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Toxische Beziehung auflösen - nur wie?

Alanaa

Mitglied
Hallo allerseits,

es ist immer schlimm, wenn man in einer schlechten Situation gefangen ist. Noch schlimmer ist es, wenn man die theoretische Lösung zu seinem Problem kennt, sie aber einfach nicht in die Praxis umsetzen kann.

Eigentlich ist auch das Liebesforum falsch, es müsste eher "Beziehung" heißen - denn von (partnerschaftlicher) Liebe keine Spur.

Ich bin also seit etwa mehr als zwei Jahren in einer Beziehung (beide Mitte 20). Diese Beziehung hat mich emotional das Schlimmste durchmachen lassen. Ich hätte sie gleich von Beginn an stoppen sollen, habe es aber bis heute wohlgemerkt nicht tun können. Man muss dazu sagen, dass wir beide "Problemkinder" sind, jeder auf seine Weise. Bei mir ist es eine endogene Depression, die ich auch mit Klinikaufenthalt und zwei VT nicht in den Griff bekommen habe. Natürlich schränkt das sehr die Lebensqualität ein, aber man merkt es mir nach außen nicht an, und ich schaffe es sogar irgendwie ein Vollzeitstudium, eine eigene, saubere Wohnung und einen anstrengenden Nebenjob als Einzelfallhilfe zu vereinbaren.

Seinerseits sieht es leider nicht so rosig aus. Er ist bipolar und bekommt sein Leben einfach nicht auf die Reihe. Er hatte in seinem jungen Leben bereits 3,4 manische, hochpsychotische Phasen, alle mit mehrmonatigem Aufenthalt in der Psychiatrie verbunden, wovon die letzte Manie die mit Abstand schlimmste war und sich während unserer Beziehung ereeignete. Alle Psychosen wurden durch Alkohol und Drogen initiiert, wobei die wesentlichste Rolle Cannabis spielte. Heute wohnt er im betreuten Wohnen und damit nicht mehr in der Großstadt, nur leider bewirkt das Konzept nichts. Er nimmt an den Gruppen teil und macht Sport, aber er verträumt sonst den ganzen Tag und kümmert sich null um seine Zukunft. Es war schon eine Herausforderung ihn davon zu überzeugen, dass es nicht besser werden kann, wenn er jeder WE ausschließlich mit Freunden abhängt, mit denen er zwangsläufig konsumiert.

Im Moment ist er halbwegs überzeugt clean und hat auch weitestgehend den Kontakt zu den Leuten eingestellt. Leider ist er so labil, dass sich das jederzeit ändern könnte. Vernachlässigt man seine unstabile Psyche, ist es diese Unselbstständigkeit, die mich so wütend macht. Er übernimmt keinerlei Verantwortung für sein Handeln, ist extrem unzuverlässig und liebt sich selbst in der Opferrolle, sucht dabei nach allen Seiten nach mitleidiger Zustimmung wie ein kleiner Junge, der getröstet werden möchte und verschweigt den Teil von Situationen, die seinen Anteil an Schuld entlarven. Das wirklich schlimme ist, dass er kein verkiffter Kopf ist, ohne Drogen und Alkohol, also so wie es im Moment ist, ist er im vollen Besitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte, ganz normal eben. Und trotzdem rührt er keinen Finger. Man muss alles für ihn tun. Er käme nicht auf die Idee, etwas aufzuräumen, oder mich mit einem Waschgang oder Essen zu entlasten. Zwar leben wir nicht zusammen, aber die Gestaltung unserer gemeinsamen Zeit fällt mit allen Pflichten und Planungen in meine Hände. Ich zahle für alles, wenn wir zusammen sind. Der Sex ist eine mittelmäßige Katastrophe. Ihm ist meine Befriedigung nicht wichtig und er hat keine Ahnung vom weiblichen Körper, auch wenn ich ihm genau gesagt und gezeigt hab, was ich mir wünsche. Da ich es irgendwann satt hatte, die Sexdienerin zu spielen, hab ich beschlossen, zumindest dieses Kapitel weitestgehend einzuschränken.

Ingesamt nehme ich ihn als Energiesauger wahr, als reine Belastung, als einen kleinen Jungen, um den ich mich kümmern muss. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was beide allein während seiner Psychose durchmachen mussten. So etwas kann sehr extrem werden. Die ständigen Streits und ungelösten Konflikte seitdem (aber auch schon davor) ermüden beide extrem.

Nun bin ich mir all dieses Dinge bewusst und schaffe es TROTZDEM nicht, die Beziehung restlos zu beenden. Es ist eines dieser ewigen on-off-Geschichten. Wir verstehen uns auf einer emotionalen Ebene unglaublich gut, wir sind bisher die einzigen, die den anderen verstehen können. Leider klappt so eine Beziehung nur in einer utopischen Welt ohne Verpflichtungen und ohne Armut, Krankheit und Werte. In einer reelen Welt muss man sich aber GEMEINSAM allen Verantwortungen stellen, nicht einer allein.

Leider habe ich seit der Pubertät eine Art Sozialphobie entwickelt. Zwar habe ich alle meine tiefen Freundschaften aus der Schulzeit sogar noch intensiviert, aber wir sind alle in Deutschland verteilt. So kommt es, dass ich in der neuen Stadt sowie im Studium überhaupt keinen Anschluss gefunden hab innerhalb von 3 Jahren. Ich verstehe es selbst nicht. Ich hab eigentlich keine Komplexe was Aussehen, Intellekt, oder Empathiefähigkeit angeht. Es kommen auch vele Menschen auf mich zu. Aber mit ihnen etwas anfangen kann ich nicht. Es strengt mich einfach nur wahnsinnig an, ich habe keine Freude an neuen Menschen. So kommt es, dass "er" weit und breit meine einzige Bezugsperson ist. Ohne ihn wäre ich vollkommen einsam. Alleine die Ausführlichkeit des Textes zeigt schon, dass ich mich mit niemandem darüber Austauschen kann. Mit meinen Schulfreunden rede ich nicht mehr darüber, weil sie meine Situationen nicht verstehen können.

Darum weiß ich: In dieser Beziehung bin ich das Problem. Ich rege mich lieber über sein Verhalten auf und werde beleidgend, anstatt endgültig Schluss zu machen. Gesundheitlich bin ich ziemlich am Ende. Ich liebe ihn auf einer emotionalen Ebene, aber mit Verliebtheit und körperlicher Anziehung hat das nun wirklich nichts zu tun. Sollte in einer Beziehung aber definitiv der Fall sein, gerade wenn man so kurz erst zusammen ist.

Wie zur Hölle schaffe ich es, mutig zu sein? Habe es oft probiert, bin immer gescheitert.

Vielen Dank

Eine sehr verzweifelte Alunaa
 

Alanaa

Mitglied
Es gibt nur meine Mutter. Sie ist meine einzige Familie. Für sie ist das alles sehr schlimm, sie hat Angst um meine Zukunft und um meine Gesundheit. Sie hat ja auch nicht ganz unrecht, allein weil die Uni zeitweise sehr leidet, Gesundheit sowieso. Ich vermeide es mit ihr darüber zu reden, sie reagiert einfach zu panisch.
 
G

Gelöscht 58773

Gast
Verstehe. Aber dann bist du ja gar nicht einsam. Im Moment magst du ja nicht über belastende Sachen mit ihr reden, aber wenn du dich trennst, wird sich ja deine Lage auch wieder bessern, bzw diese belastende Geschichte ist dann ja auch kein Thema mehr. Das Thema Liebeskummer scheint sich dann ja auch eher in Grenzen zu halten.

Oder gibt es noch andere Gründe, warum du dich nicht trennen kannst? Vllt dass er sich danach was antut, er sich in Drogen stürzt?
 

Alanaa

Mitglied
Meine Mutter wohnt 700 km von mir entfernt. Wir haben ca. 1 Mal die Woche telefonischen Kontakt. Dann hab ich aus verständlichen Gründen keine Lust, jedes mal Negatives zu berichten. Wir sehen uns auch maximal 3 Mal im Jahr. Wir hatten immer ein extrem schlechtes Verhältnis, aber seit der großen Distanz geht es Bergauf. Die Beziehung zu ihr ist also auch nicht ganz einfach.

Ja, du hast Recht, er setzt mich unter Druck. Ich würde ihm zu viel Druck machen. Wenn ich sage, du, ich hab keine Lust mehr auf so ein Verhalten, ich brauch dich nicht, kommt folgende Reaktion: Niedergeschlagenheit, ein Grund ERST RECHT nichts zu machen und der alte Freund Alkohol, um die Situation besser ertragen zu können. Ich bin seine erste Freundin, die erste Person die ihm jemals wirklich Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Ich hätte keinen Liebeskummer, wäre aber wie gesagt mutterseelenallein. Es gibt wirklich keine zweite Person in der Stadt, mit der ich vertraut bin. Ich weiß, was es bedeutet, viele Jahre einsam zu sein, seine Geburtstage, Weihnachten, Silvester allein zu verbringen. Natürlich möchte ich nicht dahin zurück. Alleine, weil es mir ungeheuer schwer fällt, neue Menschen kennen zu lernen und mich auf sie einzulassen.

Das ist eben das Dilemma, in das ich stecke.
 
G

Gelöscht 58773

Gast
Wenn sich der eine unter Druck gesetzt fühlt, der andere Teil aber ohne diese Veränderungen nicht mehr weiter machen kann, bzw auch darunter leidet, dann ist das eigentlich schon ein Indiz dafür, dass hier ein ungesundes Beziehungsverhältnis herrscht. Ja, dann muss man sich Meinungen von außen einholen und ich kann dir halt auch nur sagen, dass diese Wünsche von dir fair und gesund sind. Aber er ist halt für diese Änderungen noch nicht so weit. Warum auch immer. Das soll aber nicht dein Problem sein und mache es auch nicht zu deinem Problem.

Du bist in erster Linie für dich und deine Gesundheit verantwortlich und dein Instinkt sagt dir ja schon was gesund für dich ist. Was er danach für Entscheidungen trifft, ist alleine seine Sache und unterliegt seiner Verantwortung. Aber das wirst du ja selbst wissen.

Die eigentliche Lösung hast du ja eigentlich auch schon. Du brauchst ein engeres soziales Umfeld, nicht solche oberflächlichen Bekanntschaften und daran mangelt es. Da stellt man sich natürlich die Frage, warum bei dir in letzter Zeit nichts zustande gekommen ist. Vllt hast du zu viel um die Ohren um dich da auf irgendwas einlassen zu können? Der Charakter der Leute hat dir einfach nicht zugesagt? Kannst du da irgendwie näher darauf eingehen? Das ist in meinen Augen schon ein wichtiger Aspekt. Man benötigt von allem ein gesundes Maß. Alles ist ein Pfeiler deines Lebens. Der Job, dein Hobby, die Beziehung, soziales Umfeld, etc pp. Und wenn man das alles gesund ausgebildet hat und mal ein Pfeiler einbricht, dann stürzt nicht dein komplettes Leben mit ein. Und du hast halt einige wohl vernachlässigt, aus welchen Gründen auch immer. Und das rächt sich halt jetzt.
 
G

Gast

Gast
Ingesamt nehme ich ihn als Energiesauger wahr, als reine Belastung, als einen kleinen Jungen, um den ich mich kümmern muss. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was beide allein während seiner Psychose durchmachen mussten. So etwas kann sehr extrem werden. Die ständigen Streits und ungelösten Konflikte seitdem (aber auch schon davor) ermüden beide extrem.

Nun bin ich mir all dieses Dinge bewusst und schaffe es TROTZDEM nicht, die Beziehung restlos zu beenden.
Wie zur Hölle schaffe ich es, mutig zu sein? Habe es oft probiert, bin immer gescheitert.

Vielen Dank

Eine sehr verzweifelte Alunaa
Hallo Alunaa,
seh und erleb das innerlich als platonische Liebe/Beziehung auf einer gewissen Ebene, die Euch beide verbindet.
Und distanziere Dich von dem, was Dich ansonsten an ihn bindet.
Du nimmst ihn als reine Belastung wahr, um den Du Dich kümmern muß. Das ist eine sehr klare Äußerung.
Da hilft Dir nur eines: geh in langsamen kleinen Schritten auf eine gewisse Distanz, mit der Du langsam aber sicher leben kannst und bei der Du Dich wohlfühlst.
Das Kennenlernen neuer Mitmenschen kann meiner Ansicht nach in der Lebensphase, in der Du Dich befindest (Studium,
Arbeit, die Beziehung zu ihm), nicht erlebt werden. Ein Studium schüttelt man sich nicht so einfach aus den Ärmeln.
Das braucht Kraft und Energie und auch Klausurphasen sind anstrengend.

Es gibt eigentlich nur zwei Lösungen:
- entweder Du läßt es so wie es ist, ohne daß Du handelst
- Du fühlst Dich für ihn nicht mehr verantwortlich. Er ist ein eigenständiger Mensch und selber für sich verantwortlich.
Wenn er so leben mag, wie Du ihn beschreibst, ist das seine Lebensangelegenheit und nicht die Deinige.
Kümmere Dich um Dein eigenes Leben. Schaff Dir Erholungsoasen, um wieder Kraft finden zu können. Kraft, die Du für
Dein Leben brauchst, um Studium etc. bewältigen zu können.

Vielleicht schaffst Du es irgendwie, Dich für ihn nicht mehr so verantwortlich zu fühlen. Er ist reif genug für sein Leben
und kein kleines Kind mehr.
Es macht manchmal Sinn, in gewissen Lebensphasen sich an eine Beratungstelle (z.B. Caritas oder Diakonie) zu wenden.
Dort hast Du die Möglichkeit, in Ruhe über alles zu reden und für Dich weitere Schritte zu unternehmen, Dich selber
aus der Verantwortung ihm gegenüber zu entziehen.
Da Du studierst, hast Du die Möglichkeit, Dich an die psychologische Beratungsstelle Deiner Uni zu wenden.
Auch hast Du die Möglichkeit, Dich anonym an eine Online-Beratungsstelle z.B. der Caritas zu wenden.

Hol Dir weiterhin Hilfe und Unterstützung. Du hast einen ersten Schritt hier gemacht und das finde ich ganz toll.
Manches schafft man in gewissen Lebensphasen nicht alleine und das ist auch in Ordnung, so, wie es ist.

Mehr kann ich von hier aus leider für Dich nicht tun und hier ist auch mehr nicht möglich.

Ich wünsch Dir alles Liebe auf Deinem Lebensweg. Und finde für Dich eine lebbare Lebensmöglichkeit, Dich von ihm
zu distanzieren. Vielleicht hilft es Dir, Dir bewußt zu machen, daß es eine platonische Liebe auf einer gewissen Ebene ist,
die Euch beide sehr eng miteinander verbindet.
Und er ist nicht der "Lückenfüller" für Dein Leben. Das macht Dich sehr abhängig von ihm und das ist nicht gut.

alles Liebe
gaestin
 

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