Probleme mit Persönlichkeit und den Anderen

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Ich kann mich erinnern, so wie du war ich vor einigen Jahren auch mal. Total unsicher, unmotiviert, ohne Selbstbewusstsein und ziemlich isoliert. Ich wusste weder wer ich war, noch was ich wollte und litt unter Minderwertigkeitskomplexen.

Was sich damals geändert hat war, dass ich angefangen habe mich Online etwas extrovertierter zu verhalten. Ich hab sozusagen versucht in einer neuen Umgebung (in Onlienspielen) mich anders zu benehmen um zu testen wie andere Menschen reagieren. Als ich nach gut einem halben Jahr dann in einem Spiel ein (auch unsicheres, verletzliches) Mädchen kennen gelernt habe, hat sich mein Leben verändert. Ich habe gemerkt wie sehr dieses Mädchen mich braucht und meine eigenen, speziellen Fähigkeiten erkannt. Wir kamen zusammen und führten erst eine Fernbeziehung, die allerdings schon mein Selbstwertgefühl extrem gesteigert hat. Für einen Teenager ist die Frage "Hast du eine Freundin" ja von starker Bedeutung, auch wenn es ein wenig erbärmlich klingt.

In Gesprächen mit ihr, indem sie mir ihre Ängste und Gefühle geschildert hatte (die ich ihr erst entlocken musste) habe ich erkannt was ich kann und was ich bin. Dadurch dass ich selbst meine Fähigkeiten immer wieder durch Gespräche mit anderen Menschen bestätigen konnte, habe ich ein enorm großes Ego entwickelt was immer wieder wächst ^^

Mein Selbstwertgefühl ist heute auf seinem Höhepunkt. Dadurch ist für mich, aus meiner Sicht, alles möglich was ich mir vorstellen kann. Ich bin immer noch mit diesem Mädchen zusammen und wir planen eine gemeinsame Zukunft, ich habe alles was ich brauche und bin glücklich, auch wenn ich abgesehen von Freundin un Familie immer noch sehr isoliert lebe (was mich allerdings nicht stört).

Was ich kann, kannst du auch. Ich habe mein Mädchen ebenfalls mit 17 kennen gelernt und sie ist bis jetzt meine erste und einzige Liebe. Mein Beispiel soll dich jetzt nicht neidisch machen, sondern dir zeigen dass auch Menschen in deiner Lage ihr Leben ändern können. Natürlich gehört Glück dazu, aber auch eine gewisse Art von Verbissenheit (denn mein Mädchen hatt es mir weiß Gott nicht leicht gemacht).

Nun zu dir. Borderline seh ich bei dir nicht. Soziale Phobie bedingt, aber eher auch nicht. Du bist auch noch nicht depressiv, auch wenn sich da was zu entwickeln scheint. Realitätsverlust ist auch Schwachsinn, du bist ja noch realitätsnah genug um uns schildern zu können was mit dir los ist ohne dir was aus den Fingern zu saugen (mal abgesehen von deinen Ängsten). In erster Linie hast du gewaltige Minderwertigkeitskomplexe, bist extrem unsicher und hast ein unheimlich mieses Selbstwertgefühl.

Das klingt zwar tragisch, aber dein Problem kennen unheimlich viele Jugendliche. Du bist also keineswegs abnormal oder anders und solltest dich auch nicht als solches sehen. Was du brauchst ist etwas dass dein Selbstwertgefühl aufbaut, wie bei mir meine Freundin. Sobald du nicht mehr das Gefühl hast du seist der letzte Depp auf Erden, erscheinen deine andere Probleme auch nicht mehr so schlimm. Das kann eine Freundin sein, Erfolg in der Schule, Erfolg im Beruf oder bei manchen auch Erfolg in Onlinespielen (auch wenn man sie selten aufs RL übertragen kann [...]). Manche gehen in dem Moment auch zur freiwilligen Feuerwehr um gebraucht zu werden und leisten freiwillige Arbeit. Durch das Gefühl gebraucht zu werden baut man sein Selbstbewusstsein ganz schön aus.

Auch heute noch lauf ich mit einer gewissen Arroganz durchs Leben und sage mir immer wieder, wie wenig die Menschen doch interessieren die mir im Einkaufszentrum da alle entgegen kommen oder ich sonst so treffe. Ich kalkuliere oft sehr kühl welche Menschen mir zu Nutze sein können und welche nicht. Das klingt zwar eingebildet, aber so stelle ich mich automatisch auf eine höhere Ebene als alle anderen, was das Selbstwertgefühl erheblich steigert. Ich schade ja niemanden damit da ich niemanden ausnutze, auch wenn ich hin und wieder ein wenig manupulativ bin, wenn ich mal wieder durch mein symphatisches Auftreten ein Päckchen Butter beim Bäcker verkauft bekomme, obwohl das eigentlich ja nicht geht und ich es auch nicht weitersagen soll. Solche Kleinigkeiten sind immer wieder Balsam fürs Ego und halten mein Selbstwertgefühl auf einem gesunden Maximum.

Also Bub, mach dir keinen Kopf was mit dir alles nicht stimmen könnte. Du bist ein normaler Jugendlicher mit normalen Problemen und einem echt beschissenem Selbstwertgefühl, gegen dass du einfach nur noch kein Mittel gefunden hast. Andere Kinder sind damit auch irgendwie zurecht gekommen, dann schaffst du das auch! Also, chakkaaa!

xdf meinte:

Meine Persönlichkeit... ich habe das Gefühl meine Identiät bzw. Persönlichkeit verloren zu haben. Ich frage mich schon länger, wer ich bin und was mich ausmacht.

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Hallo xdf,
vielleicht wäre es hilfreich, einmal die Zeit zurück zu gehen,
bis dahin, als du deine Persönlichkeit noch hattest - und
daran anzuknüpfen? Oder dich zu erinnern, wie du sie das
letzte Mal (wieder-)gefunden hast.

Wobei das Phänomen der Persönlichkeit ja ein Prozess ist -
ich glaube, man ist nie "fertig" und muss sich auch immer
mal wieder neu finden.

Dann wollte ich dir den Tipp geben, dich nicht so sehr auf
Probleme und deren Ursachen zu konzentrieren, sondern
mehr darauf, was der Unterschied sein wird, wenn das ge-
löst ist und du wieder fit und kraftvoll durchs Leben gehst.
Indem du das definierst und dann nach kleinen Ausnahme-
situationen suchst, in denen das schon auftritt oder dir
gelingt, verstärkst du die Lösung. Kümmerst du dich viel um
Probleme, verstärken sich die Probleme.

Interessant wäre vielleicht auch noch die Frage, was du
selbst in den letzten 8 Monaten getan hast, um deine Lage
zu verschlimmern (also aktiv) und was du vielleicht sein
lassen könntest oder umkehren. Oft ist es ja so, dass man
erst denkt, man sei das "Opfer" und merkt dann, dass man
selbst der Auslöser für eine Situation ist und es so ändern
kann.

Sinnvolle Gedanken wünscht dir
Werner