Also ich persönlich kann nur aus eigener Erfahrung berichten.
Ich bin zum Beispiel seit meinem 4. Lebensjahr Waise, schlug mich teils in Pflegefamlien teils in Heimen durch und kann daher mit einer 98% igen Sicherheit sagen: es kommt immer auf die Einrichtungen an.
Im Grundschulalter bin ich zwei Jahre lang in einem sehr schönen Heim aufgewachsen. Es gab sehr liebevolle Betreuer, tolle Gruppenbeschäftigungen und auch hin und wieder mal einen gesponserten Ausflug zum Beispiel ins deutsche Museum. Ich hab mich da sehr gut von den Strapazen meiner vorherigen reizenden Pflegefamilien erholen können.
Danach kam ich in ein betreutes Wohnheim mit andere jugendlichen. Da sah die ganze Sache schon anders aus. Man wurde angeschrien, gedemütigt, keiner glaubte dir als verwaistes Kind aus der Gosse und es wurde auch nicht viel auf 'Konfliktlösungen' gelegt, wenns mal zwischen mir und den anderen Jungs krach gab. Ich konnte auch ganz ungestört anfangen zu rauchen und auch mal einen zu kiffen. mit neun.
gut ich muss zugeben, ich hab selber ganz schön viel Mist gebaut. fing an vom Feuer legen im nachbarsgarten bis zum alkoholisierten rumvögeln im zarten alter von 11. Das problem war, wenn dir die ganze Zeit über vom Betreuer des Hauses eingeredet wird, dass man als Jugendlicher ein sexsüchtiger Taugenichts ist, glaubt mans auch irgendwann und setzt vorwürfe in die tat um. zumindest wars bei mir so.
Als notorischen Lügner würde ich mich nicht bezeichnen. im Gegenteil. ich hab Probleme nicht die Wahrheit zu sagen und wenn mir jemand zu nahe tritt, werde ich verbal aggressiv oder einfach nur unerträglich sarkastisch.
Trotzdem ist es denke ich klar, dass ein Heimkind 'seinen Knacks' weg hat so wie du schon festgestellt hast. wie Solls auch anders sein? man ist als Kind mit ständig neuen Menschen, neuen Situationen und anderen Kindern alias Mitbewohnern konfrontiert. Ein Ich gibt's im hei einfach nicht. nur ein wir. daher könnte ich mir vorstellen woher der zwanghafte Wunsch nach Aufmerksamkeit kommt. habe ich auch. muss ich ganz ehrlich zugeben. nu versuche ich mich durch Leistungen zu profilieren, sprich gute Noten, Studium, job.
manche haben eben andere Ventile.
für mich ist aber die 'aufmerksamkeitssucht' absolut nachvollziehbar. Wenn man all die Jahre niemals ein Ich war und irgendwann aber einfach ein Ich sein will, dann versucht man das eben zu erreichen. egal wie. darum geht meiner Meinung nach so viel Seele bei diesen Menschen verloren und werden durch Probleme ersetzt. Ärger zu verursachen, Unwohlsein bei andere auszulösen ist die einzige Quelle der Kenntnisnahme für sie.
trotz all dem haben Heimkinder sehr wohl auch Chancen auf eine Zukunft. Es kommt einfach immer darauf an welches Fazit sie aus ihren Erfahrungen ziehen konnten.
Ich für meinen Teil bin relativ zufrieden mit mir. ich bin 18, studiere Medizin und lebe mittlerweile in einer eigenen Wohnung.