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"Linker Rassismus"

G

Gelöscht 78719

Gast
(...)

Seit der Europawahl habe ich mich stattdessen der Letzten Generation angenähert. Mittlerweile war ich auf drei Ungehorsamen Versammlungen (UVs). Mein Eindruck ist, dass dieses Art von Demonstrieren schon etwas bringt. In meinem Heimatort haben wir zum Beispiel so auch ein Agreement mit der Politik erreicht. Ich selbst war bei allen drei UVs nicht so lange auf der Straße bis die Polizei einen wegträgt. Viel mehr habe ich dabei am Straßenrand Fotos gemacht, Flyer verteilt und mit Passanten über Umweltschutz diskutiert. Klar gab es auch solche, die einen beleidigt haben, aber es gab auch mindestens so viele die an der Sache interessiert waren oder uns sogar gelobt haben. Ich halte diese Art für den Klimaschutz einzutreten immer noch für zielführend.

Weswegen ich mich nun aber von der Letzten Generation wieder getrennt habe, sind die inneren "Werte" dieser Organisation, wie also die Mitglieder untereinander umzugehen haben. Ich habe zwar viele liebe Menschen kennengelernt, aber die ständige Aussage, dass man vor allem als weißer, heterosexueller Mann über seine Privilegien nachdenken solle, ging mir doch auf den Keks. Hier ist genauso ein Klassizismus entstanden wie im rechten Milieu. Es sind nicht mehr die People of Color, die Diskriminierung erfahren, sondern zum Beispiel weiße Menschen. Weil diese Gruppe (die ja eigentlich auch sehr heterogen ist) die Macht hätte, wird ihr praktisch vorgeschrieben wie sie sich zu verhalten hätte und wozu sie Stellung nehmen dürfe. Mit Meinungsfreiheit ist es da auch nicht mehr weit her. So sollen weiße Menschen zum Beispiel auch Dreadlocks mit einem Tuch verdecken, falls sie sich welche machen lassen haben, da dies als kulturelle Aneignung gesehen wird. Für mich völlig unverständlich, auch wenn ich keine Dreadlocks trage. Dreadlocks wurden in der Geschichte der Menschheit in verschiedenen Regionen der Erde getragen, ohne dass diese Regionen Kontakt hatten. Sie wurden nicht erst von den Rastafari "erfunden". Und wenn man Dreadlocks mit Respekt trägt und nicht als Machtdemonstration halte ich dies auch nicht für verwerflich.

Privilegien wiederum sind Vorrechte, die einer herrschenden Minderheit zugesprochen werden. Es sind nicht Vorrechte einer Mehrheit. Wir leben hier im Westen weiterhin in einer Gesellschaft, die von den Menschenrechten geprägt ist. Diese hat jeder Mensch von Geburt an. Wenn einer Minderheit diese nicht zugestanden werden, dann wird diese Minderheit diskriminiert und nicht die Mehrheit privilegisiert. Dieses sprechen von Privilegien geht meiner Meinung nach daher am Ziel vorbei. Zumal gerade auch ich als weißer heterosexueller Mann in der Gesellschaft sehr viel Mist erfahren habe.

Dieser Klassizismus der Linken, zu denen leider wohl auch einige Umweltschutzorganisationen wie die Letzte Generation zu gehören scheinen, ist für mich nur umgedrehter Rassismus, praktisch ein "Linker Rassismus".

Statt dass benachteiligte Menschen jedweder Richtung angesprochen werden, werden Gräben zwischen diesen gegraben, indemm man sie wieder in Schubladen steckt. Klar gibt immernoch es am meisten weiße heterosexuelle Männer mit Macht, aber diese Verallgemeinerung auf alle bezogen geht mir viel zu weit.

Wie seht ihr das?

Zum Abschluss hier noch ein Text von einer Deutschtürkin zum Rassismus der Linken in Deutschland:

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Leah L.

Mitglied
Hallo TE,
ich versteh dich teilweise ganz gut.
Leider hast Du in einigen Punkten Recht. Auch den Artikel finde ich wichtig, ich kannte ihn schon, aber finde gut, dass Du mich nochmal dran erinnert hast.

Ich erkläre mir das im Moment so, dass das Pendel aktuell ein bisschen oder auch sehr übertrieben in die andere Richtung ausschlägt, bevor es hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft eine vernünftige Position einnimmt.
Das mit dem Pendel ist natürlich Mist und soll nicht so sein! Denn diese nervigen und - theoretisch, so meinen wir jedenfalls - überflüssigen Auseinandersetzungen ziehen einfach viel zuviel Energie ab, die wir für die Lösung der existenziellen Probleme der Menschheit (Klimawandel, Krieg/Militarisierung und globaler Rechtsruck) brauchen.
Aber momentan müssen wir damit leben, dass es so ist.

Ich ziehe allerdings einen anderen Schluss als Du. Ich bin der Meinung, genau deshalb ist es wahnsinnig wichtig, im Kontakt und im Gespräch zu bleiben und nicht ins Schwarz-Weiß zu gehen "die böse, die gut - ach nee, anders böse und also genau so böse, jetzt mag ich bei keinem mehr mitspielen, ellabätsch das habt Ihr nun davon!"

Das ist etwas überspitzt formuliert, ganz so lese ich Deinen Beitrag nicht.
Aber viele reagieren und reden leider genau so, wenn sie erfahren, dass es auch in der "Linken" (was auch immer genau das eigentlich ist...) allerhand Probleme gibt.

Also - ich hoffe sehr, Du bleibst weiterhin aktiv und lässt Dich nicht abhalten davon, dass auch viele Aktivisten mit guten Zielen und tollen Aktionsformen ihre - teils massiven - Schattenseiten haben.
Nur im Kontakt und Gespräch können wir weiterkommen. Wenn ein anderer den Graben vertiefen will, biete ich ihm ein Stück Brücke an und bitte darum, nach den Gemeinsamkeiten zu suchen.
Lass Dich von den Identitätsleuten nicht beschränken auf Deine männliche weiße hetero-Identität. Du bist mehr, das kannst Du zeigen, und Du kannst zwar nix für Deine Privilegien oder was die so nennen, aber Du hast Grips und Toleranz und willst doch Wege zum Engagement und für eine bessere Welt finden und nicht Gründe oder Ausreden, warum das leider doch nicht geht.

Wenn Leute wie Du und ich einfach aufgeben, geht's tatsächlich nicht. Die brauchen uns. Und wir brauchen die! Und teilweise haben sie ja Recht. Teilweise aber auch wir. Tja.
Wo und wie können wir uns treffen und zusammenarbeiten?
Das sind langwierige und mühsame Prozesse. Aber ich fürchte, darauf müssen wir uns einlassen, wenn wir etwas erreichen wollen.
Die Rechten und Klimawandelleugner usw. lachen sich ins Fäustchen, wenn wir uns weiter so gespalten bewegen. Das können wir aber den Identitätsleuten nicht immer nur vorwerfen, damit sie sich bewegen, sondern auch wir müssen uns bewegen, So schwer es uns auch fällt.

Soweit mal meine Meinung dazu.

Es heißt übrigens Klassismus. Klassizismus ist etwas völlig anderes.

Alles Gute für Dich!
Ich hoffe, ich schaffe es, mich aus der weiteren Diskussion raus zu halten. Eigentlich bin ich nämlich der Meinung, so ein Forum ist dafür nicht ganz der geeignete Ort.
Aber es hat mich spontan in den Fingern gejuckt...
 

Roselily

Sehr aktives Mitglied
(...)

Warum sollten die Linken die "besseren Menschen" sein? Selbstanspruch?

Ich schätze, je radikaler und überzeugter eine Gruppe ihre Ziele vertritt und umsetzt, desto eher ist sie bereit, die Grenzen anderer Menschen zu verletzen. Kann leicht in Extremismus abrutschen. Gerade an äußerst rechten oder linken Rändern der Gesellschaft findet man wohl eher wenig Toleranz gegenüber anderen Meinungen. Ich denke, Respekt vor Menschen, egal, ob sie weiß, schwarz oder was auch immer sind, findet sich eher in der Mitte der Gesellschaft.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Träumelinchen

Aktives Mitglied
Klar ist das auch Rassismus, wenn ein weißer Mann wegen seiner Hautfarbe irgendwie eingeschätzt oder benachteiligt wird. Sollte nicht sein, kommt aber vor. Und ist genauso zu verurteilen, wie der „normale“ Rassismus. Ich halte auch nicht viel von dieser ganzen Aufregung um “kulturelle Aneignung“ . Ich finde z.B. Dreadlocks sehr schön und da ist es mir ehrlicherweise schnuppe, was jemand für eine Abstammung hat. Allerdings sollte man bei der Rassismusdebatte schon berücksichtigen, dass es zumindest hier in Deutschland nicht so häufig vorkommen dürfte, dass ein weißer Mann wegen seiner Hautfarbe diskriminiert wird. Der „normale“ Rassismus hat also eine ganz andere Relevanz.
 
G

Gelöscht 78719

Gast
@Leah L.
Ich hatte versucht mich einzubringen und an dem Problem mitzuarbeiten. Hatte sogar vor wenigen Tagen mit einer führenden Person telefoniert, die eine Gruppe zusammenstellen möchte, die sich um das Awareness-Thema kümmert. Es ging ihr anscheinend aber nicht um Verständnis, sondern darum, dass ich ihre Überzeugung übernehmen sollte. Und als wir dann beide etwas lauter wurden, war das natürlich meine Schuld, weil ich der Mann war. So war jedenfalls mein Eindruck. Dabei habe ich früher oft keinen Mucks gesagt, habe erst sehr spät in meinem Leben gelernt, mich auch mal gegen Ungerechtigkeiten zu wehren. Auch bin ich nicht bereit mir ständig so etwas anzuhören. Das kann ich einfach nicht leisten, da ich selbst eine traumatische Vergangenheit habe und mir sowas dadurch sehr nahe geht. Da muss ich mich ein Stück weit selbst schützen, indem ich eine Grenze ziehe und das im Zweifel auch mit Kontaktabbruch. Es tut mir sehr Leid für den Klimaschutz, aber so ist das Thema für mich eben nicht möglich. Wenn es intern nicht gehört wird, schreibe und bespreche ich das eben extern, da ich durchaus Redebedarf habe.

@Roselily
Ja, ich hatte die Letzte Generation auch nicht so weit links eingeschätzt. Ich selbst würde mich auch eher der Mitte zuordnen.

@Träumelinchen
Danke für den Beitrag! Im Alltag kommt dies tatsächlich nicht so oft vor. Allerdings wohl in eher linken Organisationen. Und das finde ich dann ebenso schlimm wie in den rechten Positionen.
 

tonytomate

Sehr aktives Mitglied
Ich kenne mittlerweile viele Leute, die keinen Bock mehr auf Umweltschutz haben. Die machen alles in eine Tonne, statt Papier, Glas, Bio, Restmüll, Plastik usw. extra zu trennen. Kompletter Boykott. Seit bei uns die Biotonne aufgestellt und Gebühren erhöht worden sind, obwohl die Geld ohne Ende damit verdienen, stellen viele Leute um. Die sagen sich, warum soll ich da noch mitmachen.
 

Kylar

Aktives Mitglied
Hi tork,
ich sehe das so ähnlich wie du und fand den verlinkten Artikel interessant zu lesen.

An sich ist es gut, wenn Menschen sich zusammentun, um für etwas einzutreten, aber manchmal entwickeln sich da so Gruppendynamiken, die ich nicht so schön finde - auch wenn ich da selber bisschen anfällig für bin.
Ich habe manchmal das Gefühl, je stärker das Gruppengefühl, desto mehr geht das Reflexionsvermögen des Einzelnen verloren. Weil man sich gegenseitig bestärkt "Wir sind die Guten. Wir haben (immer) Recht."
Dabei sehe ich schon oft, sei das jetzt beim Kampf gegen Rechts/Links, Kampf gegen Rassismus, Kampf gegen Sexismus, Kampf gegen Bodyshaming usw... einen Hang dazu mit zwei verschiedenen Messlatten zu messen.
Beispiel: wenn man sich mit einer übergewichtigen Frau solidarisieren will , wählen viele so Sätze wie "echte Frauen haben Kurven" oder "lieber kurvig , als so ein dürres Klappergestell"
Und dann hört man zustimmendes "genau so ist es", obwohl einem doch eigentlich auffallen müsste, dass man damit gerade gleiches in Grün macht: man wertet Frauen ab, aufgrund ihrer Figur, nur halt nicht weil sie übergewichtig sind, sondern untergewichtig oder nicht mal das, sondern schlicht schlank.

Oder man wirft, wie du schon sagst, Männern vor sie sollen sich mal ihrer Privilegien bewusst sein und sensibler gegenüber Sexismus (gegen Frauen) , aber wenn darauf hingewiesen wird, dass es auch Sexismus und Diskriminierung gegenüber Männern gibt, kommt nur "Was? Wie? Wo? Sehe ich nicht." und wenn man dann Beispiele bringt, werden die geleugnet, relativiert oder es kommt immer dieses "ja, DAS ist doch gaaaaaaanz was anderes."

Oder Leute, die sich gegen Rechtsextremismus aussprechen, aber auf dem linken Auge blind sind - oder andersrum.

Und selbst wenn einem dieses Messen mit zwei Maßstäben auffällt, ist es schwer, das anzusprechen, weil einige Leute das dann als Verrat an der Gruppe sehen.
Zum Teil wird auch Solidarität über ein bestimmtes Thema hinausverlangt. So nach dem Motto als "guter" Linker musst du nicht nur gegen den Kapitalismus und gegen Rechtsextremismus sein , sondern du musst auch noch Pro Einwanderung und Pro Palästina sein und wenn du auch nur in einer dieser Sachen eine andere Meinung hast, dann "fällst du der Gruppe in den Rücken".

Das sind natürlich nicht alle Gruppen so, aber irgendwo sind solche Leute immer dabei und ein Grund, warum ich nicht so Lust habe, mich irgendwelchen Gruppen anzuschließen. Schon allein, weil bei mir sonst auch gut die Gefahr besteht von so "WIR gegen die anderen (den Feind)" mitgerissen zu werden und dann irgendwann die Gefahr da ist, dass ich alles was ich denke prinzipiell für richtig halte und alles was die Gegenseite sagt prinzipiell für falsch und doof.

Wie gesagt, sind nicht alle so, und wer sich nicht angesprochen fühlt, muss sich den Schuh nicht anziehen.
 

_vogelfrei

Sehr aktives Mitglied
Hallo tork,

ich selbst finde die sogenannte "Identitätspolitik" wichtig und sinnvoll, es kommt aber natürlich auf das Maß und den Umgang an. Ich war bei den von dir erlebten Situationen nicht dabei, deswegen kann ich wenig dazu schreiben, kann aber verstehen, dass es nervig und stressig ist, wenn manche Themen überstrapaziert werden.

Natürlich gibt es auch Männer, die eine schwierige und schmerzhafte Geschichte hinter sich haben, zB durch Krankheit oder Armut. Wenn "Identitätspolitik" (meiner Ansicht nach) "richtig" gemacht und gedacht wird, ist sie intersektional, das heißt, unterschiedliche Diskriminierungsformen werden zusammengedacht und in ihrer Wechselwirkung bedacht, zB hat es ein armer, weißer Mann mit Behinderung im Leben oft schwerer als eine weiße, durchschnittlich wohlhabende, gesunde Frau (zumindest rein statistisch).

Schlussendlich sind es Kategorien, um Gesellschaft und vor allem (Un-) Gerechtigkeit versteh- und besprechbar zu machen aber natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss und es ist nicht sinnvoll, diese Kategorien immer und in jeder Situation überzubetonen,weil es sich ansonsten natürlich abnutzt und die Realität auch verflacht und vereinfacht abbildet.

Ab und zu auf männliche Privilegien hinzuweisen, kann aber durchaus sinnvoll sein, weil es nunmal sehr viele Männer gibt, die ziemlich unreflektiert damit umgehen, zB immer den größten Redeanteil bei Diskussionen haben, nie Angst im Dunkeln haben & nicht verstehen, dass es für Frauen anders ist, usw. Ob das bei dir so ist, weiß ich natürlich nicht.

Sich in linken Kontexten zu engagieren, heißt im besten Fall die Bereitschaft für viel Auseinandersetzung und Diskussion und auch Lust, neues zu lernen. Wenn du das Gefühl hast, zu Unrecht in Schubladen zu landen, in die du nicht passt und die deiner Lebensgeschichte nicht gerecht werden, sprich darüber. Aber sei auch bereit, zuzuhören und etwas neues zu lernen, vielleicht gibt's da auch noch manches, das du noch nicht verstanden oder zu ende gedacht hast. Die Welt und gesellschaftliche Debatten sind komplex und vielschichtig.

Ansonsten möchte ich mich gerne @Leah L. anschließen und dich ermutigen, nicht so schnell aufzugeben. Vielleicht passen du und die anderen Aktivist*innen nicht in allen Haltungen zusammen, aber vielleicht sind eure gemeinsamen Ziele es trotzdem Wert, weiterzumachen?
 

_vogelfrei

Sehr aktives Mitglied
Klar ist das auch Rassismus, wenn ein weißer Mann wegen seiner Hautfarbe irgendwie eingeschätzt oder benachteiligt wird. Sollte nicht sein, kommt aber vor. Und ist genauso zu verurteilen, wie der „normale“ Rassismus.
Das sehe ich anders. Bei Rassismus geht's immer auch um Machtverhältnisse und auch, wenn es den ein oder anderen weißen Menschen nerven mag, sich auf die Hautfarbe reduziert zu fühlen, hat das meiner Ansicht nach mit Rassismus nichts zu tun.
 

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