Vater nach langer Kontaktstille gestorben, quälende Schuldgefühle

Taisa

Neues Mitglied
Hallo liebe Community,

vor einiger Zeit habe ich bereits in einem anderen Thread meine Situation geschildert.
https://www.hilferuf.de/forum/famil...gehauen-kein-kontakt-seitdem.html#post3124865

Trotz der Anregungen habe ich es nicht fertig gebracht, mich bei meinem Vater zu melden, bis meine Mutter mich im November anrief und mir mitteilte, dass er gestorben sei.

Ich bin immernoch total neben der Spur. Ich habe mich über die Jahre andauernd gefragt, wie ich damit umgehe, wenn es passiert und trotzdem wusste ich einfach nicht, wie ich auf ihn zugehen soll oder hatte Angst davor. Jetzt ist es zu spät und er hat natürlich all die Fragen, die mir seinetwegen durch den Kopf gingen, mit ins Grab genommen. Warum hat er mich nicht einmal angerufen oder mir geschrieben? Konnte er nicht? Wollte er nicht? Hat er sich so sehr geschämt? War ich ihm egal, wollte er nur seine Ruhe? Irgendetwas muss ja in ihm vorgegangen sein, wie ist es ihm in dem Pflegeheim ergangen?

Ich hatte vor, mich irgendwann einmal zu melden, sei es nur, einen Brief zu schreiben. Aber ich bin selber schon seit Jahren in psychologischer Behandlung, habe Depressionen und eine laut Klinik "kombinierte Persönlichkeitsstörung", die ihren Ursprung wahrscheinlich auch in meinem Elternhaus finden lässt. Ich komme einfach nicht voran in meinem Leben, meine Gedanken kreisten und kreisen immer noch um soviele andere Dinge, dass es diesen Thread sprengen würde. Viele haben mir geraten, ich solle mich zunächst auf mich selber konzentrieren; dass eine Kontaktaufnahme zu meinem Vater vielleicht nur eine Zusatzbelastung darstelle und ich erstmal davon absehen sollte. Meine Mutter hat mir erzählt, dass sie ihn vor Gericht vor ungefähr einem Jahr noch einmal gesehen hat als es um die Scheidung ging. Er hat einen dermaßen geisteskranken Eindruck auf sie gemacht, dass sie den ganzen Rückweg weinen musste. Er hat scheinbar allerhand Psychopharmaka bekommen, redete hysterisch auf die Anwälte ein, sodass einer der Männer ihm beschwichtigend auf die Schulter klopfte und sagte: "Ist ja gut, Herr K..." , sein Aussehen war verändert und verwahrlost. Aber trotzdem konnte ja niemand damit rechnen, dass er im Alter von 67 Jahren plötzlich an einer Hirnblutung stirbt.

Ich weiß nicht, wie ich das verarbeiten soll. Ich kannte ihn kaum, wir haben ja auch kaum miteinander gesprochen, als ich noch zu Hause gewohnt habe. Er wusste nicht wie er mit mir oder auch mit anderen Menschen umgeht. Aber er war kein schlechter Mensch. Ich weiß noch, wie er mich ab und zu anlächelte und auf seine Art und Weise versucht hat, sich mir zu nähern. Er hat mir Schokolade gekauft, aber ich kann mich nicht daran erinnern, mich je richtig mit ihm unterhalten zu haben. Die Druckerei war sein einziger Lebensinhalt, fast 40 Jahre hat er sich dort mit meiner Mutter kaputtgearbeitet, von morgens bis Nachts, 7 Tage die Woche. Gelohnt hat es sich schon lange nicht mehr. Er hatte keine Freunde, war vollkommen von der Außenwelt isoliert, hat nie Urlaub gemacht, seine Stiefmutter hat ihn gehasst und sogar einmal verklagt.
Er wollte die Druckerei nicht aufgeben und so starb er 5 Jahre, nachdem sie verkauft werden musste. Ich bin seine einzige Angehörige. Er hinterlässt keinen persönlichen Besitz. Niemand war da, als er zwei Tage auf der Intensivstation lag, weil keiner etwas davon wusste. Vielleicht hätte er sogar noch etwas länger gelebt, wenn wenigstens seine einzige Tochter den Kontakt zu ihm gesucht hätte? Das ehemalige Grundstück wurde von jemandem gekauft, der nun inhaftiert ist, es verwildert wie ein Geisterhaus und setzt dem ganzen Elend noch das Sahnehäubchen auf.
Für manche Menschen ist diese Welt wohl einfach nicht der richtige Ort...
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Taisa,

niemand kann wissen, wie Dein Vater sein Leben erlebte. Möglicherweise gehörten gewisse Rückzugsstrategien zu seinem "Lebensbewältigungsmechanismus"...

in Deinen Zeilen bekomme ich den starken Eindruck, dass er Dir vermitteln wollte und auch KONNTE ( bitte versuche Dich nach der Frustrations- und Trauerzeit, dass ihr nicht mehr Nähe hattet), dass er Dich mag. Bewahre und pflege irgendwann das Lächeln...

Und bitte mache Dir keine Vorwürfe oder übernimm in irgendeiner Weise die Verantwortung für seinen frühen Tod !!!
Es wäre an IHM gelegen, Menschen zu benachrichtigen über seinen Zustand. Nicht an Dir !!!! Du kannst zwar bedauern und betrauern, dass Du nicht hast Abschied nehmen können, doch wir beiden wissen nicht, ob das Deinem Vater möglich und recht gewesen wäre. Da er schon zu Lebzeiten überlebte, funktionierte ( und hoffentlich zuweilen auch glücklich war in seinem Leben..) grad indem er eine gewisse Distanz zu Menschen ( Nähe zu ihnen) aufrecht erhalten "musste"...kann es auch sein, dass er genau das auch für seinen Abschied vom Leben brauchte.

Nochmals: Du hättest nichts ausrichten können, er hat Dir gezeigt wie er Dich wertschätzt ( und er hat Dir nicht geschadet. Sicherlich wäre mehr väterliche Aufmerksamkeit für Dich gut gewesen - dem darfst Du auch nachtrauern - doch es gibt leider leider zahlreiche Eltern die sich nicht "nur" zurückziehen müssen, sondern schaden und quälten und zerstören. Das hattest Du ...wie mir scheint ...NICHT. Das ist viel wert)


Liebe Grüsse, Judith
 
Liebe Taisa,

ich dar mich den Zeilen von Judth anschließen.

Bewahre und pflege irgendwann das lächeln.

Natürlich verstehe ich auch , dass Du wie Du sagst, neben der Spur bist.

Ich wünsche Dir viel Kraft für die ach so schwere Zeit

Liebe Grüße
Josef
 
Hallo Taisa,

ich habe gerade deinen Beitrag gelesen, der ja schon ein bisschen älter ist und hoffe du liest das hier noch.
Mir geht es sehr sehr ähnlich gerade.
Ich hatte fast 12 Jahre keinen Kontakt zu meinem Vater und vor 3 Monaten ist er unverhofft verstorben mit Ende 60.
Ich komme gerade überhaupt nicht mehr mit meinem Leben klar.
Ich hatte es nie leicht in meinem Leben, meine Mutter war immer berauscht und krank und hat mich täglich fertig gemacht und mein Vater hat sich eigentlich immer nur verdrückt und mir wurde die ganze Last auferlegt mich um alles zu kümmern.
Als ich dann ausgezogen bin wurde die Krankheit von meiner Mutter schlimmer so dass sie im Rollstuhl saß, ich habe dann meine Eltern zu mir ins Haus geholt.
Ich selbst mit kleinem Kind und Depressionen habe mich dann um meine Mutter gekümmert während mein Vater sich wieder aus allem raus hielt.
Da das Verhältnis zwischen uns dann immer schwieriger wurde und ich es keinem Recht machen konnte und auch noch hinter meinem Rücken über mich hergezogen wurde von meiner Mutter, bat ich meine Eltern auszuziehen.
Ab dem Tag wurde alles noch viel schlimmer.
Meine Mutter hat dermaßen böse über mich gesprochen dass wir über 1 Jahr nicht mehr miteinander gesprochen haben.
Obwohl sie weiterhin im Haus wohnte ( in eigener Wohnung), mein Vater hat seit ich sie gebeten hatte sich eine Wohnung zu suchen kein einziges Wort mehr mit mir gesprochen.
Ich hatte ihm einmal eine SMS geschrieben aber keine Reaktion.
Dann nach diesem Jahr ist meine Mutter leider ins Krankenhaus gekommen und man wusste sie lebt nicht mehr lange.
Nicht wegen ihrer Erkrankung sondern weil sie zusätzlich Krebs bekam.
Ich habe ein paar mal über meine Halbschwester fragen lassen ob ich sie besuchen kommen kann aber sie wollte nicht.
Als sie dann gestorben ist war ich wirklich richtig fertig und wäre am liebsten zu meinem Vater gegangen und hätte ihn einfach umarmt aber da ich weiß dass er sehr stur sein kann habe ich ihm erneut eine SMS geschrieben dass ich gerne mit ihm reden würde und für ihn da bin.
Wieder kam keine Reaktion.
Ich habe dann meine Halbschwester wieder gefragt ob sie mit ihm reden kann und sie meinte dann er könne oder wolle nicht weil er zuverletzt sei.
Also er wollte nicht mehr mit mir sprechen, er hat auch keine Miete mehr bezahlt und ich habe seine Stromrechnung bezahlt die er mir auch nicht erstattet hat.
Da hat mein Mann dann die Reißleine gezogen und ihm einen Brief geschrieben dass er ausziehen soll.
So ist es dann auch passiert und ich habe nie wieder etwas von ihm gehört.
Bis die Nachricht von seinem Tod kam. Meine Halbschwester und ihre Kinder machen mich für alles verantwortlich und schrieben mir mal dass er heute noch sehr verletzt sei, weil ich ihn raus geworfen habe.
Mich plagen jetzt furchtbare Schuldgefühle. Hätte ich es nochmals versuchen sollen mit ihm in Kontakt zu treten usw..
Sorry für den langen Text aber ich könnte noch viel viel mehr schreiben.
 
Hallo,
warum Schuldgefühle? Du hast ja versucht Kontakt aufzunehmen, mehrmals...sollst du zu Kreuze kriechen?
Ne also wäre für mich keine Option. Ich habe seit 20?Jahren wenig bzw mittlerweile keinen Kontakt mehr zu meinem Vater...das ist auch gut so.. ich hatte versucht vor 5Jahren wieder in Kontakt zu treten da ich schwanger war, aber da kam auch keine Reaktion und ich denke mir mittlerweile das er mir geklaut bleiben kann...
 
Danke Carinchen!
Die Schuldgefühle kommen wahrscheinlich daher, weil ich immer für alles verantwortlich gemacht wurde in der Kindheit und "klein gehalten" wurde.
Mir wurde mal gesagt dass ich wenn ich weiter meine Mutter aufrege schuld wäre wenn sie stirbt.
Dabei war ich wirklich ein liebes Kind.
Traurig dass dein Vater nicht mal Interesse an seinem Enkelkind hat.
Solche Väter können einem auch gestohlen bleiben.
 
Hallo Taisa,

ich habe gerade deinen Beitrag gelesen, der ja schon ein bisschen älter ist und hoffe du liest das hier noch.
Mir geht es sehr sehr ähnlich gerade.
Ich hatte fast 12 Jahre keinen Kontakt zu meinem Vater und vor 3 Monaten ist er unverhofft verstorben mit Ende 60.
Ich komme gerade überhaupt nicht mehr mit meinem Leben klar.
Ich hatte es nie leicht in meinem Leben, meine Mutter war immer berauscht und krank und hat mich täglich fertig gemacht und mein Vater hat sich eigentlich immer nur verdrückt und mir wurde die ganze Last auferlegt mich um alles zu kümmern.
Als ich dann ausgezogen bin wurde die Krankheit von meiner Mutter schlimmer so dass sie im Rollstuhl saß, ich habe dann meine Eltern zu mir ins Haus geholt.
Ich selbst mit kleinem Kind und Depressionen habe mich dann um meine Mutter gekümmert während mein Vater sich wieder aus allem raus hielt.
Da das Verhältnis zwischen uns dann immer schwieriger wurde und ich es keinem Recht machen konnte und auch noch hinter meinem Rücken über mich hergezogen wurde von meiner Mutter, bat ich meine Eltern auszuziehen.
Ab dem Tag wurde alles noch viel schlimmer.
Meine Mutter hat dermaßen böse über mich gesprochen dass wir über 1 Jahr nicht mehr miteinander gesprochen haben.
Obwohl sie weiterhin im Haus wohnte ( in eigener Wohnung), mein Vater hat seit ich sie gebeten hatte sich eine Wohnung zu suchen kein einziges Wort mehr mit mir gesprochen.
Ich hatte ihm einmal eine SMS geschrieben aber keine Reaktion.
Dann nach diesem Jahr ist meine Mutter leider ins Krankenhaus gekommen und man wusste sie lebt nicht mehr lange.
Nicht wegen ihrer Erkrankung sondern weil sie zusätzlich Krebs bekam.
Ich habe ein paar mal über meine Halbschwester fragen lassen ob ich sie besuchen kommen kann aber sie wollte nicht.
Als sie dann gestorben ist war ich wirklich richtig fertig und wäre am liebsten zu meinem Vater gegangen und hätte ihn einfach umarmt aber da ich weiß dass er sehr stur sein kann habe ich ihm erneut eine SMS geschrieben dass ich gerne mit ihm reden würde und für ihn da bin.
Wieder kam keine Reaktion.
Ich habe dann meine Halbschwester wieder gefragt ob sie mit ihm reden kann und sie meinte dann er könne oder wolle nicht weil er zuverletzt sei.
Also er wollte nicht mehr mit mir sprechen, er hat auch keine Miete mehr bezahlt und ich habe seine Stromrechnung bezahlt die er mir auch nicht erstattet hat.
Da hat mein Mann dann die Reißleine gezogen und ihm einen Brief geschrieben dass er ausziehen soll.
So ist es dann auch passiert und ich habe nie wieder etwas von ihm gehört.
Bis die Nachricht von seinem Tod kam. Meine Halbschwester und ihre Kinder machen mich für alles verantwortlich und schrieben mir mal dass er heute noch sehr verletzt sei, weil ich ihn raus geworfen habe.
Mich plagen jetzt furchtbare Schuldgefühle. Hätte ich es nochmals versuchen sollen mit ihm in Kontakt zu treten usw..
Sorry für den langen Text aber ich könnte noch viel viel mehr schreiben.
Warum bilden sich Kinder, die von ihren Eltern geschädigt wurden, später ein, sie müßten als "Dankeschön" für das Verkorksen auch noch die Verantwortung übernehmen? Das sind erwachsene Leute! Die für alle ihre Entscheidungen, auch die falschen, gegenüber ihren Kindern und jedem andern, selber die Verantwortung und die Folgen tragen müssen.
Von Deiner Halbschwester brauchst Du Dich gar nicht anmachen lassen, die hätte doch selber für eine Vermittlung sorgen können, wenn es ihr wichtig gewesen wäre. Für das was sie selber versäumt hat braucht sie Dich jetzt nicht schlechtmachen. Wenn Du Dich auf dieses Spiel einläßt, hast Du immer noch nicht aus der Opfer-Rolle herausgefunden.
Hör auf, Dir Dein Leben von Erinnerungen versauen zu lassen. Ab jetzt gibt es nur noch Dich. Fühle Dich frei, und endlich unbelastet! Die Vergangenheit gehört in die Mülltonne, wenn es nicht anders geht.
 
Hallo Daoga,

vielen Dank für deine liebe Nachricht.
Diese Worte tun echt gut und ich weiß tief in mir, dass du Recht hast.
Ich arbeite daran nicht mehr so zu denken und mich nicht mit Schuldgefühlen zu belasten.
Einen schönen Abend dir.
 

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