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Warum ist mein sterbender Opa gemein zu mir?

Chihiro

Mitglied
Mein Opa ist eigentlich gar nicht mein Opa sondern der Lebensgefährte meiner Oma.
Aber ich kenne ihn seid meiem ersten Lebenstag, deshalb ist er mein Opa!
Ich liebe ihn und verbinde wahnsinnig viele wunderschöne Kindheitserinnerungen mit ihm.
Er ist letztes Jahr 93 Jahre als geworden und war bis dato ansich immer ein recht gesunder Mensch.
Zu Weihnachten fing es ihm an schlecht zu gehen. Er verlor massiv an Appetit und Gewicht. Hatte immerwieder Schwindelanfälle und Magendramprobleme.
Vor etwa 3 Wochen hat er im Krankenhaus die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Methastasen in Leber, event. Darm und Nieren bekommen.
Also das unvermeidliche Todesurteil.
Er selbst hat entschieden keine Chemo und keine Untersuchungen machen zu lassen und von den Ärzten erfahren, dass eine Heilung aussichtlos ist, ihm aber weitestgehende Schmerzfreiheit gewährleistet wird.
Vor 10 Tagen ist er nach Hause gekommen.
Und ich bin bei ihm und meiner Oma eingezogen.
Meine Oma hat eine Makuladegeneration, dh. eine unheilbare Augenkrankheit. Sie ist fast Blind. Sie hätte diese Pflege alleine kaum schaffen können.
Er wollte unbedingt nach Hause. Entweder eine Person ist mit im Haushalt, die die Tablettengabe, und die Hygiene und überhaupt den Haushalt und intensiven Arbeitsaufwand überblicken und koordinieren kann oder Hospitz. Also habe ich mich bereit erklärt.
Ich koche meistens und putze den halben Tag, da die Oma eben nicht sieht wo der Dreck ist und auch gerne Mal drum herum putzt.
Ich mache das volle Programm mit: Klostuhl, windeln, Laufübungen... spiele ein Stück weit die Hausdame die auf Klingeln kommt. Für beide.
Ich stehe um 7.30 auf und lege mich um 21.00 Uhr ins Bett und habe nicht viele "faule Minuten gehabt"
Ich habe meinen Job, (ich betreibe zusammen mit meinem Lebensgefährten eine Kneipe), mein zu Hause, meine Freund, meinen Schatz alles zurückgelassen um ihm zu ermöglichen das er daheim sein kann.
Bin mit ihm als Südtiroler mit Google Earth in all den Orten seiner Jugend gewesen.
Und er ist gemein zu mir, von Tag zu Tag wird es schlimmer.
Ich sitze nicht viel bei ihm, weil ich ansich gar nicht die Zeit dazu habe... Und lieber meiner Oma ermögliche bei ihm zu sitzen.
Putze ich den schimmelnden Kühlscharnk aus ist es ein Schmarrn.
Versuche ich seinen Garten zu richten kommt kein Kommentar.
Sitze ich nur still neben ihm- akzeptiert.
Frage ich ihn nach seiner Kindheit, keine reaktion...
und heute musste ich mir anhören, dass es ein unding wäre wieviel ich telefoniere und dass das doch alles Geld kostet. Ich sagte es sei doch schließlich mein Geld und dass es mir wichtig ist mit meinem Lebensgefähreten zu reden. Er: "Nein schmarrn" ... naja ewige Diskussionen in den er mir nur mehr und mehr versucht hat weh zu tun.
Als meine Cousine kam die noch weg gehen wollte und sich in seiner Gegenwart die Nägel blau lackierte, lachte er scherzte mit ihr und fand ihren Nagellack super. ER sagt es geht ihm besser und fast gut und alles sei toll. (mir antwortet er in der Regel nicht wenn ich ihn frage) und er liebt ja die jungen Leute und ihre einstellung und ich hatte mehr und mehr das
Gefühl er will immernoch nur mir weh tun.
Sie tut nichts für ihn... sie ist seid er daheim ist das erste mal länger als 2 Minuten bei ihm.
Er wird wegen Kleinigkeiten immer gemeiner zu mir. Falsche Gabel... lautes Schimpfen und Gabel mit der Hand energisch wegwischen... falsches Messer und ich werd fast angebrüllt.
Ich finde es einfach nur noch unfair.
Sry für den Roman... wurde weit mehr als ich dachte.

Und ich will mir gar nicht erst vorstellen wie er reagiert hätte, wenn ich mir die Nägel blau lackiert hätte.

Oder meine Standart pinken Haare hätte.
 
Kann es in diesem hohen Alter von 93 etwas wie altersdemenz sein, also dass er diese "Gemeinheiten" gar nicht bewusst mitbekommt?
Und dazu noch diese schwere Krankeit....🙁
 
Das ist ja gerade der Punkt... er ist völlig klar im Kopf.
Gott sei dank... ich denke, sonst würde mir das auch nicht so weh tun.
Naja und was die schwere Krankheit angeht. Er ist halb hoffungsloser Optimist und halb radikaler Realist.
Und sein Wunsch war es nur nach Hause zu können und ich wollte ihm diesen Erfüllen.

Er bekommt auch kein Morphium o.ä. da er wie durch ein Wunder fast schmerzfrei ist.
 
Also ich weiss das nicht...vielleicht spielt er nur den Oprimisten und es schaut innerlich ganz anders in ihm aus? Ich meine, so sterbenskrank zu sein und zu wissen, dass die Uhr abläuft...womöglich entsteht da doch so etwas wie Frust, Angst, Enttäuschung...die sich gegen dich richtet, weil du durch die ständige Betreuung nun mal am meisten in seiner Nähe bist?

Aber es ist bewundersnwert, wie du das alles meisterst und dich um ihn kümmerst!
 
Möglich, alles möglich... nur dass ich nicht verstehe warum er sich mich ausgesucht hat.
Naja ich gehe jetzt schlafen vielleicht bin ich morgen klüger.
 
Na ja, wie ich sagte, du hast den meisten Umgang mit ihm, bist die "naheste Zielscheibe"...wäre dein Lebenspartner bei ihm für die Pflege, würde es vielleicht ihn treffen...oder er hat dich ausgesucht, weil du vielleicht ein leichtes Ziel bist..als Frau....weiss man´s?

Gute Nacht! 🙂
 
Die Frage kann ich dir beantworten. Im Krankenhaus habe ich das gelernt:
Viele Menschen die wissen das sie sterben werden, beißen bewusst alle Menschen um sich herum weg. Und das aus nur einem Grund: Um sie zu schützen. Zu schützen vor der Trauer die diese überkommen würde, wenn er stirbt.
Bleibt der Sterbende aber in schlechter Erinnerung, weil er sich unbeliebt gemacht hat, dann reden sie sich ein, die Trauer um sie wäre nicht so groß und somit schützen sie ihre Angehörigen.

Er macht das also, nur um euch zu schützen, der Mann hat ein großes Herz.
 
Kriegst du wenigstens Pflegegeld?
Warum tust du dir das an, lass das doch einen Pflegedienst machen und kümmere dich um deine Oma.
 
ein aufwühlendes Thema für mich....

Nee---der ist nicht "klar".

Das ist typisch für "Altersbosheit"!
Scheinbar klar bei Verstand aber völlig geändertes Wesen..

Frag mal in SHG Demenzkranker.

Das Bittere: die Helfer werden richtig heftig angegriffen,nicht nur verbal.
Es ist wie diese Ziege im Märchen "Knüppel aus dem Sack"--
"Möchtest Du noch was essen,Opa?"
"Nein, Du gibst immer so REICHLICH..ich will doch nicht dick werden,mir ist schon übel.."

Kommt jemand anderes ins Zimmer "Sag mal,Susi,ist das nicht GEMEIN---die Mia gibt mir GAR NICHTS ZUM FRÜHSTÜCK---ich muß den GANZEN TAG HUNGERN ! "

Da hast Du "noch Glück",wenn er Dich nicht irgendwelcher böser Taten bezichtigt.

*********************
Hol Dir Hilfe dazu, grenz Dich ab innerlich--- laß Deine Rechte und Gefühle nicht draußen.
Du DARFST sagen : ICH KANN NICHT MEHR.

Du hast Dich zum Helfen entschlossen,weil es richtig ist--und Du es kannst,genau fühlst,was beide brauchen.

Nur...es ist eine bittere Sache. Zweischneidig.

So richtig umfangreich,wie ich es wollte,kann ich Dir jetzt gar nicht antworten--weil ich da zu nah noch dran bin innerlich...hab 15 Jahre
gepflegt/betreut/rundumversorgt --und bin zuletzt aufs übelste betituliert worden--wenn niemand dabei war. 🙁

Ich wußte,daß es das Alter war,das diese Veränderung brachte.
Weh tuts immer noch.
Ich hoffe,daß ich irgendwann wieder den GÜTIGEN MENSCHEN vor meinem inneren Auge habe,wenn ich mich erinnere.
Jetzt kommen da sehr viele "bittere Filme" und das Wissen,was alles für mich noch an schlimmen realen Folgen kamen --bzw.ja noch sind --weil ich da blieb. Ein freiwillig gegebenes Versprechen nicht brach.
Als einzigste--einer sehr großen "Familie" .
Die anderen hatten 15 Jahre "Normalität" .Job,Urlaub,Freizeit,Geld.


Also-- ich wünsche Dir Kraft und laß Dir den Humor nicht killen!
Such Dir Freunde,mit denen Du reden kannst,die Dich aufbauen.

Es bleibt Dir lebenslang das Wissen,daß Du RICHTIG gehandelt hast.
Für Oma und Opa.
Sei nachsichtig --er meint NICHT DICH mit seiner Wut. 🙁😱

Gruß !

Micky
 
Hallo Chihiro,

Du, ich bewundere dich echt, wie du das meisterst.
Mein Opa (78) hat auch Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Es ist vor 2 Monaten dignosiert worden.
War für alle ein Schock, weil er doch immer so kerngesund war,
und fast nie was hatte.
Natürlich wollten wir alle beistehen und den Großeltern helfen
mit der Sache umzugehen.
Aber da hatten sich schon einige auf den Ersten Rang gesetzt.
Die Operation musste abgebrochen werden,
Für ihn war nichts mehr zu machen.
Er hat seinen Apetitt komplett verloren, und unterzieht sich derzeit ner Chemo, auf seinen ruhigeren Wohnsitz ländlicherseits. Mein Vater hat gesagt, sobald sich erholt hat kommen wir ihn besuchen.
Meine Oma meistert zusammen mit der Zahnarztocher diese Hürde.
Heute hatte ich Geburtstag und er hat mir nicht gratuliert.
Fand ich zwar auch gemein, weil ich ihn auch gratuliert habe,
aber ich habe Verständnis dafür.🙁

LG
 

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