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Eure Erfahrungen mit Verhaltenstherapie

Streifenkarl

Aktives Mitglied
Also ich habe im Lauf der Jahre viele VT angefangen, aber mir haben die leider nie geholfen, eher im Gegenteil.
Mir kam es immer so vor, als würde dort davon ausgegangen, als wäre ich zu blöd, um selbst zu wissen, was ich ändern müsste. Die Therapeuten haben auch immer selbst festgestellt, dass ich ja eigentlich bestens weiß, was falsch läuft und was zu tun ist.
Umso schlechter habe ich mich dann gefühlt, als ich Woche für Woche zu meinen Terminen kam und nicht geschafft hatte, etwas von meinen "Hausaufgaben" umzusetzen. Das hat mich eher noch weiter runter gezogen.

Mir hat wirklich erst die tiefenpsychologische Therapie geholfen, als ich nach Jahren endlich eine Therapeutin gefunden hatte, die überhaupt noch neue Patienten aufnehmen konnte (und dann nochmal die eineinhalb Jahre Wartezeit überstanden hatte). Selbst in Kliniken hat man ja meist nur Verhaltenstherapeut:innen.
Ich glaube, Verhaltenstherapie ist für Patienten mit Traumata eher ungeeignet, weil da der Auslöser der Probleme ein konkretes Ereignis war, welches einfach aufgearbeitet werden muss. VT ist m.E. nach eher für die Probleme, die sich über Jahre durch toxische Verhaltensweisen des Patienten selbst oder seines Umfeldes in den Alltag einschleichen. 🙈
 

_vogelfrei

Sehr aktives Mitglied
Vielen lieben Dank euch, fürs Teilen eurer Erfahrungen!

Also ich habe im Lauf der Jahre viele VT angefangen, aber mir haben die leider nie geholfen, eher im Gegenteil.
Das war bis vor einer Weile auch mein aktueller Stand zu VT. Ich habe mit 20 schon mal eine VT gemacht, hatte in der Klinik Kontakt zu VT Therapeut:innen & ein paar Erstgespräche. Früher fand ich VT immer sehr oberflächlich und ich hatte das Gefühl, dass mehr an Symptomen herumgedoktort wird, anstatt die Wurzel wirklich zu erfassen.
Inzwischen denke ich, ähnlich wie Du, dass VT manchmal genau das richtige ist & manchmal nicht.
Inzwischen habe ich vor ein paar Jahren eine Psychoanalyse gemacht, die mir sehr geholfen hat. Ich habe (oder hatte?) das Gefühl, jetzt bereit dafür zu sein, ganz praktisch im hier & jetzt zu arbeiten.

Ich glaube, Verhaltenstherapie ist für Patienten mit Traumata eher ungeeignet, weil da der Auslöser der Probleme ein konkretes Ereignis war, welches einfach aufgearbeitet werden muss. VT ist m.E. nach eher für die Probleme, die sich über Jahre durch toxische Verhaltensweisen des Patienten selbst oder seines Umfeldes in den Alltag einschleichen. 🙈
Darüber habe ich mich gestern mit dem Therapeuten auch unterhalten, er hatte auf der Homepage unter Schwerpunkte PTBS stehen & auch DBT.

Ich fand ihn sympathisch & er wirkte sehr kompetent und firm auf mich. Was mich verunsichert ist, dass er mehrfach sehr stark betont hat, dass er sehr zielfokussiert und strukturiert arbeitet, "labern" (hat er in Anführungszeichen gesetzt) und jammern sei nicht sein Ding. Geht schon auch mal, aber er hat den Anspruch dann schnell fokussiert damit zu arbeiten. Außerdem tendiere er dazu, manchmal etwas Druck in sich zu spüren und auch nach außen aufzubauen.

Ich hatte ihn dann auch gefragt, ob es für Menschen mit Trauma nicht eher typisch sei, an vielen Stellen etwas langsamer und blockiert zu sein aus dem Bedürfnis heraus sich zu schützen. Er meinte, ja schon, er würde sich dann mit mir meine Blockaden anschauen und es gäbe in Bezug auf Trauma zwei Schwerpunkte, zum einen Stabiliserung, zum anderen Exposition, er verortet sich und sein Vorgehen eher bei letzterem.
Das ist nicht per se mein Problem, ich habe kein traumatisches Ereignis in der Geschichte, über das ich nicht sprechen kann oder das mich als Ereignis krass emotional aus der Bahn wirft, aber durch viel Gewalt & Übergriffe in der Biografie habe ich mir viele Grenzen aufgebaut. Nicht alle davon sind sinnvoll, ich möchte gerne einige davon loswerden, aber ich bin mir nicht sicher, ob das mit der Brechstangenmethode funktioniert. Vielleicht brauche ich trotz viel "Laberei" in meiner Analyse immer noch Sitzungen, in denen ich mich ein bisschen um mich selbst drehen darf und nicht immer nur effektiv und zielorientiert arbeiten kann. Hier hänge ich gedanklich, darüber haben wir gestern auch gesprochen.
Wenn ich das Gefühl habe, er wird ungeduldig während es mir sehr schlecht geht... Ich weiß nicht, ob mir das so gut tut. Ein bisschen Akzeptanz für Langsamkeit und Ängste brauche ich auch, denke ich.

dass man Strategien lernt, die man anwenden kann.
Die Hoffnung und den Anspruch habe ich auch an die VT. Ganz konkrete Methoden zu erlernen, mit denen ich mir selbst besser helfen kann, wenn ich mich hilflos fühle.

Ich hatte und habe eine sehr nette Therapeutin, habe mich ab und zu emotional gefordert, aber nie überfordert gefühlt.
Das klingt sehr gut. :)

Mir war wichtig, dass der T. mir nach dieser ersten Stunde sagte, dass er gerne mit mir arbeiten würde, das hat mir Sicherheit gegeben
Das war ein sehr wichtiger Hinweis für mich & ich habe dadurch auch nochmal gemerkt, dass mir der Punkt fehlt. Der Therapeut hat gestern gesagt, dass er nicht ganz sicher ist, ob wir zusammen passen, hat deswegen betont, was er evtl. als mögliches Problem sieht.
Das macht es natürlich erstmal nicht leichter darauf zu vertrauen, dass ich dort in guten Händen bin, gerade wenn ich weiß, dass das Thema Grenzen ein sehr emotionales für mich ist.

Ich hatte eine VT mit einer erweiterten Schematherapie (nach Jeffrey E. Young).
Schematherapie finde ich von dem, was ich darüber weiß, auch eine gute Sache. Falls es mit dem Therapeuten jetzt nichts wird, werde ich auch verstärkt nach VT suchen, die schematherapeutisch arbeiten. Das ist vielleicht auch mehr das, was ich brauche: Viel Arbeit im hier und jetzt, konkrete Methoden aber auch immer wieder die Möglichkeit in die Vergangenheit zu gehen & zu schauen, warum ich gerade Angst habe oder nicht weiterkomme. Ich stelle mir Schematherapie etwas langsamer vor.

Mir hat die Therapie sehr geholfen, weil ich an meinen Baustellen gut arbeiten und diese später umsetzen konnte und vieles durch meinen Therapeuten erst verstanden habe.
Magst du erzählen, bei was sie dir konkret geholfen hat?

Und ja, manchmal war ich überfordert, das war so Mitte der Therapie, wo ich die Therapie mehrmals abbrechen (weglaufen) wollte. Mein Therapeut hat mir erklärt, dass das zum Verlauf der Therapie gehört und nicht selten passiert.
Danke, dass du die Erfahrung mit mir teilst.

So etwas hat in einer Therapiesitzung aber auch überhaupt keinen Platz.
Ich denke, das kann man so pauschal nicht sagen. Viele Therapeut:innen sind in ihrer Haltung eher abstinent, aber auch das kann man kritisieren und ich denke, da gibts auch kulturelle Unterschiede. Hier in Deutschland ist das Verhältnis zu Körperkontakt ja unterm Strich ein distanzierteres als in manchen südlicheren Ländern.
Und es gibt auch Therapiemethoden, die auf Körperkontakt abzielen.

Insgesamt wäre es aber eher untypisch, wenn Therapeut:innen ihre Patient:innen umarmen, das habe ich auch noch nicht erlebt. Ich hatte aber auch nie das Bedürfnis danach.
 
G

Gelöscht 126160

Gast
Also als ich wirklich mal richtig weinen musste, ist sie einmal aufgestanden und hat mir die Hand auf den Arm gelegt. Das fand ich seinerzeit als genau das richtige Maß.
 
G

Gelöscht 120756

Gast
Also als ich wirklich mal richtig weinen musste, ist sie einmal aufgestanden und hat mir die Hand auf den Arm gelegt. Das fand ich seinerzeit als genau das richtige Maß.
Hat meiner nicht, obwohl ich mir das gewünscht hätte und nonverbal signalisiert habe. Vielleicht aber hat er das nicht verstanden.
Ich habe mich abgelehnt gefühlt. Das sagt freilich nichts über alle VT aus und manche wünschen sich das vielleicht auch genau so.
 
G

Gelöscht 126160

Gast
Ich wiederhole mich da noch mal: Du kannst das nicht erwarten. Er wird es gerade weil du es dir gewünscht und herausgefordert hast, nicht getan haben.

Meine Therapeutin sagte mal zu mir, dass ich von Anfang an so respektvoll, sachlich und eben nicht "vertraulich" war, dass sie irgendwann dann von sich aus die Distanz verringern konnte, eben weil sie nicht die Gefahr gesehen hat, dass ich das falsch auslege.

Ein Therapeut ist ein Therapeut. Er lehnt dich nicht ab, wenn er die Ebene professioneller Distanz nicht verlässt. Er macht seine Arbeit.

Dass du dich davon abgelehnt fühlst, ist schade, aber es wird Teil deines Problems sein.
 

Kirschblüte

Aktives Mitglied
Das war ein sehr wichtiger Hinweis für mich & ich habe dadurch auch nochmal gemerkt, dass mir der Punkt fehlt. Der Therapeut hat gestern gesagt, dass er nicht ganz sicher ist, ob wir zusammen passen, hat deswegen betont, was er evtl. als mögliches Problem sieht.
Das macht es natürlich erstmal nicht leichter darauf zu vertrauen, dass ich dort in guten Händen bin, gerade wenn ich weiß, dass das Thema Grenzen ein sehr emotionales für mich ist.

Schematherapie finde ich von dem, was ich darüber weiß, auch eine gute Sache. Falls es mit dem Therapeuten jetzt nichts wird, werde ich auch verstärkt nach VT suchen, die schematherapeutisch arbeiten. Das ist vielleicht auch mehr das, was ich brauche: Viel Arbeit im hier und jetzt, konkrete Methoden aber auch immer wieder die Möglichkeit in die Vergangenheit zu gehen & zu schauen, warum ich gerade Angst habe oder nicht weiterkomme. Ich stelle mir Schematherapie etwas langsamer vor.
Magst du erzählen, bei was sie dir konkret geholfen hat?
Das finde ich so schlimm, wenn Therapeuten sich nicht in der ersten Stunde dazu äußern, ob es zu einer Zusammenarbeit kommt, aber wenigstens war er ehrlich, wenn er dir den Punkt genannt hat, da hättest du nachfragen können. Aber leicht gesagt, bei den tausend Eindrücken, die man in der ersten Stunde hat.

Ich versuche es, zu erklären, was mit geholfen hat!

(Vorab, mein Therapeut war noch recht jung und hat sich ständig weitergebildet. Manche ältere Therapeuten stecken so fest, dass sie recht unflexibel auf Klienten eingehen).

Ich habe vor meinem Therapeuten übrigens nie geweint (fiel mir überhaupt schwer, wenn ich nicht alleine war) und habe das hinter einer Schutzmauer der Überheblichkeit versteckt. Er hat das recht schnell gemerkt, dass ich nicht authentisch bin. Er hat so vieles an mir schnell bemerkt, auch wenn ich mich anfangs verbal entgegengesetzt geäußert habe. Dadurch alleine hatte er schon mein vollstes Vertrauen.

Ich kam zu ihm nach einem kompletten physischen und psychischen Zusammenbruch mit Panikattacken, Dysthemie (chron. Depressionen), Suizidgedanken, Angststörungen, Traumata, Schuldgefühlen.

Was mir geholfen hat:

Panikattacken zu verstehen, sie anzunehmen und wenn ich mittendrin stecke, mich irgendwann wieder da rauszuholen (das dauerte 2 Jahre, bis ich es verstanden und umsetzen konnte).

Dysthemie, ebenfalls die depressiven Phasen zulassen, weinen, sich abschotten, aber auch wieder nach einer gewissen Zeit, sich da rauszuholen (wieder unter Leute gehen, mit Freunden zusammen sein, mich selbst wertschätzen).

Angststörungen, ich konnte z.B. keine U-Bahn fahren (Tunnel, unter Erde, Panik wegen eines Überfalls usw). Ich habe 1 Jahr geübt (das war eine Hausaufgabe), die erste Rolltreppe runter zu fahren in die U-Bahn-Station, ein weiteres Jahr, mich in die U-Bahn zu setzen und mit ihr zu fahren). Das kam mir später zugute, weil ich beruflich U-Bahn fahren musste.

Suizidgedanken waren schnell vom Tisch, weil ich eigentlich leben wollte, eben nur nicht so!

Schuldgefühle und Traumata, schon seit meiner Kindheit haben wir in der Schematherapie bearbeitet. Erlernte Schemata zu überschreiben. Das war für mich ein schwieriger Teil der Therapie.

Zudem haben wir meine Trauer bearbeitet, ich habe viele Menschen verloren und diese Trauer nie bearbeitet und zugelassen. Als meine Mutter starb, war ich noch sehr jung und ging 2 Tage später schon wieder zur Arbeit. So habe ich es mit allen Trauerfällen in meinem engsten Kreis gehalten und im Prinzip sehr lange darunter gelitten, der Trauer keinen Raum zu geben. Ich habe gelernt, die Trauer zuzulassen und durch sie durchzugehen. Das war der schwierigste Teil der Therapie.

Dann habe ich noch gelernt, meinen viel zu hohen Anspruch an mich selbst und mein übetriebenes Verantwortungsgefühl (Schema aus der Kindheit) in ein gesundes Maß zu bringen.

Die Therapie ist schon einige Jahre her und ich zehre immer noch davon und wende das Erlernte immer noch an.

Das ist das, was mir so spontan einfällt, wenn du Fragen hast, frage gerne!
 

Kirschblüte

Aktives Mitglied
Was mir noch einfällt, ich habe während der Therapie Tagebuch geschrieben über 600 Seiten. Habe darüber ein Buch geschrieben, hat mir geholfen, mich im Nachhinein zu reflektieren und noch besser zu verstehen.
 

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