T
toddel
Gast
Hallo,
ich verliere gar nicht viele Worte und fange einfach mal an...
Die Aufklärung in meiner Jugendzeit beschränkte sich im Wesentlichen auf den Sexualkundeunterricht, also das „technische“. Über Gefühle hat nie jemand mit mir gesprochen und sie mir auch nicht vorgelebt.
Was mir in diesem Zusammenhang in Erinnerung geblieben ist, ist, dass beim Fernsehen mit meinen Eltern immer ein betretenes Schweigen im Raum herrschte, wenn mal eine „heiße Szene“ (z.B. leidenschaftlicher Kuss) gezeigt wurde.
Eine weitere Erinnerung, die zum Thema gehört, ist, dass meine Mutter mir im Urlaub (ich war knapp 14) mal eine Bravo mitbrachte. Ich las natürlich ganz fasziniert die Seiten von Dr. Sommer, wo immer von einem „Orgasmus“ die Rede ist. Ich hatte keine Ahnung, was das sein sollte.
Zu dieser Zeit gingen meine Eltern über´s Wochenende öfter mal weg, ich blieb allein zu Hause (Freunde im Ort hatte ich keine…) und schaute fern. Es war noch zu Zeiten des guten alten „RTL plus“ und irgendwann fing ich an, die Sex- und Erotikfilme um 23:00 zu sehen. Es fesselte und erregte mich, gleichzeitig fühlte ich mich schmutzig und hatte hinterher ein ganz schlechtes Gewissen.
Eines Abends, ich war wieder mal allein zu Hause und sah mir einen Schmuddelfilm an, fing ich aus einer Laune heraus an, am mir herumzuspielen. Es wurde intensiver und intensiver und plötzlich „verkrampfte“ mein Penis und etwas spritzte an meinem Gesicht vorbei gegen die Couchlehne. Ich war völlig erschrocken und wie gelähmt. Ich dachte, ich hätte etwas kaputtgemacht, hätte etwas unaussprechlich Krankes und Perverses angestellt, das noch nie ein Mensch vor mir getan hat. Klingt unbegreiflich, war aber so…
Ich hatte Angst, dass jemand etwas merkt, mir etwas ansieht. Gleichzeitig fühlte ich mich selbst vollkommen pervers und unannehmbar. Ich kontrollierte alles, was aus mir herauskam. Meine Stimme, meine Worte, meine Bewegungen, ständig lief eine Überwachungskamera mit. Wenn mir mal ein echtes ein Lachen herausrutschte, tat sich vom Gefühl her unter mir eine Falltür auf. Das Lachen gefror mir im Gesicht: „Jetzt haben sie Dich gesehen, jetzt merken sie etwas…“.
Ständig war ich auf der Hut, bezog alles Negative auf mich und meine Perversität, während ich Positives nicht annehmen konnte und als Zufall abtat. Ich stand vollkommen neben mir, konnte und wollte mich selbst nicht spüren, nicht ich selbst sein! Ekelte mich vor mir selbst. War unter Leuten wie in Trance, konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Das Ganze zog sich über 3 Jahre (!!) hin, ich konnte mit niemandem darüber reden. Internet gab es noch nicht wie heute. Eines Tages bekam ich per Zufall aus einem Gespräch mit, in dem es andeutungsweise um Selbstbefriedigung ging. Das war das erste Mal nach dieser langen Zeit, dass ich bemerkte, dass auch andere diese Sache kennen.
Die Erleichterung hielt sich jedoch in Grenzen, mein „Überwachungssystem“ arbeitete zuverlässig weiter. „Was, wenn doch jemand etwas merkt? Was, wenn es bei DIR nicht normal ist?“, usw.
Heute bin ich Mitte 30, habe viel über Selbstbefriedigung gehört und gelesen, kenne den Stellenwert, kann sogar im Bekanntenkreis mal bei einem Witz darüber mitmachen… aber meine Selbstkontrolle arbeitet noch immer. Ich hasse mich selbst, widere mich an. Ich habe schon oft versucht, mich mir selbst anzunähern, aber es herrscht nur kaltes Schweigen in meinem Kopf. Ich habe immer noch das Gefühl (und den Reflex), alles an mir kontrollieren zu müssen. Meine Stimme, meine Bewegungen, etc. Ich schaffe es einfach nicht, bei mir zu sein, offen meine Gefühle zu zeigen (ich rede jetzt nicht von einem Seelenstriptease in der Fußgängerzone… aber mal ein Lächeln zu erwidern oder freundlich mit jemandem zu reden). Sobald ich mich beobachtet fühle (das ist, sobald ich das Haus verlasse…), geht automatisch die Überwachung an, wenn mir jemand auf der Straße entgegen kommt, wird es schon ganz schlimm.
Ich verstehe nicht, warum das „Programm“ scheinbar immer weiter läuft und ich einfach nicht darüber hinwegkomme. Mein „Selbst“ nicht rauslassen kann, sondern es immer noch unterdrücke, alles etwas Perverses, Krankes, Unnormales empfinde.
Selbst eine Psychotherapie brachte keinerlei Besserung. Ich konnte zwar neue Einsichten gewinnen, aber das Programm bleibt…
Jetzt dachte ich, dass es vielleicht daran liegen kann, dass ich damals wirklich ein Trauma erlitten habe, was nie richtig abgearbeitet wurde. Kann das sein? Könnt ihr mir irgendwelche Tipps geben? Ich denke, ihr könnt euch vorstellen, wie integriert ich im normalen Leben bin… :-/
Vielen Dank schonmal, vor allem für eure Geduld beim Lesen!
Toddel
ich verliere gar nicht viele Worte und fange einfach mal an...
Die Aufklärung in meiner Jugendzeit beschränkte sich im Wesentlichen auf den Sexualkundeunterricht, also das „technische“. Über Gefühle hat nie jemand mit mir gesprochen und sie mir auch nicht vorgelebt.
Was mir in diesem Zusammenhang in Erinnerung geblieben ist, ist, dass beim Fernsehen mit meinen Eltern immer ein betretenes Schweigen im Raum herrschte, wenn mal eine „heiße Szene“ (z.B. leidenschaftlicher Kuss) gezeigt wurde.
Eine weitere Erinnerung, die zum Thema gehört, ist, dass meine Mutter mir im Urlaub (ich war knapp 14) mal eine Bravo mitbrachte. Ich las natürlich ganz fasziniert die Seiten von Dr. Sommer, wo immer von einem „Orgasmus“ die Rede ist. Ich hatte keine Ahnung, was das sein sollte.
Zu dieser Zeit gingen meine Eltern über´s Wochenende öfter mal weg, ich blieb allein zu Hause (Freunde im Ort hatte ich keine…) und schaute fern. Es war noch zu Zeiten des guten alten „RTL plus“ und irgendwann fing ich an, die Sex- und Erotikfilme um 23:00 zu sehen. Es fesselte und erregte mich, gleichzeitig fühlte ich mich schmutzig und hatte hinterher ein ganz schlechtes Gewissen.
Eines Abends, ich war wieder mal allein zu Hause und sah mir einen Schmuddelfilm an, fing ich aus einer Laune heraus an, am mir herumzuspielen. Es wurde intensiver und intensiver und plötzlich „verkrampfte“ mein Penis und etwas spritzte an meinem Gesicht vorbei gegen die Couchlehne. Ich war völlig erschrocken und wie gelähmt. Ich dachte, ich hätte etwas kaputtgemacht, hätte etwas unaussprechlich Krankes und Perverses angestellt, das noch nie ein Mensch vor mir getan hat. Klingt unbegreiflich, war aber so…
Ich hatte Angst, dass jemand etwas merkt, mir etwas ansieht. Gleichzeitig fühlte ich mich selbst vollkommen pervers und unannehmbar. Ich kontrollierte alles, was aus mir herauskam. Meine Stimme, meine Worte, meine Bewegungen, ständig lief eine Überwachungskamera mit. Wenn mir mal ein echtes ein Lachen herausrutschte, tat sich vom Gefühl her unter mir eine Falltür auf. Das Lachen gefror mir im Gesicht: „Jetzt haben sie Dich gesehen, jetzt merken sie etwas…“.
Ständig war ich auf der Hut, bezog alles Negative auf mich und meine Perversität, während ich Positives nicht annehmen konnte und als Zufall abtat. Ich stand vollkommen neben mir, konnte und wollte mich selbst nicht spüren, nicht ich selbst sein! Ekelte mich vor mir selbst. War unter Leuten wie in Trance, konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Das Ganze zog sich über 3 Jahre (!!) hin, ich konnte mit niemandem darüber reden. Internet gab es noch nicht wie heute. Eines Tages bekam ich per Zufall aus einem Gespräch mit, in dem es andeutungsweise um Selbstbefriedigung ging. Das war das erste Mal nach dieser langen Zeit, dass ich bemerkte, dass auch andere diese Sache kennen.
Die Erleichterung hielt sich jedoch in Grenzen, mein „Überwachungssystem“ arbeitete zuverlässig weiter. „Was, wenn doch jemand etwas merkt? Was, wenn es bei DIR nicht normal ist?“, usw.
Heute bin ich Mitte 30, habe viel über Selbstbefriedigung gehört und gelesen, kenne den Stellenwert, kann sogar im Bekanntenkreis mal bei einem Witz darüber mitmachen… aber meine Selbstkontrolle arbeitet noch immer. Ich hasse mich selbst, widere mich an. Ich habe schon oft versucht, mich mir selbst anzunähern, aber es herrscht nur kaltes Schweigen in meinem Kopf. Ich habe immer noch das Gefühl (und den Reflex), alles an mir kontrollieren zu müssen. Meine Stimme, meine Bewegungen, etc. Ich schaffe es einfach nicht, bei mir zu sein, offen meine Gefühle zu zeigen (ich rede jetzt nicht von einem Seelenstriptease in der Fußgängerzone… aber mal ein Lächeln zu erwidern oder freundlich mit jemandem zu reden). Sobald ich mich beobachtet fühle (das ist, sobald ich das Haus verlasse…), geht automatisch die Überwachung an, wenn mir jemand auf der Straße entgegen kommt, wird es schon ganz schlimm.
Ich verstehe nicht, warum das „Programm“ scheinbar immer weiter läuft und ich einfach nicht darüber hinwegkomme. Mein „Selbst“ nicht rauslassen kann, sondern es immer noch unterdrücke, alles etwas Perverses, Krankes, Unnormales empfinde.
Selbst eine Psychotherapie brachte keinerlei Besserung. Ich konnte zwar neue Einsichten gewinnen, aber das Programm bleibt…
Jetzt dachte ich, dass es vielleicht daran liegen kann, dass ich damals wirklich ein Trauma erlitten habe, was nie richtig abgearbeitet wurde. Kann das sein? Könnt ihr mir irgendwelche Tipps geben? Ich denke, ihr könnt euch vorstellen, wie integriert ich im normalen Leben bin… :-/
Vielen Dank schonmal, vor allem für eure Geduld beim Lesen!
Toddel