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Meine Gute-Nacht-Geschichte

Trainee

Mitglied
Es ist früher Abend. An einem gewöhnlichen Wochentag. Ein Mann steht in der Straßenbahn. Er blickt um sich. Niemand sieht ihn an. Lauter gelangweilte Gesichter, aber nicht nur. Es sind auch Gesichter dabei, die erschöpft wirken. Der Mann ist selbst auch sehr erschöpft. Erschöpft und müde. Er klammert sich an eine Metallstange der Straßenbahn, damit er vor Entkräftung nicht umfällt. Die Stange fühlt sich kalt an. Eiskalt.
Ein paar Haltestellen weiter steigt der Mann aus. Er geht einige Meter, bis er das Mehrparteienhaus erreicht, in dem er seine Wohnung hat, in der er allein lebt. Er schließt auf. Ein Nachbar kommt ihm im Hausflur entgegen, blickt ihn mürrisch an. Sagt keinen Ton. Verschwindet irgendwohin. Der Mann weiß nicht, wohin. Aber es ist ihm auch egal. Er weiß ja nicht mal, wie der mürrische Nachbar heißt.

Der Mann schließt die Tür zu seiner Wohnung im zweiten Stock auf. Sorgfältig stellt er seine Aktentasche neben den Schreibtisch, auf dem sein Computer steht. Papierkram häuft sich darauf. Es sind Briefe. Briefe, in denen der Mann ausschließlich mit seinem Nachnamen angeschrieben wird und in denen formal und höflich um Geld gebeten wird, oder in denen angeblich lukrative Angebote unterbreitet werden. Der Mann interessiert sich nicht dafür. Die Briefe liegen dort schon seit Wochen.
Der Anrufbeantworter blinkt und zeigt eine „1“ an. Der Mann drückt auf Play. Erste Nachricht - Eine Frauenstimmte: „Entschuldigen Sie, aber könnten Sie in den nächsten Tagen bitte ihre Versicherung anrufen? Es geht um die neuen Konditionen ihres Vertrages. Dankeschön.Ende der Nachricht. Es liegen keine weiteren Nachrichten für sie vor.“ Der Mann seufzt leise und lässt sich auf sein Sofa fallen.

Nach einer Weile rafft er sich nochmal auf und geht zu seinem Schreibtisch, an seinen Computer. Den Computer macht er so gut wie nie aus. Er nutzt ihn nicht oft, aber es ist ihm einfach zu mühsam, ihn auszuschalten. Für ihn ist alles sehr mühsam geworden. Mechanisch ruft er seine e-Mails ab, obwohl er schon davor genau weiß, dass er keine neuen e-Mails bekommen hat. „Keine neuen Nachrichten“ steht neben einem verdrießlich drein blickenden Smiley. Der Mann drückt auf „Logout“.
Dann blickt er auf sein Handy. Außer einem Bild von einer weitläufigen, sommerlichen Wiese ist nichts darauf zu sehen.
Er fühlt keine Enttäuschung mehr dabei, wenn niemand an ihn denkt. Schon seit Wochen nicht mehr. Seit Monaten. Der Mann fühlt sich nur noch leer.
Er stöhnt leise und guckt nun zum Fenster hinaus. Eine Amsel sitzt draußen auf dem Ast. Sie scheint dem Mann direkt in die Augen zu blicken. Ein fast gleichgültiger Blick. Der Mann geht zum Fenster und öffnet es, um den unheimlichen Vogel zu verscheuchen. Draußen sind Hupen und Tröten zu hören. Er sieht Menschen vor dem Haus in Richtung Stadt ziehen. Es gibt offensichtlich etwas zu feiern. Er sieht auch ein junges Paar, wie sie Hand in Hand den Gehweg entlang laufen. Der Mann sieht ihnen lange nach. So lange, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden sind. Dann setzt er sich wieder und starrt auf den Bildschirm seines Computers. Das Hintergrundbild zeigt eine junge Frau und einen jungen Mann, dicht beieinander. Sie scheinen glücklich zu sein, blicken beide lächelnd in die Kamera. Die Augen des Mannes schimmern feucht.

Draußen geht die Sonne langsam unter. Die letzten Sonnenstrahlen spiegeln sich in der Fensterscheibe wider. Der Mann kann seinen Blick schließlich vom Bildschirm seines Computers lösen und sieht wieder zum Fenster. Sein Gesicht spiegelt sich darin. Sein Spiegelbild sieht ihn anklagend an. Er sieht eine ausgemergelte, blasse Gestalt. Tiefe Augenringe unter den feuchten Augen sowie heruntergezogene Mundwinkel betonen diese Blässe in gewisser Weise.
Der Mann beugt sich jetzt hinunter und holt mit zitternder Hand einen schweren Gegenstand aus seiner ordentlich platzierten Aktentasche. Sorgfältig prüft er Gewicht und Funktionstüchtigkeit des Gegenstandes. Er dreht langsam den Kopf und sieht noch einmal zu seinem Telefon. Nichts. Draußen verschwinden die letzten Sonnenstrahlen. Eine Träne rollt dem Mann über die Wange und tropft auf den kühlen Fließenboden. Dann noch eine. Der Mann hebt sich jetzt den Gegenstand an den Kopf und beugt langsam den Zeigefinger. Sein letzter Gedanke gilt der Frau auf dem Bildschirm.
Ihr Gesicht hat sich jetzt rot gefärbt.
 
M

Mangnolia

Gast
Warum sollte sie ausgerechnet dir etwas sagen wollen?

Stimmt, warum ausgerechnet mir? :rolleyes:


Manche hier werden sich in den Mann vlt. hinein versetzen können, andere eben nicht.
Gefallen muss sie dir nicht. .
Ich habe angenommen, du wolltest unsere Meinungen wissen, und das war halt meine!
Ein Missverständniss ...
 

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