Im Lauf der letzten 20 Jahre habe ich lernen dürfen, dass Gefühle wie eine Art "Raum" sind, den ich bewusst aufsuchen und auch wieder verlassen kann. Es gibt diesen Raum für Trauer in Dir und der wirkt sehr "anziehend", denn Trauer hat diesen reinigenden Effekt. Man wird fokussierter und offener und Prioritäten ändern sich. Aber auch Trauer ist nur Trauer und sie bringt nur hervor, was sie hervor bringen kann: eine Art seelischen Wundschorf, damit sich eine Wunde wieder schließt.
Wenn Du noch immer traurig bist, dann höre einfach mal damit auf. Steh auf, dränge dieses Gefühl bewusst etwas beiseite und staube ein Regal ab, oder was immer gerade sinnvoll ist und dann setz Dich wieder hin und kehre zu dieser Trauer zurück. Das hast Du ja schon getan, als Du zur Arbeit gegangen bist.
Ja, das liest sich vielleicht seltsam, aber versuche es einmal. Es ist eine verblüffende Erfahrung, die sich erst so "unecht" anfühlt, weil die meisten von uns gelernt haben, dass unsere Gefühle uns ausmachen. Aber sie sind nur ein Teil von uns. Das bedeutet nicht, dass Deine Gefühle nicht echt und aufrichtig sind. Das spürst Du, sobald Du sie wieder zulässt. Das ist kein Zaubertrick. Für mich war es ein weiterer Schritt zu erkennen, wie die menschliche Natur ist. Der Satz: "Du bist nicht Deine Gefühle" begleitet mich nun schon seit vielen Jahren und hat mir oft geholfen, mich wieder zu sammeln, denn jedes Gefühl hat ein Maximum, über das es nicht hinaus wachsen kann und es ist niemals größer, als Du es bist.