Anzeige(1)

Wenn man isolierte Eltern hat

  • Starter*in Starter*in LVchen
  • Datum Start Datum Start
L

LVchen

Gast
Hallo,

An sich hatte ich lange Zeit keine große Lust mehr, über dieses Thema zu schreiben, aber ich merke einfach, dass ich mich davor nicht verschließen kann.

Meine Eltern haben prinzipiell seit über 30 Jahren kaum noch soziale Kontakte. Bis auf die Mutter meines Vaters und die Schwester meiner Tante. Sie sind mit den Nachbarn nicht enger, sie haben sonst zu den Familienmitgliedern keinen Kontakt mehr, keine Schulfreunde, keine Vereinsfreunde usw.

Jedenfalls haben meine Eltern auch einen großen Anteil daran, dass ich als Kind und Jugendliche Mobbingopfer war (im Prinzip 12-14 Jahre lang), weil sie mir praktisch den Umgang zu anderen Kindern und Jugendlichen immer sehr eingeschränkt haben. Es hat sonst auch niemand interveniert, obwohl meine Oma, meine Cousine, mit der ich mich heute sehr gut verstehe und auch viele andere zu Beginn meines Lebens sehr aktiv zugeschaut haben.
ein guter Freund von mir hat auch bereits gemeint: "wieso hat da niemand mal mittels des Jugendamtes oder mittels vernünftiger Vorschläge interveniert?"

Meine Cousine, mit der ich mich sehr gut verstehe, meint nun, dass es für mich, die ich ja erst mit 17, 18 begonnen hat, soziale Kontakte zu pflegen, natürlich entsprechend schwierig ist, das alles nachzuholen. Es raten mir auch 3 Freunde an, eine Therapie zu machen bzw. ich bin auch selbst davon überzeugt bzw. guter Dinge, dass ich das alles, was mir so widerfahren ist, mal professionell-therapeutisch aufarbeiten sollte. Ich habe im Mai dafür auch einen Termin bei einer von meinem Hausarzt empfohlenen Therapeutin.

Obwohl man mir Menschenkenntnis, Offenheit, Freundlichkeit, Empathie usw. gar nicht mal absprechen kann, scheitern meine Freundschaften und Beziehungen leider immer mal wieder. Sicher, ist das der Lauf der Dinge; aber ich habe schon Schwierigkeiten, genau zu sagen, welche Person x oder y freundschaftlich oder partnerschaftlich überhaupt gut zu mir passen könnte. Ich kann das maximal bei 2-3 Personen sagen, dass die überhaupt passen. Also dass ich mir da auch einigermaßen sicher bin. 🙂

Wenn man so isoliert aufgewachsen ist und dann noch Jahrelanges Mobbingopfer war, kann man da nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen, denke ich. Da muss mal eine Aufarbeitung vonstatten gehen. Ich bin diesen Weg bisher nie gegangen, da mir der Ernst der Lage nicht klar war.
Mir ist das mal bei einem Praktikum in der Schule empfohlen worden, meine negativen Schulerfahrungen mit jemandem zu besprechen, um eben auch an meiner Persönlichkeit arbeiten und diese besser entfalten zu können. (natürlich ist der Vorschlag von dieser Person ziemlich deplatziert gewesen, denn die kannte mich eigentlich nicht, sondern wusste lediglich, dass ich z.T. negative Erfahrungen in der Schule verzeichnet habe).

Meiner Meinung nach wirken sich diese familiären Probleme, die bei mir untergründig immer noch schwelen, auf alle Bereiche aus. (auch die späteren Mobbingerfahrungen).
Wenn ich in der Schule Probleme hatte, habe ich quasi keinerlei Anhalt richtig von Seiten meiner Familie gehabt. Da kamen nur so Phrasen wie "das kann gar nicht sein, dass jemand so Intelligentes wie du gemobbt wird", "die sind nur neidisch", "ziehe dir das nicht so zu" und so Zeug. Dass man aber vielleicht mal die Schule wechselt, mal zum Thera geht usw., darauf ist keiner gekommen.
Von jemandem mit 10 oder 12 so etwas zu erwarten, ist einfach krass. Ich wäre darauf früher selbst einfach gar nicht gekommen...

Prinzipiell bin ich bei meinen Eltern auch viel zu spät ausgezogen. Erst mit knapp 24. Das ist in meinem Fall einfach zu spät. Aber ich bin mit 19/20 auch einfach noch nicht so weit gewesen... 🙁🙁🙁🙁
Dadurch, dass sie mich in so eine Abhängigkeit und so eine Überbehütung gedrängt haben, war es für mich auch lange Zeit sehr schwer, dieser zu entrinnen.
Ich lebe jetzt bei meiner Oma (aus finanziellen Gründen) - wohl wissend, dass es auch nicht das Non plus ultra ist; aber finanziell ist es bei mir gegenwärtig einfach schwierig. (ich habe gerade überhaupt kein Einkommen, sondern nur Ersparnisse). Dann Auslandsaufenthalt II, den ich dieses Jahr noch machen muss. Ich bin gerade 2 Wochen wieder aus Frankreich zurück --- ich möchte ungerne schon wieder umziehen. Wenn, dann ziehe ich zur Staatsexamensphase um. Die wird nach meinem Auslandsaufenthalt sein.

Im Übrigen bin ich von meinen Eltern sozial betrachtet nie in irgendeiner Form gefördert worden. Auch nicht, was die Selbstständigkeit angeht. Das Einzige, worauf sie Wert legten war, dass ich ab 15 arbeite quasi. Wobei so ein Kommentar ja schon mit 13 mal gekommen ist, als ich mal fragte, ob wir nicht ein anderes Shampoo oder eine andere Bodylotion kaufen könnten (ich meinte ja jetzt gar keine irrsinnig viel Teurere oder so). Da kam der Kommentar: "Gehe halt arbeiten!" Ich finde so etwas bei einer 13-jährigen Gymnasiastin einfach unter aller Sau.

Was ich jedenfalls meine ist, dass diese Themen, diese Situationen, diese Kommentare, dieses mangelnde Verständnis meiner Eltern und dass man sie auch wegen nichts kritisieren kann, ohne dass sie direkt beleidigt sind etc., immer wieder bei mir hochkommen.
Dann halt noch Aspekte wie, dass ich nur 2x die Woche duschen durfte, mein Zimmer häufig im Winter auf unter 18°c war, weil sie krankhaft am Sparen immer waren usw.
(ich schaffe das alleine nicht, es irgendwie zu verarbeiten - es einfach so hinzunehmen und mein eigenes Leben zu starten).

Natürlich wirkt es sich nicht permanent auf mein psychisches Erleben und Handeln aus, dass meine Eltern so isolierte, sozialphobe Geizhälse sind, aber es kommt immer wieder hoch.

Meine Cousine hatte auch mal neulich gemeint: "Deine Mutter hatte immer psychische Probleme. Ich bin auch der Meinung, sie hätte keine Kinder bekommen dürfen. Mir kommt es sowieso nach wie vor so vor, als ob sie immer besser mit Hunden konnte oder kann als mit Kindern!"

Das ist wirklich heftig, wenn man so was gesagt bekommt, auch wenn es stimmt.

Ich möchte halt einen Zustand erreichen, dass ich mich davon emotional besser abgrenzen kann, dass es mich nicht mehr aktiv belastet, dass ich vielleicht einen neutralen Zustand erreiche usw.

Das sollte doch wohl zu schaffen sein.
Ich kann es bloß alleine irgendwie nicht.

Jeder wünscht sich eine heile Familie und ich weiß, dass ich bis heute die Hoffnung auf ein besseres familiäres Miteinander nicht aufgegeben habe. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Allerdings weiß ich inzwischen durch Freunde, dass es nie so sein wird, wie ich mir das wünsche oder vorstelle... 🙁 :wein:

LG
LVchen
 
Zuletzt bearbeitet:
Hey LVchen,

ich verstehe dich echt gut, wenn du deinen Eltern ihre damaligen Versäumnisse und fehlende Unterstützung nicht einfach so verzeihen kannst. Das geht mir bei meiner Mutter auch nicht anders, die mich auch nie unterstützt hat (lebt ja von Hartz 4, ich musste seit ich 12 war jobben, damit ich mir was anständiges zu Essen kaufen konnte oder mal neue Klamotten; ich war lange in einer Behandlung zum Thema Zahnspange, in der nur Mist gebaut wurde und meine Mutter aber keine zweite oder dritte Meinung einholen wollte, obwohl selbst für den Laien abzusehen war, dass etwas nicht stimmte und ich mit 16 dann endlich selbst eine andere Zahnärztin aufsuchte, die mir dann wirklich helfen konnte und den Schaden etwas eindämmte, der aber eigentlich hätte verhindert werden können, hätte sich meine Mutter mal gekümmert; etc.).

Ich bin ihr immer noch oft sauer, da sie sich bis heute nicht geändert hat, aber ich sehe die Sache jetzt lockerer. Ich habe mir den Teil der Familie ausgesucht bzw. zusammengestellt, der mir gut tut und der mich unterstützt (Vater, Tante, Oma, Schwester) und ansonsten halte ich mich an meinen Freund und meine Freunde.

Manchmal muss man einsehen, dass man einige Menschen nicht ändern kann und dass diese eine ganz andere Sicht der Dinge haben. Dass sie selbst keine sozialen Kontakte haben, zeigt ja auch, dass sie sich nicht wirklich sozial konform verhalten, sonst wäre dies ja nicht so.
Das ist aber ihre Sache und je mehr du dich da rein steigerst, desto mehr belastest du dich selbst und es nützt keinem etwas, denn ändern wirst du sie nicht mehr.

Eine Therapie ist aber bestimmt eine gute Lösung, dir die Dinge von der Seele zu reden und eine professionelle Meinung dazu zu bekommen.

Und so wie ich dich bisher erlebt habe, bist du ein toller Mensch und findest bestimmt noch ganz viele andere tolle Menschen 😉 Das passt dann schon, mach dir darüber mal keinen Kopf!

Fühl dich dolle geknuddelt!
 
Hallo LVchen,

hast Du nicht Lust mir wieder zu mailen?
Ich kann Dir zu Deinem Thread einiges schreiben. Es gibt bei uns so einige Parallelen...

LG,
June
 
Hallo!


@ Junesun:
Schreibe mir doch einfach eine Mail an diese Yahoo-Addy, die du von mir hast. Ich hatte dir doch irgendwann auch noch mal geantwortet, aber es kam dann keine Mail mehr von dir zurück. Vielleicht im Daten-Nirwana verschwunden.

@ Melliplex:
Oje, dass du so frühzeitig schon jobben gehen musstest, ist aber auch nicht gerade standard. :/ Und dass dir quasi noch dein Gebiss versaut (wenn es jetzt auch wieder ok ist) worden ist, finde ich von deine Mutter auch ziemlich verantwortungslos, muss ich mal so sagen. :/ Das tut mir sehr, sehr leid. Das ist ja wirklich schon grobe Vernachlässigung bis hin zur Verwahrlosung, v.a. wenn man sich als 12-jährige schon sein Essen bzw. die elementaren Lebensbedürfnisse selbst finanzieren muss. Das tut mir wirklich sehr, sehr leid, Melliplex. Ist das denn heute immer noch so, dass du autonom finanziert bist, sozusagen? enormously-tenderly-hugging Ich habe das offen gestanden nicht gewusst, dass es bei dir auch so extrem ist.
Es ist nur erstaunlich, dass es Menschen wie wir trotzdem schaffen, schulisch, beruflich etc. erfolgreich zu sein. Die besten Voraussetzungen sind das ja eigentlich nicht gerade. Das nennt sich dann „erhöhte Resilienz“ in der Psychologie. An sich wird in der Resilienz-Forschung aber auch gesagt, dass gerade Kinder und Jugendliche von Flüchtlingsfamilien oder sehr armen Familien oder auch behinderte Kinder und Jugendliche eine sehr hohe Resilienz aufweisen. Falls dich das näher interessiert, kannst du mal den Wikipedia-Artikel dazu lesen. Resilienz (Psychologie). 😀
Was soll ich sagen? Ich kann meinen Eltern, meiner Oma und auch teilweise dem Rest meiner Verwandtschaft nicht wirklich verzeihen, dass die mir in sozialer und in persönlichkeitsentfaltender Hinsicht meine Kindheit und Jugendzeit ruiniert haben. Natürlich kann ich es heute besser machen und ich habe auch einige Kontakte in den letzten sieben bis acht Jahren gehabt; aber häufig habe ich leider vergangenheitsbedingt Menschen kennen gelernt, die einfach nicht sehr gut zu mir passten, die mich eigentlich noch mehr verletzt haben usw. :/
Ich habe durchaus den Hang dazu, Menschen anzuziehen, die eher totale Einzelgänger sind, mit denen man auf lange Sicht gar keinen gemeinsamen Nenner, keine gemeinsame Schnittmenge finden oder erreichen kann. Dem einen jungen Mann, bei dem mir das auffällt, habe ich noch mal eine Chance gegeben. Er hat jetzt eine Freundin und er scheint sich etwas weiterentwickelt zu haben... aber so wie er sich bei unserem ersten Kontaktversuch teilweise verhalten hat, war das für mich nicht mehr ok. Er ist halt teilweise schon nicht mehr ans Tele gegangen, wenn ich anrief, hat Mails äonenlang nicht beantwortet und alle Treffen, die mal stattgefunden haben, sind nur von mir ausgegangen quasi.
Dann hatte ich einen Kommilitonen (von der Uni HH, d.h. auch von derselben Uni), der es in 3 Jahren nicht gerallt bekommen hat, sich mit mir mal außerhalb des Telefonierens zu treffen. Und der wohnte ja nun wirklich nicht am anderen Ende Deutschlands.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich solche Kontakte, speziell wie das mit dem Telefonkontakt heute ablehne.
Allerdings denke ich, dass meine Vergangenheit maßgeblich dazu beiträgt, dass ich mir von meinen ehemaligen Bekannten und Freunden z.T. so viel habe gefallen lassen. Anstatt den Kontakt mit dem Telefonmann nun mal nach 6 Monaten ein Ende nehmen zu lassen, habe ich den ja auch selbst 3 Jahre aktiv gehalten. Sicher, wir haben teilweise 6h die Woche telefoniert, aber für eine intensive Freundschaft, wie er diesen Kontakt betitelt hat, reicht das doch eigentlich gar nicht aus.
Dann hatte ich noch eine andere Freundin, die mal meine beste Freundin war, und die hat sich praktisch von ihrem Freund den Kontakt zu mir unterbinden lassen. Ihr Freund hatte ein Megaproblem mit mir, weil ich mich ja in den letzten fünf Jahren durchaus dahin entwickelt habe, dass ich mir eben nicht mehr so viel gefallen lassen, so devot bin wie früher etc.

Meine Eltern haben ja auch ein grundlegendes Problem damit, dass ich mich heute so zur Wehr setze. Die verstehen es quasi bis jetzt nicht, wieso ich bei ihnen ausgezogen bin.
Die ganzen Grundproblematiken sind ihnen nicht bewusst.
Das mit dem Duschen nicht, das mit dem Heizen nicht, das mit dem DURCHGANGSZIMMER nicht, dass sie mich quasi zu sehr überbehütet und isoliert haben nicht usw.
Ich finde, die Schuld kann man ihnen durchaus in die Schuhe schieben und ich kann ihnen das nicht alles verzeihen, was da abgelaufen ist.

@ intodeep:

Das ist sehr gut, was du geschrieben hast. 😀
Dass meine Eltern eher zurückgezogen leben möchten, kann man ihnen nicht vorwerfen unbedingt, aber dass sie mir ihr Lebenskonzept mehr oder weniger aufzustülpen versucht haben, ist unter aller Sau.

Ich bin aber durchaus mit 16 ½ etwas ausgebrochen, indem ich mir halt den Schachverein damals suchte und darüber neue Leute kennen lernte. Ich habe es auch mittels des Schachvereins gelernt, überhaupt mal vor einer Gruppe zu sprechen, sozialverträglicher zu werden etc. Ich konnte ja kaum Konversation betreiben, hatte mit 17 die rhetorischen Fähigkeiten eines Kindes usw. :/
Das mit dem Schachverein hat mir essentiell, maßgeblich geholfen, würde ich heute im Nachhinein sagen. 😀
Das ist auch immer das, was ich zu anderen sage: jemand, der gehemmt/schüchtern usw. ist, sollte sich irgendwo eine Nische suchen und wenn es eben wirklich nur Sportverein, Schach, Skat oder was weiß ich ist. Irgendwo muss man sich ja mal sozial ausprobieren.
Meine weitere Etappe war dann die Oberstufenzeit, in der ich mich gut weiterentwickelt habe, und jetzt halt als dritte Etappe das Studium, und als vierte Etappe die Praktika und mein langer Auslandsaufenthalt in Frankreich, wo ich ja auch an zwei Schulen unterrichtet habe und mich im Ausland alleine durchgeschlagen habe. 😀
Ich wäre aber zu so einem Auslandsaufenthalt nach meinen ersten vier Semestern, d.h. als ich mehr so 22 ½-23 war, noch nicht so in der Lage gewesen. Ich bin halt irgendwo schon mehr ein Spätentwickler.

Das können aber halt recht viele Leute auch nicht so verstehen, dass ich aus eigener Kraft nicht so in der Lage war, dem Elternhaus frühzeitiger zu entrinnen.
Na ja, wenn man aber „bildlich gesprochen“ Jahrelang in so nem Käfig geradezu aufgewachsen ist und man auch von außen nicht so viel Stimuli dazu erhalten hat?!
Ich bin einfach auch der Meinung, dass meine Oma und der Rest der Familie mehr hätte unternehmen müssen. Die haben praktisch zugesehen.
Man muss ja nicht direkt das Jugendamt einschalten, aber man kann zumindest auch anderweitig etwas bewegen. Und gerade meine Oma, meine Tante und meine Lieblingscousine hätten etwas bewirken können. Da bin ich mir sicher. Man hätte das auch subtiler machen können vielleicht.

Meine Eltern haben mir das bis 17 hoch nicht mal erlaubt, irgendwo zu übernachten. Nicht mal innerhalb der Familie oder bei „Freundinnen“. Einen Freund haben sie mir natürlich auch untersagt. Ich habe bis 17 hoch nicht mal wirklichen Kontakt zu Jungs gehabt, sprich habe sie immer nur aus der Ferne fast gesehen.
Bis mal auf meinen einen Klassenkameraden, wo wir uns mal zwei Tage bei einem Projekt intensiver unterhalten haben...

Dann der Aspekt mit meinen Augen, den mir meine Cousine neulich mal genauer erläutert hatte
Ich habe ja von Geburt an mal sehr stark geschielt. Und wie die meisten wissen, gibt es dafür Ops, die schon relativ lange Routineeingriffe sind.
Meine Eltern hätte mich mit 4-6 operieren können. Dann hätte ich heute eine einigermaßen vernünftige Sehkraft sozusagen...
Jetzt ist es so, dass man das mit dem Schielen bei Müdigkeit meinerseits immer noch leicht sieht und außerdem habe ich unter 30% auf diesem „leicht schielenden Auge“.
Meine Cousine erzählte mir: „Deine Mutter hat das nicht operieren lassen, weil sie wie immer vor Angst zerfressen war. Stattdessen haben sie zu dir damals dann gesagt, dass die %-Werte nicht ausreichten, um das operieren lassen zu können. Das war allerdings eine Lüge. Und diese Lüge haben sie bei dir immer aufrecht erhalten!“

Ich könnte da wirklich kotzen, muss ich mal so sagen.


Bei meinen Eltern haben immer nur die anderen Leute die Schuld. Sie wollen ja auch mit den anderen Familienmitgliedern nichts mehr großartig zu tun haben. Grundsätzlich haben sie sogar schon mit meiner Oma väterlicherseits, der ich lebe, ein Problem. Ihnen ist das ja sogar schon zu viel, meiner Oma mal die Zeitschriften, die sie wöchentlich liest, vorbeizubringen; aber auf der anderen Seite streichen sie jährlich mehrere 100 Euro von ihr ein.
Mein Vater lässt sich mit 60 hoch ja noch ordentlich von seiner Mutter finanzieren. Aber jeder Schritt, den sie für meine Oma gehen müssen, ist ihnen zu viel. Sie besuchen meine Oma von sich aus auch nicht, aber lassen sich regulär in Restaurants einladen, sich ihren Haushalt mehr oder weniger von ihr finanzieren usw.
Meine Oma lässt das mit sich machen, weil sie sonst nicht viele hat und weil unsere Familie ja eh schon nicht mehr groß ist. Aber ich meine, meine Eltern und meine Oma sind auch selbst schuld, wenn sie die ganzen Kontakte mit der Familie so abgesäbelt haben. Meine Oma meinte halt, da sei ihr zu viel Klatsch gewesen innerhalb der Familie und meine Eltern meinen prinzipiell das Gleiche!
Auf der anderen Seite aber sind meine Oma und meine Eltern diejenigen, die PERMANENT über die Familienmitglieder herziehen. Die machen es fast noch KRASSER als die Familie.
Ich bin ja neulich auf der Seebestattung meines erst kürzlich verstorbenen Cousins gewesen. Diese Zusammenkunft mit der Familie hat mir wirklich gut getan und während dieser Feier ist nicht so viel getratscht worden, wie es meine Eltern und meine Oma regulär machen. Meine Oma und meine Eltern hetzen ja auch nur gegen den Rest der Familie. Ich jedoch, da ich mit ihnen Kontakt haben möchte, lasse mir das verbitten, in meiner Gegenwart soooooolche Hetzkampagnen zu starten. Es ist meine Entscheidung, zu wem ich Kontakt halte...

Es ist wirklich eine Sauerei, dass meine Eltern zu der Seebestattung meines Cousins nicht gegangen sind. Es hätte dem Rest der Familie sehr viel bedeutet.
Meine Mutter will das auch, weil sie eine andere Wahrnehmung hat anscheinend, nicht wahrhaben, dass meine Tante, meine Cousine und auch alle anderen bitterlich enttäuscht darüber sind. Meine Tante gibt es bei meiner Mutter wohl nicht ganz so zu, aber jeder einigermaßen gesunde Mensch, der über Empathie verfügt, müsste doch wissen, was das für meine Tante, deren Sohn kürzlich verschied, bedeutet, wenn die eigene Schwester nicht zur Bestattung kommt, und die eigene Schwester stützt.
Meine Mutter lässt den Kontakt zu meiner Tante nur am Telefon laufen überwiegend... und die wohnt im Nachbarstadtteil von uns in Hamburg. Sie sehen sich 2x pro Jahr.

Es tut mir leid, dass ich so viel geschrieben habe, aber mir brennt das halt wirklich auf der Seele.

LG
LVchen
 
Ich habe ja am 10. Mai einen Termin beim Therapeuten. 🙂 Mal gucken, wie das dann so wird. Irgendwie bin ich momentan so ungewohnt optimistisch. 😀 Vielleicht weil ich das tue, was ich nie so richtig getan habe: die Probleme mal richtig anpacken und aufarbeiten. :daumen:

Jedenfalls ist es so, dass wenn ich mal real jemandem unsere ganzen Familiengeflechte erzähle, die Leute meistens schon schockiert sind. Vor allem dass meine Eltern mich im Studium kaum unterstützen, obwohl sie es könnten'; dass sie mir ein Durchgangszimmer bis in die 20er hoch zugemutet haben, dann die Dusch- und Heizrestriktionen usw.
Sicher kann man da argumentieren: warum bist du nicht früher raus? Ja, was hätte ich für Alternativen gehabt?! Meine Eltern hätten mir ja kein Außerhalbwohnen finanziert... bzw. ich war ja auch noch Schülerin bzw. dann später Studentin. Sich in Großstädten wie Hamburg selbst zu finanzieren, ist schon heftig. 🙄
Ich finanziere mich zwar so auch überwiegend selbst, aber wohne bei meiner Oma halt mietfrei. 😉 Bloß bin ich halt der Meinung, dass wenn meine Eltern mich nicht unterstützen, kann es wenigstens meine Oma tun; weil sie hat ja bei dem "tollen Treiben" meiner Eltern jahrelang zugeguckt. Genauso wie alle anderen Familienmitglieder. :mad:
 
Hi LVchen!

Das, was du geschrieben hast, hat mich sehr berührt und ich muss sagen, zwar mögen wir andere Gebiete haben, auf denen die komischen Restriktionen sich befinden, aber ich kann das sooo gut nachvollziehen. Meine Eltern haben versucht mich zu fördern und es war vor allem meine Mutter, die mir geschadet hat.

Ich hab das an anderer Stelle schon geschrieben, weshalb es wohl bekannt vorkommt.
Meine Mutter hat mir verboten, mich am Körper zu rasieren und sich noch drüber lustig gemacht, dass andere in meinem Alter dies taten. Ich dürfte nicht zum Frisör wegen Spitzenschneidens aus Angst, die Haaren würden zu kurz geschnitten. Dauerwellen mussten rein. Einmal hat meine Mutter nen Tobsuchtsanfall bekommen, als die Friseurin von sich aus bei meinem kaputten Haar nichts machen wollte.

Von mir wurde erwartet, das Billigste vom Billigsten anzuziehen, weil meine Mutter im billigen Laden natürlich auch Mädchen gesehen hatte. Sie brachte mir stets Anziehsachen mit und war beledigt, wenn ich die nicht mochte oder schon allein, weil jeder in meiner Klasse genau wusste, woher die Klamotten kamen, nicht anziehen wollte. Jeder Pullover, der auch nur annähernd mal 20 Mark gekostet hätte, wurde als zu teuer eingestuft, weshalb nur bestimmte Läden in Frage kamen. Meine Verwandtschaft rechnete noch mit Bekleidungspresien aus der eigenen Jugendzeit, die ungefähr 30 Jahre zurücklag.

Ich dürfte nichts aussortieren oder gar wegwerfen, denn alles war ja mal teuer und auch heute natürlich so gut wie den Neupreis wert. Löcher im Teppich wurden durch kleinere Vorleger sorgsam verdeckt. Scheren waren auch im rostigen Zustand noch gut. Die Zahnpastatube wurde bis zum letzten Anschlag ausgepresst und Schampoo gab es lange Zeit nur in einfacher günstiger Ausführung.

Mein Zimmer war klein und wurde vorgestellt. Ich hatte ein Bett, was zu klein war und mein Bürostuhl ging irgendwann auch kaputt. Da ich nicht wollte, dass meine Mutter zur hilflosen Furie mutieren würde, unterließ ich es, lange darüber zu sprechen, aber die Tatsachen waren bekannt. Ich schlief mit Muttern in einem Bett und benutzte den Esstisch für meine Aufgaben. Das Zimmer wurde immer betreten wie man sich das eben wünschte ohne Klopfen.

mein erster Freund sollte nach den Wünschen meiner Mutter funktionieren. Da gab es auch Geschrei, bis er dies tat und das jedes Mal. Dabei ging es um Sachen, die nur mich und ihn betrafen.

am besten war es, als meine mutter ihren willen durchsetzen wollte, als ich 18 war. ich wollte bei wem übernachten und sie hat so die nachbarschaft zusammengeschrien, dass meine gastgeber die polizei riefen, die es erst schaffte sie zur ruhe zu bringen.
 
Es bringt doch alles nichts. Dieses ganze Zerfleischen der Eltern, jedes Detail aus der Kindheit genau unter die Lupe nehmen!
Es ist passiert, es ist Teil unseres Lebens und wird es immer sein.
Auch ich habe mich lange gesuhlt in all den Fehlern, die meine Eltern gemacht haben.
Habe ihnen die Schuld zugeschoben, dass aus mir nichts geworden ist. Dass ich kläglich gescheitert bin.
Soll ich aufführen, was ich erlebt habe?
Meine Mutter hat mich nie geliebt. Sie hat mich geschlagen, mich beschimpft, mir mit ihren Wutanfällen Angst gemacht. Ich durfte nie Kinder mitbringen, musste mich aber nachmittags stundenlang in der Gegend herumtreiben, damit ich ihr nicht im Weg war.
Ich hatte wenig Kleidung, da meine Mutter das zur Verfügung stehende Geld lieber für sich ausgab. Manchmal stahl sie mir auch Geld aus meinem Sparschwein, das ich nie wiedersah.
Ich lief manchmal sehr ungepflegt herum, weil es nur einmal pro Woche erlaubt war zu duschen. Die Kleidung wurde auch erst gewaschen, wenn es bitter nötig war.
Als ich meinen ersten Freund hatte, den ich verheimlichen musste und es rauskam, betitelte sie mich als Flittchen.
Ja, ich sage es ganz offen, meine Mutter ist asozial! Hält sich aber für etwas besonderes, weil sie dank meines Vaters im Eigenheim lebt.
Meine Vater hat mir nie Anerkennung gezeigt. Seine Erwartungen waren so hoch, dass ich sie nie erfüllen konnte.
Ich habe heute kein Selbstwertgefühl.
Ja, aber was nutzt es, immer wieder Vorwürfe gegen die Eltern zu richten?
Es ändert nichts.
Wir haben die Veranwortung für unser Leben und müssen das beste daraus machen.
 
@ Junesun: Aber wieso sollte man sich keine Gedanken darüber machen dürfen?
Ich will die Fehler ja bei meinen eigenen Kindern nicht wiederholen.
Um damit klar zu kommen, sollte man sich aktiv damit auseinandersetzen, was ich ja professionell auch vorhabe.
Das liest sich wirklich noch krasser als meines. Das von Gast natürlich auch. 🙁 :wein:

@ Gast: kann es sein, dass du das schon mal irgendwo anders beschrieben hast? Das kommt mir alles so bekannt vor.
 
Es lohnt sich auf jeden Fall, es zu hinterfragen und nach Antworten in der Vergangenheit zu suchen. Denn wie die Psychologen nunmal sagen, ( kennt man aus den abgedroschenen Seifenopern, aber stimmt wirklich) ist die Kindheit und die Pubertät die Zeit des Lebens, die die Wurzeln für die Zukunft setzt. Und die Fehler und die Erlebnisse dieser Zeit wirken auch viele Jahre danach. Deswegen suchen die Psychologen oft nach den Antworten in der Gegenwart in der Kindheit, als " alles begann". Was da schief lief, kann einiges für die Zukunft vermiesen. Muss nicht.


Wenn man es analysiert hat und weiss, was genau die entscheidenden Momente waren, kann man auch anfangen, sich davon zu "heilen" und damit abzuschliessen.


Aber wenn es unbewusst in einem weiter hackt, ohne dass man sich mit den Erklärungen beschäftigt, wird man es womöglich nie loswerden.

Andernfalls würde man es ja auch nicht therapeutisch aufarbeiten. 🙂
 
Hallo LVchen,

ja, ich hatte schon eine sehr trostlose Kindheit.
Solche Erfahrungen sind ein schweres Erbe und ich glaube, es nagt das ganze Leben lang an einem.
Nur glaube ich, es ist schwer, mittels einer Therapie etwas daran zu ändern.
Nach dem Tod meiner Oma, wo ich nicht mehr leben wollte, war ich mal zu ein paar Gesprächen bei einer Mitarbeiterin der Lebenshilfe. Das ist eine kirchliche Einrichtung.
Als ich ihr meine Erlebnisse schilderte, fragte sie mich, wie ich das alles überlebt habe.
Sie hat mir aber auch gesagt, dass ich mich nicht zu sehr auf meine Mutter fixieren dürfe. Also alles von ihren Fehlern abhängig machen dürfe. Ich sei lange erwachsen und trage die alleinige Verantwortung für mein Leben.
Man kann durch eine Therapie sicherlich einige Sichtweisen auf bestimmte Dinge ändern, aber die Narben auf der Seele bleiben.
 

Anzeige (6)


Antworten...
Jedem Teilnehmer und jedem Beitrag des Forums ist mit Respekt zu begegnen...
Bitte beachte das Thema auf das du antworten möchtest und die Forenregeln.

Ähnliche Themen

Thema gelesen (Total: 1) Details

Anzeige (6)

Anzeige(8)

Regeln Hilfe Benutzer

Du bist keinem Raum beigetreten.


      Du hast keine Berechtigung mitzuchatten.
      Du bist keinem Raum beigetreten.

      Anzeige (2)

      Oben