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Selbstmord scheint mir die einzige rationale Lösung zu sein...

AD203

Mitglied
Hallo ihr Lieben,

ich versuche es hier so kurz wie möglich zu halten, aber es hängt ein ziemlicher Rattenschwanz dran, der für meine jetzige seelische Lage verantwortlich ist.

Mit 15 verliebte ich mich in meine damalige deutsche Brieffreundin und sie sich in mich. Ich war ein Highschool-Schüler in den USA und auch US-Staatsbürger. Wir blieben über die Jahre in engem Kontakt mit täglichen Skype-Telefonaten, gegenseitigen Besuchen etc. Mit 18 schloss ich die Highschool frühzeitig ab und zog nach Deutschland, wo wir heirateten. Wir hatten die Fernbeziehung satt und die Heirat war für uns die einzige Möglichkeit, die Bürokratie im Punkt Aufenthaltsrecht endlich zu beseitigen. Schon am Anfang hatten wir Probleme mit der Ausländerbehörde, die äußerst unfreundlich war. Die Dame dort sagte uns, wir wären blöd in Deutschland zu heiraten. Wir hätten es lieber in den USA versuchen sollen, da gäbe es wenigstens Arbeit. Deutschland sei aussichtslos. Erst mithilfe eines Anwalts erhielt ich meine Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte einer deutschen Staatsbürgerin.

Mein vorgezogener Highschool-Abschluss wurde vom Kultusministerium leider nur als Realschulabschluss anerkannt, weshalb ich aufs Abendgymnasium musste, um mein Abitur nachzuholen. Nur so konnte ich zu einer deutschen Universität zugelassen werden. Das Abendgymnasium setzte allerdings eine zweijährige Berufstätigkeit in Vollzeit voraus, bevor man sich als Schüler dort einschreiben konnte, also arbeitete ich auf 450-EUR-Basis als Bauhilfe, dann später als Telefonist für eine Zeitarbeitsfirma in einem Büro. Dass ich zwei Jahre lang arbeiten musste, um überhaupt zur Schule gehen zu dürfen, enttäuschte mich irgendwie schon - waren meine Deutschkenntnisse bereits so weit fortgeschritten, dass die Leute mir gar nicht glauben wollten, dass ich Amerikaner war. Ich korrigierte sogar schon die Hausarbeiten meiner Frau (sie hatte ein Jahr nach der Heirat mit ihrem Studium begonnen). Aber schließlich hatten die Liebe zu meiner Frau und die Erleichterung darüber, dass wir endlich zusammen sein konnten, zur Folge, dass ich mich gar nicht so sehr benachteiligt fühlte. Ich tat einfach, was getan werden musste, um voranzukommen.

Nach zwei Jahren Berufstätigkeit (was ja eher nur "jobben" war) durfte ich mich endlich am Abendgymnasium einschreiben, musste aber für die ersten paar Semester weiterhin berufstätig bleiben. Das hieß arbeiten von 8:00 bis 18:00 Uhr und dann von 18:30 bis 22:00 Uhr die Schulbank drücken. Für die letzten paar Semester gab es elternunabhängiges Schülerbafög, sodass ich wenigstens auf Teilzeit heruntergehen konnte. Während meiner Schulzeit geschah so einiges. Zuerst beging mein Vater in den Staaten - zu dem ich keinen Kontakt mehr hatte - Selbstmord.

Er war Zwangsneurotiker und Alkoholiker gewesen. Meine ganze Kindheit über war er nie für mich da, er konnte es ja gar nicht sein. Er war in einer streng katholischen Familie voller Steuerberater und Ingenieure erzogen worden, die kein Verständnis für seine künstlerischen Talente hatten. Mit 19 hatte jemand ihn hinter einer Kneipe mit vorgehaltener Waffe vergewaltigt. So begann er viel zu trinken, seine Zwangsneurosen entwickelten sich immer mehr, seine Familie stieß ihn als schwarzes Schaf ab. Er versuchte einen Abschluss in Medienwissenschaften zu erhalten, brach aber ab, arbeitete als Pflegekraft in einem Kinderkrankenhaus und lernte dort meine Mutter kennen. Meine Kindheit war von Streit, Geldnot und Alkohol geprägt worden. Meine Mutter trennte sich schließlich von ihm, als ich 10 war. Wir zogen zu ihrem Vater aufs Land, mein Vater blieb in der Stadt. Vier Jahre später wollten sie es nochmal versuchen, also zog mein Vater zu uns und meine Eltern kauften sich ein Haus in der Umgebung. Die Dinge wurden aber nicht besser. Die Zwangsneurosen meines Vaters wurden schlimmer, er trank immer mehr und war schließlich arbeitsunfähig. Er bezog Geld vom Staat, saß zu Hause und betrank sich. Mit 15 fand ich ihn eines Tages mit fast abgesägter Hand in der Badewanne. Er wusste scheinbar nicht, wie man sich richtig umbringt, aber der Wunde und der Blutmenge in der Wanne nachzuurteilen, war es durchaus seine Absicht gewesen, aus dem Leben zu scheiden. Er musste im Krankenwagen reanimiert werden, denn er hatte schon so viel Blut verloren, dass er beinahe gestorben wäre. Danach trennten sich meine Eltern erneut. Als ich mit 18 dann in Deutschland war - kappte ich den Kontakt zu beiden und sie ließen sich - wie ich später erfuhr - scheiden (sehr zum Unmut meines Vaters...er legte viel Wert auf das Symbol der Ehe, auch wenn die beiden gar keine Ehe mehr lebten).

Kaum hatte sich mein Vater umgebracht, entdeckte meine Frau, dass sie von ihrem Onkel als kleines Mädchen mehrmals sexuell missbraucht worden war. Einmal hätte er sie - rein rechtlich gesehen - sogar vergewaltigt. Er wohnte in der Wohnung direkt über uns. Meine Frau wollte also wegziehen. Sie konfrontierte ihn mit allem und er gestand es zu, weigerte sich jedoch ihr mit Umzugskosten zu helfen, hatte er ja kein Geld und konnte es gar nicht. Meine Frau und ich beschlossen also, auszuziehen und zwar so: Ich würde in der Region bleiben, wo meine Arbeitsstelle und die Abendschule war und sie würde in eine WG ziehen, in der Nähe der Universität, wo sie studierte. Dafür gingen unsere Ersparnisse drauf. Ihre Familie war von allem peinlich berührt und kappte so ziemlich den Kontakt zu uns. Meine Frau und ich sahen uns nur am Wochenende, wenn wir Zeit hatten, einander zu besuchen. Sie beschloss, ihren Onkel vor Gericht zu bringen und schaltete dafür den Weißen Ring ein. Ich hatte das Gefühl, sie immer mehr und mehr emotional unterstützen zu müssen, wenn wir zusammen waren. Sie konnte oft nicht schlafen und ich musste ihr manchmal zwei Stunden lang Märchen vorlesen, damit es klappte. Mein Job wurde in der Zeit auch stressiger, denn der Kollege, mit dem ich eine Stelle teilte, wurde - genauso wie ich - nur nach der Stunde bezahlt und - da er mehr Geld haben wollte - versuchte er mich mit falschen Vorwürfen anzuschwärzen, damit ich raus müsste und er die ganze Stelle für sich übernehmen könnte. Es klappte allerdings nicht ganz für ihn. In dieser Zeit entwickelte sich die Beziehung zwischen mir und meiner Frau von einer Mann-Frau-Beziehung in Richtung Vater-Tochter-Beziehung. Das war mir unangenehm, es war aber auch sehr schwierig darüber zu sprechen, denn meine Frau fühlte sich sehr schnell angegriffen, wenn wir das Thema anschnitten. Wir stritten uns in dieser Zeit sehr häufig. Ich erlitt schließlich einen Bandscheibenvorfall und schrieb mein Abitur als Klassenbester.

Obwohl ich humpelte und halb kaputt war, freute ich mich sehr, endlich mit meiner Frau zusammenzuziehen und ENDLICH mein Studium zu beginnen. Ich fing mit Geschichte an, wechselte aber nach einem Semester zur Physik. Der depressive Zustand meiner Frau wurde aber immer schlimmer, sodass ich bald ganze Nächte mit ihr aufsaß, damit sie einschlafen konnte. Meine Physik-Übungszettel blieben liegen, ich kam völlig übermüdet in die Vorlesungen, denn manchmal stritten wir die ganze Nacht. Je näher der Prozesstermin mit ihrem Onkel rückte, desto schlimmer wurde es zu Hause. In dieser Zeit nahm ich wenigstens den Kontakt zu meiner Mutter wieder auf.

Und dann eines Nachts - nach fast 7 Jahren Ehe - trennten sich meine Frau und ich. Ich hatte wieder die ganze Nacht damit verbracht, ihr vorzulesen, sie fühlte sich angegriffen als ich ihr sagte, dass ich das so nicht mehr könnte. Ich war einfach nur verzweifelt und übermüdet. Ich packte einen Koffer, rief meine Mutter an und ging in ein Hotel für zwei Nächte. Eine Trennung wollte ich eigentlich nicht, nur eine Auszeit. Meine Frau schrieb mir: Ich solle nicht wiederkommen, sie sei eh nicht mehr da. Ich ging wieder heim, sie war tatsächlich nicht da. Ich lag in der Wohnung noch drei Tage, übergab mich ständig, wollte sterben, hatte Herzrasen. Schließlich flog ich zu meiner Mutter in die USA, um eine Auszeit zu nehmen. In der Zeit schrieb mir meine Frau. Sie wolle sich von mir scheiden lassen, meine Dinge seien schon alle gepackt. Wenn ich zurückkomme, solle ich sie nehmen und verschwinden. Ein Telefonat oder ein Wiedersehen lehnte sie grundsätzlich ab. Später erfuhr ich von Bekannten, dass nur zwei Tage nach meiner Abreise in die USA, ein anderer Mann zu ihr in die Wohnung zog. Sie habe schon länger mit ihm eine Beziehung geführt, hieß es.

Nach 4 Wochen kehrte ich nach Deutschland zurück, ließ meine Sachen von der Wohnung entfernen und bezog ein kleines Zimmer bei einer alten Dame. Just in dieser Zeit musste auch meine Aufenthaltserlaubnis verlängert werden. Dadurch, dass ein Unterschied zwischen der gemeldeten Anschrift meiner Frau und meiner aktuellen Anschrift vorlag, fand die Behörde schnell heraus, dass wir uns getrennt hatten. Weil ich naiv gewesen war und weil mir meine deutsche Familie immer gesagt hatte, dass die Einbürgerung automatisch erfolgen würde, hatte ich mich nie aktiv darum gekümmert, mich einbürgern zu lassen. Jetzt sagte mir die Behörde, dass ich als getrennter Ausländer nur ein Jahr Aufenthalt bekommen würde. Wenn ich nach diesem Jahr keine Arbeit mit einem Nettolohn hätte, der ausreichte, um den monatlichen ALG2-Satz + meine Warmmiete + 300 EUR-Freibetrag zu decken, müsste ich Deutschland entweder verlassen oder aber ein Studentenvisum annehmen, das aber eine Einbürgerung ausschließen und mein Aufenthaltsrecht nur noch vom Studium abhängig machen würde.

Nach so vielen Jahren harter Arbeit und Integration wollte ich doch nicht einfach zum "ausländischen Studenten" rechtlich verkommen, so, als wäre ich frisch vom Flieger gestiegen! Ich ließ mich von einem Arzt krankschreiben und suchte schnell eine Arbeit. Ich bekam einen unbefristeten Vertrag als Bürohilfe durch eine Leihfirma, die - wie ich später herausfinden sollte - ihre Mitarbeiter gerne ausnimmt. Ich musste Vollzeit arbeiten, damit das Geld für die Einbürgerung stimmte. Das Gehalt reichte gerade noch, um aufenthaltsrechtlich durchzukommen, und die Arbeitsbedingungen waren furchtbar. Meine Vorgesetzte hatte ein Verhältnis zu unserem Auftraggeber und ließ uns ständig spüren, dass sie den besten Draht zu ihm hatte. Er machte auch keinen Hehl daraus, führte sie über drei Stunden zum Mittagessen aus, kaufte ihr schöne Kleider, etc. Wir waren ihr ausgeliefert. Sie ließ unsere Gespräche bespitzeln und drohte mir sogar eines Tages mit einer Abmahnung, weil ich in einer Email ein Ausrufezeichen hinter "Guten Morgen" gesetzt hatte (sie komme sich dabei angebrüllt vor). Ich hatte in dieser Zeit einen Antrag auf Einbürgerung gestellt und die Dinge in Gang gesetzt, meine US-Staatsangehörigkeit abzugeben, war dies ja schließlich eine Bedingung, die ich erfüllen musste, um eingebürgert zu werden. Ich wollte nur in Deutschland bleiben und in Ruhe studieren. Meine Mutter wollte mich dabei finanziell unterstützen. Aber zuerst wollte ich eingebürgert werden und dazu brauchte ich den schrecklichen Job. Also ließ ich mich der Uni gegenüber weiter krankschreiben und hielt durch. Ich zog in der Zeit von der alten Dame weg - bei der ich wohnte - und zog in eine WG ein. Das Scheidungsverfahren lief nebenbei.

Ich erschöpfte langsam, war hin und wieder krankgeschrieben. Mein Arzt sagte mir allerdings, dass Stress nicht krankmache, aber als ich erneut wegen Stress zu ihm kam, verschrieb er mir etwas Amitriptylin und verwies mich auf einen Neurologen. Ich entschied mich jedoch, keinen Ärger bei der Arbeit wegen ständiger Krankschreibung zu riskieren und wollte ihn NACH der Einbürgerung erst besuchen. Ich wurde endlich eingebürgert, kündigte den schrecklichen Job, gerade rechtzeitig für die Scheidung vor Gericht. Einen Tag nach der Scheidung ging es erneut an die Uni, um zu versuchen, dort den Faden wieder aufzunehmen, wo ich vor fast zwei Jahren aufgehört hatte. Ich merkte recht schnell, dass ich erschöpft war. Die Worte der Dozenten erschlossen sich mir nicht, alles schien von einer Art Stacheldrahtgewirr aufgehalten zu werden, das mein Gehirn umgab. Meine Augen brannten ständig. Manchmal schaffte ich es nicht, meine Gliedmaßen zu heben, wenn ich aufstehen musste. Das machte mir große Angst und gab mir das Gefühl, den Zug meines Lebens zu verpassen. Bald kam ich gar nicht mehr aus dem Bett. Ich übergab mich regelmäßig, weil mir die Angst so sehr durch den Magen schoss. Es war, als ob ihn jemand zu einem schrecklichen Knoten verdreht hätte. Ich verpasste Vorlesungen, machte Bekanntschaft mit Cannabis und wollte nur von der Erde verschwinden. Ich kam mir nur noch wie ein Versager vor.

Jetzt bin ich Deutscher, kein Amerikaner mehr und zu Besuch in den USA bei meiner Mutter. Ich bin mir unsicher, ob ich bzgl. der Einbürgerung die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich fühle mich in Deutschland nun doch nicht zu Hause. Wenn ich auf meinen Weg zurückschaue, dann kommt es mir vor, als ob ich wahrlich alles gegeben und getan habe, um dort Fuß zu fassen aber mit einer gewissen bürokratischen Absicht davon abgehalten wurde, eine Heimat zu finden. Ich überlege mir, eine Greencard zu holen und in den USA bei meiner Mutter zu wohnen, hier zu studieren. Aber auch hier bin ich nun Ausländer. Ich fühle mich heimatlos, einsam und verlassen. Seit einem Monat nehme ich auf Anordnung eines Neurologen in Deutschland Citalopram, bin aber trotzdem jeden Tag von Angst gelähmt und völlig unfähig irgendetwas zu lernen, lesen oder zu verdauen. Mein Magen ist weiterhin verknotet, ich esse kaum, weil ich kaum etwas hinunterbekomme. Mich überkommen regelmäßig und recht sporadisch Würgreize, als müsste ich mich übergeben. Ich genieße keinen Augenblick meines Lebens, alles scheint mir völlig sinnlos. Ich fühle mich wie zwischen den Zahnrädern zweier Nationen absolut zermalmt. Bleibe ich in Deutschland, so bin ich auf die Hilfe meiner Mutter angewiesen, mache mir aber auch Sorgen, dass sie irgendwann stirbt, bevor ich meinen Abschluss schaffe. Mit den Bedingungen der Bologna-Reform, wüsste ich gar nicht, wie ich jemals studieren UND arbeiten sollte, dass ich dabei wirklich über die Runden komme. Studiere ich in den USA, so werde ich als Ausländer behandelt, es kostet erheblich mehr und dann wäre das Geld umso knapper, sollte meine Mutter versterben, bevor ich meinen Abschluss schaffe.

Ich bin außerdem so verzweifelt, depressiv und erschöpft, dass ich nichts auf die Reihe bekomme. Das führt auch dazu, dass der Zeitdruck immens ansteigt. Alle sagen mir, ich solle mich einfach ausruhen, aber das Herumliegen macht es nur schlimmer. Ich habe das Gefühl, mit aller Kraft voranpreschen zu MÜSSEN, finde aber die körperlichen Resourcen dazu nicht. Ich glaube ich habe meine kostbare Jugend verspielt, alles dahin geworfen, alles für eine gescheiterte Beziehung aufgeopfert. Je älter ich werde, umso mehr steigt der Zeitdruck, eine Ausbildung hinzulegen, aber das macht mich auch umso erschöpfter und verzweifelter. Ein Teufelskreis. Ich sehe mich eines Tages in einem Zimmer gefangen, wo ich tagein, tagaus nur noch scheußlichen Arbeiten nachgehe, umgeben von mobbendem Personal, wie bei meiner letzten Stelle. Ich war der Beste in meiner Klasse und bin nun ausgebrannt. Wozu die ganze Mühe, wozu das alles? Ich habe täglich sehr rational geartete Gedanken über Selbstmord. Oft erscheint er mir der einzig logische Ausweg zu sein. Endlich Frieden, endlich das Recht zu ruhen, ohne zur Armut oder Ausbeutung verdonnert zu werden.

Ich stelle auch in den USA fest, dass meine Mutter - so lieb sie auch ist - nicht so intelligent ist. Das führt dazu, dass wir in Gesprächen oft nicht auf einer Wellenlänge sind. Ich liebe sie wirklich sehr, fühle mich aber in dieser Hinsicht sehr einsam. Sie schweift mit ihrer Aufmerksamkeit schnell ab und - weil sie das deutsche System nicht kennt - kann sie oft gar nicht genau verstehen, was ich durchgemacht habe. Sie hat einen Freund, der aber auch eine ähnliche Aufmerksamkeitsstörung hat. Ich überlege mir einfach nach Deutschland zurückzukehren und Soziale Arbeit zu studieren. So schnell wie möglich. Meine Hoffnung ist, dass ich das hinbekomme, solange mich meine Mutter noch unterstützen kann, dann könnte ich vielleicht Menschen in meiner Lage eines Tages helfen. Ansonsten sehe ich nur noch Hilfsarbeiten vor mir für den Rest meines Lebens und ich glaube nicht, dass ich ein solches Leben ertragen möchte.

Das war ein SEHR langer Beitrag. Denen, die ihn gelesen haben, möchte ich von ganzem Herzen danken. Ich glaube, meine regelmäßigen Selbstmordgedanken machen mir irgendwo Angst und ich hoffe, dass einige Menschen da draußen doch noch Hinweise oder hilfreiche Vorschläge haben. Mein Leben kommt mir jetzt wie eine Last vor, die ich nicht mehr stemmen kann...
 
S

stbm2014

Gast
Meiner Meinung nach ist Selbstmord aus zweierlei Gründen keine rationale Lösung. Zum einen kann man bei Selbstmordabsichten meines Erachtens nicht rational denken und handeln, und zweitens ist Selbstmord keine Lösung für dich! Hast du mal darüber nachgedacht, dir eine Auszeit zu nehmen und dein Erlebtes mit etwas Abstand zu betrachten und gleichzeitig aufzuarbeiten? Wenn man zu etwas Abstand gewinnt, bekommt man meistens eine andere Sichtweise zu seinen Problemen und findet Lösungen, als wenn man mitten in der Situation steckt. Vielleicht ist eine Therapie genau diese angesprochene Auszeit für dich.
 
G

Gast

Gast
könntest du nicht die doppelte staatsbürgerschaft annehmen, um in den usa zu bleiben. denn du bist doch gebürtiger amerikaner.
 

AD203

Mitglied
Wie alt bist du und wo lebst du momentan? Erzähl noch ein bisschen mehr von dir.
Danke alle für eure Beiträge. Es tut gut zu wissen, dass Menschen da sind und einem zuhören.

@maryanne: Ich bin 27 und lebe momentan in Frankfurt am Main in einer WG. Wenn ich im Kopf "gesund" bin, dann spiele ich gerne Geige, lese und jogge. Wenn Zeit dazu da ist, dann gehe ich auch gerne wandern. Ich bin liebend gern im Wald. Ich wüsste sonst nicht, was ich erzählen sollte...

@stbm: Ich habe gerade eine Therapie angefangen aber bislang haben nur zwei Sitzungen stattgefunden. Ich hoffe, dass die Therapie in Kombination mit einer medikamentösen Behandlung etwas bringt.

@Gast: Die doppelte Staatsbürgerschaft geht eh nicht mehr. Sie wäre nur gegangen, wenn ich

1) weniger bei meinem Job verdient hätte, was wiederum die Ausländerbehörde (Einbürgerungs- und Ausländerbehörde sind unterschiedlich!) dazu hätte veranlassen können, meine Aufenthaltserlaubnis nicht nach einem Jahr zu verlängern (die Verlängerung musste stattfinden, bevor die Einbürgerung entschieden war und die Einbürgerung wäre nur nach Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis möglich gewesen).

2) ich per Gerichtsverfahren nachgewiesen hätte, dass es einen erheblichen existenziellen Nachteil für mich brächte, die US-Staatsangehörigkeit abzugeben. Das hätte aber ein Gerichtsverfahren bedeutet, das sich über lange Zeit hingezogen hätte. Die normale Einbürgerung für US-Bürger in Deutschland ohne Gerichtsverfahren dauert h schon 1,5 Jahre. Und am Ende hätte das Gericht auch trotzdem befinden können, dass ich keinen Nachteil erleide und die US-Staatsangehörigkeit abgeben muss.

Ich hatte darüber nachgedacht, bis April oder Mai 2017 einfach durchzuarbeiten (denn man braucht 60 Monate Beiträge in die Rentenkasse für eine Niederlassungserlaubnis), aber der Job war so grauenvoll und ihn zu kündigen hätte auch eine Beendigung meines Aufenthalts zu riskieren.
 
S

stbm2014

Gast
"@stbm: Ich habe gerade eine Therapie angefangen aber bislang haben nur zwei Sitzungen stattgefunden. Ich hoffe, dass die Therapie in Kombination mit einer medikamentösen Behandlung etwas bringt."

Ich drücke dir die Daumen! :)
 
B

Black Blue Sky

Gast
Lieber AD203,

ich habe deine Geschichte gelesen. Du hast ganz schön was hinter dir...
Ich bewundere deine Stärke, dass du es bis hier hin geschafft hast.
Das hätte ich nicht gekonnt.
Dagegen kommen mir meine Probleme wie Lappalien vor.
Ich weiß leider nicht, welchen Rat ich dir geben soll.
Was ich dir wünsche... ist einfach etwas Erleichterung für deine Seele.
Wenn es nach mir geht, hast du deinen Frieden verdient, auch zu Lebzeiten schon.

Ich wünsche Dir alle Kraft dieser Welt für deinen weiteren Weg, möge es ein heller und schöner Weg sein. :) Lg
 
I

Idaheim

Gast
Ja, das war viel zu lesen. Und es tat etwas mit mir als Leser. Es irritierte und verwirrte. Das Gefühl von absoluter Kontrolle über wirklich alles kam in mir auf. Alles ging vom Kopf aus, und ich spürte nicht den Menschen dahinter. War ein schräges Erlebnis der Widersprüche zwischen suizidalen Wortäusserungen und der absoluten Kontrolliertheit der Aussagen.

Vielleicht liegt darin ein Aspekt ... im Aufgeben der Kontrolle, im Loslassen. Das Leben sorgt für uns. Das glaube ich nämlich.
 

Mitchell

Mitglied
Auch wenn unsere Leben sehr verschieden verlaufen sind, fühle ich mich etwas mit dir verbunden :)
Ich habe auch immer wiederkehrende Suizid-Gedanken, manchmal sind sie Flucht für mich und ich gebe mich hin, manchmal, wenn ich dem Leben wieder mehr zugewandt bin, machen sie mir Angst und oft schäme ich mich dafür.
Ich gehe übrigens auch gerne wandern und in die Natur, das gibt mir Kraft. Denn was mir zu schaffen macht, dass sind auch oft die gesellschaftlichen Zwänge und Regeln. Ich jammere auf einem hohen Niveau, ist klar, aber dadurch, dass ich verpasst habe, bis heute (bin ungefähr in deinem Alter) nicht auf eigenen Beinen stehen zu können, macht es mir Angst, ob ich das jemals schaffen werde, zumal ich nicht auf einen festen Beruf hinstudiere.

Das mit der Kontrolle kann ich bestätigen. Das fällt mir auch oft sehr schwer. Suizid ist für manchmal auch so ein schöner Gedanke, weil ich, glaube ich, einfach große Angst vor dem unberechenbarem Leben habe, und Suizid, bildet man sich ein, ist vielleicht die Kontrolle pur.
Aber Suizid ist auch so endgültig, und man nimmt sich mehr, als man gibt. Aber in die Richtung mag ich nicht allzu sehr weiter schreiben, denn ich verstehe , wenn man mich nicht für glaubwürdig hält ;)
Wenn du magst, können wir uns gerne mal per PN austauschen.

Mir hilft übrigens oft Lyrik, Literatur oder Musik gut über die Runden. Meistens verstehe ich dann, dass andere Menschen ganz ähnlich dachten, denken oder ähnliche Empfindungen haben/hatten. Und dass wir uns alle auf dieser Welt darum bemühen, unser Leben erträglich zu machen. Ich dachte nämlich früher oft, allen anderen fällt es leicht oder selbstverständlich. Aber dann merkte ich, dass viel mehr Menschen hadern. Und so kann man seine Suizid-Gedanken vielleicht auch annehmen, in dem Sinne, als dass man sie relativieren kann und sie weniger furchterregend erscheinen.

Dieses Gefühl, dass einem gesagt wird, man solle sich ausruhen, man möchte aber endlich alles anpacken, weil man das Gefühl hat, der Berg wird immer größer und man kriegt nichts auf die Reihe, kenne ich. (bzw. ich habe deine Aussage so ausgelegt.)
Manchmal hat man aber einen Tunnelblick. Hast du dich mal wirklich ausgeruht und Kraft getankt? Auch wenn man denkt, man habe es nicht verdient... das ist Unsinn.

Wenn du magst, schreibe mir mal PN :)
 

AD203

Mitglied
Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure Rückmeldungen und lieben Worte. Ich denke, ich tue mich wirklich sehr schwer mit Kontrollverlust. Dass ich in den letzten Jahren wie ein Stück Treibholz auf einem tobenden Meer dahin gespült wurde, machte und macht mir zu schaffen. Mir scheint oft so viel Kraft und Energie notwendig um bloß den Alltag zu bestehen, um bloß nicht den Bach völlig runterzugehen. Daher auch die Gedanken an den Tod, an die Erlösung von etwas, was ich nicht mehr als Leben, sondern als ständigen Kampf ums ÜBERleben empfinde. Für mich hängt damit auch vieles mit einem fehlenden Studium und der Erschöpfung zusammen. Ich hatte immer davon geträumt, eine Familie zu gründen und brauche dafür einen vernünftigen Beruf, wenn ich jemals Kinder ernähren soll. Mein gesundheitlicher Zustand fesselt mich aber ständig ans Bett. Ich möchte das Gefühl, dass mir die Zeit davonsickert, loswerden, denn es ist ja die Ursache meines Burnouts: Der Drang handeln zu müssen bei gleichzeitiger Unfähigkeit zu handeln. Diese Situation der Ohnmacht erschöpft das Nervensystem.

@Idaheim: Dass das Leben für uns sorgt, ist eine schöne Vorstellung. Ich glaube, dass das Leben es auch gut mit uns meint. Die Bürokratie und die ständigen damit einhergehenden Kampfsituationen haben mich aber vom Leben "abgeschnürt". Das macht sich am meisten durch ständige Magengeschwüre und ein Gefühl der Verknotung im Bauch bemerkbar. Ich suche wieder das alte Bauchgefühl des Vertrauens, des Sich-Fallen-Lassens, aber momentan finde ich es nicht. Ich denke, man wird es finden wenn man - wie du schreibst - lernt, die Kontrolle abzugeben.
 

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