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Extreme Angst vor Zurückweisung, Flucht in die Traumwelt

Ronis

Mitglied
Hallo zusammen

ich leider unter sehr starken Verlustängsten. Ich habe deswegen schon einige Freundschaften und Beziehungen sabotiert, und ich habe Angst, dass ich das wieder tue. Ich weiss nicht, wie ich mein Problem am besten angehe, ob mit Tjerapie, einfach an mir selber arbeiten, oder was genau ich brauche.

Heute ist nämlich akut etwas vorgefallen: Ich bin krank mit Covid zuhause und mein Freund ist weg auf einer Tagung. Wir sind noch nicht so lange zusammen und er ist wohl nicht dazu gekommen, mir auf eine Nachricht zu antworten. Ich hatte dann eine Panikattacke und ihn angerufen. Ich habe ihm nichts vorgeworfen, und er hat sich Mühe gegeben, hat einfühlsam reagiert. Ich habe aber trotzdem gemerkt, dass es ihn gereizt hat, er war schliesslich am arbeiten. Und er hat es mir dann später auch geschrieben, dass er gerade keine Kapazität hat, auf mich einzugehen. Mir tut es sehr leid, dass ich ihn gestört habe.

Aber es ist halt passiert, was mir öfters passiert: Ich habe mich in einer Gedankenspirale abwärts gedreht, in einer Gedankenspirale wo alle mich verlassen. Ich habe, ohne das ich es wollte, seine ausbleibende Antwort als erstes Zeichen dafür gedeutet, dass er das Interesse verloren hat. Das war irrational und übertrieben, aber ich konnte das in dem Moment nicht steuern.

Ich habe früher immer geglaubt, dass ichmich sehr schnell und intensiv verliebe und dass ich ein extrem fürsorglicher Mensch sei. Jetzt weiss ich, dass das, war ich in den meisten Beziehungen empfunden habe, nicht wirklich Verliebtheit war, sondern das was im englischen als Limerence bezeichnet wird. Das ist quasi eine Ausflucht in die Traumwelt, eine emotionale Abhängigkeit von der anderen Person und vom Wunsch, die perfekte Bindung einzugehen. Gepaart wird das mit extremer Angst verlassen zu werden. Ausgelöst wird es drch zurückweisung durch Bezugspersonen in der Kindheit. Ich glaube, bei mir ist es eine Mischung aus vielbeschäftigten Eltern, die wenig da waren, und einer Drofschullehrerin, die mich über vier Jahre misshandelt hat (Blosstellen vor der Klasse, verbale und körperliche Übergriffe, stundenlanges einsperren in den Putzschrank). Ich kann mich tatsächlich erinnern, dass ich obwohl sie mich schlecht behandelt hat immer davon geträumt habe, dass sie mich anerkennt und wertschätzt. Ich glaube, da hat sich mein Problem entwickelt. Ich werde regelrecht davon besessen, zu träumen, wie mich bestimmte Leute mögen und wertschätzen könnten/sollten. Und das kommt mit grosser Nagst vor zurückweisung, was dann im Endeffekt dazu führt, dass ich wirklich zurückgewiesen werde. Entweder weil ich mich an die falschen Leute hänge oder weil ich die Energie in Träume statt in echte Connections hänge. Oder wie bei meinem freund heute, dass ich ihn bedränge mit meiner Angst.
 

Traulicht

Aktives Mitglied
Hi Ronis!
Ich weiss nicht, wie ich mein Problem am besten angehe, ob mit Tjerapie, einfach an mir selber arbeiten, oder was genau ich brauche.
Was spricht dafür, Dinge auszuprobieren? Wenn du für eine Gesprächstherapie offen bist, sehe ich darin nur eine Chance für dich. An dir selbst wirst du so oder so arbeiten müssen. Ob dir das alleine gelingt, kann man nie wissen. Die Aufgabe eines Therapeuten ist es ja, dir genau dabei zu helfen und dir Wege aufzuzeigen, die du noch nicht siehst. Aber andererseits scheinst du dein Verhalten und die (möglichen) Ursachen sehr genau analysiert zu haben. Solltest du es also ohne Therapie versuchen wollen, gäbe es auch die Möglichkeit sich beispielsweise mit selbst Betroffenen auszutauschen.
Das war irrational und übertrieben, aber ich konnte das in dem Moment nicht steuern.
Das wäre zum Beispiel auch ein Punkt. In diesen Situationen sich bewußt zurücknehmen, und die eigenen Emotionen, Gedanken und Ängste zu Papier zu bringen. Dabei versuchen kritisch zu reflektieren, wieso man jetzt in diesem Moment so fühlt/denkt. Das kann das Gedankenkarussell entschleunigen.

Ich würde dir auch dringend raten, die Sache noch einmal mit deinem Freund in Ruhe unter vier Augen zu besprechen. Es ist wichtig, daß er dein Verhalten richtig einordnen kann und dir kann das Gespräch möglicherweise neue Denkanstöße liefern.
Ich habe früher immer geglaubt, dass ichmich sehr schnell und intensiv verliebe und dass ich ein extrem fürsorglicher Mensch sei. Jetzt weiss ich, dass das, war ich in den meisten Beziehungen empfunden habe, nicht wirklich Verliebtheit war, sondern das was im englischen als Limerence bezeichnet wird.
Ich finde es wirklich sehr gut, wie weit du in der Arbeit mit dir selbst gekommen bist, aber bitte sei nicht zu streng mit dir selbst und versuche nicht krampfhaft von heute auf morgen dein ganzes Verhalten/Denken zu verändern.
Vielleicht kann dir auch dein Freund etwas raten, so aus der Ferne ist das immer sehr schwierig. Wenn er dir in ruhigen Zeiten immer wieder Feedback über vorausgegangene Situationen gibt, kannst du diese analysieren und hinterfragen.

Ich wünsche dir, daß du deine Ängste besiegen und viele tolle Bindungen in deinem Leben pflegen kannst. Alles Gute 💚
 

Ronis

Mitglied
Danke euch beide für eure Antworten!

Was mich von der Therapie abhält ist die Tatsache, dass Therapieplätze rar sind (wohne nicht in Deutschland). Bisher war ich 2x für Erstgespräche bei Therapeuten, und beide haben mir gesagt, dass sie keinen akuten Leidensdruck bei mir sehen.

Mein Freund gibt mir sehr gutes und strukturiertes Feedback. Ich habe jedoch manchmal Ansgt, dass es ihm irgendwann zu viel wird. Meine Ängste nehmen zwar im Moment keinen grossen Platz in der Beziehung ein,aber er hat schon gesagt, dass er nicht unbegrenzt Energie und Kapazität hat, sich darum zu kümmern. Ich habe es schon im Freundeskreis erlebt, dass Beziehungen wegen der Probleme der einen Person zerbrochen sind. Im Internet steht auch, dass ängstliche Menschen oft den Partner verscheuchen...
 

Traulicht

Aktives Mitglied
Therapieplätze sind leider auch in Deutschland rar...

Den akuten Leidensdruck sehe ich auch nicht. Es ist halt ein Problem, daß sich wie ein roter Faden durchs Leben zieht. Und selbstverständlich sollte man dieses Problem angehen und lösen!
Man kann einen Partner sicherlich verscheuchen, aber das heißt nicht, daß sich DEIN Partner auch von dir verscheuchen läßt. Du solltest dieser Angst keinen Nährboden geben. Im Internet steht so viel, aber das muß nicht heißen, daß es bei dir genauso laufen wird.

Ich finde es gut von deinem Freund, daß er das so ehrlich kommuniziert, daß seine Energie und Kapazität nicht unendlich sind! Das zeugt von einem sehr reifen Umgang mit der Situation (y)

Was haben dir denn die Therapeuten im Erstgespräch geraten?
 

Ronis

Mitglied
Die Therapeuten haben mir geraten, die Ängste aufzuschreiben und auf etwas anderes zu kanalisieren, z.B. mit Freundinnen darüber zu reden. Letzteres tue ich schon, aber ich kann diese auch nicht jeden Tag mit den Themen nerven.

Ich habe mir schon überlegt, eine Art Tagebuch darüber zu führen.
 

Ronis

Mitglied
Ich versuche mal aufzuschreiben, was mich gerade triggert:

Wir sind jetzt dann vier Monate zusammen, und da ist es eigentlich normal, dass die ganz "heisse" Phase ein wenig vorbei ist und sich langsam Alltag einspielt. Jetzt am Anfang ist er öfters zwei Nächte nacheinander zu mir gekommen oder ich zu ihm. Jetzt meinte er aber, dass ihm das bei anstrengeden Arbeitswochen doch etwas zu viel ist, und dass er zwei Übernachtungen nacheinander lieber bei arbeitsarmen Wochen oder am Wochenende haben möchte.

Mich hat das dann extrem getriggert. Ich hatte vor einigen jahren eine traumatisierende Beziehungserfahrung, in der ich ohne grosse Vorwarnung nach sechs intensiven Monaten verlassen wurde und irgendwie zog das für mich Parallelen dazu.

Ich habe dann unterbewusst sehr angespannt reagiert und etwas zu viele Nachfragen gestellt, ob das etwas mit mir zu tun habe, was ihn dann zu Recht etwas genervt hat. Er hat mir gesagt, dass er sich einfach mehr Selbstsicherheit von mir wünsche, und mehr Vertrauen darauf was er sagt. Wir sind dann für heute doch noch im Guten auseinander, aber ich habe gemerkt, dass ihn die Fragerei genervt hat. Ich kenne das eigentlich auch aus der Gegenperspektive, ich habe eine eher unsichere Freundin, die immer 10x nachfragt, ob sie denn alles richtig mache, und das kann auf die Dauer nervig werden. In Freundschaften bin ich eigentlich nie so, da bin ich sehr bodenständig und selbstsicher, es ist einfach irgendwas an der Beziehung jetzt, das diese alten Beziehungstraumen aufleben lässt.
 

_vogelfrei

Sehr aktives Mitglied
Hallo Ronis,

ich kenne das, was du beschreibst auch. Mir selbst hat Therapie geholfen, allerdings sitzt das Thema tief & ich halte es eher für so etwas wie eine Lebensaufgabe, mit der ich durch Therapie zwar besser umgehen kann, aber wenn dolle Verlustängste getriggert werden, geht es mir trotzdem sehr schlecht. Hierzu mag ich aber noch schreiben, dass das bei jedem Menschen anders ist, ich hatte auch eine sehr gewaltvolle und schwierige Kindheit mit vielen Abbrüchen.

Wenn ich lese, was du über deinen Freund schreibst, bekomme ich etwas ambivalente Gefühle. Ja, viel Unsicherheit kann den anderen anstrengen, das kenne ich auch aus der gegenüberliegenden Perspektive. Trotzdem ist nach meiner Erfahrung gerade Verständnis & viel reden super wichtig, um einen guten Umgang mit Verlustängsten zu finden. Hätte ich das Gefühl, dass ich mit meinem Freund nicht darüber sprechen kann, weil ihn das nervt, wäre das für mich ganz schön belastend. Gleichzeitig kann er mit mir natürlich auch über alles reden, was ihn unsicher macht oder hemmt.
 
G

Gelöscht 126160

Gast
Liebe*r Ronis,

wie gut ich mit dir mitfühlen kann. All das, was du empfindest, empfinde ich auch ganz oft.

Mir verschafft meine Therapie durchaus Linderung, zumindest verstehe ich mich und meine Muster mittlerweile viel besser und kann mich selbst mit etwas Abstand betrachten.

Ich kenne diese Angst vor Zurückweisung, ich kenne diese Idealisierung von Freundschaften. Es geht so weit, dass ich mir am liebsten eine Freundschaft fast vollständig zusammenträume, weil die Wirklichkeit ja nie perfekt ist und vor allem nie permanent mir das gibt, was ich zu brauchen glaube.

Ich arbeite gerade sehr daran, eine mir sehr wichtige Freundschaft trotz (empfundener) großer Angriffe weiterzuführen.

Wenn du an einem Austausch interessiert bist: sehr gerne von meiner Seite aus.
 

Ronis

Mitglied
Danke für eure Antworten.

@_vogelfrei ich verstehe was du meinst. ich muss dazu allerdings auch sagen, dass er mir sehr oft zuhört und mir Raum für meine Ängste gibt. Ich denke, es sollte in einer Beziehung okay sein, auch mal zu sagen, wenn etwas gerade zu viel wird. Das ist umgekehrt auch schon mal passiert, dass ich keine Kapazitäten hatte, mit ihm über ein akutes Problem bei ihm zu sprechen weil ich an dem Tag sehr viel zu tun hatte.

@Sternenschauer ich ahbe dir eine PN geschrieben.

Ich denke, was ich als erstes in Angriff nehmen muss, ist mich selber zu beruhigen und abzulenken in Paniksituationen. Ich muss es in den Griff kriegen, dass die Panikspirale nicht abwärts geht. Ich muss aufhören, mir Szenarien auszumalen, wie er mich jetzt nciht mehr mögen könnte etc.
 

Ronis

Mitglied
Hallo zusammen

ich war mehrere Wochen ohne privaten Laptop, darum melde ich mich erst jetzt wieder.

Ich versuche ein wenig zu analysieren, woher meine Verlustängste kommen, vielleicht hilft es anderen auch, sich selber zu reflektieren. Ich hatte nämlich kein offensichtlich traumatisches Erlebnis als Kind wie es manche erleben. Ich hatte keinen offenen Missbrauch durch Elternteile. Aber umso mehr ich darüber nachdenke, umso mehr decke ich Muster auf, die zwar an sich harmlos sind (im vergleich, was andere erlebt haben), aber in der Summe mich wohl doch traumatisiert haben.

  1. Ich habe einen Bruder mit einer kognitiven Behinderung. Bei seiner Behinderung hat man in den 1990ern noch sehr stark geachtet, das Kind nicht zu sehr herauszufordern. Mein Bruder hatte oft Wutausbrüche bei Überforderung, und entsprechend haben meine Eltern immer sehr stark darauf geachtet, dass ihm alles recht ist und er nicht getriggert wird. Heute wird das sehr anderes gehandhabt, heute wird bei kindern mit seiner Behinderung viel Wert auf erlernen der Emotionsregulation gesetzt. Aber wie gesagt haben meine Eltern immer sehr stark alles um ihn herum organisiert, und da blieb ich öfters mal auf der Strecke. Mein Geburtstagsbesuch im Zoo wurde abgebrochen, ich durfte niemanden nach Hause einladen und niemanden besuchen etc. Ich wurde oft, wenn mein Bruder einen Wutausbruch hatte, weggeschickt. Ich kann mich beispielsweise erinnern, dass wir in den Ferien reiten gehen wollten, was eigentlich mein Wunsch für die Ferien war. Ich war etwa acht. Irgendetwas hat dann meinen Bruder getriggert, und nachdem ich irgend eine dumme Bemerkung gemacht habe, wurde ich zum Auto geschickt und musste dort 2h warten während mein Bruder reiten durfte.
  2. Auch mit meinen Bruder hat die Beziehung zu den Grosseltern zu tun. Die Grosseltern mütterlicherseits haben sich intensiv um meinen Bruder gekümmert. Er war mehrmals pro Woche bei ihnen, und sie haben ihn immer mit in den Urlaub genommen. Für mich war da kein Platz. Wenn ich mal mit durfte, dann war das in der Regel nur dann, wenn meine Eltern sie auch besuchten, und dann musste ich mich selber beschäftigen. Ich hatte dafür meine Domäne bei den Grosseltern väterlicherseits, wo mein Bruder seltener kam. wenn er jedoch 2-3x im Monat doch auch mitkam, war der Fokus auch dort auf ihm. Die Grosseltern hatten "weniger" von ihm als von mir und wollten das dann jeweils aufholen. Heute verstehe ich das, aber als Kind gab mir das den Eindruck, dass er mehr geliebt wird als ich, das er die einen Grosseltern ganz für sich hatte und "meine" Grosseltern ihn (in meiner damaligen Perspektive) auch bevorzugten wenn er da war. Das Problem liegt meiner Meinung anch vor allem darin, dass mir das alles nicht empathievoll kommuniziert wurde. Die Reaktionen meiner Eltern waren immer Richtung "boooah, nerv du nicht auch noch, wir haben keinen Nerven mehr, sei einfach still".
  3. Die Dorfschullehrerin hat mich ganz klar emotional und körperlich misshandelt. Jahrelang habe ich geglaubt, dass ich selber Schuld war, da mir das in der Oberstufe eine Schulpsychologin so gesagt hat. "Denk mal nach, ist es nicht am Wahrscheinlichsten, dass du das durch dein Verhalten selber proviziert hast?". Ich habe das bis Anfang 20 so geglaubt, dass alles meine eigenen Schuld war. Heute weiss ich: Nein. Eine Siebenjährige kann nichts so schlimmes anstellen, das stundenlanges Einsperren, Beschimpfungen, Schläge mit dem Besen, von der Lehrerin angeordneten sozialen Ausschluss etc. rechtfertigt. Ich befand mich in meiner Schulkarriere in einem ständigen Zyklus aus fachlicher Unterforderung und sozialer Überforderung, was sich sicher gezeigt hat, aber nicht davon hat irgendwas gerechtfertigt, was die Lehrerin getan hat. Sie hat mir besiepielsweise an den Haaren gerissen, weil ich eine Matheaufgabe zu schnell erledigt habe. Oder ich wurde 2h in den Geräteraum gesperrt weil ich ihrer Meinung nach zu intensiv über einen Witz gelacht habe.
  4. Später wurde ich im Gymnasium nicht erst genommen, da meine Mutter an der Schule in der Verwaltung arbeitete und mein Vater ein lokal bekannter Anwalt ist. Als ich mich in der zehnten Klasse wieder der Schulpsychologin anvertraut hatte und dabei erwähnt hatte, dass bei meinen Eltern gar keine Kapazität und Verständnis für Unterstützung da ist, kam folgende Antwort: "Das kann gar nicht sein, ich kenne die [Mutter] sein über fünf Jahren und die macht das toll, du steigerst dich da in etwas rein".
 

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