Weißt du, in meinem Freundeskreis gelte ich als die personifizierte Sanftheit. Ich frage mich gerade, ob mein Freund es in unserer langjährigen Beziehung je erlebt hat, dass ich bei einem (ohnehin seltenen) Streit laut geworden wäre. Ich glaube nicht. Also bin ich quasi das, was du gern wärst.
Ich würde sowas dennoch nicht auf mir sitzen lassen. Ich würde auch hier nicht laut werden. Ihn noch nicht mal unbedingt rauswerfen. Aber ich würde ihm ruhig und bestimmt sagen, dass mir diese Situation nicht passt und ich mich - solange die andere da ist - nur noch in der Rolle als Kumpeline und Mitbewohnerin sehe. Dass ich nicht für Küsse oder Sex zur Verfügung stehe, solange er es von der anderen kriegt.
Und dann würde ich mich um mich selber kümmern. Selber Dinge tun, die ich nur wegen ihm nicht gemacht habe. Mit der besten Freundin auf ne Tanzveranstaltung gehen? Warum nicht, schließlich tanze ich gerne und mache es (blöd, ich weiß) nur deshalb quasi nie, um ihm die Eifersucht zu ersparen. Ich würde ihm nicht aktiv fremdgehen, das würde alles zerstören. Aber er dürfte ruhig ein wenig Kopfkino haben von wegen "Tanzt sie mit anderen Männern? Findet die einen davon attraktiv? Flirtet sie gerade? Lernt sie gerade einen kennen, bei dem ich nicht mithalten kann?". Und wenn ich dann heimkäme und die Eifersucht förmlich in ihm brodeln sehe, würde ich ihn ganz unschuldig fragen, ob er etwa denke, dass ich mir nen anderen aufgabeln würde, dafür wäre ich doch gar nicht der Typ. Und dann weiter die Sanftheit in Person sein, aber jegliche Küsse oder Sex mit ruhigem Verweis auf die andere ablehnen.
Dass er quasi jedes Wochenende Kopfkino kriegt von wegen ob ich gerade jemanden kennenlerne, nur um anschließend mit einem ruhigen und unschuldigen, ja sogar freundlich-fröhlichem "wie kommst du denn darauf?" "beruhigt" zu werden. Ganz ohne Vorwürfe von wegen "nur weil du das machst, mache ich sowas noch lange nicht". Ohne Vorwurf würde er sich nämlich gleich noch mehr schämen, weil er dann keinen Grund für ne Rechtfertigungshaltung hätte und sich deshalb umso mehr mit seinem Fehlverhalten auseinandersetzen müsste.
Also kein Drama, kein Fremdgehen (nur das Gefühl lassen, du könntest es tun, wenn du wölltest) , kein rausschmeißen, nix, aber eben eine freundlich-gesunde Distanziertheit. Dann sieht er, dass du dich geändert hast (weil du außer der Ablehnung von Sex kein Theater machst), aber ohne dass du dich selbst so erniedrigst.