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STAN*
Gast
Artikel aus der Frankfurter Neuen Presse vom 22.03.2007:
22.03.2007
Die Richterin und der Koran-Eklat
Frankfurt. Mit richterlichem Beschluss wurde gestern der Familienrichterin Christa D. (54) ein Scheidungsfall entzogen und an eine Kollegin am Familiengericht weitergegeben. Grund der Entscheidung ist der Richterin Hinweis auf den Koran bei ihrer Ablehnung von Prozesskostenhilfe für eine 26-jährige Deutsche marokkanischer Herkunft, die sich vor Ablauf des Trennungsjahres im Mai dieses Jahres von ihrem gewalttätigen marokkanischen Ehemann scheiden lassen will. Das Paar hatte laut Amtsgericht Frankfurt 2001 in Marokko „gemäß den Vorschriften des Koran“ geheiratet. Nach etlichen Übergriffen während des Zusammenlebens hatte der Mann nach der Trennung angekündigt, seine Frau umzubringen. Von einer raschen Scheidung erhoffte diese ein Ende von Drangsal und Drohungen und berief sich auf Paragraph 1565, Absatz zwei des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): „Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.“ Diese Voraussetzung sieht die geprügelte Ehefrau als gegeben und stellte mangels eigenen Vermögens Antrag auf Prozesskostenhilfe für ihr vorzeitiges Scheidungsersuchen.
Mit einem befremdlichen Einwand lehnte Christa D. diesen ab. Die „Ausübung des Züchtigungsrechts“, so beschied sie, begründe keine unzumutbare Härte, wie sie das BGB fordere, wenn die Ehepartner Muslime seien. Denn beide Parteien stammten aus dem marokkanischen Kulturkreis. Dort sei es nicht unüblich, dass der Mann seiner Frau gegenüber ein Züchtigungsrecht ausübe. Die Juristin bezog sich bei ihrer Argumentation auch auf eine Koranstelle.
Daraufhin stellte die Frau Befangenheitsantrag gegen die Juristin. Gestern entschied ein Richter, wie üblich ohne Begründung, dass Christa D. den Fall an eine Kollegin abgeben muss. Nun findet die eigenwillige Stellungnahme der unter Druck geratenen Familienrichterin ein lebhaftes Echo in der Politik. „Es darf unter keinen Umständen der Eindruck entstehen, der Rechtsstaat könne ein vermeintlich aus islamischem Recht begründetes Züchtigungsrecht – und damit Gewalt an Frauen – tolerieren“, stellte gestern Peter Beuth, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, fest. „Unsere Grundrechte dürfen nicht angetastet werden, dazu zählen unumstößlich die Würde des Menschen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Recht auf körperliche Unversehrtheit.“
Von einem „verheerenden Zeichen für muslimische Frauen“ sprach Kristina Köhler aus Wiesbaden, innenpolitische Berichterstatterin der CDU/CSU im Bundestag für Islamismus-Fragen: „Eine Richterin an einem deutschen Familiengericht hat sich an das Zivilrecht zu halten und nicht an islamisches Recht.“ Köhler warnte vor einer zunehmenden Rechtsspaltung in Deutschland. „Eine „Verhöhnung von Frauenrechten und ein grundfalsches Signal gegen Integration“ sieht Sylvia Kunze, Sprecherin der Jungsozialisten im Unterbezirk Frankfurt, in der Entscheidung der Familienrichterin. Der Rechtsstaat habe die Pflicht, Frauen vor Gewalt in der Partnerschaft „mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln“ zu schützen. „Falsch und diskriminierend“ sei auch, dass „zum wiederholten Mal Gewalt als „natürlicher Teil des Islam“ dargestellt werde. „In Deutschland gilt deutsches Recht. Weder der Koran noch die Bräuche eines anderen Landes dürfen die Entscheidungen der Gerichte bestimmen“, sagte auch der rechtspolitische Sprecher der Liberalen im Römer, Yanki Pürsün.
Christa D. war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Wie weit gewaltbereite Ehemänner im schlimmsten Falle gehen, müsste sie aus eigener Berufserfahrung wissen. Vor zehn Jahren erlebte sie, dass ein damals 39-jähriger Polizist seine Ex-Freundin, die auf Unterhalt für sich und das gemeinsame Kind klagte, in ihrem Amtszimmer erschoss. (enz)
22.03.2007
Die Richterin und der Koran-Eklat
Frankfurt. Mit richterlichem Beschluss wurde gestern der Familienrichterin Christa D. (54) ein Scheidungsfall entzogen und an eine Kollegin am Familiengericht weitergegeben. Grund der Entscheidung ist der Richterin Hinweis auf den Koran bei ihrer Ablehnung von Prozesskostenhilfe für eine 26-jährige Deutsche marokkanischer Herkunft, die sich vor Ablauf des Trennungsjahres im Mai dieses Jahres von ihrem gewalttätigen marokkanischen Ehemann scheiden lassen will. Das Paar hatte laut Amtsgericht Frankfurt 2001 in Marokko „gemäß den Vorschriften des Koran“ geheiratet. Nach etlichen Übergriffen während des Zusammenlebens hatte der Mann nach der Trennung angekündigt, seine Frau umzubringen. Von einer raschen Scheidung erhoffte diese ein Ende von Drangsal und Drohungen und berief sich auf Paragraph 1565, Absatz zwei des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): „Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.“ Diese Voraussetzung sieht die geprügelte Ehefrau als gegeben und stellte mangels eigenen Vermögens Antrag auf Prozesskostenhilfe für ihr vorzeitiges Scheidungsersuchen.
Mit einem befremdlichen Einwand lehnte Christa D. diesen ab. Die „Ausübung des Züchtigungsrechts“, so beschied sie, begründe keine unzumutbare Härte, wie sie das BGB fordere, wenn die Ehepartner Muslime seien. Denn beide Parteien stammten aus dem marokkanischen Kulturkreis. Dort sei es nicht unüblich, dass der Mann seiner Frau gegenüber ein Züchtigungsrecht ausübe. Die Juristin bezog sich bei ihrer Argumentation auch auf eine Koranstelle.
Daraufhin stellte die Frau Befangenheitsantrag gegen die Juristin. Gestern entschied ein Richter, wie üblich ohne Begründung, dass Christa D. den Fall an eine Kollegin abgeben muss. Nun findet die eigenwillige Stellungnahme der unter Druck geratenen Familienrichterin ein lebhaftes Echo in der Politik. „Es darf unter keinen Umständen der Eindruck entstehen, der Rechtsstaat könne ein vermeintlich aus islamischem Recht begründetes Züchtigungsrecht – und damit Gewalt an Frauen – tolerieren“, stellte gestern Peter Beuth, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, fest. „Unsere Grundrechte dürfen nicht angetastet werden, dazu zählen unumstößlich die Würde des Menschen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Recht auf körperliche Unversehrtheit.“
Von einem „verheerenden Zeichen für muslimische Frauen“ sprach Kristina Köhler aus Wiesbaden, innenpolitische Berichterstatterin der CDU/CSU im Bundestag für Islamismus-Fragen: „Eine Richterin an einem deutschen Familiengericht hat sich an das Zivilrecht zu halten und nicht an islamisches Recht.“ Köhler warnte vor einer zunehmenden Rechtsspaltung in Deutschland. „Eine „Verhöhnung von Frauenrechten und ein grundfalsches Signal gegen Integration“ sieht Sylvia Kunze, Sprecherin der Jungsozialisten im Unterbezirk Frankfurt, in der Entscheidung der Familienrichterin. Der Rechtsstaat habe die Pflicht, Frauen vor Gewalt in der Partnerschaft „mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln“ zu schützen. „Falsch und diskriminierend“ sei auch, dass „zum wiederholten Mal Gewalt als „natürlicher Teil des Islam“ dargestellt werde. „In Deutschland gilt deutsches Recht. Weder der Koran noch die Bräuche eines anderen Landes dürfen die Entscheidungen der Gerichte bestimmen“, sagte auch der rechtspolitische Sprecher der Liberalen im Römer, Yanki Pürsün.
Christa D. war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Wie weit gewaltbereite Ehemänner im schlimmsten Falle gehen, müsste sie aus eigener Berufserfahrung wissen. Vor zehn Jahren erlebte sie, dass ein damals 39-jähriger Polizist seine Ex-Freundin, die auf Unterhalt für sich und das gemeinsame Kind klagte, in ihrem Amtszimmer erschoss. (enz)
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