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Wir sind eine Status- und Neidkultur

Status
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Andreas900

Sehr aktives Mitglied
Wir sind eine Status- und Neidkultur - und das tut uns nicht gut!

Was prägt unsere Gesellschaft mehr als andere Gesellschaften?

  1. Vergleichskultur (wir vergleichen uns häufiger mit Nachbarn, Kollegen und Freunden als andere Kulturen. Um unseren Stauts zu zeigen, kaufen wir und verschulden uns. Wir konzentrieren uns zu viel auf Andere und zu wenig auf uns selbst)
  2. Arbeitskultur (Wir glauben, dass Einkommen nur durch Arbeit erzeugt werden darf und sind skeptisch gegenüber Kapital)
  3. Neidkultur (durch die o.g. Vergleichskultur, stellen wir uns die ständige Frage nach Gerechtigkeit und denken in Klassenkategorien)
  4. Staatshörigkeit (wir vertrauen dem Staat, sozialen Leistungen und bevorzugen staatliche Absicherung gegenüber privater)
  5. Flatratementalität (wir wollen fürs nichts extra zahlen, sondern grundsätzlich alles inklusive haben)
Ich möchte meine Thesen hier sukzessive erläutern und begründen und ausführen warum diese Einstellungen typisch für unseren Kulturkreis sind, uns schaden, uns bremsen und unglücklich machen.

Wer dabei mitdiskutieren möchte, sollte folgende Regeln beachten:
  • keine persönlichen Angriffe und möglichst wenig persönliche Einzelbeispiele (es soll sich niemand hier in die Ecke gedrängt fühlen)
  • nach Möglichkeit Statistiken, Zahlen und Quellen angeben und keine reinen politischen Phrasen. Bitte aber auch keine verlinkten Quellen ohne eigene Stellungnahme dazu
  • seid freundlich und ergebnisoffen. Diskutiert nicht ausschließlich mit dem Ziel Recht zu haben
 

Andreas900

Sehr aktives Mitglied
Zu 1. Vergleichskultur

Bernd wohnt in einer beschaulichen Siedlung. Sein Nachbar Sven ist Schreinermeister, er kennt ihn seit über 10 Jahren, zusammen mit der Frau Saskia und den beiden Kindern Sabine und Thorben. Seit kurzem hat Sven ein neues Auto, einen Mercedes, E-Klasse, Listenpreis 50.000 €.

Seit dem denkt Bernd nach. Wie kann er sich trotz Kinder und mittelmäßigem Einkommen sowas leisten? Hat er geerbt oder im Lotto gewonnen? Nach einer Weile kommt Bernd zum Ergebnis: Der Wagen muss auf Kredit gekauft worden sein, anders geht es nicht! Dieser Gedanke beruhigt Bernd, denn alles andere wäre ja ungerecht.

Gleichwohl überlegt Bernd nun, ob er seinen 10 Jahre alten VW Golf nicht auch mal durch was neues ersetzen soll, alleine schon, weil der alte Golf so mickrig gegen den neuen Benz des Nachbarn aussieht. Seine Frau erzählt ihm auch schon seit Monaten, dass man sich ja ein größeres Auto leisten könne.


Bernd und wir alle lernen dies bereits in unserer Kindheit: Sozialer Status ist wichtig. In einer zunehmend medialen Welt, beginnen wir bereits im frühen Kindesalter unseres Status zu präsentieren, heute mit sozialen Medien früher denn je. Das neue Smartphone, der Urlaub, das neue Auto und der neue Haarschnitt, alles will dokumentiert und präsentiert sein.

Dies schadet uns!

Zu viele soziale Medien, zu viel Zeit damit verbringen sich zu präsentieren, ist psychisch belastend.

Auch jenseits sozialer Medien ist es nachweislich Stress für Menschen, wenn sie viel zeit damit verbringen sich mit anderen zu Vergleichen. Sie orientieren sich an unrealistischen Vorbildern, leben oft über ihre Verhältnisse um in der Vergleichskultur einen möglichst hohen Rang zu belegen. Es erwächst beim Verfehlen dieser Ziele Unzufriedenheit, Neid und Unsicherheit.
 

Insta

Sehr aktives Mitglied
Dies schadet uns!

Zu viele soziale Medien, zu viel Zeit damit verbringen sich zu präsentieren, ist psychisch belastend.
Tolles Thema Andreas!

Was uns im Endeffekt schadet ist der Wunsch nach einer vermeintlichen Gerechtigkeit. Das Problem ist, dass es in die völlig falsche Richtung geht. Person A hat wenig Geld, Person B ist vermögend.
Person A hat aber gar kein Interesse dran von Person B zu lernen und auch vermögend zu werden, nein, Person A versucht nun alles dass es Person B ähnlich "schlecht" geht wie Person A.

Einmal finanziell durch höhere Steuern, Enteignung etc.
Zudem, was ich noch viel schlimmer finde, moralisch. Wer mehr Geld hat, macht sicher kriminelle Dinge, bereichert sich auf Kosten anderer Menschen, hatte nur Glück und Erbe und so weiter. Es wird also systematisch versucht Person B abzuwerten.

Im schlimmsten Fall wandert Person B aus. In vielen Ländern gibt es diesen Neid nicht.

Zudem, und das ist aus meiner Sicht das zweite Problem, gaukelt eine verschwindend kleine Minderheit ein Jet-Set-Leben im Internet vor. Klar, diese Leute sind reich durch Ihr Talent als Fußballer, Influencer, Schauspieler etc. Aber das ist eine kleine Minderheit und es kommt nicht für Jeden in Frage.

Bei mir ist es so, dass ich mich auf mein Leben konzentriere. Mir geht es nicht besser oder schlechter wenn Person A oder B mehr oder weniger Geld oder Glück hat. Es geht um mich. Neid ist mir daher völlig fremd, denn ich möchte für mich selbst sorgen. Ich denke, damit fährt man am Besten!
 

Andreas900

Sehr aktives Mitglied
Zu 2: Arbeitskultur

Bernd ist fleißig. Das hat er bereits in seinem Elternhaus gelernt. Er arbeitet 39 Stunden plus Überstunden im Vertriebsbüro der Firma "Papyrus", die Papier und Verpackungen herstellt. Sein Einkommen ist ordentlich aber könnte nach seinem Geschmack natürlich mehr sein. Seine Frau arbeitet Teilzeit bei der gleichen Firma im Vorzimmer. Bernd und seine Frau haben sich auf der Arbeit kennen gelernt. Die Einkommen reichen dafür, ein Haus abzuzahlen, zwei Autos für die Familie zu kaufen und für den Jahresurlaub. Was dann noch übrig bleibt legt Bernd bei der Sparkasse an. Hier wurde ihm eine Riester Rente und deutsche Staatsanleihen empfohlen.

Bernd und wir alle haben gelernt uns über unseren Beruf und unser Einkommen zu definieren. In den gängigen Statistiken wird Reichtum mit einem hohen Einkommen gleich gesetzt. Dies gilt es zu erreichen. Die Politik lebt dies vor. Es soll eine Politik für die "hart arbeitenden Menschen" gemacht werden. Arbeit wird zum Maß aller Dinge.

Auf dieser Arbeit wird alles aufgebaut. Sie basiert auch unser Rentensystem ausschließlich darauf, dass die derzeit arbeitende Generation die derzeitige Rentnergeneration unterhält. Es besteht eine grundsätzliche Ablehnung gegenüber privater oder kapitalgebundener Rücklage.

In anderen Ländern wir dies anders gemacht:
  • Italien: Menschen besitzen vermehrt Immobilien zur Altersvorsorge
  • USA: Menschen besitzen vermehrt Aktien zur Altersvorsorge
  • Schweden: Menschen besitzen Anteil an Staatsfonds

In Deutschland scheint dies nicht gewollt und wird sogar aktiv bekämpft. In den vergangen 20 Jahrzehnten wurden Möglichkeiten zur privaten Vorsorge und privaten Vermögensbildung massiv beschnitten. Menschen außerhalb des Arbeitseinkommens, sollen kein Einkommen haben.

Wer nicht arbeitet, gilt als faul. Egal ob es ein armer Hartz 4 Empfänger oder reicher Investor ist. Wer nicht schwitzt und einen 8 Stunden Arbeitstag hat, soll kein Geld haben. Menschen sollen abhängig von Lohnarbeit und Staat bleiben.
 

Schokoschnute

Aktives Mitglied
Ja, genau..das tut uns nicht Gut Andreas.
Wo fängt denn Status und Neid an ?
..das gab es aber vor den sozialen Medien genauso, nur da hielt man noch vornehm die Hand vorm Mund oder lugte hinterder Gardine oder am Spion der Haustür und wusch am Sonntagvormittag brav sein Auto selbständig und glänzend als Vorzeigeprodukt des fleisses, inkl Nachbarschaftstratsch.

Ich denke , Status und Neidkultur kommt Politisch aufgefahren von der deutschen Nachkriegs-Kultur.
Das wurde systematisch auf und angezogen,
da wurde menschlich ein und aussotiert was gebraucht wurde und wer zu was taugt,
damit Deutschland entsprechend in
beruflicher Not schnell wieder auf die Beine kommt und das mit einen gewissen deutschen Stolz des strengen Regimes.Alle saßen in ein Boot, Gefühle, Empathie oder Verletzungen wurden irgnoriert, mussten ignoriert werden.Es lief wie ein deutsche Uhrwerk.
Damals war es notwenig, Gesellschaftlich in Reih und Glied, wie am Fließband zu funktionieren und es wurde Belohnt.
Heute noch Schulmedizin, Schulsysteme, teils alte Arbeitssysteme und die Rente in Verfassungen gesetzlich verankert, von Schiess*mich*tot*, erhalten und lang überholt.
Nur das die Wunden und Ungerechtigkeiten von Lohn, Neid und Betrug sichtbarer geworden sind
und diejenigen die einigermaßen gut davon weg gekommen sind, natürlich nix davon spüren oder wissen/(wollen). Verständnis und Emphatie auch gleich Null, jeder sich selbst am Nächsten.

Wird Zeit das sich einiges erneuert, auch die Denkweise der Menschen, dieser alten Ordnungen und Kontrukten.
Corona hats nicht raus gehauen, es muss ja immer weiter und besser werden für Hab und Gut, die Zitronen sind ausgequetsch ..und nun legt der Krieg nach und er zerrt uns zum Undenken das eben nicht alles Selbstverständlich an Reich und Ruhm, sowie Gas ;Strom oder sauberes Wasser.

Es muss 10 Schritte zurück und nicht vorwärts, meiner Meinung nach, damit man das Leben wieder schätzt und spürt, Lebenswert ist für jeden Mensch, Natur und Tier. Leben und Leben lassen in unser heute kreativen Welt, die immer wieder von "alten Nationaldeutsch" gedrosselt wird.

"Neue Denk-weisen" braucht das Land, deswegen mag ich auch alles Ungewöhnliche, weil daraus Innovationen enstehen.
Und wenn es wirklich Arg kommt mit dem Krieg, weil sich Menschen meist nur aus LEID verändern,
interessiert es auch keinen mehr ,wer wie viel Status hat.
Weil wir wieder alle im selben Boot des Elends sitzen, oder vllt sogar wenns es ganz Arg kommt
mit unseren kalten A**** am Lagerfeuer sitzen und alte Lieder singen.
Wissen was es bedeutet ein stück Brot zu haben und sich über des sauberes Wasser freuend.
So Gott will.

Sorry Andreas, war glaube ich nicht deine intention so eine "denke" von mir.
Du kannst es auch wieder löschen,mir lag es nur grad auf den Herzen.
 

Andreas900

Sehr aktives Mitglied
Zu 3: Neidkultur

Definitionsgemäß ist Neid:
Empfindung, Haltung, bei der jemand einem anderen einen Erfolg oder einen Besitz nicht gönnt oder Gleiches besitzen möchte

Unter Punkt 1 haben wir festgestellt, dass wir uns oft vergleichen und unter Punkt 2 dass Arbeit ein zentraler Maßstab für unsere Gesellschaft ist.
Dies führt fast zwangsläufig zu der Erkenntnis: Vergleiche ich mich mit meinem Nachbarn und verdient der mehr obwohl er nicht mehr arbeitet, empfinde ich dies als ungerecht und bin neidisch.

Und das ist durch Umfragen belegbar. Die Mehrheit der Deutschen und insbesondere der Ostdeutschen hat ein extrem negatives Bild von "Reichen", sehr viel negativer als Franzosen, Briten oder Amerikaner dies haben.
https://www.vgsd.de/jetzt-ist-es-amtlich-deutschland-hat-eine-neidkultur/

Erstaunlich scheint dies vor allem weil die soziale Schere zwischen Arm und Reich kleiner ist als in Ländern wie den USA. Wir sind also neidischer obwohl wir weniger Grund zum Neid haben.

Es ist jedoch kein reines nationales Phänomen, sondern ist generationenabhängig. Ein auffälliges Ergebnis von Studien war, dass junge Amerikaner Reichen sehr viel kritischer gegenüberstehen als ältere Amerikaner. Der Aussage, Reiche seien "gut im Geldverdienen, aber in der Regel keine anständigen Menschen" stimmen nur 15 Prozent der Amerikaner über 60 Jahren zu, bei jungen Amerikanern unter 30 Jahren beträgt die Zustimmung dagegen 40 Prozent.

Neid hängt danach weniger von tatsächlichen Vermögens- und Einkommensunterschieden sondern mehr von Nationalität und Alter ab. Provokant formuliert: Junge (osteuropäische) Deutsche sind statistisch 5 mal neidischer als alte Engländer.

Ist Neid also primär abhängig von Sozialisierung? Ist das kommunistische Erbe und eine linke Ideologie Hauptgrund für Neid? (offene Frage)

Eines scheint indes sicher: Neid macht unglücklich.
 
G

Gelöscht 120699

Gast
Viele Menschen im Niedriglohnsektor arbeiten sehr hart.
Trotzdem gibt es dann Probleme bei der Wohnungssuche und das Ansehen in der Gesellschaft ist auch schlecht.
Während dann ein Influencer oder Immobilienmakler sehr viel verdient.
Dann darf man sich noch anhören, dass man doch selber Schuld ist ( man hätte doch etwas ordentliches lernen können).
Dabei gibt es auch genug Ausbildungsberufe im Niedriglohnsektor.
 

Daoga

Urgestein
Neid hängt danach weniger von tatsächlichen Vermögens- und Einkommensunterschieden sondern mehr von Nationalität und Alter ab. Provokant formuliert: Junge (osteuropäische) Deutsche sind statistisch 5 mal neidischer als alte Engländer.

Ist Neid also primär abhängig von Sozialisierung? Ist das kommunistische Erbe und eine linke Ideologie Hauptgrund für Neid? (offene Frage)
Die Ursachen der deutschen Neidkultur (schön daß Du danach fragst) liegen meines Erachtens viel weiter zurück in der Vergangenheit als Kommunismus und linke Ideologie, nämlich in der Zeit vor Gründung des Deutschen Reichs, als Deutschland in viele größere und kleinere Länder zersplittet war, die alle diversen Fürsten untertan waren und häufig wie echte Polizeistaaten organisiert waren, einschließlich massiver Repressalien gegen Opposition - eine ziemlich häufige damals angewandte Strafe für Personen die man im (jeweiligen) Land nicht haben wollte, bestand einfach darin, sie vor die Tür zu setzen, sprich über die Landesgrenze auszuweisen, damit sie dann ggf. einem mißliebigen Nachbarn Ärger machen konnten. Mir sind vor kurzem ein paar gesammelte Bände Amtsblätter aus dem Land (!) Oberpfalz in die Hände gefallen, aus den Jahren 1855 - 1860, da beginnt jede Bekanntmachung mit "Im Namen seiner Majestät des Königs" (echt interessant zu lesen), darin sind auch Personen vermerkt, die nach Haft (im Arbeitshaus = Gefängnis mit Zwangsarbeit) wegen Diebstahl, Falschmünzerei oder ähnlichen Delikten entlassen wurden - und anschließend wurden sie regelmäßig des Landes verwiesen. Ohne Widerspruchsrecht. Einfach vor die Tür gesetzt, die Gesetze damals waren streng und wurden auch rigide durchgesetzt.

Es war vermutlich schon in dieser Zeit, wenn nicht schon vorher in den Zeiten der Leibeigenschaft, daß die Deutschen die heute oft wahrnehmbare Duckmäuserei, in Verbindung mit Neid auf die "Bessergestellten" (damals Adel, freie Bürger, Kirchenleute) entwickelten und als tief verwurzelte charakterliche Eigenschaften quasi erblich weitergaben.
Ständige Repressionen von oben bringen im wesentlichen zwei Menschentypen hervor, die wenigen Freiheitskämpfer, die von den Oberen dann konsequent bekämpft werden und meistens irgendwann verschwinden müssen (oder verschwunden werden), und viele Duckmäuser, die sich gehorsam ducken und unter der Fuchtel der Mächtigen so gut einrichten wie es geht, und ihren dabei entstehenden Frust gegen jeden wenden, der es "wagt", trotzdem irgendwie anders (besser, reicher, gebildeter, schlauer) zu sein.
Und damals gab es immerhin noch Bevölkerungsgruppen, an denen man den Frust" erlaubt" auslassen konnte, wie Juden, Zigeuner, Bettler. Der Begriff PC lag damals noch in weiter Ferne.
 
Status
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