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Überforderung, Gespräch mit Chef - dringende Bitte um Rat

Demotivation

Mitglied
Hallo allerseits,


vor ein paar Tagen habe ich hier schonmal einen Thread aufgemacht, aber hier geht es mir eigentlich nur um meine momentane Situation. Ich weiß nämlich langsam absolut nicht mehr weiter. Entschuldigung schonmal, das könnte etwas ausführlicher werden.


Seit einem Jahr bin ich in meiner jetzigen Firma beschäftigt. Wir sind eine kleine Anwaltskanzlei: Zwei Anwälte, eine angestellte Rechtsanwältin, und ich, die das Sekretariat schmeißt. Und da ist das Problem. Als ich hier angefangen habe, gab es eine Kollegin für das Sekretariat - eine gelernte Kraft, was auch gut war, ich bin nämlich KEINE ReFa. Von den fachspezifischen Sachen habe ich absolut keine Ahnung. Abgemacht war, dass ich die Buchhaltung übernehme, zudem bin ich fürs Englische zuständig (wir haben viele internationale Mandanten, da ist das notwendig).
Mit meiner Kollegin kam ich gut aus, aber die Chefs wohl weniger. Als sie dann auch noch einige Wochen krankgeschrieben wurde, haben sie sich dazu entschieden, ihr zu kündigen. Da saß ich auch ziemlich zwischen den Stühlen seinerzeit, es lief nämlich so ab, dass meine Chefs mich zunächst darauf angesprochen haben, ob ich mir zutrauen würde, "für ein paar Wochen" den Laden alleine zu übernehmen, bis Ersatz für die Kollegin gefunden ist. Dem hatte ich zugestimmt, und ansonsten versucht mich aus dem Konflikt rauszuhalten.


Das war im Februar. Durch Krankschreibung und dann eben Kündigung der Kollegin bin ich faktisch seit Anfang Februar allein im Büro. Die paar angedachten Wochen zogen ins Land, dann die nächsten Monate.. tja, und jetzt haben wir fast September und immer noch keine neue Mitarbeiterin. Es wurde zwar inseriert, aber es war tatsächlich bisher kaum jemand "brauchbares" dabei - entweder zu lange aus dem Job raus, oder noch gar keine Erfahrung, oder im Vorstellungsgespräch hat Chef 1 gemerkt, dass er mit denen nicht zurechtkam.


Ich fühle mich langsam komplett ausgebrannt. SO alleinverantwortlich musste ich noch nie arbeiten, zumal ich von vielen Dingen hier auch immer noch absolut keine Ahnung habe. Es ist ständig ein Gefühl der totalen Unsicherheit da, ich kann mich mit niemandem absprechen, nirgends nachfragen. Fristenkontrolle ist besonders schön - bei Anwälten nunmal das absolut wichtigste überhaupt, aber von vielen üblichen Fristen weiß ich einfach nichts. Wenn hier was verpennt werden sollte, ist es meine Schuld, und mir wird wirklich schon ganz anders, wenn ich nur darüber nachdenke. Am liebsten würde ich mich krank schreiben lassen, aber davon ist ja immer noch niemand da, der die Arbeit übernimmt - würde also eh an mir hängenbleiben, nur zeitversetzt und dann dringender.


Ursprünglich hatte ich geplant, eben so lange zu bleiben, bis Ersatz da ist, und dann erstmal Urlaub zu machen. Eine Woche hatte ich zwischendurch tatsächlich frei - ich glaube, dass ich vor meinem Chef in Tränen ausgebrochen bin, als es hieß, der andere würde den Urlaub nicht genehmigen, hat einen gewissen Eindruck gemacht. Leider. Mir war das oberpeinlich.


Die Chefs sehen das Problem wohl nicht so akut. Als ich es mal angedeutet habe, fing Chef 2 an, seine ehemalige Bürovorsteherin in höchsten Tönen zu loben - "Die hat fünf Anwälten zugearbeitet und das problemlos geschafft!" Ja schön, die war auch gelernte Betriebswirtin mit zwanzig Jahren mehr Berufserfahrung als ich.


Chef 1 ist allerdings das Hauptproblem. Eigentlich komm ich mit ihm leidlich aus, er ist einfach sehr launisch - wenn er mal schlecht drauf ist, dann kriegen das alle ab. Er brüllt zwar nicht durchs Büro, aber er hat dann schon eine sehr einschüchterne Präsenz. Wie ich mittlerweile mitbekommen habe, ist er wohl der Grund dafür, dass es hier in den letzten Jahren häufiger Personalwechsel gab, irgendwann haben's die Damen hier nicht mehr ausgehalten. Er denkt da wohl nicht drüber nach - hat mir auch schon mehrmals signalisiert, dass ich mich jederzeit an ihn wenden soll, wenn's ein Problem gibt - aber er ist auch derjenige, der mir 90 % der Arbeit aufdrückt, auch gerne mal seine private Buchhaltung, Post etc.


Ich habe mir jetzt selbst die Pistole auf die Brust gesetzt und Chef 1 gefragt, ob wir morgen einmal miteinander reden können. Leider bin ich mir noch überhaupt nicht sicher, was ich denn alles ansprechen sollte. Dass viel Arbeit da ist, das weiß er selbst. Am liebsten würde ich nach einem Zwischenzeugnis fragen, aber dann schrillen bei dem eh die Alarmglocken. (Das ist noch so ein Ding: Er ist derjenige, von dem ich mein Zeugnis bekommen muss im Zweifelsfall - meine Vorgängerin hat erst letzte Woche (!), also über ein Jahr nach der Kündigung, ihr Zeugnis erhalten, und auch da nur ein neutrales.)


War jemand von euch vielleicht schonmal in so einer Situation? Was würdet ihr ansprechen, was lieber nicht? Wie würdet ihr das Gespräch anfangen? Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll.
 
Du solltest die Karten ganz offen auf den Tisch legen. Sag ihm, das in der Stellenausschreibung, keine Rede davon war, das Du den Laden alleine schmeißen mußt. Mach ihm auch klar, das Du aufgrund mangeldner Erfahrung nicht in der Lage bist, den Job alleine zu machen. Du kannst ihm auch eine Frist setzen, bis wann er eine 2 Kraft einstellen soll, ansonsten würdest Du kündigen. Nur Mut und lass dich nicht hinhalten.
 
Am Besten, du setzt dich hin und machst dir Stichpunkte für das Gespräch. Ein Anwalt wird eine gute Vorberitung zu schätzen wissen. Was willst du wirklich besprochen haben, wenn das Gespräch zu Ende ist? Urlaub? Einstellung einer zweiten MA im Büro? Möchtest du dich neu orientieren? Das sollte dann auch der Gesprächseinstieg werden: Ich habe Sie um dieses Gespäch gebeten, weil ich XY thematisieren wollte. Was ist dein Wunschergebnis? Was ist das Ergebnis mit dem du so gerade noch leben kannst? Was ist das schlechte denkbare Ergebnis?

Mach' dir bewusst, was du einzusetzen bereit bist: Würdest du andernfalls kündigen? Kannst du die Verantwortung "zurückübertragen" ("Ich kenne leider nicht alle relevante Fristen und möchte deswegen in diesem Fall für ein Versäumnis nicht die Verantwortung tragen.").

Kannst du den Ablauf der Ereignisse nachvollziehen, möglichst konret mit Datum: Wann wurdest du eingestellt, wann wurde dir Unterstüzung zugesagt, wann ging die Kollegin? Kannst du vielleicht anbieten, dich um die Einstellung einer neuen Kollegin zu kümmern? Kannst du Fortbildungen anbieten, um eventuelle Lücken zu schließen?

Gutes Gelingen!
 
Danke für eure Antworten!

Ich wollte zumindest ein Feedback geben, jetzt lief nämlich doch alles etwas anders als geplant. Ich hab letzte Nacht nur drei Stunden geschlafen, fühl mich ziemlich daneben, und wollte mir heute mittag in Ruhe Stichpunkte überlegen (da das Gespräch nachmittags stattfinden sollte).

Dann rief mich mein Chef allerdings schon um neun zu sich, um das vorzuziehen. Ich natürlich dezent unvorbereitet, neben der Spur.. naja. Bin noch nicht so ganz beisammen.

Ich habe das Gespräch dann einfach so angefangen, dass ich ganz schlicht und einfach gefragt habe: Wie zufrieden sind denn die Chefs derzeit mit mir? Einfach um selbst auch eine Rückmeldung zu haben. Die Antwort war recht deutlich; ich sei effektiv, eine geschätzte Mitarbeiterin, man sei nach wie vor sehr glücklich, mich in die Firma geholt zu haben. Und man habe mich ohnehin mal ansprechen wollen auf eine Gehaltserhöhung...

Bin gerade noch etwas baff. Naja, im Laufe des Gesprächs haben wir geklärt, dass momentan die Stimmung absolut nicht stimmt, und ein paar Punkte erarbeitet. Erstmal sieht der Plan so aus: Ich kann mir frei überlegen, ob ich in den nächsten Wochen - oder wann auch immer - mal einen längeren Urlaub machen möchte, die meisten Urlaubstage von diesem Jahr hab ich ja eh noch. Um Vertretung kümmern sich die beiden dann schon. Zudem wird jetzt eiligst eine Teilzeitkraft gesucht, die mir die fachspezifischen Sachen abnimmt. Eine Gehaltserhöhung wird es geben, die Höhe wird allerdings noch mit dem zweiten Chef abgesprochen (Zitat: Wir müssen dann mal rechnen und kommen wieder auf Sie zu.).

Hätte nicht gedacht, dass es so ausgeht. Dann hoffe ich jetzt mal nur, dass auch Taten folgen.

Danke nochmal.
 

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