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Teilzeit arbeiten – in meiner Situation irgendwie möglich?

Niten-Ichiryū

Mitglied
Hallo zusammen,

ich bin mit meiner derzeitigen Lebenssituation unzufrieden und möchte daher Teilzeit arbeiten. Eigentlich bin ich schon fast in einer Art Lebenskrise.
Meine derzeitige Situation sieht so aus: Ich bin m27, werde voraussichtlich im Juni meine Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung abschließen und werde wohl von meinem Betrieb übernommen. Vorher habe ich zunächst ein Semester Informatik studiert, was ich aber sofort abgebrochen habe, da ich da überhaupt nicht klar gekommen bin und habe dann zu einem Geographiestudium gewechselt, welches ich dann aber nach 3 Semestern aus verschiedenen persönlichen Gründen ebenfalls abgebrochen habe. Daher meine relativ späte Ausbildung.

Ich bin nun im Bereich Web-Entwicklung in einer 40h Anstellung tätig, allerdings bin ich in meinem Beruf nicht gerade das größte Talent. Teils liegt es vielleicht an der etwas dürftigen Ausbildung in meinem Betrieb, teils liegt mehr der Beruf wohl auch nicht so richtig.
Ich habe nun 3 Jahre Ausbildung hinter mir und kriege mein Leben nicht mehr so richtig auf die Reihe. Mir kommt es vor, als würde ich nur noch arbeiten. Da mich meine Arbeit aber nicht so wirklich erfüllt und mir bestenfalls mäßig viel Spaß macht, ist das für mich eine problematische Situation. Mein Lebensstil hat sich sehr zum Schlechten verändert. Ich komme zu vielen Sachen einfach nicht mehr. Da ich immer erst gegen Abend nach Hause komme und dann noch evtl. einkaufen, kochen und essen muss, fängt meine eigentliche Freizeit unter der Woche immer erst irgendwann abends an. Ich würde gerne Sport machen, aber um die Uhrzeit kann ich mich einfach nicht mehr dazu bewegen, zumal ich um 7 Uhr dann auch wieder aufstehen muss. Auch viele andere ehemalige Hobbies von mir wie Zeichnen, Lesen, oder Gitarre spielen habe ich komplett eingestellt, weil ich dazu einfach nicht mehr komme.
Ich koche auch nicht mehr so oft und weniger Gesund, weil der zeitliche Aufwand einfach zu groß ist. Da ich einen Single-Haushalt führe kann ich mir auch mit niemandem die Aufgaben teilen, d.h. Kochen, Putzen, Waschen, Einkaufen muss ich alles neben der Arbeit alleine erledigen.

Ich bin leider auch kein besonders großes Talent was Zeitmanagement angeht, kriege es aber irgendwie auch nicht besser hin. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich zwischen meinen Tätigkeiten und besonders nach der Arbeit immer noch eine gewisse Ruhepause brauche, um meinen Akku wieder aufzuladen. Ich habe schon die Vermutung, dass ich vielleicht ein HSP bin? Generell finde ich es schwierig, mich nach der Arbeit überhaupt zu irgendwas aufzuraffen, weil ich dann einfach total kaputt und motivationslos bin. Auch mein Schlaf lässt sehr zu wünschen übrig. Unter der Woche habe ich meist nur 5h Schlaf pro Nacht. So sehr ich versuche mehr zu schlafen, ich bekomme es einfach nicht hin, weil ich sonst zu gar nichts mehr kommen würde und ich zudem eine ausgeprägte Nachteule bin.
Zudem leiden auch meine sozialen Beziehungen sehr. Meine Familie sehe ich nur sehr selten und meine Freunde sehe ich auch viel seltener als mir lieb wäre. Auch die Partnersuche gestaltet sich für mich sehr schwierig. Ich bin schon seit 7 Jahren Single, habe aber irgendwie nicht genügend Zeit, dieses „Problem“ anzugehen, da ich leider von alleine nicht so schnell jemanden kennen lerne

Kurz gesagt, mit der „üblichen“ 40h Woche bekomme ich mein Leben absolut nicht auf die Reihe und ich gehe auf Dauer total daran kaputt!

Darüber hinaus habe ich auch ideologische Werte, die für mich eine Rolle spielen. Als normaler Angestellter Web-Entwickler werde ich deutlich mehr Geld verdienen als jetzt. So viel Geld wie ich gar nicht brauche und auch nicht ausgeben werde. Konservative Menschen – zu denen sicher auch mein Geschäftsführer zählt – würden jetzt aber sagen: Dann gönn dir doch was und kauf dir viele schöne Sachen! Ich bin aber mit deutlich weniger, mehr als zufrieden und komme gut über die Runden. Da ich unsere moderne Konsumgesellschaft sowieso sehr kritisch beäuge, möchte ich nicht meinen Konsum an mein Gehalt anpassen, sondern viel mehr mein Gehalt an meinen Konsum und ich komme eben mit sehr wenig aus. Mir sind Zeit für meine Hobbies, meine Freunde und die Persönlichkeitsentwicklung viel wichtiger, als endlos Geld zu verdienen und es macht mich auch viel Glücklicher. Ich glaube dass die meisten Menschen in diesem Land ihr Unglück und ihren Frust – bewusst oder unbewusst - einfach in maßlosem Konsum ersticken, anstatt sich über die kleinen Dinge im Leben zu freuen. Ein dickes Auto oder riesen Heimkino hat für mich eben überhaupt keine Reiz, ich würde mir damit eher schlecht vorkommen und denken, dass ich meine eigenen Prinzipien verrate.

Zu guter Letzt merke ich immer mehr, dass dies nicht wirklich der richtige Beruf für mich zu sein scheint. Ich fühle mich oft überfordert und komme mit Aufgaben nicht klar, die ich bekomme, weil sie für mich einfach zu schwierig sind. Meine Neigungen und Fähigkeiten liegen wahrscheinlich doch eher woanders und ich kann mich in diese doch recht schwierigen Probleme und Aufgaben nicht richtig reindenken. Das scheint einfach nicht ganz mein Ding zu sein. Ich komme mir oft zu dumm vor, obwohl ich weiß, dass ich eigentlich gar nicht dumm bin und mich oben drein für einen sehr gut gebildeten Menschen halte. Aber die Aufgaben nicht bewältigen zu können, die einem zugewiesen werden, ist wirklich extrem frustrierend!
Deshalb brauche ich auch Zeit für mich, um heraus zu finden, wo ich wirklich Beruflich hin will und was mir liegen könnte. In diesem Beruf werde ich so oder so keine Karriere machen, da es mir einerseits nicht richtig liegt und ich mich – schon allein durch meine verquere Einstellung – auch nicht als Karrieretypen sehen würde. Als Berufseinsteiger mit 27 braucht man da eigentlich auch gar nicht drüber zu reden.

Jetzt werde ich aber gerade erst mit der Ausbildung fertig. Ich bin mir fast sicher, dass ich nicht übernommen werden würde, wenn ich klar mache, dass ich von Anfang an Teilzeit arbeiten will. Dass sich ein Mensch in einem freien Land, frei entwickeln können sollte und so auch Selbstbestimmend über seine persönliche optimale Work-Life-Balance entscheiden kann, ist im arbeitswütigen Deutschland leider noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen und gerade von älteren Generationen, zu denen mein Chef sich auch zählen darf, wird man daher bei solchen Wünschen extrem kritisch beäugt. Die können es einfach nicht glauben, dass man Geld und Karriere für so etwas zeitverschwenderisches wie Hobbies, Freunde und Familie opfert.

Da ich aber leider, wie oben schon beschrieben, in meinem Beruf eher unterdurchschnittlich abschneide, würde ich es eher schwer haben, mich woanders zu bewerben und mit einer Kündigung zu „drohen“, sollte man keinen Kompromiss finden können.

Ich halte es aber einfach nicht mehr aus, so zu leben. Ich bin noch jung und voller Möglichkeiten und sehe eigentlich fast jede Minute im Büro als verschwendete Zeit an, die ich sinnvoller nutzen könnte! Was soll ich nur tun? Meint ihr, ich könnte es doch irgendwie riskieren und auch durchgedrückt bekommen, dass ich direkt nach der Ausbildung Teilzeit arbeite? Ich würde vielleicht auch noch ein paar Monate durchhalten, könnte erst meine Übernahme „dingfest“ machen und dann mit meinem Wunsch zur Teilzeit kommen. Aber ewig lang halte ich das wirklich nicht mehr aus, mein Leben geht so total kaputt. Ich bin doch keine Arbeitsmaschine ohne ein sinnvolles Leben! Was soll ich nur tun?
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Wenn du Teilzeit arbeiten möchtest, Niten-Ichiryū,
dann bewirb' dich entweder auf Teilzeit-Stellen oder
schreibe Firmen gleich mit diesem Angebot an. Es
gibt ja durchaus welche, die jemand "Halbes" suchen.

Ich arbeite seit über 20 Jahren Teilzeit und mein
Leben ist dadurch viel reicher geworden als vorher,
wo ich teilweise 80 Stunden pro Woche gearbeitet
habe und gesundheitlich vor die Hunde gegangen bin.

Also nur Mut!

Gruß, Werner
 

Ausrufezeichen

Aktives Mitglied
Ich denke die Arbeit ist nur dafür da, dass man sich ein bisschen über Wasser halten kann und sollte einem nicht das Leben versauen.

Darum denke ich, sollte man nur soviel arbeiten wie es nötig ist. Doch !!! Ich kann Leute dann nicht leiden, die dann jammern, wegen dem GEld. Dass man auch mit wenig gut auskommt, weiß ich.


Ich gehe Teilzeit arbeiten, weil ich es zuhause nicht mehr ausgehalten habe. Aber vorher hat nur mein Mann verdient. Wir haben uns damals vorgenommen selber die Kinder zu erziehen. Macht heute keiner mehr. Wir hatten weder was geerbt, noch ein Haus oder sonst wen, der uns unter die Arme gegriffen hat. Trotzdem sind wir mit einem Gehalt echt gut ausgekommen.

Darum ist es egal wie viel man arbeitet. Hauptsache man geht andern damit nicht auf den Keks. Mehr Zeit für seine Hobbys finde ich, ist eine gute Lebenseinstellung-
 

bird on the wire

Aktives Mitglied
Ich finde den von dreammind aufgezeigten Weg gut. Arbeite nach de Ausbildung noch eine Weile Vollzeit und spare. Dann kannst Du auch schauen, ob es für Dich einem Unterschied macht, ob Du Auszubildender bist oder als fertiger Mitarbeiter selbstverantwortlich arbeitest.
Gleichzeitig würde ich mich gezielt auch woanders bewerben. Vielleicht haben ja die Motivationsschwierigkeiten auch mit dem aktuellen Arbeitgeber zu tun? Vielleicht wäre ja auch ein Auslandsaufenthalt eine Alternative? Oder teilweise home office? Vielleicht kannst Du in Deinem Berufsbild auch als "digital nomade" arbeiten?

Und dann machst Du einen Plan wie Du die frei Zeit nutzen kannst, um Dir ein zweites Standbein in einem Bereich zu schaffen, der Dich mehr begeistert. Und arbeitest darauf hin, irgendwann den ungeliebten job immer weiter reduzieren oder sogar aufgeben zu können. Ich kenne viele Beispiel, wo das geklappt hat. Maler, Musiker, Tischler, freie Redakteure, Designer, Fitneßtrainer, Hundebetreuer etc. Mit einer Arbeitsstelle, die Deinen Lebensunterhalt sichert, aber wegen Teilzeit genug zeitlichen Freiraum läßt, hat man eine gute Basis, um sich auf den Weg zu machen, eine Arbeit zu finden, die einem wirklich entspricht.

Wichtig finde ich nur, daß Du nicht in Lethargie versumpfst und die gewonnene Zeit ungenützt verstreichen läßt.

Viel Kraft beim Durchhalten und viel Glück, beim Träume verwirklichen.

P.S. Ich bin übrigens 47 Jahre alt und arbeite ab übernächsten Monat Teilzeit. Und zwar in der Form, daß ich auf 2/3 reduziert habe, aber trotzdem 2 Jahre voll arbeite aber nur zu 2/3 meines Gehalts und im dritten Jahr ein Sabathjahr mache. Ich möchte in der Lebensmitte noch mal ein ordentlich durchzuschnaufen und die mehrmonatigen Reisen zu machen, mit denen ich nicht bis zur Rente warten will. Bin auch der diesbezüglich erste Fall in unserem eher konservativen Betrieb und auf viel Erstaunen getroffen. Aber geht alles...
 

Niten-Ichiryū

Mitglied
Danke erst mal für die vielen Tipps!

Ich finde den von dreammind aufgezeigten Weg gut. Arbeite nach de Ausbildung noch eine Weile Vollzeit und spare. Dann kannst Du auch schauen, ob es für Dich einem Unterschied macht, ob Du Auszubildender bist oder als fertiger Mitarbeiter selbstverantwortlich arbeitest.
Mir war gar nicht bewusst, dass mein Arbeitgeber mir nach einem halben Jahr Vollzeitarbeit eine Teilzeitstelle anbieten muss. Ich werd mich hier wohl erst mal das nächste halbe Jahr durchschlagen und dann nach Teilzeit fragen. Ich finde die Idee sehr gut, mich nach und nach mit meiner übrigen Zeit auf ein neues Berufsfeld zu konzentrieren.

Gleichzeitig würde ich mich gezielt auch woanders bewerben. Vielleicht haben ja die Motivationsschwierigkeiten auch mit dem aktuellen Arbeitgeber zu tun? Vielleicht wäre ja auch ein Auslandsaufenthalt eine Alternative? Oder teilweise home office? Vielleicht kannst Du in Deinem Berufsbild auch als "digital nomade" arbeiten?
Wie gesagt ist es damit etwas schwierig. Da ich wirklich nicht viel kann, kann ich mich kaum woanders bewerben. Ich habe mir schon verschiedene Arbeitgeber angeschaut, aber das was die Verlangen, bzw. was man für Fähigkeiten mitbringen soll, kann ich absolut nicht bieten. Es ist ja so, dass ich mir mittlerweile Teilweise Sachen von Azubis beibringen lassen muss, die in der Ausbildung noch ein oder zwei Jahre hinter mir liegen.

Und als Digitaler Nomade kann ich mich mit meinem Know-How wohl auch nicht über Wasser halten. Es ist halt eben nicht nur so, dass mir mein Beruf nicht so richtig Spaß macht, sondern dass ich ihn auch nicht richtig kann, bzw. ziemlich unterqualifiziert bin. Das ist noch mal ein unterschied. Um ehrlich zu sein bin ich mir auch nicht so sicher, ob die mich in meiner aktuellen Firma lange behalten. Momentan arbeite ich noch in einer Abteilung mit mehreren anderen Mitarbeitern, da fällt es nicht so auf, dass ich sehr langsam bin und viele Dinge nicht alleine hinkriege. Ich kann immer jemanden Fragen, der mir dann hilft. Aber wenn ich fertig bin, komme ich in eine neue Abteilung als Frontend-Entwickler, die derzeit noch im Aufbau ist und werde dort erst mal der einzige Mitarbeiter sein (abgesehen von meinem Vorgesetzten). Spätestens dann wird es denke ich „auffliegen“, dass ich in meinem Beruf echt nichts drauf hab. Naja.
Schlimmsten falls werde ich gekündigt und da kann mir ja auch nur recht sein. Dann muss ich halt kellnern oder so, als ausgebildeter Fachinformatiker :'D

 

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