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Wiedereinstieg nach BurnOut - Verzweifelt

Kannja

Aktives Mitglied
Seit zwei Wochen arbeite ich endlich wieder - und bin nun verzweifelter als zuvor... Nachdem ich 2013 einen kompletten Burnout hatte - bedingt durch eine sehr lange, schlimme, persönliche Vorgeschichte und einen extremen Ausbeuterjob, bin ich einfach nicht mehr richtig gesund geworden. Die schwere Depression ist leider nie verschwunden und setzt mir weiterhin sehr zu... Da ich aber ganz auf mich allein gestellt bin, also keinerlei Rückhalt habe und meine kompletten Rücklagen durch die lange Krankheit verbraucht habe, bin ich nun in riesiger Existenznot.

Das Lesen von Stellenanzeigen ist einfach nur niederschmetternd für mich: Fast nur Zeitarbeit, überall Betonung darauf, dass man extrem belastbar und flexibel sein müsse, unzählige Qualifikationen und Erfahrungen vorweisen muss... Also all das was man als BurnOut Patient rational betrachtet eigentlich kein zweites mal annehmen darf. Ich habe ja in genau so einem Job gearbeitet, bis ich völlig zusammengebrochen bin... Hinzu kommt, dass ich eigentlich niemals einen reinen Bürojob machen wollte und sehr genau weiß wie unglücklich mich das macht. Ich wollte immer schon im sozialen Bereich oder wenigstens mit Menschen arbeiten - doch das scheint mir nun komplett verbaut. Mein Studium in diesem Bereich musste ich abbrechen, da ich es finanziell einfach nicht mehr geschafft habe und sehr schlimme Schicksalsschläge in meinem Leben passiert sind. Meine Eltern hatten mich vor dem Studium in eine Kaufmännische Ausbildung gezwungen - diese habe ich natürlich abgeschlossen und gezwungenermaßen seither in diesem Bereich gearbeitet. Todunglücklich und finanziell am Rande des Existenzminimums. Dann kam der BurnOut und sowohl meine Therapeuten, als auch ich, waren sich sicher, dass ich beruflich unbedingt etwas anderes machen muss. Doch was ist mir realistisch betrachtet überhaupt möglich?

Ich bin nun, aus meiner Not heraus und weil ich keinen vernünftigen, guten Job finden konnte, wieder in einer Firma in der ich früher schon gearbeitet habe. Nach drei Jahren Krankheit und mit meiner schweren Depression war ich erst einmal froh wenigstens wieder mit einer Tätigkeit beginnen zu können, die mir vertraut ist und mir somit weniger Angst macht. Doch die Lage der Firma ist extrem schlecht - der Chef lässt das permanent auf sehr unfaire, aggressive Art an den Mitarbeitern, auch schon in den ersten paar Tagen gleich an mir, aus. Anfangs sagte ich mir immer noch, dass ich das nicht an mich herankommen lassen darf, denn das habe ich ja in der Therapie eigentlich gelernt. Doch es gelang mir schon sehr bald nicht mehr... Zudem herrscht extremer Stress, weil der Chef viel zu wenig Personal zulässt. Also musste ich jetzt zum Einstieg sofort wieder Akkord arbeiten und Überstunden machen. Früher habe ich mich einfach durch alles durchgebissen und hätte gar nicht gewagt mir Schwäche einzugestehen Aber ich merke, dass ich das nicht mehr kann... die Krankheit hat mich deutlich schwächer gemacht. Nach außen habe ich aber auch jetzt alles erfüllt und gemeistert was von mir gefordert wurde. Nur merke ich auf sehr bedrohliche Art wie sehr mir das schon jetzt zusetzt und an die Substanz geht.

Was hinzu kommt ist die riesige Existenzangst... ich bin in dieser Firma nur freiberuflich tätig, also muss ich meine Sozialversicherungsbeiträge aus eigener Tasche zahlen und habe keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, kein Arbeitslosengeld, keinen bezahlten Urlaub... und das alles bei weniger als Mindestlohn. Ich weiß also, dass ich mir so oder so einen anderen Job suchen muss. Es ging mir nur darum nach der langen Krankheit erstmal wieder IRGENDWIE einen Einstieg in Berufsleben zu schaffen und wenigstens etwas Geld zu verdienen. Aber meine Angst gar nichts anderes mehr zu finden ist so unendlich groß. Der Arbeitsmarkt ist so gnadenlos und schlimm geworden, wenn man nicht bereits in einer guten Firma seinen Fuß in der Tür hat oder hochqualifiziert ist. Ich habe doch aber noch über 30 Jahre Berufsleben vor mir! Irgendwie muss ich einfach eine Tätigkeit finden mit der ich auch leben kann und die mir ein wenig Freude macht, statt nur Quälerei zu sein. Irgendwie muss ich doch eine halbwegs sichere finanzielle Lage für mich schaffen... so kann es doch nicht ewig weitergehen. Ich habe schon gar keinen Lebensmut mehr. 🙁

Habt Ihr Ideen für eine Perspektive?
 
Hast du das mit deinem Therapeuten besprochen? Das wäre für mich der erste Schritt.

Ansonsten bleibt dir, um dich erst einmal zu beruhigen, nichts anderes übrig, als dir zu sagen: Schlimmstenfalls lebst du halt, wenn du auch mittel - bis langfristig keine geeignete Stelle findest, eines Tages von Arbeitslosengeld II ("Hartz IV") bzw. im Rentenalter von Grundsicherung. Das sind zwar keine tollen Perspektiven, bestimmt nicht das, was du dir vom Leben erträumt hast, aber verhungern wirst du in unserem Staat auch nicht damit. Der Staat bezahlt dir dann zumindest die Krankenversicherung und eine kleine Wohnung. Immer noch kein Grund, total zu verzweifeln und sich umzubringen. Und das ist Geld, für das du nicht eine Minute arbeiten musst. Viel besser geht es dir in deinem jetzigen Job doch sowieso nicht. Du stündest als ALG II-Empfängerin in unserem Land keineswegs allein da, wirst deswegen weder im Gefängnis landen noch vor ein Exekutionskommando geführt. In Unrechtsregimen wie in der Nazizeit wäre viel mehr Grund zur Panik gegeben gewesen.

Ich sage das nicht aus Arroganz, sondern hatte und habe selbst entsprechende Fälle in meiner Verwandtschaft. Ein Leben als Sozialhilfeempfänger ist immer noch ein menschenwürdiges, auch wenn man seine Ansprüche an Komfort und Lebensstandard herunterschrauben muss und finanziell keine großen Sprünge machen kann. In kirchlicher und kommunaler Trägerschaft gibt es auch viele Sozialeinrichtungen und Freizeitangebote für Menschen mit wenig Geld, damit diese nicht völlig vereinsamen, sondern trotz wenig Geld schöne Stunden erleben und Geselligkeit erfahren können. Man muss sich nur danach erkundigen.

Und wenn du diese schlimmstmöglichen Perspektiven - die vorübergehende oder dauerhafte Abhängigkeit von staatlichen Leistungen - notfalls akzeptieren kannst und nicht mehr als totale Katastrophe ansiehst, dann wird auch die Panik abklingen. Dann versuchst du, diese Entwicklung soweit wie möglich abzuwenden bzw. abzumildern. Bewirb dich woanders und erkundige dich nach Umschulungsmöglichkeiten. Wie wäre es etwa mit einer Umschulung zur Logopädin? Ich kenne eine Frau, die das nach einem Burnout als Sekretärin mit Anfang 40 noch mit Erfolg absolviert hat und nun in einer Gemeinschaftspraxis mit anderen Frauen tätig ist. Mach' notfalls eine Zeitlang Gelegenheitsarbeiten (Zeitungen austragen, Regale in Supermärkten einräumen, Minijobs als Haushaltshilfe, Nachhilfestunden geben oder drgl.), damit wenigstens etwas Geld in die Kasse kommt.

Meines Erachtens solltest du außerdem nach wie vor in Psychotherapie bleiben bzw. diese wieder aufgreifen. Auch die Telefonseelsorge oder eine Lebensberatungsstelle wären sicher gute Anlaufstellen für dich in besonders panischen, krisenhaft zugespitzten Momenten.
 
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