Hallo zusammen,
ich muss einfach mal meine Geschichte loswerden.
Ich habe mit meiner Frau aus Taiwan zwei wundervolle Kinder (6 und 2), ich liebe Sie über alles und würde meine Ehe als glücklich bezeichnen.
Vor zwei Jahren, nach der Geburt meiner Tochter, beschlossen wir, für ein halbes Jahr nach Taiwan zu gehen. Eigentlich wollten wir unsere Wohnung in München untervermieten (das ging das letzte Mal problemlos), jedoch sagte der Vermieter bei diesem Mal nicht zu, und so musste ich die Wohnung kündigen.
Meine Mutter bewohnte ein eigenes Haus und besitzt noch ein weiteres, beide sehr alt, aber in guter Wohnlage. Diese Immobilien waren sehr wichtig für sie. Da die ehemalige Raucherin an COPD erkrankt war, wollte sie sich ein Bleibe suchen und uns das Haus überlassen, wir sollten mit der Miete ihre Unterkunft mitbezahlen.
Natürlich haben wir dann beschlossen, dass wir für diese Zeit mit ihr zusammenziehen, das Haus ist eigentlich groß genug.
Die zwei Jahre mit ihr waren nicht einfach, aber auch nicht unterträglich. Ich dachte erst, dass sie dem Haus lebewohl sagen sollte, und langsam suchten wir uns ein betreutes Wohnen in der Nähe (ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich weiter, ein eigenes Wohnen war nicht mehr möglich). Die Einrichtungen für betreutes Wohnen sind in unserer Gegend aber auch sehr rar, es gab sehr lange Wartezeiten.
Ich bin einige Male mit ihr zusammengeraten, und sie hatte Probleme mit meinem Sohn, der ihr zu quierlich war. Meistens hatten wir Streit, wenn ich was ausmisten wollte oder meine Frau zu "stinkend" gekocht hat. Ansonsten aber war sie ziemlich umgänglich.
Ich habe meine Frau immer gefragt, ob sie mit der Situation zufrieden ist, und sie meinte, dass sie ganz gut mit meiner Mutter zurecht käme, und sie sich eher sorgen um mich machte.
Ich wollte einige Mal ausziehen, meine Frau aber meinte, dass wir in der Nähe sein sollten, damit sie weiter auf sie aufpassen konnte. Da entschied ich mich auch dagegen.
Im Grunde tat sie mir auch sehr leid, wenn sie schläfrig und völlig kraftlos den ganzen Tag in ihrem Stuhl saß. Außerdem war sie schon für ein betreutes Wohnen angemeldet, es sollte also nur eine Frage der Zeit sein.
Dezember diesen Jahres kam meine Mutter nach mehreren Aufhalten das letzte Mal in das Krankenhaus, sie verstarb dort in der Palliativ-Station. Vorher wollte ich sie in ein Pflegeheim bringen, das hing aber vom Pflegegrad ab, und sie erholte sich immer so schnell, dass sie keinen Grad mehr erhielt.
Ich musste sie nicht pflegen, nach dem Tod fühlte ich aber erst einmal eine Erleichterung.
Danach kamen mehrere Monate der Nachlassverwaltung, die Pandemie kam mir sehr gelegen. Ich konnte auch einige schöne Erinnerungen an meine Mutter pflegen, die als Alleinerziehende uns drei Kinder großgezogen hatte.
Gestern waren meine Schwestern hier und erzählten mir die schockierende Wahrheit: Meine Mutter hat sich sehr oft mit ekelhaft rassistischen Äußerungen bei ihnen über meine Frau beschwert, mir blieb einfach die Spucke weg. Meinen Sohn konnte sie nicht akzeptieren, da er ein Mischlingskind war und asiatische Augen hatte. Bei meiner Tochter hatte sie jedoch keine Probleme.
Ich vertraue meinen Schwestern sehr, dass sie da die Wahrheit sagen, und habe ein gutes Verhältnis zu ihnen.
Zum Glück scheint mein Sohn davon sehr unberührt zu sein, er ist wie immer ein kleiner Springinsfeld und erzählt, wenn ich ihn über seine Oma frage, nur Gutes.
Meine Mutter ist ein Nachkriegskind und selbst bei Alt-Nazis groß geworden. Sie hatte aber ihr Leben lang ein großes Interesse an Asien und dem Buddhismus, sie war sogar in Indien. Ihre Wohnung war voll mit buddhistischen Erinnerungsstücken und Literatur. Ich kann das absolut nicht verstehen und fühle mich sehr betrogen. Das ist eine Situation, in der ich eigentlich nur verlieren konnte: Ich bin bei ihr geblieben, und habe nun rausgefunden, dass sie eine üble Rassistin war, die diese Zuwendung gar nicht verdient hatte. Hätte ich sie alleine gelassen, hätte ich mir vorgeworfen, dass ich mich nicht um sie gekümmert hätte. Sie war einfach keine liebenswerte Person.
Seit dem Tod fühlte ich eigentlich nie so etwas wie Trauer. Es war einfach alles nur absurd: meine Mutter hat kein Testament hinterlassen, ihr ganzer Besitz war unorganisiert und verschlampt, mein Bruder wirft ihr vor, dass sie sein Leben vernichtet hat (aber aus meiner Sicht sind seine „Traumata“ nur Lappalien)… Sie hat selbst keine Anweisungen für ihre Beerdigung hinterlassen, wir wussten sogar nicht einmal, wo wir sie beerdigen sollten. Ihre letzte Mail war, dass wir uns bei Internet-Einkäufen vor Trickbetrügern in Acht nehmen sollten, zwei Tage vor ihrem Tod...
Das ist alles unfassbar, ich bin so froh, dass sie unter der Erde liegt. Ihre heißgeliebten Häuser werden wir verkaufen und uns den Erlös aufteilen.
ich muss einfach mal meine Geschichte loswerden.
Ich habe mit meiner Frau aus Taiwan zwei wundervolle Kinder (6 und 2), ich liebe Sie über alles und würde meine Ehe als glücklich bezeichnen.
Vor zwei Jahren, nach der Geburt meiner Tochter, beschlossen wir, für ein halbes Jahr nach Taiwan zu gehen. Eigentlich wollten wir unsere Wohnung in München untervermieten (das ging das letzte Mal problemlos), jedoch sagte der Vermieter bei diesem Mal nicht zu, und so musste ich die Wohnung kündigen.
Meine Mutter bewohnte ein eigenes Haus und besitzt noch ein weiteres, beide sehr alt, aber in guter Wohnlage. Diese Immobilien waren sehr wichtig für sie. Da die ehemalige Raucherin an COPD erkrankt war, wollte sie sich ein Bleibe suchen und uns das Haus überlassen, wir sollten mit der Miete ihre Unterkunft mitbezahlen.
Natürlich haben wir dann beschlossen, dass wir für diese Zeit mit ihr zusammenziehen, das Haus ist eigentlich groß genug.
Die zwei Jahre mit ihr waren nicht einfach, aber auch nicht unterträglich. Ich dachte erst, dass sie dem Haus lebewohl sagen sollte, und langsam suchten wir uns ein betreutes Wohnen in der Nähe (ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich weiter, ein eigenes Wohnen war nicht mehr möglich). Die Einrichtungen für betreutes Wohnen sind in unserer Gegend aber auch sehr rar, es gab sehr lange Wartezeiten.
Ich bin einige Male mit ihr zusammengeraten, und sie hatte Probleme mit meinem Sohn, der ihr zu quierlich war. Meistens hatten wir Streit, wenn ich was ausmisten wollte oder meine Frau zu "stinkend" gekocht hat. Ansonsten aber war sie ziemlich umgänglich.
Ich habe meine Frau immer gefragt, ob sie mit der Situation zufrieden ist, und sie meinte, dass sie ganz gut mit meiner Mutter zurecht käme, und sie sich eher sorgen um mich machte.
Ich wollte einige Mal ausziehen, meine Frau aber meinte, dass wir in der Nähe sein sollten, damit sie weiter auf sie aufpassen konnte. Da entschied ich mich auch dagegen.
Im Grunde tat sie mir auch sehr leid, wenn sie schläfrig und völlig kraftlos den ganzen Tag in ihrem Stuhl saß. Außerdem war sie schon für ein betreutes Wohnen angemeldet, es sollte also nur eine Frage der Zeit sein.
Dezember diesen Jahres kam meine Mutter nach mehreren Aufhalten das letzte Mal in das Krankenhaus, sie verstarb dort in der Palliativ-Station. Vorher wollte ich sie in ein Pflegeheim bringen, das hing aber vom Pflegegrad ab, und sie erholte sich immer so schnell, dass sie keinen Grad mehr erhielt.
Ich musste sie nicht pflegen, nach dem Tod fühlte ich aber erst einmal eine Erleichterung.
Danach kamen mehrere Monate der Nachlassverwaltung, die Pandemie kam mir sehr gelegen. Ich konnte auch einige schöne Erinnerungen an meine Mutter pflegen, die als Alleinerziehende uns drei Kinder großgezogen hatte.
Gestern waren meine Schwestern hier und erzählten mir die schockierende Wahrheit: Meine Mutter hat sich sehr oft mit ekelhaft rassistischen Äußerungen bei ihnen über meine Frau beschwert, mir blieb einfach die Spucke weg. Meinen Sohn konnte sie nicht akzeptieren, da er ein Mischlingskind war und asiatische Augen hatte. Bei meiner Tochter hatte sie jedoch keine Probleme.
Ich vertraue meinen Schwestern sehr, dass sie da die Wahrheit sagen, und habe ein gutes Verhältnis zu ihnen.
Zum Glück scheint mein Sohn davon sehr unberührt zu sein, er ist wie immer ein kleiner Springinsfeld und erzählt, wenn ich ihn über seine Oma frage, nur Gutes.
Meine Mutter ist ein Nachkriegskind und selbst bei Alt-Nazis groß geworden. Sie hatte aber ihr Leben lang ein großes Interesse an Asien und dem Buddhismus, sie war sogar in Indien. Ihre Wohnung war voll mit buddhistischen Erinnerungsstücken und Literatur. Ich kann das absolut nicht verstehen und fühle mich sehr betrogen. Das ist eine Situation, in der ich eigentlich nur verlieren konnte: Ich bin bei ihr geblieben, und habe nun rausgefunden, dass sie eine üble Rassistin war, die diese Zuwendung gar nicht verdient hatte. Hätte ich sie alleine gelassen, hätte ich mir vorgeworfen, dass ich mich nicht um sie gekümmert hätte. Sie war einfach keine liebenswerte Person.
Seit dem Tod fühlte ich eigentlich nie so etwas wie Trauer. Es war einfach alles nur absurd: meine Mutter hat kein Testament hinterlassen, ihr ganzer Besitz war unorganisiert und verschlampt, mein Bruder wirft ihr vor, dass sie sein Leben vernichtet hat (aber aus meiner Sicht sind seine „Traumata“ nur Lappalien)… Sie hat selbst keine Anweisungen für ihre Beerdigung hinterlassen, wir wussten sogar nicht einmal, wo wir sie beerdigen sollten. Ihre letzte Mail war, dass wir uns bei Internet-Einkäufen vor Trickbetrügern in Acht nehmen sollten, zwei Tage vor ihrem Tod...
Das ist alles unfassbar, ich bin so froh, dass sie unter der Erde liegt. Ihre heißgeliebten Häuser werden wir verkaufen und uns den Erlös aufteilen.