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Zu viel auf einmal...

FutureExMrsConnolly

Neues Mitglied
Hallo,

es betrifft mich nicht direkt, aber ich muss es mir von der Seele reden, ich weiß einfach nicht mehr weiter.
Erst einmal muss ich sagen, dass ich ein sehr empathischer Mensch bin. Ich versuche wirklich krampfhaft, niemandem auf die Füße zutreten und wirklich für jeden,der mich um Hilfe bittet, da zu sein (es sei denn, es sind kleine Wehwehchen, die ich nicht erst nehmen kann). Ich glaube, das wird mir langsam zum Verhängnis.
Momentan ist so unheimlich viel bei engen Freunden bei mir los, das ich gar nicht mehr weiß, wem ich zuerst helfen soll, wo ich anzufangen habe und was ich tun soll. Die Situation wächst mir über den Kopf.
Generell geht es um vier enge Freunde.
Meiner einen Freunden (grade mal zwanzig) ist die Mutter vor einem Jahr gestorben. Ihr Vater ist tot, seit sie drei Jahre alt ist. Sie ist momentan dabei, ihr Elternhaus zu verkaufen und man kann sich denke ich vorstellen, wie ein junger Mensch in einer solchen Situation und mitten im Studium sich dabei fühlen muss. Ich bin natürlich immer für sie da, wenn sie reden will, das ist natürlich das Normalste auf der Welt. Sie kann zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen.
Meine andere Freundin ist grade dabei, ihren Großvater in den Tod zu begleiten.Es ist das erste Mal, dass sie sowas mitmacht und dementsprechend sehr empfindlich. Sie kann nicht damit umgehen. Auch für sie bin ich natürlich da, liebend gerne.
Einen Freund von mir begleite ich jede Woche zum Psychologen. Er hat vor Kurzem offenbart, dass er als Jugendlicher von einer Freundin seiner Mutter missbraucht worden ist und das muss er natürlich aufarbeiten. Ich gehe nicht mit in die Therapie, aber ich bringe ihn hin und hole ihn ab. Auch nach der Sitzung, wenn er verheult und fertig mit den Nerven ist, bleibe ich bei ihm und bin da. Wir reden kaum, ich nehme ihn eben in den Arm und lasse ihn wissen, dass er nicht alleine ist.
Die letzte Freundin hat ein sehr schwaches Immunsystem und ist dementsprechend sehr oft ziemlich krank. Egal, wann ich sie anrufe, sie ist eigentlich immer wackelig auf den Beinen. Leider bleibt dies nicht nur bei Schnupfen und Husten, sondern breitet sich oft auf Lungenentzündung, Kreislaufzusammenbrüchen und hohes Fieber aus. Viel kann ich da natürlich nicht tun, aber selbstverständlich versuche ich es, etwa, wenn ich ihr ein Süppchen koche oder ihr Wadenwickel mache. Sie lebt alleine und recht isoliert, hat also keinen anderen. Was wäre ich für ein Mensch, würde ich sie so krank alleine lassen?
Mein Problem ist nun, dass mir das alles über den Kopf wächst. Das sind alles meine Freunde und natürlich fühle ich mit ihnen. Das Problem ist nicht, dass ich keine Lust auf sie habe. Mein Problem ist, dass ich gar nicht mehr weiß, wem ich helfen soll, wann ich helfen soll und wie viel. Jeder ist irgendwie auf mich angewiesen und jeder braucht mich, aber es wächst mir über den Kopf. Ich kann einfach nicht mehr für alle gleichermaßen da sein, es zerreißt mich, es überfördert mich und ich komme nicht mehr hinterher. Ich weiß nicht, wo ich Prioritäten setzen soll. Ich weiß nicht, wem ich noch wie helfen soll und wie ich damit umgehen soll, dass gleich vier schwere Schicksale da sind, in die ich alle irgendwie einbezogen bin. Dementsprechend fühle ich natürlich mit. Es macht mich unendlich fertig.
Was, wenn mich am Therapieabend des Freundes meine Freundin mit der toten Mutter anruft, die wieder am Weinen ist? Und gleichzeitig die mit dem schwachen Immunsystem Bescheid gibt, dass sie mal wieder eine Lungenentzündung hat? Hinzu kommt, dass mein Vater ziemlich krank ist und das wiederum natürlich mich sehr belastet. Auch ich habe, wie jeder andere auch, mein Päckchen mit mir zu tragen. Das vertrackte an der Sache ist für mich nicht nur, dass ich überfordert mit allem bin und mir diese Schicksale alle an die Nieren gehen, sondern auch, dass ich eben meine eigenen Probleme demzufolge mit niemandem besprechen kann. Ich meine, was wäre ich denn für eine Person, wenn ich meinem Freund mit der Therapie meinen Kummer predige? Oder meiner Freundin ohne Eltern meine Sorgen um meinen Vater sage? Ich meine, so etwas geht doch nicht! Ich kann doch diesen Leuten, die so viele Probleme haben, und das ernstzunehmend, nicht meine Wehwehchen predigen? Nicht nur die Sache mit meinem Vater, sondern noch die ein oder andere Sache macht mich ziemlich fertig. Ich merke, dass es mir nicht gut tut, das alles runterzuschlucken, aber was soll ich denn sonst tun? Es wäre egoistisch und wider meiner Natur, Menschen, denen es so viel schlechter geht als mir, meine Probleme zu erzählen. Denke, das ist verständlich.
Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich fühle mich richtig zerrissen, überfordert und auch, so egoistisch es klingen mag, hintenangestellt. Nicht, dass ich denke, dass meine Freunde mich ausnutzen, das tun sie nämlich wirklich nicht. Es ist nicht so, dass sie rund um die Uhr darauf pochen, dass ich für sie da bin, aber es kommt eben mindestens einmal täglich vor, dass mindestens einer anruft und sagt, dass wieder etwas ist. Und ich kann verstehen, dass man solch schwere Zeiten nicht alleine durchmachen will. Ich bin wirklich wirklich und ehrlich liebend gerne für sie da, aber ich weiß nicht, ob ich das noch schaffe. Dabei will ich wirklich helfen! Aber die Situation laugt mich aus. Das ganze geht nun schon so lange und es ist kein Ende in Sicht. Ich fühle mich in einer Spirale gefangen. Manchmal will ich einfach allen sagen, dass sie mich in Ruhe lassen sollen, dass ich auch nur ein Mensch bin, der an seine Grenzen kommt, aber so schnell dieser Gedanken kommt, so schnell geht er auch wieder. Und dann schäme ich mich, dass ich so ekelhaft egoistisch war. Dies hier ist das erste Mal seit wirklich langer Zeit (bestimmt schon ein halbes Jahr, wenn nicht länger), dass ich überhaupt ein Problem von mir preisgebe, einfach, weil ich keinen habe, den ich als "ebenbürtig" ansehe, wenn ihr versteht. Ich hätte gerne irgendwie Ratschläge, Tipps und Hilfe, wie ich mit all dem umgehen soll. Ich weiß echt nicht mehr weiter und ich würde gerne weitermachen können, ohne halb zusammenzuklappen. Ich bitte wirklich um Hilfe, das belastet mich alles sehr...Danke, wenn ihr bis hierher gelesen habt. Ich bin dankbar für jeden noch so kleinen Tipp :)
 
J

Judith

Gast
Liebe FuturExMissConnly,

ich habe es ehrlich gesagt, nicht geschafft, die Probleme Deiner Umgebung richtig durchzulesen...denke, dass der Grund dafür nicht nur die enge Schrift ( habe mich da schon öfter durchgerungen) war, sondern dass ich Deine Überforderung, die schon im allerersten Abschnitt deutlich spürbar ist, irgendwie übernahm.

Ich hoffe, dass was ich Dir hier schreibe, trotzdem irgendwie "helfen" kann:

Du überforderst Dich völlig und total. Und es ist kein Wunder, dass Deine Seele verzweifelt ausruft ! Ein Glück, denn die Last der vielen Miseren zieht nicht "nur" Dich und Deine Lebensenergie und -freude in die Tiefe, sondern wenn Du irgendwann schlapp machst ( was ev. schon der Fall ist..), dann hilfst Du NIEMANDEM !!!! Gehst aber kaputt.

Es ist nicht negativ egoistisch, wenn man zu sich selbst schaut !!! Es ist sogar eine Pflicht. Dein gesundes Endlich-Reagieren ( STOPP-Fühlen) hat den Sinn Dir selbst mitzuteilen, dass das altruistische Fass mehr als voll ist.

Falls Du es nicht schaffst, selbst auf eine Distanz zu gehen , dann bitte hole Dir möglichst bald professionelle Hilfe dazu , bevor Du noch ohnmächtiger wirst. Therapie-Hilfe wäre sicher auch in Sachen Selbstwertgefühl-Verbesserung angebracht, denn obwohl es sicherlich lobenswert ist anderen Menschen zu helfen, hat das Ausmass davon bei Dir die Grenzen gesprengt...so dass es möglich wäre, dass Du (unbewusst) versuchst ein Extrem-"Guter-Mensch" zu sein.

Also lass Dir bitte helfen und liebe Sonntagsgrüsse, Judith
 

FutureExMrsConnolly

Neues Mitglied
Hallo liebe Judith,

erst einmal danke ich dir natürlich dafür, dass du mir geantwortet hast. Es stimmt, ich sollte wohl wirklich die Notbremse ziehen, um meinetwillen. Aber irgendwie komme ich mir komisch dabei vor. Ich meine, ich kann die vier doch nicht alleine lassen? Ich kann doch zu einer Schwerkranken nicht sagen, sie soll sich halt selbst um sich kümmern oder meinem Freund sagen, er soll nach der Therapie gefälligst mit sich selbst weinen. Das ist doch... Naja, kaltherzig, oder nicht? Besonders, weil die vier ja wirklich schwere Probleme haben und doch jeder jemanden braucht, der für einen da ist. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich das mit meinem Gewissen vereinbaren kann... :( Oder lernt man so etwas vielleicht mit der Zeit und es ist nur anfangs schwer?
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Liebe FutureExMrsConnolly,

natürlich kannst Du nicht alle alleine lassen - wie Du auch nicht alle gleichwertig versorgen kannst mit dem, was sie benötigen. Setze Prioritäten ..... und teile mit, wie es Dir geht, was Deine Wünsche sind.

So merkwürdig es sich anhört: Aber manchmal ist es gerade gegenüber Kranken und Hilfsbedürftigen wichtig diese zu informieren, dass Du noch andere Problemfälle hast, um die Du Dich kümmern möchtest.... und Deine Grenzen hast.

Einfach mal sagen: "Du, das schaffe ich nicht" solltest Du sagen können, ohne Dich rechtfertigen oder erklären zu müssen. Wenn Du das nicht mehr sagen kannst, dann hast Du die Grenze der Selbstbelastung möglicherweise bereits überschritten.

LG, Nordrheiner
 
J

Judith

Gast
LiebeFutureEXMissConnoly,

danke für Deine Antwort. So hast Du mich auch über 2 Deiner Problemherde informiert .Doch da vorhin Nordrheiner dermassen gut schrieb, was ich Dir echt nun auch schreiben wollte, braucht es keine Wiederholung von mir: genau darum geht es, Prioritäten zu setzen ( vielleicht mitunter durch Experimentieren..wann genau spüre ich, jetzt reichts...Deiner eigenen - statt der Pflichtstimme - mehr Gehör zu verschaffen ( also diesbezüglich die Perspektive ändern, denn ALLES in Dir schreit, so geht es nicht mehr, zu viel !) sowie Dich auch selbstbewusst mit den Beteiligten, wie Nordrheiner ja auch schreibt, über Deine Problematik zu sprechen. So kann ev. ( wenn alle Dich ernst nehmen, Deine Seite überhaupt einmal zu hören kriegen !!!) ein Konsens gefunden werden. Ich weiss wirklich nur das was Du schriebst im letzten Mail an mich, doch mir fiel spontan ein, dass Du und Dein Freund möglicherweise über ein Gleichgewicht diskutieren könnt. Dass Du ihm zwar gern manchmal zur Seite stehst, wenn die Gefühle nach der
Therapie kommen, ABER dass es nicht zu viel sein dürfe, weil Du dann überfordert, hinuntergezogen wirst...und
die sterbenskranke Bekannte sollte sich dazu bereit erklären, sich noch anderwertig helfen zu lassen ! Es gibt genügend Möglichkeiten. Doch sehr kranke Menschen können sehr egoistisch werden. Man muss ihnen Grenzen setzen.

Liebe Grüsse von Judith
 

FutureExMrsConnolly

Neues Mitglied
Ich danke euch beiden sehr für eure lieben Ratschläge. Es tut gut, sich das mal von der Seele zu schreiben. Ich werde eure Tipps beherzigen und ich hoffe, dass ich das alles in den Griff bekomme. Nochmals vielen Dank von mir :)
 
D

Deliverance

Gast
Hallo,

Ich war auch oft in vergleichbaren Lagen wie deine Freunde und ich fand es nie schlimm, wenn mir eine Freundin mal von ihren Problemen erzählt hat.
Auf der einen Seite durfte ich auch mal was zurück geben, auf der anderen Seite war es auch eine Ablenkung vom eigenen Desaster.
Mich haben "harmlosere" Probleme auch nie gestört, ich selber habe mich da auch nie veräppelt gefühlt.
(Beispiel; ein Junge aus dem Internet war an Weihnachten unheimlich traurig, weil er den Eindruck hatte, dass seiner Mutter der Pulli nicht gefällt. Meine Mutter lag besoffen im Bett und schrie rum, dass sie sich umbringen will. Klassische Weihnachten ;) )

Und ich denke, dass es deinen Freunden, wenn es gute Freunde sind, ähnlich gehen wird und sie vielleicht auch froh sind, etwas zurück geben zu können.
 

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