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Verfahrene Lebenssituation - wie kann ich rauskommen?

whatitslike

Neues Mitglied
Liebe Community,

Ich stehe vor einer grossen Herausforderung: Ich habe mein Leben in eine blöde Sackgasse manövriert, und ich glaube, dass ich da nie wieder herauskomme!

2018 schloss ich mein Masterstudium in Ethnologie/Central Asian Studies ab, mit sehr guter Note. Ich hatte zuletzt Motivationsprobleme, da ich während dem Master realisiert hatte, was alle immer gesagt hatten: Brotlosigkeit ahoi! Ich zog es aber aus Prinzip durch. Während des Studiums hatte ich immer gearbeitet, als Hilfsassistent in Bibliotheken und als Tutor. Nach Abschluss wollte ich mehr & was anderes und strebte etwas in der öffentlichen Verwaltung an. Nach 9 Monaten der Suche und einem schlecht bezahlten Intermezzo bei einer Zeitung fand ich letzten September ein Hochschulpraktikum im Bereich Raum-/Verkehrsplanung (!). Alles palletti, dachte ich, freute mich zwei Monate, bevor ich weitersuchte & nach und nach realisieren musste, dass ich mit diesem Abschluss wirklich kaum Chancen habe. Und Raum- und Verkehrsplanung ist zudem nicht mein Ding, sehr abstrakt und schwierig. Ich verstehe es einfach nicht und fühle mich überfordert.

Seit Anfang Jahr zeichnete sich wieder mal ab, was ich nicht zum ersten Mal erlebte in meiner Biographie: Ich wurde erneut depressiv. Antriebslos, minutenlanges Duschen am Morgen, Abkapseln, kommunizierte ich ausser mit engsten Freunden und Familie kaum mehr, und dachte ernsthaft wieder an Suizid als einzigen Ausweg. Das erste Mal überhaupt wurde ich mir so richtig bewusst, dass ich alles, aber wirklich alles an die Wand gefahren habe: 6 Jahre Studium für nichts, keine Jobaussichten, meine Eltern haben mir vieles finanziert, ich habe keine Partnerin, wohl aber ein psychisches Problem, das ich zu lange ignoriert habe. Ich bekam fast nichts mehr auf die Reihe. Seit Abschluss des Studiums habe ich praktisch alles vergessen, was ich gelernt habe. Nichts ist mehr geblieben. Ich brauche es ja nicht. Auf der Arbeit merke ich, dass ich häufig fahrig und unkonzentriert bin - ich weiss nicht warum. Die offizielle Diagnose steht aus, aber die Symptome sind schon eindeutig... Dabei traue ich mir selbst nicht mehr richtig: Ich habe Angst, dass ich insgeheim einfach faul und gemütlich bin und die Depression nur irgendwie gespielt ist:confused::confused: Dass ich meine Eltern erpresse, in dem ich ihnen durch mein Lamentieren ein schlechtes Gewissen mache?

Jetzt habe ich eigentlich nur noch ein Ziel: Mein Leben in den Griff bekommen, ein gesunder Geist und einen normalen Job. Einen einzigen Schritt habe ich bereits eingeleitet: Ich möchte schnellstmöglich eine Sitzung bei einem Psychiater wahrnehmen; vor einigen Jahren war ich mal bei einer Psychologin, aber die analytische Therapie blieb irgendwie ergebnislos. Ich will tatsächlich abklären lassen, ob ich an einer psychischen Erkrankung leide, und ob eine medikamentöse Behandlung vielleicht Linderung verschaffen kann, sodass ich mich nochmals aufraffen kann, meinem Leben eine neue Richtung zu geben.

Ich weiss nicht, was ich hinsichtlich meines Berufes tun soll bzw. wie ich nochmals auf die richtige Bahn kommen kann. Ich werde dieses Jahr 29. Habe nichts Richtiges studiert. Kaum finanzielle Reserven. Keine Partnerin. Und vor allem keine Idee, was ich tun beruflich will. Ich habe erkannt, dass ich schon als Jugendlicher nie wusste, was ich werden wollte - das holt mich jetzt wieder ein. Bzw. was ich wollte, bringt kein Einkommen. Ich gehe soweit zu behaupten, dass ich dieses exotische Fach wohl nur studierte, weil ich mich irgendwie selber zu therapieren hoffte durch diese akute Selbstverwirklichung. 6 Jahre später das freudlose Erwachen aus diesem irrellen Traum. Das drückte mich nochmals tiefer in die Depression.

Was soll ich tun? Hat jemand ähnliches erlebt und es dennoch geschafft? Mit 30 nochmals das Ruder herumgerissen und nach einem brotlosen Studium der Geisteswissenschaften nochmals neu angefangen? Können Medis und wirklich helfen gegen Depressionen, sodass ich nochmals etwas lernen kann?

Ich habe solche Angst, erneut zu versagen. Ich denke schon, dass ich mich nochmals an ein Studium klemmen kann, aber wenn ich danach nichts finde bzw. wieder die Freude verliere, dann bin ich am A****.
 

Bloodangel´s Cry

Aktives Mitglied
Im Prinzip unterscheidet sich meine Situation nur wenig von deiner. Wenn ich mein Studium abschließe, werde ich 27 sein. Dann habe ich einen Master, der mir beruflich nur wenig weiter hilft. Diese Erkenntnis traf mich auch spät – seit mehr als einem Jahr knabbere ich an diesem Gedanken, die Zukunftsängste sind manchmal kaum zu ertragen.
Nach meinen Erfahrungen scheint das aber das Schicksal so mancher GeWis zu sein, daher bist du in bester Gesellschaft :eek:

Ich bin in Therapie und besuche eine Selbsthilfegruppe. Ich finde deinen Gedanken, dir selbst psychiatrische/psychologische Hilfe zu suchen, erstmal nicht verkehrt. Anhaltende Ängste und Depressionen beeinträchtigen die Vernunft und die Entscheidungsfreiheit oft massiv. Häufig kann man gar keinen klaren Gedanken fassen, und alles erscheint wie ein Gang zum Schafott. Ich denke daher nicht, dass du einfach „faul“ bist.

Wie sieht es bei dir mit Einladungen zu Vorstellungsgesprächen aus? Hat jemand schon mal deine Bewerbungen optimiert? Vielleicht lässt sich in diesem Punkt noch etwas rausholen.

Ich weiß, mit GW ist es schwer, Arbeit zu finden, und es braucht oft Zeit. Aber schwer bedeutet nicht unmöglich!
Du hast geschrieben, dass du bereits ein Praktikum nach deinem Abschluss gemacht hast. Vielleicht wäre das erstmal eine Option für dich, in deinen Bewerbungen den Wunsch nach Praktika darzulegen, um überhaupt zu gucken, was dich noch interessieren könnte.

Wie lebst du derzeit? Wenn dir wichtige Qualifikationen fehlen, hast du ja die Möglichkeit, einen Bildungsgutschein zu beantragen. Das würde ich dir sowieso empfehlen: Zusatzqualifikationen.
Und nach einer gewissen Zeit, so denke ich, kann man sogar eine Umschulung finanziert bekommen, wenn man wirklich keine Arbeit findet.

Ich würde dir raten, kleine Schritte zu gehen. Suche dir psychiatrische Hilfe, ggf. Hilfe bei einer Berufsberatung. Und bitte vergiss nicht: Auch wenn dir dein Abschluss (aktuell) beruflich nicht weiterhilft, so hast du dir immer noch einen Masterabschluss erarbeitet, und darauf kannst du stolz sein! :)
 
G

Gelöscht 85627

Gast
Du bist nicht faul, du hast nur keinen glatten Start und das frustriert - völlig verständlich. Sei mal nicht so hart mit dir selbst!

Das Thema hat dich wohl interessiert, sonst hättest du doch nicht so lange durchgehalten. Auch wenn es sich monetär gerade (noch) nicht auszahlt, aber hey! - du hast jede Menge Wissen gesammelt!
Durchhaltevermögen bewiesen.
Dich organisiert.
Das ist doch alles etwas.

Wenn das gerade keiner zu schätzen weiß, kannst du doch nichts dafür.
Daraus lernst du schon wieder was, kann auch nicht jeder, und suchst nach Lösungen.
Das ist auch schon wieder was!
Auch wenn es dich gewaltig runterzieht, hast du die Flinte nicht ins Korn geworfen; andere hätten das teilweise schon!
Du siehst deine Leistungen schon gar nicht mehr, das macht die blöde Depri.
(Geht mir ja auch so, kämpfe gerade, um aus einer schweren Depri rauszukommen.)

Könntest du dir vorstellen, in der Touristikbranche zu arbeiten?
Oder für eine Zeitung, einen Verlag, in der Medien-/Öffentlichkeitsarbeit tätig zu sein?

Je nach Interessen würde ich mich dann neben Bewerbungen um Zusatzqualifikationen bemühen.

In der Zwischenzeit könntest du Artikel verfassen und einreichen, vielleicht hast du Glück und etwas wird angenommen.

Du könntest an Bildungseinrichtungen Kurse anbieten.

Hast du schönes Bildmaterial von Praktika in Asien? = Diaabende mit Vortrag.

Darüber kann alles mögliche entstehen; Kontakte knüpfen, dafürcsorgen, dass deine Aktivitäten nicht unbemerkt bleiben und Zusatzqualis zulegen.
Langen Atem haben.

Da muss doch was Gutes für dich rauskommen!

Alternativ: wie sieht es mit Jobs in anderen Ländern aus?
 

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