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Missbrauch einer Krankschreibung zwecks Pflege von Angehörigen?

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Ich kenne eine Frau, die sich vor Jahren, als das Pflegezeitgesetz noch nicht galt, für mindestens drei oder vier Wochen hat krankschreiben lassen, um sich um ihre sterbenskranke Mutter kümmern zu können. Urlaub hat sie dafür nicht genommen.

Sie wohnte mit ihren Eltern im selben Haus, arbeitete sowieso nur halbtags. Der Arbeitsplatz war am selben kleinen Ort, der Weg zur Arbeit also nicht der Rede wert. Ein Pflegedienst kam mehrmals täglich, der alte Vater lebte auch noch und war zu der Zeit selber noch recht fit. Andere hilfsbereite Verwandte und ihre beste Freundin wohnten in derselben Straße. Einen Partner gab es auch. Sie war also mit der Situation nicht allein, hatte mehrere gute Gesprächspartner und brauchte auch nicht allein zu pflegen.

Ein bis zwei Wochen Urlaub hätten angesichts dessen wohl gereicht, um die Pflege zu organisieren und sich an die Situation zu gewöhnen. Mittags war sie aufgrund ihrer Teilzeit eh zu Hause. Hätte die Mutter vormittags dringend nach ihr verlangt, hätte sie zur Not sogar in Absprache mit ihrem Vorgesetzten ihre Arbeit kurz unterbrechen können; eine leitende Funktion hatte sie eh nicht. In Anbetracht der Situation hat auch ihr Arbeitgeber in der Phase nichts Übermenschliches von ihr verlangt, ihr z.B. keine zeitaufwändigen oder stressigen Sonderaufgaben übertragen.

Dass man anfangs, wenn man erfährt, dass die Mutter "austherapiert" ist und nur noch zum Sterben nach Hause kommt, so geschockt ist, dass man gar nicht arbeitsfähig ist, verstehe ich vollkommen. Dann entspricht eine Krankschreibung (für ca. eine Woche) ja auch der Wahrheit. Nicht aber, wenn dies dann über Wochen so weitergeht. Und schon gar nicht, wenn man, obwohl die Mutter nach wie vor noch lebt und es ihr naturgemäß immer schlechter geht, auf wundersame Weise die Arbeit wieder aufnehmen kann, je näher das Ende der Sechs-Wochen-Frist zur Entgeltfortzahlung rückt. Das ist meines Erachtens Betrug am Sozialversicherungssystem und den ehrlichen Beitragszahlern, die sich nur krankschreiben lassen, wenn und solange sie wirklich nicht arbeitsfähig sind.

Obendrein erzählte sie diese Dame nach dem Tod ihrer Mutter noch jedem, der es hören wollte, was sie alles mitgemacht hätte. Sie hätte ihre Mutter nicht nur gepflegt, sondern dabei auch noch gearbeitet. Dabei hatte sie diese Doppelbelastung aufgrund der oben beschriebenen Krankschreibung allenfalls vier oder fünf Wochen lang.

Ich kenne eine andere - alleinstehende! - Frau, die hat sich nicht nur insgesamt zwei Monate, sondern mehrere Jahre (!) intensiv um ihre alte und schwerkranke Mutter gekümmert. Alles neben einem anspruchsvollen Vollzeitjob. Nicht ein einziges Mal hat sie sich deswegen krankschreiben lassen. Sie hat Urlaub genommen bzw. Urlaubstage in Zeitguthaben umwandeln lassen, das dann der Mutter zugute kam. Teils machte sie Telearbeit, um in der Nähe der Mutter sein zu können, die in der Zeit von einer Polin betreut wurde. Nachdem die Mutter gestorben war, musste diese Frau erst einmal zur Kur fahren, da sie natürlich erschöpft von alledem war.

Haltet ihr es für gerechtfertigt, sich so zu verhalten wie die Frau in meinem ersten Beispiel?
 
Teils kann ich das Verhalten der ersten Frau verstehen, teils auch nicht. Wie du schreibst, hat sie sich zwar nicht krankschreiben lassen, um sich einen lauen Lenz zu machen, sondern um sich um die todkranke Mutter zu kümmern. Vielleicht musste sie auch den Schock verdauen. Aber ganz okay ist es trotzdem nicht. Wie dein zweites Beispiel zeigt, gibt es auch Frauen, die in so einer Situaton ehrlich sind und Urlaub opfern. Die erste Frau hat sich ihr Gehalt weiter zahlen lassen, obwohl sie hätte arbeiten können. Dass die Eltern eines Tages sterben, weiß man ja. Oder war die Mutter noch so jung, dass man damit nicht zu rechnen brauchte?

Insgesamt ist der Fall noch harmlos. Andere lassen sich krankschreiben und fahren mit dem dicksten Nerv in Urlaub. Offenbar hat auch der Arbeitgeber nichts gegen die Frau unternommen oder doch? So was spricht sich doch im Kollegenkreis rum, wenn die Eltern im Sterben liegen, da kann man doch dran riechen, wenn jemand sich dann plötzlich längere Zeit krank meldet....
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe gestern mit der Frau in dem 2. Fall gesprochen. Sie erzählte, wie oft sie von solchen Fällen wie dem von mir zuerst geschilderten hören würde und fände das nicht in Ordnung. Da fiel mir die Frau aus dem 1. Beispielsfall wieder ein... Ich habe vor Frauen wie der 2. jedenfalls mehr Hochachtung. Wenn man sich schon solche ungerechtfertigten Vorteile wie Frau 1 verschafft, sollte man nicht hinterher noch so tun, als ob man es von allen am schwersten gehabt hätte. Anderer Leute Eltern sterben auch.
 
Ich würde mir als Außenstehende kein Urteil darüber erlauben.
Warum tust Du das? Und das nach Jahren?
Glaubst Du, beurteilen zu können, wie sich Patienten und Familien nach solch einer Diagnose fühlen?
 
Ich bin schon ein wenig entsetzt das Du dieser Frau in einer schlimmen Situation ihre Krankschreibezeit nicht gegönnt hast und heute noch darauf rumreitest .
Ich bin darüber nicht entsetzt. Wir kennen die Umstände des Einzelfalls nicht wirklich. Weder im 1. noch im 2. Beispielsfall, noch von dem oder der TE selbst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen oft deswegen scheinbar kleinlich noch nach Jahren auf solchen Dingen herumreiten, weil sie selbst in einer vergleichbaren oder sogar belastenderen Situation weitaus weniger Verständnis, Unterstützung, Privilegien erfahren haben. Oder aber, weil sie insgesamt betrachtet, eindeutig weniger Glück im Leben hatten. Wer immer und immer wieder tapfer sein muss, während andere jammern dürfen, bedauert werden, sich ohne Folgen unkorrekt verhalten dürfen, der ist irgendwann auch nicht mehr so gutmütig, dass er anderen alles gönnt, selber aber nie ein "Geschenk" vom Leben bekommt. Damit meine ich nicht nur materielle Dinge, sondern auch so etwas wie Zugeständnisse am Arbeitsplatz, Anteilnahme, Beachtung usw.
 
. Wenn man sich schon solche ungerechtfertigten Vorteile wie Frau 1 verschafft, sollte man nicht hinterher noch so tun, als ob man es von allen am schwersten gehabt hätte. Anderer Leute Eltern sterben auch.

Ich bin erschüttert, wie kaltherzig Du Dich anhörst.
Du musst ein ziemlich unglücklicher, unzufriedener Mensch sein.
 
Ich kenne eine Frau, die sich vor Jahren, als das Pflegezeitgesetz noch nicht galt, für mindestens drei oder vier Wochen hat krankschreiben lassen, um sich um ihre sterbenskranke Mutter kümmern zu können. Urlaub hat sie dafür nicht genommen.

Sie wohnte mit ihren Eltern im selben Haus, arbeitete sowieso nur halbtags. Der Arbeitsplatz war am selben kleinen Ort, der Weg zur Arbeit also nicht der Rede wert. Ein Pflegedienst kam mehrmals täglich, der alte Vater lebte auch noch und war zu der Zeit selber noch recht fit. Andere hilfsbereite Verwandte und ihre beste Freundin wohnten in derselben Straße. Einen Partner gab es auch. Sie war also mit der Situation nicht allein, hatte mehrere gute Gesprächspartner und brauchte auch nicht allein zu pflegen.

Ein bis zwei Wochen Urlaub hätten angesichts dessen wohl gereicht, um die Pflege zu organisieren und sich an die Situation zu gewöhnen. Mittags war sie aufgrund ihrer Teilzeit eh zu Hause. Hätte die Mutter vormittags dringend nach ihr verlangt, hätte sie zur Not sogar in Absprache mit ihrem Vorgesetzten ihre Arbeit kurz unterbrechen können; eine leitende Funktion hatte sie eh nicht. In Anbetracht der Situation hat auch ihr Arbeitgeber in der Phase nichts Übermenschliches von ihr verlangt, ihr z.B. keine zeitaufwändigen oder stressigen Sonderaufgaben übertragen.

Dass man anfangs, wenn man erfährt, dass die Mutter "austherapiert" ist und nur noch zum Sterben nach Hause kommt, so geschockt ist, dass man gar nicht arbeitsfähig ist, verstehe ich vollkommen. Dann entspricht eine Krankschreibung (für ca. eine Woche) ja auch der Wahrheit. Nicht aber, wenn dies dann über Wochen so weitergeht. Und schon gar nicht, wenn man, obwohl die Mutter nach wie vor noch lebt und es ihr naturgemäß immer schlechter geht, auf wundersame Weise die Arbeit wieder aufnehmen kann, je näher das Ende der Sechs-Wochen-Frist zur Entgeltfortzahlung rückt. Das ist meines Erachtens Betrug am Sozialversicherungssystem und den ehrlichen Beitragszahlern, die sich nur krankschreiben lassen, wenn und solange sie wirklich nicht arbeitsfähig sind.

Obendrein erzählte sie diese Dame nach dem Tod ihrer Mutter noch jedem, der es hören wollte, was sie alles mitgemacht hätte. Sie hätte ihre Mutter nicht nur gepflegt, sondern dabei auch noch gearbeitet. Dabei hatte sie diese Doppelbelastung aufgrund der oben beschriebenen Krankschreibung allenfalls vier oder fünf Wochen lang.

Ich kenne eine andere - alleinstehende! - Frau, die hat sich nicht nur insgesamt zwei Monate, sondern mehrere Jahre (!) intensiv um ihre alte und schwerkranke Mutter gekümmert. Alles neben einem anspruchsvollen Vollzeitjob. Nicht ein einziges Mal hat sie sich deswegen krankschreiben lassen. Sie hat Urlaub genommen bzw. Urlaubstage in Zeitguthaben umwandeln lassen, das dann der Mutter zugute kam. Teils machte sie Telearbeit, um in der Nähe der Mutter sein zu können, die in der Zeit von einer Polin betreut wurde. Nachdem die Mutter gestorben war, musste diese Frau erst einmal zur Kur fahren, da sie natürlich erschöpft von alledem war.

Haltet ihr es für gerechtfertigt, sich so zu verhalten wie die Frau in meinem ersten Beispiel?

Ich gehe davon aus, da hat ein Arzt die Situation beurteilt.
Und die Frau muss Ihnen ja nun nicht die Diagnose mitteilen.

mfg
Landkaffee
 
Haltet ihr es für gerechtfertigt, sich so zu verhalten wie die Frau in meinem ersten Beispiel?

Natürlich ist es gerechtfertigt!
Wer ist denn in so einer Situation arbeitsfähig? Die Meisten trauen sich nur nicht, sich krank schreiben zu lassen! (So wie Deine Bekannte z.B.!!)

Der eigenen Mutter in der letzten Phase ihres Lebens 24/7 beizustehen, kostet unsagbar viel Kraft!

Es ist oft ein langer und extrem belastender Weg, sowohl psychisch als auch physisch...
Die eigene Mutter loslassen zu müssen, gehört zu den schwersten Dingen im Leben überhaupt, die wir zu bewältigen haben. Zumindest ist das bei den meisten Menschen so.

Hast DU eine Mutter, die Du liebst?

Ich selbst habe zu meiner Mutter leider eine sehr, sehr schwierige Beziehung.(was ich aufrichtig bedaure!)
Leider ist es definitiv nicht aufzulösen....wäre sie krank und bräuchte meine Hilfe, wäre ich umgehend
bei ihr...denn ich liebe meine Mutter.


Für mich ist eine Krankschreibung aus o.g. Grund einfach eine Selbstverständlichkeit!

Ob das gesellschaftlich/Nachbarschaftlich oder von Kollegen abgesegnet würde, würde mich in der Situation überhaupt nicht interessieren....
(Menschen wie Du, die über Andere urteilen, sind mir eh egal!)


Es wäre angemessen, wenn in Deinen Beiträgen wenigstens etwas Respekt für diese Frau zu erkennen wäre.
Ihr gebürt aus meiner Sicht höchste Anerkennung, denn sie scheint mir nicht nur eine liebende Tochter zu sein, sondern auch Courage zu besitzen!
Sie hat meinen hächsten Respekt!
Ich finde es schön, dass sie sich - auch gegen Widerstände - aus ihrem Job ausgeklinkt hat!

Du gestehst ihr max. eine WOCHE Krankschreibung zu - das finde ich extrem anmaßend und abwertend - und einfach nur traurig...ich würde mich an Deiner Stelle schämen!

Ich empfinde den gesamten Eingangspost irgendwie arm - wie kann man eigentlich eine Tochter verurteilen, die ihre Mutter in der letzten Phase ihres Lebens begleitet...?? (Das kann und will ich nicht verstehen!)

Du tust mir leid!
 

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