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Teufelskreis - Deutsche Gesellschaft

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ich studiere nun seit über 3 jahren in einer bayerischen stadt. geschichte, kunstgeschichte und ethnologie auf magister. ich wollte etwas machen was mich interessiert und meinen neigungen entspricht - hab mich also bewusst gegen unsere leistungsorientierte gesellschaft entschieden.

seit ich (vor 10 monaten) meinen lieben freund gefunden habe und jetzt mit ihm in unserer gemeinsamen wohnung lebe, haben sich meine früheren "freunde" von mir zurückgezogen. trotz einiger versuche die kontakte aufrechtzuerhalten, passte ich einfach nicht mehr in diese weggeh-singel-clique.
also sind meine sozialen kontakte so gut wie nicht mehr vorhanden. ich leide sehr darunter. aber die interessen lassen sich nicht mehr vereinen.
abends weggehen bringt mir nichts mehr. das endete dann meistens in sinnloser abdichtung und depressionen. ich pack die leute nicht mehr und diese immergleiche musikscheiße (ich war schon in corssover&independent schuppen, aber diese soundauswahl...alles kommerzscheiße)
mir kommt es so vor, als würden die jugendlichen mitmenschen über nichts wirklich nachdenken. ich hasse diese einfältige fun und konsumgesellschaft. studentenleben !? mir fehlt der enthusiasmus der 68er... ich glaub ich lebe in der falschen zeit. und das schlimmste ist, man kann sich selbst so schlecht entziehn. ich hasse diese einkaufszentren. nur dafür geschaffen, dass das dumme volk seine hartverdiente kohle raushaut und weiter gehts mit schuften.
und ja nicht darüber nachdenken und irgendwas in frage stellen.

seit ca einem jahr läuft mein studium nur noch so als alibi. ich hab immer noch 2 hausarbeiten (die schon vor einem jahr fertig sein sollten) auf meinem schreibtisch liegen. mir kommt alles so sinnlos vor. ich hab null zukunftsperspektiven. keinen auftrieb ein praktikum zu beginnen. (versagensangst verbunden mit dem gedanken: bringt doch eh alles nix, die übernehmen dich nie)
dann hab ich auch wieder phasen, wo ich garnie teil dieser gesellschaft werden will. aber was bleibt an alternativen ?!!
ich würde so gern einen neuanfang starten in einer anderen stadt. raus aus bayern. RAUS AUS DIESER KLEINBÜRGERLICHEN BESCHRÄNKTHEIT ! liebendgern raus aus deutschland !

egal wo man in dieser scheiß stadt hingeht, überall lauern bullen. man fühlt sich nur noch überwacht in diesem scheiß polizeistaat. ich bin seit letzten sommer polizeilich erfasst - ich schwerkrimminelle - bin mit dem rad und 1,1 Promille heimgeradelt. Der Spaß brachte mir eine nacht im knast und das vergnügen in handschellen abeführt zu werden (tja, die mögen das nicht, wenn man n bisserl alternativ ausguckt) diese scheiße kostete mich über 600 euro. und ich war noch so klug und hab mir ne beamtenbeleidigung verkniffen !!!!
aber wir kommen hier nicht so schnell weg. mein freund ist durch seine ausbildung gebunden.

ich habe langsam ihm gegenüber ein so schlechtes gewissen. er steht jeden morgen früh auf und zieht seine ausbildung so toll durch und ich gammel hier nur in der wohnung ab. mich nerven die menschen in dieser scheiß stadt. Außerdem bin ich bin enttäuscht vom kulturellen angebot - und dabei wollten die sich auch noch als kulturhauptstadt sehen. aber wenigstens gabs doch noch irgendwo gerechtigkeit, denn sie sind ausgeschieden. die theaterlandschaft ist öde und die museen sind poplig. wie soll man hier den auftrieb bekommen da irgendwo mitwirken zu wollen.

mir fehlt hier die natur und meine geliebten berge.
ich weiß nicht weiter. mein einziger lichtblick sind meine rucksackreisen.
aber ich bin mir bewußt, dass das nur eine art von flucht ist.

ich komm nicht mit unserer gesellschaft klar, hab angst vor der zukunft.
ich weiß, dass ich potential hab, aber komm nicht aus meinem schneckenhaus raus. nirgends findet man gleichgesinnte.
ich bin in einem teufelskreis, aus dem ich nicht mehr rauskomm.

mein traum wär ein job, mit netten menschen, wos nicht um leistung - sondern kreativität oder sozialen einsatz geht. ein traum....
 
Gast meinte:
mein traum wär ein job, mit netten menschen, wos nicht um leistung - sondern kreativität oder sozialen einsatz geht. ein traum....


Auch diese Jobs erfordern Leistung.

Auch Kreativität ist Teil einer Leistung und im sozialen Einsatz wird noch mehr Leistung verlangt. Da kann ich nicht mit einer "Null-Bock-Null-Future-Stimmung" an die Arbeit gehen. Denn gerade von der sozialen Leistung (Arbeit mit Behinderten, Alten, Kranken,und was weiß ich noch alles) sind Menschen betroffen, die die tägliche Leistung benötigen, um ihre Lebensfähigkeit zu bewahren.

Ich fürchte, Dein Problem ist, dass Du nicht weißt was Du willst. Und wenn ich Deinen Ausführungen so folge, drängt sich mir der Schluss auf, dass Du irgendwo passiv orientiert bist. Versuche es doch einfach mal damit, Dich selbst zu aktivieren. Das eröffnet so manches.
 
Hallo!
Was machst du denn den ganzen Tag?
Vielleicht findest du ja was, was dir Spaß macht...du träumst von einem tollen Job...aber die kommen nicht durchs Fenster auf deine Couch geflattert.
Mich nervt in diesem Staat auch ziemlich viel an. Aber ich will mich von diesen Idioten nicht ins Boxhorn jagen lassen. Bin momentan ziemlich motiviert, mein Studium schnel zu beenden, dann hoffentlich eine Doktorandenstelle zu bekomme. Aber unsere Herren Politiker streichen uns immer mehr die Stellen und die Gelder...faseln von Eliteunis...ist doch nur alles leeres Geschwätz....wir hatten einen in der Arbeitsgruppe, der hat jetzt seine Diplomarbeit abgegeben und eigentlich müßte man da jetzt weiterarbeiten und ne Doktorarbeit schreiben, aber dafür ist keine Kohle da. Gerade in der Forschung wird so uneffektiv gehandelt und gewirtschaftet...
Naja...da muss man eben die Konsequenzen ziehen. Ich will auch irgendwann raus aus Deutschland!
Und wenn du da auch willst, mußte auch was dafür tun! Irgendwann ist dein Freund doch fertig...und dann hast du immer noch nichts in der Tasche!
Ich würde in den sauren Apfl beissen, mich durch Studium kämpfen und danach abhauen. Irgendwie muss mans ja den Politikern zeigen. Die jammern immer, dass es so viele Arbeistlose gibt, aber für qualifizierte Jobs ist kein Geld da.
Ich denke mir jetzt, ich nutze noch aus, dass ich hier noch reativ günstig studieren kann (ab SS 07 muss ich auch Studiengebühren zahlen...aber hoffentllich nur ein Semester) und dann mach ich die Biege und lasse andere Länder von meine qualifizierten Wissen profitieren.
Sollen die Deutschen doch alle immer älter werden und sollens doch ruhig immer mehr Soziempfänger werden...irgendwann geht as hier doch eh alles unter....wenn die so weitermachen wie bisher!
 
Hi,

wow auf Anarchotrip? Wäre ne gute Sache diese Power und den Hass zu sublimieren in eine kreative und andere Lebensweise zu kanalisieren...Statt 60er Revolte nur private 00er Revolte oder so.

Ich denke enorm wichtig ist es den eigenen Sinn des Lebens zu finden, bzw. sich selber durch sinnvolle Tätigkeit, redliches Bemühen es besser zu machen als all die gehassten Typen und Typinnen etc. Der Sinn des Lebens wird einem ja nicht auf nem Silbertablett oder per Post frei Haus geliefert, es ist stattdessen ne echt anstrengende Kiste den für sich zu erschaffen. Sinn des Lebens und Lebensperspektiven kommen nicht von allein, sondern müssen erkämpft werden.

Du schreibst, du gammelst nur in der Wohnung ab....tja ich würde sagen ein recht frustrierendes und aggressionssteigerndes Lebensprinzip so was, kein Wunder das man dabei mies draufkommen kann.

Wie wäre es wenn du deine enorme Hassenergie mal in Leistungssport stecken würdest...ich denke dann könntest du ggf. Erfolge einheimsen...oder setz dich mal mit den so stereotyp in die Welt gesetzten Hasspolemiken politisch auseinander...geh in ne Uni, diskutier dich da mal so richtig aus...oder trete ner politischen Vereinigung bei um deine Ideen, wie die Gesellschaft anders besser funktionieren könnte sinnvoll ein....ich finde ein wenig Anarchismus und frischer Wind und neue Ideen wäre/n da gar nicht mal so schlecht.

Wenn dir die Berge fehlen: geh hin, zieh um. Oder such dir Abwechslung und ne sinnvolle Beschäftigung...und sei es ne ehrenamtliche Tätigkeit oder Minijob Hunde ausführen im Tierheim, Altenpflege, Gartenarbeiten irgendwo oder sonswas...Lies, bilde dich..

Jeder hat Angst vor der Zukunft, nichts ist gewiss, aber dadurch sollte man sich nicht erschüttern lassen. Ich selber komme auch mit einigen gesellschaftl. Dingen nicht zurecht, hab Soziologie studiert und weiss jetzt wie das meiste funktioniert und habe solangsam auch Wege gefunden meine kleinen Anarchismen auszuleben und mit meinen Ansichten durchzukommen....aber das war und ist halt ein hartes Stück Arbeit und Wissen und Angsüberwindung und mal auf die Nase fallen, wieder aufstehen und neu loslegen und all das, was halt das normale Leben ausmacht. Ich seh an sich nur zwei Alternativen...entweder man hat Angst vor allem verkriecht sich, macht nix mit seinem Leben und versteigt sich aufs Meckern über die Dinge, oder aber man wächst jeden Tag ein wenig mehr über sich und seine Ängste hinaus, stürzt sich ins Leben, unternimmt viel, macht viel, hat viel Kontakte zu Menschen (nicht nur zu einem Menschen ...das ist ne zu grosse Abhängkigkeit und engt den Horizont ein) tauscht sich aus, setzt sich auseinander etc. und gewinnt dadurch viel Lebenserfahrung, Kraft und Lebensfreude und kann auch was an Dingen, die einem nicht so passen was ändern.
Also das ist meine Meinung dazu. Was du machst und für welchen Weg du dich entscheidest bleibt dir überlassen...Ich denke du bist ja auch noch jung und jeder hat mal sone Phase der Auflehnung hinter sich....ist an sich gar nicht mal so schlecht, aber wichtig ist, dass man den Anschluss an die Realitäten, die gesellschaftlichen Realitäten nicht ganz verliert...mögen diese einem nun gefallen oder nicht. Man hat ja auch die Möglichkeit die Gesellschaft zu wechseln...d.h. in Afrika ist ehrenamtliche Arbeit im Gesundheitsbereich hochwillkommen...Oder man zieht nach Kanada in ne Waldhütte und macht auf Walden III,oder man zieht hierzulande mit ner Landkommune zusammen, oder studiert Ethnologie und zieht mit Mongolen durch die Steppe, oder studiert Philosophie, findest die Cyniker Klasse und machst es wie Diogenes: zieht einfach in ne Regentonne und verbreitet schlaue Sprüche...etc. etc.
Ich finde wir leben in recht friedlichen und luxoriösen Zeiten, die Aussichten für Frauen sind in unserer GEsellschaft zwar nicht optimal, aber auch wiederum gar nicht mal so schlecht...ist alles relativ ...jeder hat ne Menge Möglichkeiten, wenn er diese ergreift...wenn man das anders sieht sollte man dringend mal Paul Watzlawicks Büchsken: Anleitung zum Unglücklichsein antun um mal zu schauen wie weit man sich und sein Lebensglück mit seiner Grundhaltung selber deckelt.

Gruß
Tyra
 
Hi!!

Ich habe mich auch mal so ähnlich wie du gefühlt und auf alles geschimpft. Auf die Gesellschaft, auf die Medien, auf meine Stadt und eben sonst auch auf alles. Irgendwann habe ich aber erkannt, dass es nicht an der Stadt liegt, in der ich lebe, nicht an Deutschland und auch nicht an meinem Bekanntenkreis. Du alleine bist das Problem.
Wenn Deutschland ein Polizeistaat ist, was ist dann zB Portugal, in dem man alle fünf Minuten nach dem Ausweis gefragt wird von Beamten.
Zu dieser Konsumorientierten Gesellschaft gehören viele Millionen Miesmacher und gerade bist du einer von ihnen. Weglaufen würde dir nichts auch nichts bringen, denn so ist die heutige Welt nun mal. Du kannst die Welt nicht ändern, dir bleibt nur übrig dich selbst zu ändern und damit deine eigene Welt um einiges lebenswerter zu machen.
Du studierst das was du willst, wohnst mit deinem Freund zusammen und hast es offensichtlich sonst auch nicht so schwer im Leben, für mich hört sich das ziemlich gut an.
Auch wenn sich das eintönig anhört, aber du musst eben versuchen das beste aus deinem Leben zu machen und dir die schönen Seiten besonders heraus zu nehmen und besonders zu leben. So wirst du auch wieder Sinn in deinem Leben sehen
 
seit ca einem jahr läuft mein studium nur noch so als alibi. ich hab immer noch 2 hausarbeiten (die schon vor einem jahr fertig sein sollten) auf meinem schreibtisch liegen. mir kommt alles so sinnlos vor. ich hab null zukunftsperspektiven. keinen auftrieb ein praktikum zu beginnen. (versagensangst verbunden mit dem gedanken: bringt doch eh alles nix, die übernehmen dich nie)
dann hab ich auch wieder phasen, wo ich garnie teil dieser gesellschaft werden will. .

Das scheint mir der Kern Deines Problems zu sein: Du identifizierst Dich nicht mehr mit Deinem Studium, Deinen Zielen, Deinen Berufswünschen.

Ich habe 12 Semester studiert. Klingt nach viel, war jedoch die übliche Dauer für Magister + Doc. Und ich darf Dir rückblickend sagen, ich war während dieser langen Zeit immer mal wieder Meister in der Hassprojektion auf Staat, Gesellschaft und kommerzielles Kulturschaffen. Alles korrupt, alle doof, nur ich natürlich nicht.

Und warum?

Weil mich das Studium frustriert hat. Das war aber meine eigene Schuld. Ich habe es zeitweise nicht geschafft, mir meine eigenen Strukturen zu bauen und, mich an diesen orientierend, selbständig um meinen Erfolg zu kämpfen. Zeitweise habe ich mich gehenlassen. Auch wenn das immer nur Tage oder höchstens eine Woche war, explodierten genau in dieser Zeit meine selbstgemachten Probleme in geradezu kosmische Dimensionen. Nicht nur der Staat, nein die ganze Welt ist verkehrt...nicht wahr, mit ein paar Vorlesungen Erkenntnistheorie kann man sich die projektive Selbstbelügung dann auch noch theoretisch schön ausstaffieren...

Dass ich dennoch alles erfolgreich bewältigt habe, halten meine Feinde für einen Beweis für die Ineffizienz unseres Hochschulwesens...*lach*

So, nun aber nach diesem langen biografischen Schlenker zu Dir: DEine Situation ist nicht so disjunkt von meiner. Auch Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ich habe eins gelernt: wer das nicht ernstnimmt, was er tun muss, wird nie tun können, was er will. Ich habe mir irgendwann selbst die rote Karte gezeigt und mir gesagt, dass ich mich endlich bewegen muss, wenn ich irgendwo ankommen muss. Das war das Startsignal. Und das kannst Du auch. Momentan lamentierst Du nämlich im Wartesaal, während der Zug abfährt.
 

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