Probleme löst. Und ich hab auch keine Lust, mich selbst zu stigmatisieren (meinem Gefühl nach). Außerdem halte ich generell nicht so viel vom aktuellen Umgang der Gesellschaft mit psychischen Erkrankungen, in jeglicher Hinsicht (auch innerhalb des psychiatrischen und sozialpädagogischem Kontextes). Ich weiß, dass es sehr viele Menschen gab, die froh waren, dass es diesen psychiatrischen und sozialpädagogischen Kontext gibt, und dieses Gefühl steht diesen Menschen zu. Ich freue mich für diese Menschen, und ich bin froh, dass es Menschen gibt, die anderen Menschen helfen wollen. Allerdings sehe ich mich da nirgendwo dazwischen, ich gehöre da nicht hin (nicht nur aufgrund der Stigamtisierung psychischer Erkrankungen aus dem Elternhaus, sondern auch aufgrund meiner wissenschaftlichen Ansicht zum Umgang, die ich hier nicht weiter ausführen möchte, passt nicht in meinen Thread).
Ich weiß nicht, was ich brauche. Eine Therapie ist es aber nicht. Bitte schlagt mir keine Therapie vor - und bitte auch nicht "Die Wahrheit möchtest du ja nicht hören". Am Ende ist "die Wahrheit" ja auch nur DEINE Meinung. Die dann zwar wahr ist, weil du sie mir wahr gesagt hast, aber die Realität der Welt wird daraus ja trotzdem nicht. Es ist nur deine wahre Wahrnehmung... wenn du verstehst, was ich meine. Ob deine wahre Warhnehmung nun die Weltrealität der Weltrealitäten darstellt, ist die andere Frage. Meine eigene tut das sicherlich nicht.
- Ich wünsche Vorschläge dazu, wie ich SELBST meine Situation ändern kann. Wie ich SELBST mit meiner Situation umgehen soll. Und ich brauche außerhalb des "Du bist krank, geh in Therapie"-Todschlagarguments Meinungen, was ihr von meinen Gedanken so haltet.
Puh. Ja. Ich bin gespannt auf eure Antworten.
- ein Gast
ich weiß eigentlich selbst nicht so recht, was ich mir hiervon verspreche, möchte es aber einfach mal versuchen und euch um eure Meinung zu meinen Gedanken und meiner Situation bitten.
Ich bin 26 Jahre alt, weiblich und Studentin. Ich werfe euch alles nun mal relativ ungeordnet vor die Füße, weil mir irgendwie die gedankliche Kohärenz fehlt, um einen zusammenhängenden Text zu verfassen:
- Ich habe noch keinen Studienabschluss (werde aber nächstes Semester zwei Bachelorabschlüsse machen, in einem geisteswissenschaftlichem und in einem sozialwissenschaftlichem Fach - habe vor, ebenfalls im Anschluss zwei Masterabschlüsse zu erreichen). Ich bin nach der 4. Klasse nicht auf's Gymnasium gekommen, weil meine Mutter damals der Ansicht war, ich sei zu faul zum Lernen (habe damals relativ ungern Hausaufgaben gemacht). Den erforderlichen Notendurchschnitt hätte ich gehabt.
Bin damals aufgrund von Zerwürfnissen mit meiner Mutter (die psychische Probleme hat) zu meinem Vater gezogen, der die Empfehlung meiner Mutter übernahm. Insofern bin ich auf der Realschule gelandet. Ich bin da relativ ohne große Anstrengungen durchgekommen, hatte gute Noten (nie außerordentlich gut, keine reine 1er-Schülerin, aber doch immer recht gut). Nach der 8. Klasse fragte man mich vonseiten der Lehrer, ob ich auf's Gymnasium wechseln wolle. Da ich in der Schule stark gemobbt wurde und kaum Freunde hatte, habe ich mich aus diesem Grund nicht getraut und dagegen entschieden.
Ich habe also meinen Realschulabschluss gemacht, und wollte danach eigentlich sofort mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachholen. Mein Vater hat mir gesagt, er würde das so nicht unterstützen, ich sei ja nur zu faul zum Arbeiten, und müsse dann neben der Schule arbeiten / für mich selbst aufkommen, würde kein Taschengeld mehr bekommen, wenn ich weiter zur Schule gehe. Das habe ich mir nicht zugetraut, und so habe ich mich dazu entschlossen, eine Ausbildung zu beginnen. Nach zwei Ausbildungsjahren war ich aufgrund von erneutem Mobbing unter den Auszubildenden und den anspruchslosen Tätigkeiten derart depressiv, dass ich die Ausbildung auf eigene Faust abgebrochen und mich um mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gekümmert habe. Dieses habe ich dann auch gemacht.
Ich habe danach begonnen, ein anderes Studienfach zu studieren als die zwei Studiengänge, die ich heute absolviere. Nach zwei Semestern habe ich gewechselt. Ich komme aus einer Familie ohne akademischen Hintergrund und wusste vor dem Studium gar nicht, dass die zwei Studienfächer, die ich heute studiere, überhaupt existieren, bzw. was das überhaupt ist. Mein Studienfach zu Beginn meines Studiums war eher so ein Rückgriff auf berufliche Sicherheit und ein Kompromiss hinsichtlich meiner Interessen. Ich hatte schlichtweg keinen Namen für die Dinge, die mich interessieren und dachte, es gäbe nichts anderes als das, was ich anfangs studieren wollte. Daher der Sinneswandel. Seither bin ich aber sehr, sehr glücklich mit meinem Studium, ich habe herausragende Noten (fast nur 1en) und erhalte viele positive Rückmeldungen.
- Meine Eltern haben sich 1997 in einer Schlammschacht scheiden lassen. Viel wurde auf dem Rücken von uns Kindern ausgetragen. Mein Vater projiziert noch heute ab und an seinen Hass auf meine psychisch kranke Mutter auf mich, dann heißt es: "Du bist genauso krank wie deine Mutter!" - es ist aber weniger geworden. Dennoch habe ich "Du bist krank" oder "Du bist genauso krank wie deine Mutter" bei nahezu jedem Konflikt in den letzten 16 Jahren immer wieder gehört. Ich höre generell oft, dass ich "gestört" sei, auch von anderen Menschen. Oft verhalte ich mich ja auch unmöglich. Aus meiner eigenen Unzufriedenheit heraus blaffe ich dann vollkommen Unschuldige an, fühle mich angegriffen, bin unfreundlich - ich kann teilweise schon verstehen, warum man mich so nennt, kann mein Verhalten gleichzeitig auch reflektieren. Dementsprechend habe ich mich hier schon extrem verändert, stark an mir gearbeitet. Dennoch bin ich ab und an noch immer total unzufrieden und lasse es meine Umwelt wissen. Dass das blöd ist, weiß ich selbst. Ich weiß nur manchmal einfach keinen anderen Weg, als derart destruktiv mit meiner eigenen Unzufriedenheit umzugehen.
- Meine Eltern unterstützen mich finanziell. Sie haben mich immer finanziell unterstützt. Ich schätze das sehr und halte es nicht für selbstverständlich. Emotionale Unterstützung fehlt mir aber. Ich weiß, dass ich inzwischen in einem Alter bin, in dem ich diese eigentlich nicht mehr brauchen sollte. Da ich sie aber nie bekommen habe, fehlt sie mir trotzdem. Ich fühl mich oft auch, gerade im akademischen Bereich und im Bereich meiner kulturellen Interessen, total allein. Meine Mutter ist ein wenig kulturell intressiert, ich habe aber eigentlich keinen Kontakt zu ihr (2-3 Mal im Jahr, schon seit ca. 10 Jahren - sie hat sich nach meinem Umzug damals nach der 4. Klasse nicht mehr für mich interessiert). Ich habe oft versucht, auf sie zuzugehen. Aufgrund ihrer psychischen Probleme kann sie das allerdings nicht aushalten, ein offenes Gespräch ist nicht möglich und der Kontakt reißt nach vorsichtiger Anbahnung immer wieder ab. Habe wenig Lust, mich damit weiter auseinanderzusetzen, um ehrlich zu sein.
Dennoch hätte ich gern irgendwie jemand, der mich da ein bisschen führt, der mir Mut für mein Studium macht, mit dem ich über Bücher oder Filme sprechen, in Museen, in Ausstellungen gehen kann. Ich weiß, dafür kann ich mir ebenfalls Freunde mit ähnlichen Interessen suchen. Ich habe sogar solche Freunde. Ich hätte aber lieber so eine Art Mentor/Mentorin. Keinen Ersatzpapa oder -mama, ich habe ja Eltern. Aber einfach eine ältere Person mit mehr Lebenserfahrung, die sich mir ein bisschen annimmt in den Punkten, über die ich nicht mit meinen Eltern sprechen kann, weil letztere einfach einen komplett anderen Lebenshintergrund haben (mein Vater hat wieder geheiratet und ich betrachte meine Stiefmutter als meine Mutter). Das ist total bescheuert, ich weiß - los, ohrfeigt mich verbal. Das ist auch total kindisch, ich weiß - erzählt mir ruhig, dass man eine 26-Jährige nicht mehr an die Hand nehmen muss. Ich weiß all das. Das verändert aber nichts an meinem Gefühl und an meinem Wunsch. Wenn es so einfach wäre, das Problem loszuwerden, indem man darüber Bescheid WEISS, hätte ich es wahrscheinlich nicht... :/
- Ich habe wenige Freunde. Die Freunde, die ich habe, sind gute Freunde, leben aber leider nicht vor Ort. Ansonsten habe ich viele lose Bekanntschaften, mit denen ich ab und an etwas unternehme, ist aber auch nichts Festes. Ich bin kein so extrovertierter Mensch. Das ist im Prinzip okay so, wie es ist. Ich fühl mich trotzdem relativ oft einsam.
Ich habe keinen Partner. Ich mag mich selbst nicht leiden, genüge meinen eigenen Ansprüchen nicht. Damit ist es relativ schwer, einen Partner zu finden. Ich gehe auch selten abends raus oder weg. Da ich so viel mit mir selbst beschäftigt bin, weiß ich auch nicht, ob ich wirklich eine Partnerschaft möchte. Manchmal sehne ich mich danach. Aber die meiste Zeit über bin ich mit dem Status Quo ganz zufrieden.
Das ist generell so ein Problem meinerseits - mit dem "Status Quo" zufrieden zu sein. Mein Leben ist nicht schlecht, es läuft, ich bin gut in der Uni, und ich habe einen unfassbar langweiligen Studentenjob, in dem ich dennoch vergleichsweise sehr, sehr gut verdiene. Ich habe Hobbys, ich bin beschäftigt. Es läuft. Aber: es ist so unglaublich langweilig. Und ich hab nicht so wirklich viel Plan, wo ich nach dem Studium einmal hin soll.
- Ich würde gerne in der Wissenschaft arbeiten. Ich würde gerne im Ausland promovieren, in den USA. Das Problem ist: ich weiß nicht, wie ich das genau finanzieren soll, falls es in den USA keine bezahlten Promotionsstellen gibt, und ich trau mir selbst fast nichts zu. Ich habe immer Angst, dass ich nicht klug genug, dass ich zu dumm bin, dass ich nichts kann, dass ich zu wenig engagiert bin. Ich habe kaum Selbstbewusstsein. Aufgrund meiner Körpergröße, meinem zierlichen Körperbau und meiner großen Augen (Kindchenschema) werde ich oft so als das niedliche, kleine Mädchen behandelt. Ich habe mich in dieser Rolle ganz gut eingelebt, rede oftmals schon so. Dabei bin ich, wenn ich selbstsicher bin, eigentlich recht eloquent.
Ich könnte natürlich auch einfach in Deutschland promovieren, und nach der Promotion in die USA gehen. Promotionsstellen sind aber rar, am besten bekommt man die durch Beziehungen oder viel Eigeninitiative. In Beziehungen - nun ja, ich stehe in Gruppen oft außerhalb. Nicht, weil mich niemand leiden mag, sondern weil ich mich einfach so wenig einbringe. Eigeninitaitve - ich trau mir so wenig zu. Ich trau mich aktuell nicht einmal, meiner BA-Betreuerin meine Ideen für meine Bachelorarbeit zu schicken, weil ich Angst habe, dass sie die doof findet. Und dass sie mich dumm oder unwissenschaftlich, unprofessionell findet. Das ist total blöd, weil Leute, die viel inkompetenter und leistungstechnisch schlechter sind als ich, einfach ihren Mund aufmachen und rausblöken, was ihnen in den Sinn kommt. Die kommen aufgrund ihres insgesamten Auftretens damit oft gar nicht mal so schlecht an. Die können ihr Blöken dann einfach so gut verkaufen, dass die Leute das gut finden. Ich weiß, dass solche Leute gerade in der Wissenschaft niemals zur Exzellenz der Leistungselite werden. Die Promotionsstelle bekommen sie damit allerdings trotzdem.
Eigenitiative - immer, wenn ich Eigeninitative ergriffen habe, habe ich wenig Rückmeldung bekommen. Ich glaub, ich bin so ein Mensch, mit dem sich einfach niemand abgeben mag. Ich glaube nicht, dass letzteres an meiner Unzufriedenheit liegt, die ich ab und an nach außen trage (denn ich rede hier von Menschen, bei denen ich mich nicht derart daneben benommen habe, die mich so also nicht kennen). Vielleicht bin ich aber auch wirklich weniger gut als ich denke. Vielleicht bin ich wirklich dumm. Keine Ahnung.
- Ich scheitere meist an meinem eigenen Anspruch. Ich bin unglaublich perfektionistisch. Ich sehe nicht schlecht aus, bin ganz hübsch, habe aber nicht so gute Haut - dementsprechend kann ich mein Aussehen nicht leiden. Ich habe schon Hausarbeiten nicht geschrieben, weil ich Angst hatte, dass das Resultat schlecht sein würde. Wieder: weil ich mir nicht zutraue, meinen eigenen Anspruch zu erfüllen. Hmm. Ich habe einfach Angst, dass ich gar nichts kann, dabei wäre ich so gerne richtig gut. Leistungstechnisch bin ich in der Uni ja sogar "richtig gut". Das ändert aber nichts an meinem Gefühl. Und ja, ich weiß, dass durchschnittliche Leistungen besser sind als gar keine Leistungen (die ungeschriebene Hausarbeit, die ungeschriebenen Ideen für die Bachelorarbeit) - und dass auch durchschnittliche Leistungen gewürdigt werden müssen. Ich will niemanden angreifen. Ich hab nur einfach Angst, dass ich der größte Vollidiot der Welt bin, dass mich alle doof finden. So wie mich ja schon oft "alle" doof gefunden haben (in der Schule, in der Ausbildung)...
Meine Ansprüche senken, das möchte ich nicht. Ich glaube auch nicht, dass das die optimale Lösung meiner Probleme ist. Ich denke nicht, dass es schlecht ist, hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen. Schlecht ist nur, wenn dies hemmt, dass man überhaupt irgendetwas zustande bringt...
- Ich finde mein Leben langweilig, doof und mich selbst ebenfalls langweilig und doof. Ich wäre gern jemand anderes. Irgendwer Hübsches, Erfolgreiches, Liebenswürdiges. Es gibt ja so Menschen, die irgendwie (von außen betrachtet) alles können, denen (von außen betrachtet) alles gelingt, die (von außen betrachtet) jeder gut leiden kann. Ich wäre gerne so jemand. Oder ich würde gerne ganz neu anfangen, nochmal in die 4. Klasse gehen, und dann alles "richtig" machen. Ich wäre gerne liebenswert.
Ich weiß, jeder ist liebenswert. Ganz unabhängig seiner Leistung und dessen, was er im Leben erreicht hat. Das stimmt. Das sehe ich auch so. Das braucht ihr mir nicht zu erzählen. Ich fühl mich aber trotzdem nicht liebenswert. Ich finde mich selber richtig doof, und weiß nicht, wie ich damit umgehen kann. Ich habe schon öfter versucht, mir professionelle Hilfe zu holen. Mit der Stigamtisierung psychischer Krankheiten in meinem eigenen Elternhaus ("der, der psychisch krank ist, ist doof und nicht ernstzunehmend") kann ich die aber nur sehr schlecht annehmen. Wenn ich mal versucht habe, mir professionelle Hilfe zu holen, ging das irgendwie nach hinten los. Meist hatte ich keinen guten Draht zum Berater. Bei einer Beratungsstelle hat man mir nur angeraten, eine Therapie zu beginnen. Ich weiß, dass ich da vermutlich auch einfach so zum Reden hinkommen könnte, wenn ich nur darum bitten würde. Ich hab aber auch irgendwie keine Lust auf professionelle Menschen. Ich denke nicht wirklich, dass das meine Probleme löst. Und ich hab auch keine Lust, mich selbst zu stigmatisieren (meinem Gefühl nach). Außerdem halte ich generell nicht so viel vom aktuellen Umgang der Gesellschaft mit psychischen Erkrankungen, in jeglicher Hinsicht (auch innerhalb des psychiatrischen und sozialpädagogischem Kontextes). Ich weiß, dass es sehr viele Menschen gab, die froh waren, dass es diesen psychiatrischen und sozialpädagogischen Kontext gibt, und dieses Gefühl steht diesen Menschen zu. Ich freue mich für diese Menschen, und ich bin froh, dass es Menschen gibt, die anderen Menschen helfen wollen. Allerdings sehe ich mich da nirgendwo dazwischen, ich gehöre da nicht hin (nicht nur aufgrund der Stigamtisierung psychischer Erkrankungen aus dem Elternhaus, sondern auch aufgrund meiner wissenschaftlichen Ansicht zum Umgang, die ich hier nicht weiter ausführen möchte, passt nicht in meinen Thread).
Ich weiß nicht, was ich brauche. Eine Therapie ist es aber nicht. Bitte schlagt mir keine Therapie vor - und bitte auch nicht "Die Wahrheit möchtest du ja nicht hören". Am Ende ist "die Wahrheit" ja auch nur DEINE Meinung. Die dann zwar wahr ist, weil du sie mir wahr gesagt hast, aber die Realität der Welt wird daraus ja trotzdem nicht. Es ist nur deine wahre Wahrnehmung... wenn du verstehst, was ich meine. Ob deine wahre Warhnehmung nun die Weltrealität der Weltrealitäten darstellt, ist die andere Frage. Meine eigene tut das sicherlich nicht.
- Ich wünsche Vorschläge dazu, wie ich SELBST meine Situation ändern kann. Wie ich SELBST mit meiner Situation umgehen soll. Und ich brauche außerhalb des "Du bist krank, geh in Therapie"-Todschlagarguments Meinungen, was ihr von meinen Gedanken so haltet.
Puh. Ja. Ich bin gespannt auf eure Antworten.
- ein Gast