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Singvogel

Mitglied
Hej ihr,

ich möchte euch einfach mal etwas erzählen..

Wie der Titel schon sagt ist meine Mutter schon viele Jahre schwer krank. Sie leidet an MS und dürfte wenn es nach den Ärzten und ihren Prognosen ginge, schon lange nicht mehr leben. Sie bekam mit ca. 30 Jahren die Diagnose, da war ich ungefähr zwei Jahre alt.
Alles ging recht schnell, ziemlich dramatisch und führte sie letztendlich an den Punkt wo sie heute ist. Sie kann nicht mehr sprechen und schon gar nicht laufen, hat schwere Schluckstörungen, ständig Schmerzen und es wird langsam, aber stetig immer schlimmer.
Wenn ich ehrlich sein soll, ist diese Erkrankung der Hauptgrund, weshalb ich in Therapie bin. Die Erfahrungen die ich damals gemacht habe (und auch heute noch mache) haben sich in mein Verhalten, in meine Denk- und Fühlweise eingebrannt.
Ich trauere schon seit ich ca. 3 Jahre alt bin um meine (gesunde) Mutter. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie es war, als sie gesund war.
Ich weiß nicht genau, wie oft ich mich schon von ihr verabschiedet habe. Jedesmal ein Herzschmerz den ich niemandem wünsche! Doch meine Mutter ist eine Kämpferin.
Auch wenn ich froh bin, dass sie sich nicht aufgibt, wünsche ich mir manchmal, dass das Ganze ein Ende hat. Auch wenn das gleichzeitig bedeutet, dass ich ihr den Tod wünsche (der gleichzeitig meine größte Angst ist!). Ich bin kein schlechter Mensch, und wenn es irgendwann soweit ist, dass sie stirbt, wird das wohl einer der traurigsten Momente meines Lebens! Aber.. Ich mochte lange Abschiede noch nie.
Dazu kommt, dass ich es zur Zeit einfach nicht schaffe, persönlichen Kontakt wie Besuche herzustellen. Sie bzw. ihr Zustand löst in mir jedes Mal so eine Kaskade an Emotionen aus, dass ich erstmal ein paar Tage brauche um wieder runter zu kommen. Selbst Telefonate sind teilweise sehr schwierig für mich. Daher habe ich den Kontakt auf das nötigste Minimum reduziert, einfach, damit ich ein bisschen zur Ruhe komme. Das heißt allerdings nicht, dass ich nicht an sie denke. Das tue ich ziemlich oft. Vielleicht gerade deshalb möchte ich meinen Kopf auch manchmal von ihr freibekommen.
Meine Angst ist nur, dass sie stirbt und ich bereue, dass ich den Kontakt reduziert habe. Versteht ihr, was ich meine?
Mein Therapeut sagte, dass es Menschen gibt, die es schaffen, noch vor dem Tod eines nahen Angehörigen mit dem Thema "abzuschließen". Das heißt dann nicht, dass es dann keine Trauer gibt. Allerdings ist das Drumherum dann schon "verarbeitet". Gerade weil der Prozess bei meiner Mutter so lange andauert, habe ich ja die Chance, die Geschichten von damals aufzuarbeiten. Hat jemand von euch schon Erfahrungen diesbezüglich gemacht?
Ich finde es unglaublich schwierig, gerade zurzeit, wo von allen Seiten zusätzliche Belastungen auf mich zu kommen.

Vielleicht hat ja jemand von euch etwas dazu zu schreiben.
Schöne Grüße,
Singvogel.
 

Landkaffee

Urgestein
Hallo Singvogel,


wie kommunizierst Du mit Deiner Mutter, wenn sie nicht sprechen kann. Da stelle ich mir gerade Telefonate auch ganz anstrengend vor.

Du lebst in Partnerschaft, gehst zur Arbeit, machst Thera.... ? Das ist eine Menge, was Du da machst. Wann hattest Du Deine letzte Auszeit? Ich meine, eine Zeit, wo Du nur für Dich da sein musstest und/oder auch mal für Dich gesorgt wurde?


Das fürś erste. Ich mache mir Gedanken.... .



Liebe Grüsse!

Landkaffee

(Ich habe meiner kranken Mum auch manchmal eine zeitlang nur Postkarten mit Motiven, von denen ich wusste, sie wecken bei ihr schöne Erinnerungen oder bringen sie zum Schmunzeln, geschickt oder schöne Nachthemden oder oder.... . So wusste sie zumindestens, das ich an sie denke. Denn es gibt Zeiten, da kann ich auch einfach nicht so gut für sie da sein oder eben nicht so oft.)
 

frara

Urgestein
guten morgen, tapferer singvogel

deine liebe mutter ist ein passagier ihres eigenen körpers, aber ihre flügel sind zu schwer, um ihn zu verlassen.


einem freund ist die sprache auch gestohlen worden.wir kommunizieren über seine augen..
ich stelle fragen, die er mit einem ja, gleichbedeutend dem schliessen der augen, oder einem nein, er lässt die augen weit geöffnet, beantwortet.

bei anderen fragen benutzen wir das abc. ich stelle eine frage,und frage, ob das wort, welches er sagen will vor, oder nach dem M(mitte des alphabets) beginnt. schließt er die augen, ist es ein buchstabe mit/nach dem M. danach zähle ich die vokale auf. a-e-i-o-u
schließt er beim I die augen, frage ich weiter,wir arbeiten uns also zum S vor.der letzte buchstabe ist ein T.
ich habe ihn also gefragt, "wie geht´s"? seine antwort: "MIST".
am anfang haben wir lange gebraucht, aber jetzt sind wir mit "schnellen buchstaben und augen unterwegs", können sätze bilden, kommunizieren!
vielleicht hilft dir das ein wenig..
ich selbst leide seit einer 1991 gesicherten ms, verstehe also deine sorgen.

die krankheit der 1000 gesichter ist gemein und vielschichtig.

ich finde es sehr gut, dass du zu einem psychologen gehst. FÜR DICH.
wenn du mich via pn anschreiben möchtest, tu es bitte.
ich schreibe übrigens so groß, weil mir die ms, die ich nur als Meinen Scheiße bezeichne, einen sehnerv gekostet hat.

die idee von landkaffee mit den postkarten finde ich auch toll. wir machen das mit photos.
von ganzem herzen sende ich dir/euch kraft,
frara

wir können auch gerne telefonieren, wenn es dir hilft.wir können lachen, weinen, wie DU magst.





 
Zuletzt bearbeitet:

Singvogel

Mitglied
Guten Abend Landkaffe, frauenrausch!

Ersteinmal vielen Dank für eure Antworten!

Mit meiner Mutter kommuniziere ich viel mit Mimik und Lautsprache. Oft verwende ich auch das Alphabet, allerdings in einer anderen Reihenfolge (nach Häufigkeit der Verwendung der Buchstaben). Dann sage ich das Alphabet auf und sie blinzelt oder signalisiert anders (sie hat sehr ausdrucksstarke Augen), dass ich den richtigen Buchstaben erwischt habe. Vorher frage ich, ob es ein Konsonant oder ein Vokal ist (da ist auch für uns die Ja/Nein-Blinzelmethode immer wieder hilfreich). Am Telefon funktioniert das natürlich nicht, da muss dann jemand anderes als "Übersetzer" herhalten. Außerdem kann meine Mutter am PC schreiben. Sie hat einen Sensor, den sie über Minimalbewegungen aktivieren kann. So können wir per Mail Kontakt halten.

Nur Zurzeit kann ich das einfach nicht. Es belastet mich zu sehr. Ich rufe hin und wieder an, aber auch das ist seltener geworden. Wenn ich sie besuche, nehme ich mir immer jemanden mit. So habe ich sozusagen "Verstärkung".

Die Idee mit den Postkarten bzw. Fotos finde ich sehr schön. Dann kann ich ihr zeigen, dass ich an sie denke, muss mir aber nicht ihren Zustand "antun". Klingt vielleicht bescheuert, aber diesen Schutz brauche ich gerade.

Die Therapie habe ich begonnen, als ich vor ein paar Monaten zusammengebrochen bin. Da sind dann Bilder hochgekommen die ich vergessen glaubte. Nun arbeite ich daran und es ist ziemlich anstrengend. Kurzzeitig war ich auch arbeitsunfähig, aber ich bin dann wieder eingestiegen. Meine Angst war zu groß, dass ich in einem endlosen Sumpf versinke wenn ich weiter zuhause bleibe. Meine Arbeit macht mir auch Spaß und gibt mir ein Benefit aus sich selbst heraus. Daher kann ich da manchmal auch Kraft tanken und bin vorallem gedanklich abgelenkt. Auch wenn es manchmal sehr viel Kraft kostet, mich aufzuraffen, glaube ich, dass mir das Arbeiten gut tut.

So ähnlich ist das auch mit der Beziehung, wobei die auch ihre Belastungen mit sich bringt. Da ich eher eine Einzelgängerin bin, nehme ich mir so oft es geht Zeit für mich. Besser gesagt, ich igel mich ein und grübel dann so vor mich hin. Dass ich mich umsorgen lasse passiert eigentlich nie. Da ich dieses "bemuttern" nicht kenne, sondern auf Rücksicht gedrillt wurde, halte ich das nicht aus und fühle mich dann total unwohl.
Im Winter bin ich einige Male alleine in die Sauna gegangen. Das war dann meine Wohlfühlzeit nur für mich alleine. Das hat mir sehr gut getan. Zurzeit habe ich so etwas nicht. Mir fehlen da auch ein bisschen die Ideen. Damit ich mich richtig wohl fühle, müsste es außer Haus sein. Vielleicht fällt euch ja etwas ein?

MS ist eine hinterhältige Sau! frauenrausch, ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen! Und vielen Dank für Dein Angebot zur Kontaktaufnahme und für die guten Wünsche.

Es war schön, von euch zu lesen! Danke dafür! :)
Singvogel.
 

Singvogel

Mitglied
Landkaffee: Ja, da hast Du recht. Ich bin auch anteilig verbittert und zurzeit ziemlich überfordert. Doch ich habe mir vorgenommen, etwas dagegen zu tun. Deshalb geh ich jetzt wieder vom PC weg und tu was Feines für mich. ;)
 

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