Verliebt in Therapeutin

Ich (m/54) bin unsterblich in meine Psychotherapeutin verliebt. Ich bin seit fast einem Jahr bei ihr in der Verhaltenstherapie und von Stunde zu Stunde wird meine Sehnsucht und Vorfreude größer, hinzugehen und ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Wenn sie mit mir spricht, kann ich oft gar nicht richtig zuhören, was sie sagt, sondern sehe ihre Lippen. Wie sie sich bewegen, wie sie sich bewegt - und stelle mir alle möglichen Dinge vor.

Es ist mir sehr wichtig, was sie von mir hält, vermutlich viel zu wichtig. Und ständig muss ich an sie denken. Ich war schon kurz davor, ihr zu gestehen, dass ich mich in sie verliebt habe, aber dann muss sie die Therapie wohl abbrechen. Also behalte ich es für mich und hoffe, dass die Therapie nie endet.

Wer hat ähnliche Erfahrungen gemacht?

Das ist keine Verliebheit, sondern eine Übertragung. Der Patient "überträgt" Gefühle von Liebe (in deinem Fall) oder andere Gefühle auf den Therapeuten, so als wäre er eine entsprechende Bezugsperson aus dem täglichen Leben oder Vergangenheit.
Das man sich in den Therapeuten verliebt kommt sogar sehr oft vor. Eine erfolgreicheTherapien bauen darauf auf, dass ein tiefes Vertrauensverhältnis besteht in dem Sinne, daß der Patient absolut alles dem Therapeuten erzählt, ohne Scham oder Zurückhaltung. Ein guter Therapeut kann damit umgehen und wird auf keinen Fall die Therapie beeenden.

Das nennt man Übertragungsliebe. Die Therapeutin scheint dir etwas zu geben, was du sonst in deinem Leben vermisst.
Du kannst mit ihr darüber reden. Aber die Gefahr, dass die Therapie abgebrochen wird, besteht natürlich. Es kommt darauf an, wie hinderlich deine Gefühle für den Therapieerfolg sind. Sie können auch förderlich sein, so, dass deine Therapeutin deine Gefühle und Sehnsüchte mit in die Therapie integriert und ihr daran arbeitet.
Erwarte jedoch nicht, dass deine Gefühle erwiedert werden. Therapeuten dürfen keine Beziehung mit ihren Klienten eingehen!

Also behalte ich es für mich und hoffe, dass die Therapie nie endet.

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Die Therapie ist aber irgendwann zu Ende. Rede mit ihr darüber oder tu dir selbst den Gefallen und breche die Therapie von deiner Seite aus ab, wenn du mit ihr nicht darüber reden kannst. So, wie der Zustand jetzt ist, wird er dir keinesfalls gut tun. Dein Therapieerfolg ist dadurch auch stark gefährdet.

Damit läßt sich wunderbar in der Therapie arbeiten. Es ist nicht unüblich, daß sich Patienten in ihre Therapeuten verlieben.

Das zeigt nur, welche tiefe Sehnsucht in Dir ist. Die aber vermutlich ganz woanders hingehört. Oft geht es um die alte Kindersehnsucht, endlich gesehen zu werden.

Schau Dir einfach an, was Deine Verliebtheit auslöst. Vermutlich ihre Zuwendung und ihr Verständnis. Oder daß sie Dich ganz wahrnimmt. Vollständig auf Deiner Seite ist. Das erscheint dann wie der immer erhoffte Seelenpartner. Tatsächlich ist es eine professionelle Zuwendung.

Du kannst das wunderbar nutzen, um viel über Dich zu lernen und tiefes Mitgefühl für Dich zu entwickeln.

Mach Dir aber gleichzeitig klar, daß Du Deine Therapeutin gar nicht wirklich kennst. Du erlebst in der Stunde immer nur einen ganz bestimmten Anteil von ihr, der durch ihre berufliche Professionalität geprägt ist. Den Menschen dahinter in all seinen Facetten wirst Du nie kennenlernen. Und der ist vermutlich auch überhaupt nicht so, wie Du Dir das vorstellst.

Es ist nämlich keine normale Situation, sondern eben ein therapeutisches Setting, indem sie sich ganz auf Dich konzentriert, Deine Perspektive einnimmt und nur um Dein Wohlergehen bemüht ist.

Du erkennst ja schon selbst, daß Dir besonders die Aufmerksamkeit, die Du von ihr bekommst, gut gefällt. Schau einfach liebevoll Dein Inneres an, das so lange diese Aufmerksamkeit an anderer Stelle vermißt hat. Und nimm dieses Sehnsucht sanft und mitfühlend an. Und auch den Wunsch, ihr zu gefallen, der wohl auch woanders seine Wurzel hat.

Ich würde mit ihr gemeinsam darüber sprechen. Ihr könnt das sicher gut gemeinsam aufarbeiten. Therapeuten kennen solche Situationen. Das ist ok.