Finde ich irgendwie unlogisch. Du könntest das doch ihm überlassen, wie wichtig er das nimmt. Und es wird sowieso nichts mehr im Leben so, wie es einmal war. Es wird anders, aber nicht unbedingt schlechter. Kann ja auch sein, man lernt sich noch besser kennen und ist sich nachher noch näher.
Wenn ich fies wäre, würde ich schreiben, es ist nicht jeder so nachtragend wie du, aber da ich das nicht bin, schreibe ich das nicht.
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Ich hab das Thema hier aufgeworfen, weil ich mir selber nicht so ganz klar war, was ich davon halten soll, und je länger ich darüber nachdenke, desto komplizierter scheint es zu werden. Ich versuche mal ein paar Gedanken aufzudröseln.
Zunächst einmal denke ich, dass es nicht um den Akt an sich geht, sondern darum, dass der Fremdgeher einem dritten / anderen Menschen nahe kommt, evtl. näher als dem/der Betrogenen. Dadurch wird die Beziehung infrage gestellt. Nicht mehr ich bin der wichtigste Bezugspartner, sondern vielleicht die Affäre meines Partners. Ich laufe Gefahr, meinen Partner zu verlieren, oder ich irre mich in Bezug auf meine Wichtigkeit für meinen Partner. Und wenn mein Partner mich darüber im Unklaren lässt, dann ist das das eigentliche Vergehen. Er bzw. sie ist nicht ehrlich, spielt nicht mit offenen Karten, spielt einem gewissermaßen was vor. Das ist das Verwerfliche. Was aber, wenn derjenige gar nichts vorspielt, weil die Liebe echt und nicht in Gefahr ist und der Sex nebenbei nur ein zusätzliches Gimmick? Wenn es gar nicht um Intimität geht, sondern nur um ein kurzes Erlebnis, und wenn der Sex mit dem festen Partner darunter nicht leidet, vielleicht sogar besser und intimer wird?
Was aber, wenn der "betrogene" Part (wird in dem Fall ja nicht richtig betrogen, aber nennen wir es trotzdem mal so) das aber nicht kapiert oder nicht glauben würde? Wenn derjenige der Sache zuviel Gewicht geben würde? Wenn die Beziehung glücklich bis ans Lebensende gehen könnte, aber derjenige (der "Betrogene") die Beziehung unnötig beenden würde, weil er das Fremdgehen falsch interpretiert, nur diese eine Sichtweise kennt: Fremdgehen = Betrug?
Wäre es dann nicht sogar besser, der Fremdgeher schützte den Betrogenen in diesem Fall vor dessen eigenen verheerenden Entscheidungen? Wie immer ist es auch hier problematisch, wenn Menschen für andere Menschen entscheiden, sie quasi zu ihrem Glück zwingen und die eigene Urteilsfähigkeit höher einschätzen als die des anderen.
Trotzdem denke ich, dass so eine Konstellation vorkommen kann. Ich habe einmal in den Medien und einmal im Bekanntenkreis so eine Story mitgekriegt, wo ich sagen würde: Besser, es kommt nicht raus. In beiden Fällen war der Mann der Fremdgeher und die Frau diejenige, die aus meiner Sicht eine zu große Sache daraus gemacht hätte bzw. auch daraus gemacht hat (was dazu führte, dass ein Paar, das sich immer als füreinander bestimmt erlebt hat, zerbrochen ist und nun wahrscheinlich beide ziemlich unglücklich älter werden). Ich habe den Eindruck, als ob Frauen oft in das Fremdgehen ihrer Männer mehr reininterpretieren als die Männer, vielleicht weil Männer sowieso eher dazu neigen, Liebe und Sex getrennt zu sehen, während bei Frauen Sex tendenziell eher mit Gefühlen verbunden ist. Letztlich ist das alles die Evolution schuld.
Man kann natürlich sagen, der Mann darf dann halt nicht fremdgehen, eben WEIL er seine Frau damit so verletzen könnte. Aber mal ehrlich, wenn man etwas nicht so sieht und nicht so empfindet, richtet man sich dann trotzdem danach? Wenn der Partner z.B. sagt, fahr nicht so schnell, ich empfinde das als gefährlich, dann fährt man halt langsamer - solange der Partner der Beifahrer ist. Man verspricht ihm auch noch, vorsichtig zu fahren, wenn man alleine fährt. Aber fährt man dann auf Dauer auf der Landstraße tatsächlich nur 80, weil man weiss, der Partner, der daheim sitzt, hätte das gerne so?
Die Aussage, dass es ja "nur" darum gehe, sein Gewissen zu erleichtern, überzeugt mich überhaupt nicht. Es ist ja nicht verkehrt, ein Gewissen zu haben. Ich denke aber, dass das Gewissen auf Dauer nur drückt, wenn man auch wirklich was zu verbergen hat. Ein einmaliger Ausrutscher dürfte das nicht erreichen, den vergisst man.
Nochmal zu dem, was ich oben gesagt habe: Wenn man den Partner im Unklaren über die Beziehung lässt bzw. ihm was vorspielt, ist das verwerflich. Allerdings müsste dann ja auch schon aussprechen, wenn bzw. sobald man in Gedanken an der Beziehung zweifelt. Das macht ja aber auch nicht jeder in jeder Situation. Es kann sogar sein, der eine zweifelt in Gedanken stark an der Beziehung und beendet sie wenig später ohne Vorwarnung, der andere geht fremd, liebt aber seine Frau weiter und würde die Beziehung nie beenden wollen. Wer ist nun schlimmer?
Fazit: So lange ich auch überlege, am Ende ist es schwierig, ein Dilemma. Am Ende sind banal-pragmatische Lebensweisheiten wie "Beichten hat mehr Ehen zerstört als Schweigen" oder "Was, wenn es dann doch rauskommt?" vielleicht auch nicht weniger weise als alle Gedanken zu Moral usw. Auf jeden Fall kommt es auf den Einzelfall an, man muss abwägen, was gerade richtiger und wichtiger ist.