Und wenn man kein Interesse daran gehabt hätte das die zwei Blöcke bestehen bleiben, hätte man sich doch niemals darauf eingelassen.
Also bestand doch beim Westen auch ein gewisses Eigeninteresse daran, sonst hätte er ja den Ostblock durch vorenthalten der dringend benötigten Devisen zum Zusammenbruch bringen können. Hat man aber nicht, also muss doch ein gewisses Eigeninteresse daran bestanden haben.
Falscher Gedankengang, damals hat man den Ostblock - genau wie das heutige Russland, bis es sich in der Ukraine so blamiert hat - hoffnungslos überschätzt. Man hat im Westen einfach nicht geahnt, wie leicht dieses wackelige System aus den Angeln zu heben gewesen wäre, denn allwissend war man damals so wenig wie heute. Der große Fehler, wenn man immer von den eigenen Verhältnissen ausgeht und diese einfach auf sein Gegenüber projiziert, man war selber wirtschaftlich stark, also mußte der andere das auch sein. Aber Maskirovka und Böhmische Dörfer, mit anderen Worten Täuschung und Betrug, waren schon damals russische Spezialität, und das hat das System noch ein paar Jahre über die deutsche Wiedervereinigung hinaus am Leben gehalten (Zusammenbruch der SU 1993).
Die Wende in Deutschland, 1989, kam damals - jeder der es damals mitbekommen hat, wird sich erinnern - praktisch so schleichend wie ein Dieb in der Nacht. Absolut nicht vorhersehbar, und als die Grenze schon offen war, konnten es viele noch gar nicht glauben. Daran war nichts geplant, nichts vorher eingeschätzt, jeder der noch kurz vorher von einer möglichen Wiedervereinigung sprach wurde als Phantast abgestempelt, und daher tat das auch kaum jemand. Man hat eher damit gerechnet, daß mal wieder die Panzer rollen wie im Prager Frühling und die ganze Protestbewegung niederwalzen. Und dann, plötzlich, "Die Grenze ist offen!" Und kein Panzer, weder auf DDR- noch auf SU-Seite, hat sich gerührt.
Dieses spontane Ereignis war mehr oder weniger schon eine Vorahnung auf die weiteren Ereignisse im Herzland des Ostblocks. Kein dramatisches Ende im kriegerischen Todeskampf, sondern das fast stille Auseinanderbrechen eines seit langer Zeit schon morschen Hauses.
Man kann sagen, der Westen hat den Ostblock erfolgreich ausgesessen, bis er von selber zerbröselte. Die Devisen haben lediglich den Zeitpunkt etwas nach hinten verschoben - glücklicherweise in eine "sichere" Zeit, in der ein friedlicher Gorbi an der Macht war, nicht irgendein neuer "Falke" a la Chruschtschow, der vielleicht tatsächlich noch einen feurigen atomaren Totentanz aktiviert hätte.