Pfefferminzdrops
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Hallo liebe Leute,
Aktuell befinde ich mich im ersten Semester Verfahrenstechnik an einer TU. Ich habe mein Abitur an einem technischen Gymnasium mit 1,1 abgeschlossen und habe mich sehr auf das Studium gefreut.
Die Frage, die sich mir stellt, ist, ob auch du mit der Wahl deines Studiums zufrieden warst, nachdem du jetzt in die Inhalte schnuppern konntest. Oft hat man eine bestimmte Vorstellung, die dann aber nicht der Realität entspricht. Wer z. B. Mathe studiert und da mit seinem Oberstufenwissen beginnt wird schnell eines Besseren belehrt, denn das Studium ist völlig anders. Auch bei Medizinern ist es so: Da gibt es kaum jemanden, der nicht während des Studiums hadert, ob er im richtigen Studiengang ist. Gerade im klassischen Studiengang lernst du bis zur Vorklinik naturwissenschaftliche Theorie, die gefühlt überhaupt nichts mit dem späteren Job zu tun hat. Da muss man sich ganz schön quälen. Nicht zuletzt deshalb wurde dann vor einigen Jahren der Modellstudiengang Medizin etabliert, der stärkeren Praxisbezug vom 1. Semester an hat. Solltest du Medizin wirklich als Alternative ansehen solltest du dich auf jeden Fall vorher sehr intensiv informieren, sonst kommst du bzgl. des Frusts vom Regen in die Traufe. Dort ist Bulimie-Lernen angesagt, stures Auswendiglernen.. das liegt nicht jedem. Mit einem Schnitt von 1,1 würdest du ohne Medizinertest übrigens recht sicher nicht direkt einen Studienplatz bekommen - zumindest nicht an deiner Wunschuni.Sie meint aber auch, dass ich eigentlich mit meiner Studienwahl ganz zufrieden war, mich aber meine Einsamkeit, die seit gut vier Monaten besteht, komplett runter zieht.
Außerdem spielt auch die Wahl der Uni eine entscheidende Rolle. Mein Mann hat z. B. Elektrotechnik an der RWTH Aachen studiert. Das Fach gilt schon als recht schwierig und an dieser TOP-Uni noch einmal mehr. So manches Mal hätte mein Mann wohl gerne die Segel gestrichen, hat enorm gezweifelt - letztlich hat er sich dann durchgebissen und seinen Abschluss gemacht... um am Ende dann nie in diesem Job zu arbeiten. 🥴 Und noch ein Beispiel: Der Sohn meiner Chefin hat an der RWTH zunächst ein Maschinenbaustudium begonnen. Da saß er dann in den ersten Vorlesungen und dachte, er sei im falschen Film. Relativ zügig hat er dann sein Ränzlein geschnürt und macht jetzt erst einmal eine technische Ausbildung. Nicht selten ist es übrigens so, dass die ausbildenden Firmen (meist Unternehmen ab mittlerer Größe) ihre Azubis nach Abschluss direkt nahtlos zu weiteren Fortbildungen ermuntern. Duale technische Studiengänge sind da natürlich noch effizienter, denn du hast von Beginn an Praxis und akademisches Wissen unter einem Hut untergebracht.
Bzgl. des Schwierigkeitsgrades im aktuellen Studiengang könntest du mal überlegen, ob deine Angst womöglich besteht, weil du als Top-Abiturient gedacht hast, dass es immer so weiter geht mit dem fixen Verstehen, den Bestnoten, dir aber jetzt schon das inhaltliche Erfassen/Lernen schwerer fällt. Das ist beim Studium natürlich eine ganz neue Situation, denn da finden sich auf einmal geballt Menschen, die sich für genau dieses Fach stark interessieren und dafür auch das Talent mitbringen. Hier könntest du dich aber auch mal fragen, ob es nicht ausreicht, wenn du statt top einfach nur gut bist oder gar nur bestehst (das müssen z. B. viele Medizin-Studenten erst mal verinnerlichen). Womöglich setzt du dich hier unter zu großen Druck, alles bestmöglich machen zu wollen, obwohl es anders auch ausreichen würde. Der Eindruck, dass alle anderen Studenten so viel besser und weiter sind, ihnen alles so leicht fällt, täuscht übrigens ebenfalls. Hier wäre es wichtig, mal mit den anderen ins Gespräch zu kommen, damit du erkennst, dass du mit den Zweifeln und Sorgen nicht allein bist. Schaumschläger gibt es überall - wenn du dann aber hinterher deren Noten siehst wirst du womöglich staunen. Glaub da erst mal nicht soviel...
Bzgl. deiner Frage zu der "richtigen Berufswahl" gab es schon früher krumme Historien; dieser Trend hat sich aber massiv verschärft: Oft ist die erste Ausbildungs-/Studienwahl nicht die letzte bzw. dann auch der Bereich, in dem man arbeitet. Natürlich wäre es wünschenswert, eben weil effizient, ganz straight seine Ausbildung oder sein Studium durchzuziehen und die Idealvorstellung, direkt im Beruf erfüllt aufzugehen.
Glaubst du das wirklich? Ich halte das für eine Mär. Meine Wahrnehmung ist, dass ganz viele Menschen unzufrieden bis unglücklich in dem sind, was sie machen. Man sollte eben nie, nie, nie aus den Augen verlieren, dass das Geldverdienen im Job das eine ist, die andere Seite der Medaille aber der Wunsch nach einer gewissen Zufriedenheit, auch an der richtigen Stelle untergekommen zu sein und etwas zu tun, was einen erfüllt.Das traurige ist, dass jeder den ich persönlich kenne, sehr zufrieden mit seinem Beruf ist.
Ich finde richtig, dass du inne hältst, hinterfragst und reflektierst, ob du richtig bist mit dem was du tust. Bedenke bei alledem auch, dass es immer auch Phasen gibt, in denen man mal Dinge machen muss, die einen stark fordern oder auch frustrieren. Wenn man sich dann durchbeißt kann einen das durchaus auch mit Stolz erfüllen. Es gilt hier also ein gutes Gefühl zu entwickeln, ob es sich lediglich um eine solche herausfordernde Phase handelt mit Defiziten, wie z. B. den fehlenden sozialen Kontakten (die sich aber schon mit ein bisschen Engagement beheben lassen), ober aber wirklich um den Fakt, dass du falsch bist an der Stelle, die du für dich gewählt hast. Letztlich wäre auch das zuzugeben keine Schande.
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