Problem: Unzufrieden im Job und mit mir selber
Hallo,
zuerst und zum Verständnis:
Ich arbeite in der Erwachsenenbildung und dort zur Zeit schwerpunktmäßig in der Qualifizierung Langzeitarbeitsloser.
Was ich vorher nicht wusste, ist, dass die Arbeit in diesem Bereich eher der Sozialarbeit ähnelt. Das heißt, ich sah mich plötzlich Gruppen von sehr heterogenen Teilnehmern gegenüber, die sehr unwillig und unfreiwillig in meinen Kursen saßen. Einige sehr ungebildet und z.T. auch sehr ungepflegt, andere wiederum intelligent, dafür hochgradig frustriert usw.
Die Disziplin (und damit meine ich ganz normale Qualitäten, wie Pünktlichkeit, jemanden ausreden lassen, niemanden herabsetzen oder lächerlich machen, das Nichtbenutzen von Fäkalsprache, das Unterlassen von Essen im Unterricht) war grauenhaft, sehr viele von einer Ignoranz, die mich wirklich umhaute. Selbst zum Anschauen von Hardcore-Pornos im Unterricht waren sich einige nicht zu blöd.
Und dann diese Frustration, diese Resignation, die Aggressionen!
Was mir da entgegenschlug, darauf war ich nicht vorbereitet. Wie damit umgehen?
Meine ersten Versuche waren, mit ihnen zu sprechen, sie anzuhören, nachzufragen. Verständnis zu signalisieren, aber mir auch die gröbsten Unverschämtheiten zu verbitten.
Drei Dinge geschahen:
Zum Einen kochten die Emotionen in den Kursen hoch, bei mir knallte es regelmäßig im Unterricht. Ich erkläre es mir so: Ich habe ihrem Frust Raum gegeben, ihnen wirklich zugehört, damit ist alles hochgekocht.
Zum anderen: Mir ging die Distanz verloren. Ich war Kumpel, Mutti, cool, unkonventionell, aber keine Lehrerin.
Daraus dann das Dritte: Noch immer und jetzt erst recht war kein Unterricht möglich.
Meine Lösung bisher: Ich hab die Wut gekriegt. In einem besonders anstrengenden Kurs ist mir der Kragen geplatzt.
Ich habe sehr ruhig und sehr bestimmt die Einhaltung einiger weniger Regeln gefordert. Ich habe angekündigt, Arbeitsverweigerung und Fehlzeiten nicht zu akzeptieren, im Gegenzug dazu aber auch ihre Vorschläge und Wünsche zur Unterrichtsgestaltung entgegenzunehmen und, wenn möglich, umzusetzen. Ich habe klare Konsequenzen aufgezeigt und einmal auch durchgezogen.
Danach war ich freundlich, helfend und zugewandt, aber distanziert.
Nach einer kurzen sauren Phase ist der Kurs sehr zufrieden und ich auch. Und das bei 26 Leuten im PC-Kabinett gleichzeitig. Und sie arbeiten und haben Erfolge!
Ich kann es noch gar nicht glauben und weiß nicht, ob ich etwas zu vorschnell hier in der Sammlung von Lösungen bin. Aber es sieht gut aus, es fühlt sich gut an und ich gehe wieder gern hin.
Gruß
march