Hallo AllTheWay,
wenn ich das richtig verstanden habe, hast Du mit Deinem Freund zusammen einen Brief verfasst, der das Leben von A zerstört haben soll? Woher weist Du das und woran machst Du das fest?
Ja, manchmal treffen Wort einen ins Herz, aber wie Worte auf mich "wirken" liegt (hoffentlich) zum größten Teil an mir. Da ich im Augenblick selbst mit einigen "Worten" zu kämpfen habe, die mir ein von mir geliebter Mensch "an den Kopf geworfen hat", glaube ich gut zu verstehen, was Du meinst und befürchtest. Aber, hey, es sind nur Worte! Ob per Brief oder in gesprochener Form, es sind nur Worte.
Hast Du sie bewusst mit falschen Beschuldigungen bezichtigt oder bewusst die Unwahrheit gesagt, um sie zu verletzen?
Ich will nicht beschönigen und klein reden, was ihr getan habt, aber wenn sie aufgrund eurer Worte nicht die Arbeitsstelle, ihre Wohnung oder ihre Familie verloren hat, dann lege jetzt zuerst einmal die Geisel der Selbstkasteiung kurz beiseite und hole tief Luft. Versuche, den angerichteten Schaden auszugleichen, wenn das irgendwie geht, denn das gebietet der Anstand und Deine Menschlichkeit.
"Ein schlechtes Gewissen ist nur dazu da, diese Tat wiederholen zu dürfen". Diesen Satz solltest Du einmal auf Dich wirken lassen. Ja, es gibt viele Fehler, die wir vermeiden oder zumindest bereuen sollten, wenn wir sie begangen haben. Eine Entschuldigung ist oft mehr als angebracht und auch notwendig. Aber sie macht eine Tat nicht ungeschehen und hebt sie auch nicht wieder auf, genau so wenig wie weitere "gute" Taten. Wenn Du über alle Maßen gelitten und bereut hast, landest Du oft wieder in der selben Mistkuhle, die Du so gerne vermieden hättest. Kennst Du diesen Effekt?
Jeder Mensch hat "dunkle Seiten" in sich, die beim einen mehr, beim anderen weniger offensichtlich zutage treten. Geht man mit dieser Tatsache leichtsinnig oder fahrlässig um, kann das böse Folgen haben. Wenn Dir Deine Reue jeden Tag klar macht, dass Du es mit Deinen Entscheidungen zu einem unterschiedlich großen Teil in der Hand hast, was Du erschaffst, dann ist das eine gute Sache. Vieles hast Du nicht in der Hand, zum Beispiel wie Deine Worte bei jemand anderem ankommen. Aber, ob Du sie aussprichst und in welcher Form schon.
Auf einem Persönlichkeitstraining habe ich folgende Übung erlebt: alle Teilnehmer wurden gleichzeitig angehalten einem Teilnehmer alles zu sagen, was ihnen zu ihm gerade in den Sinn kommt, wirklich ALLES. Ich war im ersten Moment schockiert und entsetzt, WAS da alles kam. Es hat mir die Sprache verschlagen und ich habe mich fürchterlich dafür geschämt, was auch mir so in den Kopf schoss. Der Seminarleiter hat mich dann gefragt, warum ich stumm geblieben wäre und ich den Teilnehmer damit im Stich gelassen hätte.
Um es abzukürzen: wir Menschen können (vor allem bei anderen
) viel intuitiv wahrnehmen. Manches trifft, manches ist nur unsere Projektion unseres eigenen Mists auf andere. Und manches tut verdammt weh, weil etwas in den Worten geeignet ist, den Finger auf eine Wunde zu legen und eben das tut weh. Nicht der Finger ist so sehr das Problem (ja, im ersten Moment schon), sondern die Wunde.
Ja, vielleicht haben eure Worte A "umgehauen". A hat wahrscheinlich nicht darum gebeten, dass ihr dies tut. D.h. ihr habt ihre Grenze überschritten und euch in einer Art und Weise verhalten, die schäbig, überheblich, unfair und was sonst noch alles war. Die passenden Prädikate könnt ihr selbst sicher besser wählen. Und auch ja, das lässt sich weder zurücknehmen noch ungeschehen machen.
Aber jetzt tut es bei Dir weh. Jetzt sind Deine Worte bei Dir selbst angekommen und damit ist es wichtig, bei Dir nachzusehen. Jetzt ist es an Dir, zu entscheiden, ob Du Dir den Rest Deines Lebens Vorwürfe machen und Dich in ein Büßerhemd kleiden willst (Und damit Deine eigene Verantwortung ablehnst), oder ob Du wirklich DICH annimmst und die Verantwortung dafür übernimmst: Du hast Deinen dunklen Seiten (Feigheit, Missgunst, Kleingeistigkeit, etc., etc.) die Zügel schießen lassen. Nicht, weil ein Teufel die Oberhand über Dich gewonnen hat, sondern weil Du es zugelassen und sogar aktiv betrieben hast. Dies alles ist ein Teil von Dir. Das bist eben auch Du. So und nicht anders.
Solange Du nicht bereit bist, auch verantwortlich für Deine dunklen Seiten zu sein, solange brauchst Du eine Vergebung, die Du womöglich nie erlangen kannst. Jesus wird der Satz zugeschrieben " ... gehe und sündige hinfort nicht mehr". Er sagte nicht, "Schlage auf Dich ein, bis die Knochen blank liegen und erst dann darfst Du wieder leben!". Wenn Du wirklich Buße tun willst, dann sei ein Mensch, der sich selbst und anderen vergeben kann, weil wir Menschen das bitter nötig haben, denn wir machen Fehler. Aber sei auch ein Mensch, der Freude, überschäumende Freude, Liebe, Zuneigung, Mitgefühl und innere Wärme verschenkt und dadurch die Welt zu einem besseren Ort macht. All das kann ein mit sich selbst beschäftigter "Dauerbüßerprofi" mit Nagelhemd und Geisel nicht.
Ja, Du hast Mist gebaut. Erkenne warum und wie es dazu kam. Dann kannst Du dies bei der nächsten "Gelegenheit" vielleicht vermeiden und bessere Entscheidungen treffen. Das wäre "verantwortlich", Deine Selbstkasteiung ist nur ein feiges Wegducken und Wasser auf die Mühlen derer, die Dich damit leichter nach ihren Wünschen "formen" können. Denn das ermöglicht "Schuld" ebenfalls. Du wirst viel leichter "fremdgesteuert". Nimm Deinen Kopf hoch und Deinen Schmerz an. Lebe damit und arbeite damit. Verwandle Deinen Schmerz und Deine Erkenntnis zu etwas Gutem. Das macht Sinn, feiges Jammern nicht.