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Selbstfindungsprozess

E

Empathy

Gast
Hallo zusammen,
es ist seltsam, wie leicht ich immer aus der Bahn geworfen werde. In einem Moment geht es mir noch gut, im nächsten geht’s mir schon wieder richtig schlecht.
Ich habe das Gefühl, ich bin gerade in einer Spätpubertärenphase. Ja, ich weiß, das klingt komisch, aber ich versuche mir mein eigenes Bild von der Welt zu machen und meine eigenen Prioritäten fest zu legen. Das ging irgendwie die ersten 19 Jahre meines Lebens an mir vorbei (ich bin jetzt 20 ein halb), weil meine Eltern mir stets eingetrichtert haben, was richtig und was falsch ist.
Resultat war eine Persönlichkeitsstörung, die mir bis heute ziemlich zu schaffen macht. Auch habe ich das Gefühl, noch sehr emotional abhängig zu sein von meinen Eltern. Mir fällt es schwer, mich zu lösen und neue Sachen aus zu probieren. Wie gesagt, mir wurde stets gesagt, was gut und was schlecht war und da gabs auch keine Kompromisse. So habe ich eigentlich ständig mit einem schlechten Gewissen und ziemlichen Versagensängsten zu kämpfen.
Nun gut, ich will jetzt nicht meine Geschichte und Problematik hier ausbreiten. Dafür hab ich den Thread eigentlich nicht eröffnen wollen. Es sei noch gesagt, dass sich ja auch schon vieles verbessert hat, im Vergleich zu dem Stand, den ich noch vor ca. anderthalb Jahren hatte.


Ich bin eigentlich ständig auf der Suche nach einer Antwort, einer Antwort, zu der es aber Millionen verschiedene Fragen gibt. Ich weiß, dass es für die meisten dieser Fragen keine wirkliche Antwort gibt, da vieles sehr subjektiv betrachtet werden muss. Ich frage mich halt ständig, was richtig und was falsch ist. Darauf baut letztendlich meine ganze Persönlichkeit auf. In den letzten anderthalb Jahren habe ich versucht, mir eine eigene Meinung zu bilden. Ich hab viel gelesen, mich mit anderen im Internet ausgetauscht, aber ohne dass ich wirklich Erfahrungen gemacht habe. Nun dachte ich, ich hätte jetzt endlich zumindest in Grundzügen die Persönlichkeit, die mir gefällt. Was mir aber jetzt auffällt, ist, dass ich zwar viele Sachen weiß und scheinbar auch gut beurteilen kann, aber ich mir dennoch so unglaublich leer und minderwertig vorkomme. Irgendwie bin ich sozusagen voller Wissen, aber dennoch weiß ich nichts. Gerade weil ich selber nie die Erfahrung gemacht habe. Das wurde mir heute irgendwie schmerzlich bewusst. Ich weiß aber nicht, ob es sinnvoll ist, diese Erfahrungen zu machen. Muss ich sie machen um sie überhaupt beurteilen zu können? Mein Wissen beruht momentan fast ausschließlich auf den Erfahrungen anderer.
Ich nenne mal ein Beispiel:
Eine gute Freundin von mir, die mir von der Art auch sehr ähnlich ist, also eher introvertiert und ein Denker, verfluchte stets das Kiffen und das Saufen, da sie damit nichts anfangen konnte. Nun kam sie aber in die Situation, wo sie das selbst alles ausprobieren konnte. Sie tat es und war begeistert. Auch mochte sie auf einmal die Leute, die es ebenfalls taten, obwohl sie früher nie etwas mit denen anfangen konnte.
Und genau das hat mich irgendwie tierisch aus der Bahn geworfen. Es war nicht die Tatsache, dass sie es getan hat, sondern vielmehr, dass sie ihre Meinung auf Grund der Erfahrung so geändert hat. Deswegen hole ich nochmal die Frage von oben hier an diese Stelle:
Muss ich diese Erfahrungen auch machen, um beurteilen zu können, ob das gut oder schlecht ist? Eigentlich will ich es ja gar nicht machen, weil mein Wissen mir sagt, dass es schädlich ist. Allerdings kommt dieses Minderwertigkeitsgefühl dann immer wieder hoch und auch das Gefühl, als wenn ich doch nicht alles weiß oder etwas als falsch eingeordnet habe, was vielleicht gar nicht falsch ist.
Eigentlich dreht sich bei mir fast alles immer darum, was richtig und was falsch ist. Immer, wenn ich denke die Antwort gefunden zu haben, werde ich durch solch ein Ereignis wieder total aus der Bahn geworfen. Mich macht das verrückt und ich fühle mich dann ziemlich labil. So wie jetzt. Meine scheinbar so gut ausgeklügelte Persönlichkeit ist auf einmal nichts mehr wert, da alles nur auf Wissen und nichts auf Erfahrung beruht.


Ich würde gerne eure Meinung zu dem Ganzen hören. In wie weit sollte man die Erfahrungen selber machen? Ich mein, in gewisser Weise schützt mich mein Wissen ja auch davor, dass ich mit so etwas überhaupt erst anfange. Diese Frage nach dem Falsch und Richtig lässt sich ja auch noch auf so viele andere Sachen übertragen, wie One Night Stands, generelles oberflächliches Verhalten im Bezug auf andere und was weiß ich nicht alles. Muss ich es erlebt haben bzw. mal so gewesen sein, um es zu bewerten? Und wie werde ich dieses verdammte Minderwertigkeitsgefühl in solchen Momenten wie jetzt los? Das sind echt so Momente, wo man das Gefühl hat, das man innerlich total zerbricht. Ich komm mir vor, wie ein Körper mit einer zerbrochenen Seele..
.. ein schreckliches Gefühl 🙁


Fragende Grüße,
Empathy
 
Ich habe alles gemacht was du beschrieben hast und weiß immer noch nicht was richtig oder falsch ist. Die welt ist nämlich nicht schwarz oder weiß, und einige dinge die man ausprobiert schaden einem selbst auch, aber unter Umständen helfen die erfahrungen bei anderer gelegenheit richtig zu entscheiden. Wichtig ist sich überhaupt zu entscheiden und innerhalb der eigenen wertvorstellungen angemessen zu handeln. Geh raus, lebe bewusst, benutze deinen verstand und deine emotionen und lebe mit den konsequenzen deiner entscheidungen. Du wirst mit der zeit lernen was gut für dich ist, solange du dich reflektierst.

Und sieh dir den film "good will hunting" an ... Freunde und mut, mehr braucht es nicht ...
 
Guten Morgen!

Sich heute über seine Situation Gedanken zu machen ist ok, heute festzustellen was alles bereits an Dir vorbeigegangen ist bedeutet aber auch, Prioritäten für die Zukunft neu zu definieren.

Das genau scheint die Schlussfolgerung zu sein wenn ich Dein Geschriebenes lese...

Es scheint, so wie Du es schreibst, nicht unbedingt von Vorteil zu sein immer "WOHL BEHÜTET" auf das Leben vorbereitet zu werden...
Ist aber dann gut, wenn man die Möglichkeit durch Eltern / Umfeld eingeräumt bekommt selbst Gute und Schlechte Erfahrungen machen zu können.

Du entwickelst dich ständig weiter und das Gute daran ist, Du kannst selbst Entscheiden was dich weiterbringt und was Du ignorieren kannst.

"So viele Fragen- und keine Antworten" durchleben mehr oder weniger viele, die sich mit dem LEBEN auseinandersetzen - Stelle Deine Fragen, Probiere, Erkunde... Werte aus! Du wirst an einem Punkt im Leben anderen das "antun" können, was Dir im Moment noch verborgen zu bleiben scheint... HELFEN!

*Gruß*
 
Zuletzt bearbeitet:
hallöchen empathy,

ich find deinen namen echt schön.

also zuerst möcht ich mich mal über solche eltern aufregen, damit sind nicht nur deine gemeint. geht deren elterndrang so weit über ihr denken hinaus dass sie nicht wissen dass ihr kind selber erfahrungen machen muss? warum wollen eltern für ihre kinder immer alles wissen? wo veranlasst sie dazu? warum denken eltern so beschrenkt und tuen ihren kinder dadurch schaden?

ich hab leider auch solche eltern und es ist echt krass wenn man irgendwann als jugendlicher bemerkt wie sie wirklich ticken. bei mir hat das in depressionen geendet.

also nun zu deinem text, es gibt kein richtig und kein falsch. es gibt immer etwas dazwischen, alles hat seine guten und schlechten seiten. du musst lernen für dich zu bestimmen, ob du etwas eher gut oder eher schlecht findest, ob es zu dir passt. du kannst das mit erfahrung lernen, du kannst aber auch auf deiner institution vertrauen.

du kannst dir zu themen bei denen du dir eine eigene meinung bilden willst auch im internet recherschieren, verschiedene personen fragen und zeitschriften lesen.
hey ich finds außerdem klasse dass du dir da gedanken drüber machst. ich sehe nicht dass du eine persönlichkeitsstörung hast. viele nehmen die sachen wie sie sind und machen sich selbst keine gedanken darüber, ich finde das so viel interessanter auch wenn es oft schwerer ist.

wenn du dir trotzdem unsicher bist, kannst du dir hilfe bei einem therapeuten suchen, der kann dir ratschläge geben und hört dir immer zu.

was ich unbedingt noch sagen möchte. du bist eine einzigartige persönlichkeit, es ist schön dass es dich gibt und nur du hast das sagen über dass was du machst und was du tust. und das ist in dem augenblick in dem du handelst auch die für dich richtige erdachte lösung. das ist sehr wichtig. auch macht jeder mal fehler, versuche drüber zu stehen.

ich wünsch dir noch viel glück und viele schöne gedanken!
lg
vasabi
 
Danke für eure Antworten.
Wenn ich das also richtig verstanden habe, dann geht es nicht darum, ob es richtig oder falsch ist, sondern vielmehr darum, ob man es mit sich selbst vereinbaren kann..?!
Naja, also ich würde gerne viele Sachen ausprobieren, nur kann ich so wenige mit meinem Gewissen vereinbaren. Ständig hab ich auch die Wertvorstellungen meiner Eltern im Kopf, die mir ständig Angst machen. Ich weiß, ich müsste mich irgendwie von ihnen lösen. Ich würde auch so gerne ausziehen, aber halte mich noch für viel zu unselbstständig, als dass ich selber für mich sorgen könnte. Das ist wie in einer Zwickmühle. Man will es, aber kann es einfach noch nicht.
Habt ihr vielleicht Tipps, wie ich mich Trotzdem von der Abhängigkeit meiner Eltern lösen kann? Ich glaub, in der Psychologie nennt man das Ablösung. Die meisten machen das in der Pubertät durch, die ich irgendwie übersprungen habe. Das kommt bei mir alles erst jetzt richtig durch..
 
ich glaube das es unglaublich wichtig fuer dich wäre, herauszufiden, WAS DU WIRKLICH WILLST.
Kuerzlich habe ich hier im Forum eine dazu sehr treffende Aussage gehoert, welche lautete "Du musste die Wurzeln deines Baumes tief nach unten wachsen lassen, damit nicht ein kleiner Windstoss plötzlich alles umschmeist." Ich finde es richtig und angemessen seine eigenen Gedanken, ja vielmehr wertvorstellungen vor dir selbst und bezogen auf andere zu hinterfragen- täte das niemand, bestünde die ganze welt nur aus oberflächlichkeit und sinnlosigkeit.
Ein beispiel kann ich anführen, ich habe mir diesen sommer eingebildet, psychologie studieren zu wollen..weshalb auch immer, komplett fernab meiner interessen zumindest. EINFACH WEIL ICH NICHT WUSSTE,WAS ICH MOECHTE,WER ICH BIN UND WAS ICH DENKEN SOLL.
wie das geendet hat...nun, eher schlecht, aus der jetzigen situation heraus betrachtet. Um sich von sienen eltern zu loesen, braucht man viel zeit und abstand, ich denke ganz klar auch räumlich gesehen. Studierst du in der nähe deines elternhauses? Gäbe es da nicht die moeglichkeit, sich nach einer WG umzuschauen?
 
@london:
Ja, der Spruch ist wirklich gut. Da ist viel wahres dran. Momentan bin ich nämlich noch garnicht richtig verwurzelt. Mich bläst ziemlich viel um.
Du hast vermutlich auch recht, dass ich erstmal wissen muss, was ich eigentlich will. Nur das ist auch so ein Thema, was ich auch schon ausführlich in der Therapie damals durchgekaut habe, aber nie zu einem Ergebnis gekommen bin. Ich bin bis heute sehr ambivalent. Sowohl was meine Gefühlswelt betrifft, als auch meine Meinung und Wünsche. Mir erging es auch schon oft wie du es in deinem Beispiel beschrieben hast. Man fängt etwas an, merkt aber dann, dass es überhaupt nichts für einen ist. Leider weiß ich das nie im Vorhinein. D.h. ich muss es stets ausprobieren.
Naja, wie dem auch sein. Ausziehen ist so eine Sache. Also ich habe mich schonmal über betreutes Wohnen informiert, da ich allein noch nicht so weit bin, als dass ich alles geregelt bekommen würde. Aber ich weiß nicht, ob ich die Aufnahmekriterien erfülle. Ich bin bestimmt kein Extremfall und wie das mit den Kosten ist, das ist auch immer so ein Problem.
 
Hallo,
es ist überraschend zu lesen, dass es den behüteten Kindern nicht besser als den ewig geprügelten geht zu denen ich gehöre!
Mein Leben hört sich eher wie ein modernes Aschenputtel an mit Prügel und Verachtung, und versagter Liebe. Einer Mutter die sich früh das Leben nahm und der bösen Stiefmutter.
Eines kann ich jedoch gewiss sagen: Man muss nicht jede Erfahrung machen. aber aus jeder Erfahrung lernt man.
ich bin heute 34 und habe meinen Weg auch noch nicht gefunden. ich weiß, dass ich Menschen, die sich vornherum ins gesicht lachen und hintenrum hetzen, hasse. Ich weiß jedoch auch, dass dies in fast jeder Firma heute gang und gebe ist.
Man muss mit diesen menschen umgehen ... ob man will oder nicht!
Was ist da schon richtig??
Klappe halten und nette Miene zu bösem Spiel? Einfach mal sagen was man denkt?
Lacht man nur und geht darüber hinweg, verät man das woran man glaubt. Macht man mit ist es genauso, sagt man was dazu ist mann ruck zuck bei den anderen "durch". Braucht man ja auch nicht ... ich meine blöde Idioten braucht man nicht im Leben! allerdings arbeitet man Tag täglich zusammen!!!

Finde heraus wer du bist und was Dir gut tut! Das ist das wichtigste, aber auch die schwierigste Aufgabe im Leben! Manche arbeitenn Ihr ganzes Leben lang daran !!! So auch ich !! Ich wünsche Dir viel Glück und vor allem viel Kraft die immer wieder kehrenden Tiefgänge zu überwinden

Grüße
dobermaus
 
Hallo Empathy,

ich finde es wirklich bemerkenswert positiv, dass Du hier offen über Deine Situation schreibst.

Wenn Du für Dich jetzt schon herausgefunden hast, dass Du ein fragender Mensch bist, ist das viel Wert. Es gibt da mindestens 2 Sorten Menschen im Leben, die in abgeschwächter Form jeder in sich trägt: Die eine Sorte Mensch, die alles erleben, bereisen, anfassen und erfahren will - und die Sorte Mensch, welche alles analysiert, bewertet, beurteilt und vergleicht.

Im Grunde läuft das Leben die ganze Zeit so ab.
Du erhälst immer mal wieder unterschiedliche Informationen über die Welt von Deiner näheren Umgebung: den Menschen, und den Medien zu denen Du in Kontakt stehst.

Und immer wieder die unbewusste Frage, die auch automatisch eine der beiden Antworten sucht: glaub ich, was die mir gerade erzählen? Kann ich aus eigener Erfahrung mitreden, oder möchte ich dem Glauben schenken, was mir vor einiger Zeit in bestimmter Form erzählt wurde?

Wenn Du bisher immer noch Gefühle der Ambivalenz hast, gibt es die Möglichkeiten die Dinge nach Häufigkeit zu sortieren. Das heisst, wenn Dir auffällt, dass manche Gedanken häufiger in Deinem Kopf sind als andere, kannst Du dir diese zunächst vornehmen und schauen, was für Gedanken das sind.

Alles im Leben hat bestimmte Muster. Manche Verhaltensmuster sind so komplex und gewohnt, dass es längere Zeit brauchen kann, um sie zu erkennen und durch neue Verhaltensweisen zu ersetzen.

Der Selbstfindungsprozess heisst ja nicht umsonst Prozess. Vieles wird im Laufe der Zeit Dir deutlicher und bewusster werden.

Ich verstehe Deine Situation sehr gut, da ich aktuell auch immer wieder solche Phasen habe.

Was ich dazu vor kurzem von Jemanden selber gehört habe, möchte ich ermunternd am Schluß mitteilen:

Im Grunde ist es auch mit der Evolution so: es geht immer nach dem Try & Error-Prinzip ( Versuch und Irrtum) voran im Leben. Probiere Dinge aus, und entscheide danach, ob sie zu Dir gehören. Ob das durch aktives Erleben oder passives Verstehen geschieht, liegt ganz bei Dir.

Alles Liebe - der Valentinsgast 😉
 

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