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Warum wird ein Ehrenamt als Ausnutzerei vom Arbeitgeber gesehen?

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Gast

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Liebe Community,

meine Frage ergibt sich aus einem Artikel, den ich gestern in einer Zeitschrift gelesen habe. Demnach ist ein Ehrenamt für Menschen positiv, weil es Anerkennung bringt und das Selbstbewusstsein steigert.

Ich habe bis Mai an einer Maßnahme vom Jobcenter teilgenommen, die sich "gemeinnützige Arbeit" nennt. Ich habe 8 Monate in einem Altenheim gearbeitet, war als Hauswirtschaftshilfe tätig und habe die Bewohner betreut. Gerade letzteres machte mir viel Freude, da ich gut mit alten Menschen umgehen kann. Ich muss wohl dazu schreiben, dass ich anfangs Startschwierigkeiten hatten. Die Kolleginnen taten sich erst etwas schwer mit meinem sehr ruhigen Wesen und meiner langsamen Art. Doch eine Vorgesetzte sagte mal, dass gerade diese Eigenschaften wertvoll seien im Umgang mit Demenzkranken, die Hektik und laute Stimmen nicht vertragen.

Nach Ablauf der 8 Monate entschied das Jobcenter, den Vertrag nicht zu verlängern. Man riet mir, zu versuchen, wieder in meinem erlernten Beruf Fuß zu fassen. Einige Wochen nachdem ich das Altenheim verlassen hatte, wurde mir bewusst, wie sehr ich die Menschen dort vermisste. Ich hielt es für eine gute Idee, solange ich keinen neuen Job gefunden habe, ehrenamtlich tätig zu sein. Ich wollte mit den Leuten Spiele machen, für sie einkaufen gehen und sie mit dem Rollstuhl in den Garten fahren, den Bettlägerigen vorlesen. Also rief ich die Mitarbeiterin vom Sozialen Dienst in dem Altenheim an und machte diesen Vorschlag. Ihre Reaktion war anders als ich erwartet hatte. Sie meinte, sie sei peinlich berührt. Ich habe meinen Vertrag nicht verlängert bekommen und würde jetzt ein Ehrenamt anbieten. Sie würde dann das Gefühl haben, dass man mich ausnutzen würde, wenn ich jetzt kostenlos dort arbeiten würde. Ich sprach daraufhin mit dem Heimleiter, der sich ähnlich ausdrückte und meinte, ich solle erst mal gucken, einen neuen Job zu finden.

Irgendwie verstehe ich das ganze nicht. Warum war man nicht dankbar für mein Angebot?

Es heißt doch immer, dass sich gerade Altenheime die Finger nach Ehrenamtlern lecken.
 
Warum rufst du gerade in dem Altenheim an in dem man deinen Vertrag nicht verlängert hat?

Versuche es doch woanders.

Pflegepersonal wird doch immer gesucht
 
Guten Morgen.

Tja, so ganz nachvollziehbar ist das Verhalten des Heimleiters und der Soz.-Arbeiterin für mich nicht. Weil man in Pflegeheimen eigentlich wirklich froh ist über jeden ehrenamtlichen Einsatz. Ich selbst bin seit zehn Jahren als Honorarkraft in einem Seniorenheim tätig. Dort arbeiten bezahlt neben examinierten Kräften auch Betreuungskräfte, BuFDis und FSJ'ler. Soweit ich weißt, ist dort aber niemand ehrenamtlich - also ohne Bezahlung - tätig in der Betreuung. Ich denke, das hat was mit versicherungstechnischen Fragen zu tun.

Die Argumentation, Du könntest ausgenutzt werden, ist irgendwie behämmert. In welche zeitlichen Rahmen möchtest Du denn ehrenamtlich tätig sein? Und wäre es nicht möglich - da Du gut mit alten Menschen klar kommst - noch eine Ausbildung zu machen zur Altenpflegerin?

Einen schönen Sonntag.

Micha
 
Oder, da Dir eher die Betreuung der Demenzkranken lag, einen Kurs zur Betreuungskraft nach §87 b SGB XI. Dauert sechs Wochen und dann könntest Du Dich bewerben und so arbeiten, gegen Geld.

Warum die nun so reagierten, keine Ahnung. Vielleicht hats tatsächlich was mit Versicherungs und so zu tun. Das muss ja auch organisiert werden, vielleicht ist denen das mit Ehrenamtlichen auch zu unsicher.

Wende Dich doch mal an eine Agentur oder einen Verein, der ehrenamtliche Arbeit koordiniert.
 
Einige Wochen nachdem ich das Altenheim verlassen hatte, wurde mir bewusst, wie sehr ich die Menschen dort vermisste. Ich hielt es für eine gute Idee, solange ich keinen neuen Job gefunden habe, ehrenamtlich tätig zu sein. Ich wollte mit den Leuten Spiele machen, für sie einkaufen gehen und sie mit dem Rollstuhl in den Garten fahren, den Bettlägerigen vorlesen.

Die Mitarbeiterin vom sozialen Dienst ist da wohl nicht der richtige Ansprechpartner.
Ein sozialer Dienst ist ein kommerzielles Unternehmen dessen Gewinn sich daran orientiert, wie viele Menschen mit welchen Pflegestufen von wie vielen Mitarbeitern in welchem Zeitrahmen abgefertigt werden können.
Je mehr "Kunden" von möglichst wenig, möglichst billigem Personal, in möglichst kurzen Zeiträumen abgefertigt werden können, um so mehr Geld bleibt dem Unternehmen von den knapp bemessenen Pflegesätzen als Gewinn übrig. Ein sozialer Dienst hat kein Interesse an ehrenamtlichen Mitarbeitern.

Was Du als ehrenamtliche Tätigkeit gern anbieten würdest, fällt in den Aufgabenbereich einer zusätzlichen Betreuungskraft nach § 87b. Für das Altenheim bedeutet dies, zusätzliches Personal, ohne zusätzliche Kosten, das ein echter Gewinn für die betreuten Menschen darstellt - und man kann diesem kostenlosen Personal durchaus noch die ein oder andere Aufgabe aus dem Service oder der Pflegehilfe zuschieben, so dass unterm Strich auch ein Gewinn für das Heim abfällt.

Wenn Du die Menschen dort vermisst, dann besuche sie doch einfach so oft Du kannst und unternehme etwas mit dem Ein oder Anderen auf rein privater Ebene.
 
Die Betreuungskräfte nach Paragraph 87b werden nicht kostenlos zur Verfügung gestellt und sind auch nicht ehrenamtlich. Die Pflegekasse stellt dafür pro Heimbewohner einen Pauschalbetrag zur Verfügung, der aber nur dafür verwendet werden darf. Das ist ein durchlaufender Posten, damit werden keine Gewinne erzielt.

Meist reicht das nicht für eine ganze Stelle, die Beträge sind sehr gering. Daher zahlt entweder das Heim drauf oder sie stellen eine doppelt qualifizierte Person ein, Kombination Pflegekraft und Betreuungskraft.
 

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